DEUTSCHE RECHTSGESCHICHTE Masaryk Universität Briinn; Juristische Fakultät JUDr. Jaromír Tauchen, LL.M.Eur.Integration (Dresden) Die Rechtsentwicklung im 19. Jahrhunderts Rechtsquellen (Vorbereitung für die Lehrveranstaltung) Übernommen aus: Kroeschell, Karl: Deutsche Rechtsgeschichte. Band 1, 2, 3. Böhlau Verlag Köln Weimar Wien. 2005. Kern, Bernd-Rüdiger: Skript zur Vorlesung „Deutsche Rechtsgeschichte", WS 2007/08, Juristenfakultät der Universität Leipzig 70 Das Zeitalter der Aufklärung den gestrichen, und unter dem weniger traditionsfeindlichen Titel »Allgemeines Landrecht für die preußischen Staaten< konnte das Gesetzbuch endlich am 1.6,1794 in Kraft treten. Der märkische Gutsherr M ihm von ARNIM bezeichnete das preußische Gesetzbuch schon 1814 als eine >Constitutionsurkunde<. In der Tat ist es richtig, daß das ALR mehr als die bayrische oder die österreichische Kodifikation auch ein Spiegelbild von Staat und Gesellschaft war; sein rasches Veralten hat hierin seinen Hauptgrund. Die strenge Scheidung zwischen Adel, Bürgerstanci und Bauernstand etwa mußte schon 1807 durch das stlinsche Oktoberedikt aufgebrochen werden; in Österreich trat die Gesetzgebungsarbeit damals erst in ihre letzte Phase. Sowohl der noch stark dem gemeinen Recht verbundene bayrische Codex als auch das bewußt unpolitische österreichische ABGB haben so der Zeit besser widerstanden als das Werk von SVAREZ. Literaturhinweise /um neuartigen Geltungsanspruch des verbesserten preußischen Landrechts von 1721 vgl. w i m !. Geschichte der Gesetzgebung in Deutschland (2. Aufl. 1958) 71. Über das Zeitalter der großen, vom Naturrecht geprägten Kodifikationen insgesamt vgl. etwa w n acker 322-347, Conrad II 382-405. Zu coccEJi und kreittmayr vgl. die entsprechenden Artikel bei K\ i IMIEYER/SCHRÖDER. Ferner w. SELLERT, Samuel von Cocce-ji. ein Recluserneuerer Preußens, in: JuS (1979) 770-773; W.X.A. Frhr. von Kreittmayr. Festschrift zum 200.Todestag. hrsg.v. R. BAUER u. H. SCHLOSSER (1991). Zur österreichischen Kodifikationsgeschichte s. h. strakosch, Privatrechtskodifikation und Staatsbildung in Österreich 1753-1811 (Wien 1976). Über MARTINI und ZĽILLER vgl. wiederum KLEINHEYl R Schröder sowie den Forschungsband Franz von Zeiller, hrsg. v. W. SELB u. II. HOFMEISTER (Wien 1980). Zur preußischen Gesetzgebung ist lesenswert noch immer H.THIEME, Die preußische Kodifikation, in: ZRG.GA 57 (1937) 355-428. Wichtig jetzt a. SCHWENNICKE, Die Entstehung der Einleitung des preuß. ALR von 1794 (IC Sdh.61, 1995); zur Suspendierung 1792 i i INKENAUER, Vom Allg. Gesetzbuch zum Allg. Landrecht - preuß. Gesetzgebung in der Krise, in: ZRG.GA 113 (1996) 40-216. Eine Neuausgabe des Textes besorgte H. HATTEN-iiAl i R (1970: 2.Auíl. 1994). Über SVAREZ als eigentlichen Schöpfer des ALR vgl. neben Kl i imii vi r SCHRÖDER namentlich WOLF, Rechtsdenker 424-466. Eine marxistische Kritik des ALR unternahm i.J. HEUER, ALR und Klassenkampf (Ost-Berlin 1960). Zur gesellschaftlichen Bedeutung vgl. R. KOSELLECK, Preußen zwischen Reform und Revolution. ALR. Verwaltung und soziale Bewegung 1791-1848 (2. Aufl. 1975). Die Äußerung von \r\i\i ist belegt bei míĽME 407. Zur Bewertung des AIR vgl. \ or allem H.CONRAD, Die geistigen Grundlagen des ALR (1958); Di rs,. Das ALR von 1794 als Grundgesetz des friderizianischen Staates (1965) Kritisch hierzu G. BIRTSCH, Zum konstitutionellen Charakter des preuß. ALR. in- p0|it Ideologien u. nationalstaatl. Ordnung. Festschr. ľH.SCHIEDER (1968) 98-115, Daß das ALR Kodifikationen 71 die »rechtliche Gesamtordnung des preußischen Staates« darstelle, trifft freilich nicht zu. fs ist vielmehr ein »bürgerliches« Gesetzbuch im umfassenden Sinne der Zeit, regelt also nur Gegenstände, die es mit der Rechtsstellung des Hingeis zu tun haben. Dazu P. PREU, polizeibegriffund Staatszwecklehre (1983) 278-281. Zur Wirkungsgeschichte B. DÖLEMEYER n MoiiNHAUPT (Hrsg.), 200 Jahre Allg. Land-recht für die preuß. Staaten (IC Sdh. 75, 1995); Reformabsolutismus und stand. Gesellschaft (Beiheft 3 der Forsch, zur brand, u. preuß. Geschichte NF, 1998). II. Quellentexte 20. Geteiltes Eigentum Aus dem Codex Maximilianeus Bavaricus Civilis (1756) § 1. Was Emphyteusis seye? Wenn ein unbewegliches Gut gegen gewiss- und bestimmter Verreichnuß dergestalt verliehen wird, daß man dadurch kein blosses Personal-Recht gegen den Verleiher, wie in vorbemelter Locatione Conductione, sondern eine Grund-Gerechtigkeit und das nutzbare Eigenthum (Jus reale et Dominium utile) hierauf 'erlangt, so heißt es Emphyteusis oder Bau-Recht, und wird der Verleiher eines solchen Guts der Grund- und Eigeut-hums-Herr (Dominus directus) der andere hingegen, deme solches verliehen ist. der Grundhold oder Grund-Unterthan (Dominus utilis vel Emphyteuta) genannt. §2. Wie vielerley? Jetztgedachte Verleihung geschiehet auf unterschiedliche Weis, und zwar so. daß solche Imo entweder nur auf des Grundholdens Person und seinen Leib, oder 2do auch auf seine Erben und Nachkommen, oder 3tio zwar auf beede. jedoch nur solang der Grund-Herr lebt, oder endlich 4to sich nicht weiter als bis auf erfolgende Abstiftung erstreckt. Die lie Gattung wird Leib-Reelu oder Leih-Geding, die 2te Erb-Recht, die 3te Neustift, und endlich die 4te Herrn-Gunst oder veranleitete Freystift genannt. Von dem Erb-Recht sieht §vum seq. 3. von Leih-Geding und denen übrigen Gerechtigkeiten aber §vum seq. 29. etc. Ueberhaupt ist hierunter zu merken, daß gleichwie der Gebrauch und das Herkommen bev keiner von erstbemelten vier sammentliehen Gattungen sieh in hiesigen Landen durehgehends gleich, sondern gar unterschiedlieh bezeigt, also auch bey denen hierüber vorfallenden Irrungen und Streitigkeiten gegenwartige Constitution und Verordnung nur soweit für eine (ieneral-Regul angenommen und beobachtet werden solle, als kein besonderes Geding. Res judicata, oder jedes Orts hergebrachte legale Oberservanz und Gewohnheit entgegen stehet. §3. Insonderheit von dem Erb-Rechts-Contract und in was fur Sachen solcher Statt habe? Erb-Recht kau nur auf unbeweglichen Gütern, soweit sie dem Verleiher zugehörig sey-nd. von ihm verliehen werden, was demnach anderen schon Grund-Lehenbar- oder gar 72 Das Zeitalter der Aufklärung Fideicommiss ist, das laßt sich mit Erb-Rechts-Gerechtigkeii andergestalt nicht, als salvo Jure Term, belegen... &6.WürkungendesErb-Rechts. Die Haupt-Würkungen des Erb-Rechts bestehen Into cut Seen des Grund-Herrns in dem Dominio direct» samt Jenen davon abhängenden Grund-herrlichen Forderungen und Praestationen, dann der ihm in Kraft des Cod. Jud. hierum gebührender Hypothec und respective Vorzugs-Freyheit, wie nicht weniger in obbemelten Einstands-Recht, dann daß ohne seiner Bewilligung nichts von dem Gut veräussert werden darf 2do auf Seiten des Grundholdens hingegen in dem Dominio utili samt allen davon abhängenden Guts-Fructibus und Oneribus, sonderbar aber in der Gewehrschafi, welche ihm der Grund-Herr um alles, was der Stift-Brief besagt, zu leisten hat, Stio endlich in beederseitiger Praestatione Doli vel Culpae, wie aus nachfolgenden mit mehreren erhellet. Insonderheit die Fructus und Onera betreffend. Dem Grundholden gehen Imo in Kraft des ihm zustehenden Dominii utilis alle von dem Gut abfallende Nutzungen, wie sie Namen haben, und ohne Unterschied inter Fructus Civiles et Naturales dergestalt zu Guten, daß er mit selben wie mit anderen Eigenthum und Allodial ohne mdnniglicher Hindernuß nach Belieben schalten und walten kau. 2do Erstreckt sich sothanes Benutzungs-Recht auch auf (die Guts-Perti-nentien, welche entweder schon anfänglich hey dem Gut gewest. oder erst mit der Zeit z.U.. per Alluvionem, Coalitionem dazu gekommen seynd, es seye dann 3tio das Gut ordentlich versteint und ausgemarkt, Weichenfalls das Domminium utile sich auf den Zuwachs nicht erstreckt, sondern ein für allemal inner denen ausgezeigten Grunzen verbleibt. Wieweit der Erb-Rechter 4to von dem auf seinen Grund gefundenen St hatz zupartieipiren hat, ist bereits oben P. 2 cap. 3 §4. mit mehrern versehen. 5to Ist ihm nicht verwehrt, ľaciem Soli auf eine dem Gut zum besseren Nutzen gedeyende Art, jedoch mit Vorwissen der Grund-Herrschaft zu verändern, mithin aus Aeckcrn Wißina t h oder Waldungen et vicissim zu machen, wie nicht weniger 6to in Ansehen des Guts allerhand Dienstbarkeiten von anderen zu erlangen, mithin sich derense/ben zu gebrauchen, dahingegen tragt er auch 7mo alle auf dem Gut haftende gewöhnliche Bürden z.E. Grund-Zinsen. Steuern. Anlagen, Scharwerken. Zehenden und um soviel mehr das. was aufErziehl- oder Einbringung deren Guts-Nutzungen, oder zu dessen nöthiger rvation oder stipulirter Verbesserung verwendet wird. Texl nad, ( odes Maximilianeus Bavaricus Civilis :I2. Oie Naturrechtslehre 57 H. Quellentexte 17. Treuhand Aus dem Naturrechtssystem von Samuel Pufendorf (1672) Es schicket sich auch nicht übel hiervon denen auf]< Treu und Glauben geschlossenen Händeln Meldung zu thun da man jemanden etwas dermaßen zu eigen übergiebet daß er es getroffener Bedingung nach / wiedergeben solle. Das scheinet mir mit zu denen Pactis adjeetis oder einverleibten und angefügeten I ergleichen zugehören weil es allemahl der Übergebung gewisser Dinge mit angehänget wird. Und hat dieser Vergleich oder solch Pactum hillig den Namen von Treu und Glauben erlanget weil man zu der Treu dessen /dem man etwas in gewisser Bedingung und mit Schuldigkeit /es auffgesetzten Fall wieder zugt bt n zueignete und übergab /ein mächtig I ertrauen trug und sie recht groß redlich und beständig zu sevn glaubte und also dafür hielt. Er würde sich der cigcnthünilich empfangenen Sache (mit wehherley man sonst nach Beliehen verjähren ''sie immer behalten oder an andere überlassen mochte) bescheiden / und nur in vorgeschriebenen Terminis. und aufgesetzte Zeit gebrauchen. Darum war audi bey den Römern / in Schliessung dergleichen I ergleichs eine sonderbahre feverliche Redens- -irth gewöhnlich darinnen es /selbige in unser Sprache außzudrük-ken hieß: Man wolte / wie sich zwischen ehrlichen liieder-Lcutcn gebührte treulich und sonder Gefährde handehr. Bey so gestalten Sachen wurde der welcher in der-müssen übernommenen Dingen sich vergangen zu haben überführet war iür Ehr-los erkläret und gehalten. Cicero1 spricht demnach: Es sind drey sonderbahre Privat-Rechtfertigungen die sehr hoch luuffen I und in denen es gleichsam wie auff Leib und Leben gehet / wenn nemlich einer in Ibrmundschaffts- oder m Gcscllschaffts-Dingcn oder wegen deß auff Treu und Glauben gehandelten und empfangenen verurtheilet wird. Wer in dem letzten Punct /schreibt er anderswo unrecht gethan hat der wird mit einem reißheh und wohlgeschöpßtem Unheil verdammet oder in Straff gefallen zuseyn erkläret. DieAußleger der Römischen Gesetze zeigen umständlich an in welchen Fällen ehemals au ff Treu und Glauben zu handeln üblich gewesen seye. Ion dem also angenommenen latter handelt Cujus in seinen Instilutionibus'. Dergleichen Ver- 1 [Heil c\ allemahl der í ■hergehunggewisser Dinge mit angehänget win// Es ist also '-■ine An der Verpfändung hiehey befindlich. Denn es gehorch- zu dieser auffTreu und Glauben handelnden Sache / wenn jemand dem Glaubiger bey aufgenommenem Gelde etwas melu schlechthin sondern Gerichtlich /doch dermassen zu eigen L beigäbe daß es ihm auch wenn die Zahlung zu gehöriger /.eil folgte wieder gegeben werden .solle. II. I ideatur Paulus 2 Senienl. Tit.13. par 3 et l. 3. tit. 6 par. 74. Boětius in Topica Ciceronis. Jac. Godofredus ad l.unie. ( . Theod. de commis.soi: reseindend. 2 Cicero, de Officiis lil i 7.15. Epištol, ad familiäres 17/ 12. 3 Onu. pro (J. RoscioComoedoi aecinäc.3 4 16. RosinusAntiquit. Romanarum IX. 10. 58 Das Zeitalter des Absolutismus gleich wurde auch mit denen auß Natürlicher Gewali gelassenen Kindern5 in Ansehung der Erbung ihrer Güter getroffen / und mein weniger bey dem Besitzthum oder Possession6 und in Vormundschaft-" Außragung üblich / wie nicht weniger bey ľ/and-Einsetzung und in Fidei Commiss-Sachen' wurde fast dergleichen beobachtet. Andere Exempel sind water hier und dar befindlich. Philippus, als er sich mit dem Feinde zu schlagen genöthiget / auch alle seine Völcker an sich zu ziehen gemüssiget gesehen / und darbey wahrgenommen 'daß ihm die Achaischen Städte nicht allzutreu wären /hat er Argen, deßwegen er mehr ials um die sonst gewaltige Stadt Corinthus bekümmert war/dem Lacedaemonischen Tyrannen Nabidi, auffTreu und Glauben übergeben / mit dem Beding/daß / wenn der Sieg auffseine Seite außftele / sie ihm wieder gegeben werden wenn er aber unterläge / selbige der Nabis vor sich behalten solte10. So hat derAlboinus ehemals seinen guten Freunden /denen Hunnen Ungarn eingeräumet / doch darbey außgemachet / daß selbiges seinen Longobarden / wenn sie zurück auß einzunehmen vorhabenden Ländern getrieben würden /wiederum zu bewohnen frey stehen solte11. So riethe auch vor Zeiten der Nabarzanes dem Dario, daß er sich in die Zeit schicken I und auf eine Weile dem Besso das Regiment auffTreu und Glauben / übertragen und es I wenn sich die Sachen änderten I wiederum übernehmen solte12. Als Hercules Spartain mit Gewalt eingenommen hat er sie dem Vater der Dioscurorum Tyndaro. mit der Condition. auffTreu und Glauben eingeräumet / daß sie zu seiner Zeit von diesem denen Kindern des llerculis abgetreten werden solte]i. Boetiusu hat zum Exempel gegeben / wenn jemand bey geschwinden und gefährlichen La uff ten seiner Güther einem Freund einräumete I mit dem Vorbehalt / solche / bey besserer Zeit / wieder zu nehmen. Bey denen Türeken muß der / so sich von seiner Frau zu scheiden y 5 §. nit. luštit, de Legit agnat. sua ess. 1. ult. C de emancipat. Uher. 6 Budaeus, ad I 2 f de Origin, .tur. Gregpríus Tholosanus, Syntagm. XXII15 & 2. Bachovius, add. t Institut. 8 Isidorus, Etymol I' 25. ('ujacius ad Pauli recepti Sentent. I. 2 tit. 13. 9 ľr. Institut de Fidei-( ommiss. et ihi Bachovius aliiq; interprets. Weil demnach die Fidei com missa mit zu Jer Fiduciá oder zu denen auffTreu und Glauben geschlossenen Handeln gehören welcher l berfahnmg die Verbrecher (nachdem was der Autor im vorhergehenden du-es ^T^r^ttř *** gehalten WOrden s" l,arl"m"> sich •** mnde , d< / manchmahldie uber Fidecommiss errichtete Erb-Vereinigungen Illusterer Familien 'Men dar rlust ihrer Ehren zu beobachten eingebunden worden Z ' upehnSoInnscher Erb-Vereinigmg zu sehen wie dem Abdruck aufweiset / indemZZ warfen und in Specie Braunfels und Butzbach denen Herrn Grafen -uSobm/T, crimen Laesae Majestatis entzogen werden können, Fronden am Mayn 16 U H etensum 10 LiviusXXXIII38. >" ios4.it. 11 Paulus Warnefridus, Longobard. II 7 rtiuí I 9 13 Diodorus Sied us /í 14 In Topica ('id Die Naturrechtslehre 59 vermessen hat ; es in der That bewerckstelligen /oh es ihn gleich dieses gesaget zu haben / hertzlich reuete; damit er sich nun heißen möge / leget er es mit einem guten Freunde /auffTreu und (Hauben / ab / daß dieser solche Frau nehmen und sich gleich wieder von selbiger scheiden solle /denn dergestalt mag sie der erste Mann wieder nehmen sonst ist es ihm nicht erlaubet15. Doch muß Treu und (Hauben nicht gute Gesetze / Ordnungen / und das gemeine Wesen zu betriegen mißbrauchet werden welches geschehen würde / wenn jemand z. Ex. der Zoll oder Aecis frey wäre eines andern Guth auff eine Zeitlang ohne Beschwerde einzubringen annehme und selbiges /nach gefährtem Zoll und Accis Ampi /dem Eigenthums-Herrn wieder abträte 15 Monconys, Itinerár. Tom l. Olearius, Persische Reiß-Beschreibung V23 H der Autor VI Text nach: S. VON PUFENDORF, Acht Bücher vom Natur- und Völkerrecht (dt. Obers. 1711) Buch V Cap. 10 § 8. Die mit II. gezeichneten Anmerkungen stammen von dem Gießenet Professor J \. in kí n s - Zur Wirkungsgeschichte des Textes vgl. K.O. SCH F.RNER, Fiducia Germanorum. Joh. Heumann und die Erfindung der Treuhand in der deutschen Rechtsgeschichte, in: Wirkungen europ. Rechtskultui Festschr, K. Kroeschell (1997) 973-998. 18. Deduktives Naturrecht Natürliche Grundlagen des Wechselrechts (1754) §656. Von dem traßirten Wechsel. Der Contract, da einem zu dem Ende Geld a\ zahlet wird, daß er es für einen gewissen Lohn an einem andern Orte dem. der « geben, oder jemand anders wieder soll zahlen lassen, wird eigentlich ein Wechsel (cambium), oder auch zuweilen ein trassirter Wechsel (cambium trassatum) genannt. Bey einem Wechsel kommen also vier Personen vor nämlich die Person, welche das Geld zahlet, so an einem andern Ort wieder gezahlt werden soll; die Person, welche das Geld empfängt, und die Auszahlung an einem andern Ort besorget; die Person. welche es an einem andern Ort zahlt; und endlich die Person, der es an einem andern Ort gezahlt wird. Die erste nennt man den Herrn des Wechsels, oder den Ausgeber des Geldes, der nämlich das Geld auf Wechsel giebt, oder den Remittenten (campsarius, remittens). die andere den Geber, Ausgeber des Wechselbriefes, oder Trassirer. ingleichen Trassanten (campsor. trassansl. die dritte den Acceptanten oder Trassaten (ac-ceptans. trassatus). und die vierte den Wechselinhaber oder Präsentante (praesentans). Es erhellet aber, daß einer zuweilen eine doppelte Person vorstellen kann; als daß der Traßirer und der Trassate, oder der Remittente und der Präsentante eine Person ist. Die Schrift, welche von Trassirer an den Trassaten gestellet wird, wegen des Präsentanten auszuzahlenden Geldes, undßr buares Geld dem Remittenten gegeben wird, heisset der Wechselbrief (litterae cambiales); das Schreiben aber wodurch Trassate Wegen des Wechsels, und wie er wegen der Auszahlung vergnügt werden soll, benachrichtiget wird, heißt ein Advisobrief das Aviso (litterae advisoriael; was vor den Wech- 60 Das Zeitalter des Absolutismus selbriefder Remitierte dem Traßirergezahlet, der Her,!,, oder die Valutu. Die im Wechselbriefe enthaltene Summe uher. die wieder gezahlet werden soll an den Präsentanten, die Remisse (remissa) in Absicht auf den Remitierten: hingegen die Tratta („asta,. in Absicht des Trassantens. Der Nutzen dieses Contracts erhellet daraus, daß durah Wechsel Jas Geld an den entlegensten Orten gezahlt, und van den Reisenden an allen Orten in den Müntzsorten, die daselbst gange und «übe sind, erhalten werden kann. Was das Naturrecht bey dem Wechsel bestimmt, welcher wie alle menschliche Handlungen, also auch die Wechsel regieret, in Absieht der zugezogenen Verbindlichkeiten und der dadurch erhaltenen Reehte. muß aus demjenigen bestimmt werden, was wir von dein Versprechen [§ 379], von der Ersetzung des Sehadens [§ 270]. der Leistung des Interesse [§415] und von Vermeidung der Bereicherung mit des andern Schaden [§271] erwiesen haben. Daher erhellet gleich, daß der Traßante dem Remitierten verbunden ist, zu sorgen, daß die im Wechselbriefe enthaltene Summe an verabredetem Orte und Zeit dem Präsentanten gezahlt werde: Der Remitierte uber die Valuta oder den Werth zahlen müsse (§ ISO). Daß aber der Trassat dem Präsentanten zur Zahlung nicht verbunden sey ehe er den Wechsel aeeeptiret; indem er durch die Acceptation dem Präsentanten verspricht den Wechsel zu bezahlen (§380): Daß aber der Trassant verbunden sey. den Werth des Wechsels wiederzugeben und für den Schaden zu ste/in. wenn der Trassate nicht zahlet (§271.415). Ein weiteres wollen wir nicht hinzuthun, was in dem grossem Wercke 5. Theil 1. IL nachgelesen werden kann. §657. Vom trocknen Wechsel, oder eignen Wechselbriefen. Zur Nachahmung des tra-ßirten Wechsels, welcher von den Kaufleuten zur Erleichterung der Handlung < führt worden, haben andere den trocknen Wechsel (cambium siecum) nachgeaffet, wodurch einer von dem andern einen Wechselbrief bekommt, für welchen ihm, oder einen: andern, der das Recht dazu von ihm erhalten, an eben dem Orte, aber zu einer gewissen Zeit, eine gewisse verabredete Summe Geldes gezahlt werden muß. Es ist klar daß dergleichen Wechselbriefe ihrer Natur nach von einer Handschrift nicht unterschieden Sind (§652). Dcrowegen ist aller Unterschied, welcher zwischen einem ordentlichen Wechselbriefe und zwischen einer Handschrift angenommen wird, bloß willkürlichen Rechtes. fad oach CHRIS! [AN FRHR. von Wolff. Grundsätze dos Natur- und Völkerrechts worum alle Vcr bindlichkeiten und alle Rechte aus der Natur des Menschen in einem beständigen Zusammenhan« her itel werden ,1754, 435-438. - Zur Kennzeichnung der axiomatischeu Methode WOLFFS vri H ! im Mi. Die Zeit des späten Naturrechts, in: ZRG. GA 56 (1936) 202-263, bes. 224-229 19. Natur der Sache Aus emem Gutachten von Justus Friedrich Runde (l 799) Wie bald die Lämmer mit zu zählen sind, wenn die Weidegerechtigkeit auf „in > Anzahl Schafe eingeschränkt ist. ( geWlsse Die Naturrechtslehre 61 r /. Die Weidegerechtigkeit muß nach Inhalt der Verträge ausgeübt werden... '< } Wenn wegen der Lämmer nichts festgesetzt ist. Bey Verstattung der Weide für das Zuchtvieh bleibt aber nicht selten ein Punct unbestimmt, welcher hernach zwischen dem liigenlhümcr des Weideplatzes und dem Weide-berechtigten Streitigkeiten veranlassen kann, und schon oft veranlaßt hat. Xähmlich: Ob und Wie lange das junge Vieh be v seinen Müttern auf der Weide zu dulden sey, wenn die Stückzahl einmahl ihre vertragsmäßige Bestimmung erhalten hať' Am häufigsten kommt diese frage bey den Schafen vor. welche im Frühling zu einer solchen Zeit schon auf die Weide getrieben werden, wo die Mutter und das Lamm noch nicht von einander getrennt werden können. Wie lange ist also der Eigentümer des Weideplatzes schuldig, das Lamm neben der Mutter auf der Weide zu dulden, ohne dasselbe mit zu zählen'/ 8 3. Es entsteht darüber Streit zwischen dem L'.igcnthümer des Weideplatzes und dem Weideberechtigten. Wenn das nicht, wie es zu Abwendung der Rechtshändel sehr ruthsam ist. gleichfalb durch Verträge seine genaue Bestimmung erhalten hat. so geht die Prätension der IVei-deberechtigten gewöhnlich so weit, daß die Lämmer ein ganzes Jahr oder gar bis zu der Zeit, da sie zum ersten Mahle geschoren werden, neben der festgesetzten Anzahl Schafe auf der Weide geduldet werden müßten. Die Eigenthümer der Weideplätze hingegen bestehen auf der Zahl der Schafe, und wollen die Lämmer entweder gar nicht neben den Müttern auf der Weide du/den. ohne sie mit zu zählen: oder doch nicht länger, als bis auf dieAbsetze-Zeit, das ist, bis Pfingsten oder Johannistag. §4. Welcher weder nach Meinung der Rechtsgelehrten, noch aus PräJudicien sich heben läßt. In den gemeinen positiven Rechten findet sich keine ausdrückliche Entscheidung dieses streitigen Punctcs; und auf Meinungen bewährter Rechtsgelehrter kann hier um so weniger etwas ankommen, da sich dergleichen so gut für den einen, als für den andern Theil anführen lassen. (Es folgen Nachweise.) §5. Sondern nach den aus der Natur der Sache entspringenden Gründen. In einem solchen Falle bleibt kein anderer Weg übrig, um zu einer rechtsbeständigen Lint Scheidung zu gelangen, als daß der Rechtsgelehrte seinen gesunden Menschenverstand zu Hülfe nimmt, um die Entscheidungsgründe aufzusuchen, welche in der Natur der Sache selbst liegen, und in jedem Rechtshandel, der nicht aus Verträgen, erwiesenem Herkommen oder positiven Gesetzen seine Erledigung erhalten kann, allemahl die allein gültige Enlschcidungs-Xorm geben, die auch in jedem Gerichte SO voll:' seyn müssen, als ein Gesetz aus dem Corpore Juris. Man kann nicht zu oft an diese letzte Quelle aller wahren Entscheidungsgründe erinnern, da bey weitem der größere Theil practischer Rechtsgelehrten noch immer nicht aufhören will, so bald sie sich von positiven Gesetzen verlassen sehen, nach Auctoritäten und PräJudicien zu haschen; welche doch gewöhnlich zu nichts weiter, als zu dem Resultate führen, daß die Sache Streytig sei; und dieses ist dann für diese Art Praktiker, welche als Leiuleii nicht gc- 62 Das Zeitalter des Absolutismus wohnt Sind, ihren Menschenverstand zu brauchen, schon SO viel, als ob die Sache durch den Zufall gewonnen oder verspielt werden müsse. Wie darnach die Frage von Duldung der Lämmer auf der Heide entschieden »erden könne'.' 1) Aus der Absicht des die Zahl bestimmenden Vertrags. In Ansehuno der vorliegenden Streitfrage sind die in der Natur der Sache liegenden Entscheidungsgrunde leicht außußnden, wenn man nur Folgendes in gehörige Erwägung zieht, lis kommt hier zunächst au/die Frage an: Warum werden die Schafe des Weideberechtigten nach einer gewissen Zahl bestimmt? Natürlich doch wohl aus dem Hauptgrunde, daß die Heide nicht mit zu viel fressenden Thieren dieser Art übertrieben werden soll. Daß die Schafe mit ihren spitzen fußen SO manchen zarten Keim des Futters gleich in seiner Entstehung verderben, und hierdurch insonderheit das FruhlingS-hüten au f den Wiesen um SO viel größeren Schaden verursacht, je zahlreicher die Heer-de ist. braucht bey dieser Rechtsfrage nicht einmahl mit in Betrachtung gezogen zu werden. Aus der llauptabsichi. wozu die Schafzahl bestimmt wird, entsteht aber die ganz evidente rechtliche Folge, daß das Lamm, so bald es die Mutter entbehren kann, und seine volle Nahrung auf der Weide sucht, auch nothwendig mitgezählt, oder von der Heide entfernt werden müsse, weil gegen die vertragsmäßige Bestimmung die Zahl der fressenden Mäuler nicht vermehrt werden darf Dieser in der Absicht der Conira-henden liegende linischeidur.gsgrund ist schon allein hinreichend, der Meinung in der Wage der Gerechtigkeit den Ausschlag zu geben, daß zur Absetzezeit, oder zwischen Pfingsten und Johannistag, die Notwendigkeit eintritt, die Lämmer mitzuzählen. ,ss' 7. 2) Aus der rechtlichen Natur aller Real-Dienstbarkeiten ... ,ss' 8. Widerlegung eines argument! Legis für die Duldung der Lämmer auf der Weide §9. Beyspiele von besondern Landrechten über diesen Gegenstand ... § 10. Wie weit der Streit aus besonderen Herkommen entschieden werden könne ... Text nach: J ľ Rt NDI. Bcyträge /ur Erläuterung rechtlicher Gegenstände I (1799) Nr. X, 339-349. -Zur Sache vgl. Il MARX, Die juridische Methode der Rechtsfindung aus der Natur der Sache bei den Göttinger Germanisten Johann Stephan Pütter und Justus Friedrich Runde (jur. Diss. Göttingen 1967) 27 f. sowie jetzt K U IG, Schafchen/ählen mit gesundem Menschenverstand, in: Wirkungen europ. Rechtsgeschichte, Festschr K. Kroeschell (1997) 687-693. II. Zur Vertiefung Mos Geometricus Die am Regensburger Reichstag 1654 versammelten Kurfürsten und Fürsten, ihre adligen Gesandten und gelehrten Rate waren das Publikum, dem der rechtsgelehrte Magdeburger Bürgermeister OTTO VON Gl ERK ki sein berühmtes Experiment zum Luftdruck demonstrierte: die beiden Hallten einer luftleer gepumpten großen Kugel konnten selbst zweimal acht Pferdegespanne nicht auseinander ziehen. Ľs läßt sich kaum anschaulicher zeigen pie Naturrechtslehre 63 welche Faszination die exakten Wissenschaften im 17. Jh. auch auf Staatsmänner und Juristen ausübten. Stärker noch als clinch Beobachtung und Experiment wurden die Zeitgenossen allerdings durch die zwingende Folgerichtigkeit mathematischer Deduktionen aus gegebenen Prämissen beeindruckt. Als DESCARTES die mathematische Darstellungsweise in der Philosophie anwandte, übte er damit Einfluß auf HOBBI s aus. und SPINOZA publizierte 1677 gar eine Ethica ordine geometrico demonstrata. Vgl. \i in rbi RGl r. An Mos geometricus, mos mathemalicus. in: HRG III (1984) 698-703. Es lag nahe, diese Methode zunächst auf das Naturrecht zu übertragen. In Deutschland geschah dies durch PUFENDORF, namentlich in seinem 1672 erschienenen Hauptwerk De jure naturae et gentium. Freilich verband PUFENDORF mit der Deduktion aus obersten Prinzipien des Naturrechts die Beobachtung der Menschennatur, aus der er jene Prinzipien entwickelte. So hätte sein anschauungsgesättigtes System strengen Ansprüchen an die mathematische Methode wohl nicht einmal genügt. Anders war dies bei christian WOLFF, der die deduktive Methode bis zur äußersten Konsequenz trieb. Um sogar ein so spezielles Rechtsinstitut wie den Wechsel [18] aus den prima prineipia deduzieren zu können, mußte er allerdings immer wieder zusätzliche Axiome einführen. Schon sein Schüler DANIEL nettelbladt hat bewundernd vorgerechnet, daß cm einziger Satz bei wolff bis zu dreihundert Obersätze voraussetze; vgl. n tiiiimi . Die Zeil des späten Naturrechts, in: ZRG.GA (1936) 224. In Göttingen spottete man nachmals, wenn WOLFF noch länger am Leben geblieben wäre, hätte er wohl auch noch die Pflicht des Schneiders, die Hosen weder zu eng noch zu weit zu machen, aus dem Nalurrecht bewiesen (Zitat beiP.PREU, Polizeibegriffund Staatszwecklchre. 1983, 131 Anm. 5). Daß eine moderne Untersuchung über WOLFFS Methode fehlt, ist umso bedauerliche! als es hier wohl manches Mißverständnis aufzuklären gäbe. So ist daran zu erinnern, daß WOLFF sich die einzelnen Rechtssätze nicht wirklich in den Obersätzen enthalten dachte. sondern daß umgekehrt diese erst aus jenen durch Abstraktion gewonnen wurden: vgl schon (STINTZING/)LANDSBi:rg III 1 198-200 mit Noten 132 f. Die Ableitung der Rechtssatze aus den Prinzipien durch Kettenschlüsse diente nur ihrer Demonstration, nicht ihrer Gewinnung. Entsprechend bildete WOLFFS System nicht die innere Struktur des Rechts ah. sondern war nur ein >Lehrwerk<; vgl. hierzu J. SCHRÖDER, Wissenschaftstheorie und lehre der »praktischen Junsprudenz< auf deutschen Universitäten an der Wende /um lc>. Jh. (1979)86 11,91 IT. Die Anwendung der demonstrativen Methode auf das positive Recht setzte nach w< ums Meinung die Vollendung des Naturrechtssystems voraus; er überließ sie daher größtenteils seinen Schülern, unter denen nettelbladt an vorderster Stelle steht Vgl. hierzu J S< URO DER, Wissenschaftstheorie 132-140; PREU, Polizeibegriffund Staats/wecklehre 91 101. Da aber im positiven Recht zu den naturrechtlich begründeten Sätzen andere hinzukommen mußten, die der jeweiligen historischen Situation Rechnung trugen, konnte hier die Demonstration nicht im gleichen Maße logisch zwingend sein wie im Naturrecht; vgl, neben SCHRÖDER und PREU auch G.OTTE, Der sog. mos geometricus m der Jurisprudenz, in Qua- Das Zeitalter des Absolutismus 4 hl Und das gebundene Familiengut, dem der Esslinger Stadtsyndikus Schwierigkeiten mac ^^ ^ römischen Voraus Vermächtnisses, dosfideicom- SSi« «**»* CinC NeUSChÖpfUng dCr rech^schanildl- Praxis- Literaturhinweise w j c fl;np Piapne Enoche der Privatrechtsentwicklung bildet, ist noch SÄSS!^T—-* erörterte thn m der I. Au, (1952) ; ;!^desRezeptionskapac,s:e^ hch schmaler - Teil gewidmet (204-248). Steht hier die Würdigung der ruhrenden Juristen in, Vordergrund so bietet ...going, Europäisches Privatrecht I: Älteres Gemeines Recht 1500 - 1800 (1985) nunmehr eine systematische Darstellung der gemeinrechtlichen Lehren der Zeit und damit auch des deutschen Usus Modernus. Eindringliche Analysen und Sachberichte .'eben die Beiträge von w. wiegand. J. Schröder und G. wesener uber die Rechtsquellen, die Methodenlehre und die einzelnen privatrechtlichen Lehren des Usus Modernus, in: Akten des 26. Deutschen Rechtshistorikertages Frankfurt 1986. hrsg. v. D. SIMON (1987)231-297. Über CONRING vgl. WOLF, Große Rechtsdenker 220 - 252 sowie den Sammelband: Hermann Coming (1606 - 1681). Beiträge zu Leben und Werk, hrsg. v. M STOLLEIS (1983). Zur Bedeutung CONRINGS für die Rechtsquellenlehre vgl. darin besonders den Beitrag von k 11 kí. Coming, das deutsche Recht und die Rechtsgeschichte (355-395). Zu carpzow einführend M. lipp. Recht und Rechtswissenschaft im frühneuzeitl. Kursachsen. Zur400jähr. Wiederkehr des Geburtstags von Benedikt Carpzow (1595-1666), in: JuS >5 (1995) 387-393. Weiter jetzt G. JEROUSCHEK u.a. (Hrsg.), Benedikt Carpzow. Neue Perspektiven zu einem umstrittenen sächs. Juristen (2000); T. SCHAETZE, Benedikt Carpzow als Dogmatiker des Privatrechts (1999). Einzeluntersuchungen zum Werk von Juristen des Usus Modernus sind im übrigen seilen. Zu nennen ware etwa W. ROTTEN, Das Zivilrecht!. Werk Justus Henning Böhmers (1982); k LUIG, Richterkönigtum und Kadijurisprudenz im Zeitalter von Naturrecht und Usus Modernus: Augustin Leyser (1683-1752), in: Das Profil des Juristen in der europ. Tradition. Symposion aus Anlaß des 70. Geburtstages von F. wieacker (1980), 295-333; DERS., Samuel Stryk und der Usus Modernus Pandectarum, in: Die Bedeutung der Wörter. Festschr. ßNER (1991) 219-235. Zu MEVIUS und seiner Lehre von der bäuerlichen Hörigkeit vgl. GOING, Europ. Privatrecht I, 209-211 sowie jetzt M WIESE, Leibeigene Bauern und röm. Recht. Ein Gutachten *■ David Mevius ,2006) und dies., David Mevius und die Rechte leibeigener Bauern im ■- ,n: n ft,, (HrsgO, David Mevius (.609-1670). Leben und Werk eines pommer-schen Juristen von europ. Ran» (2007) 97-126 sen ISA í" !;eSamlhandsC1™ «"d *. Fami.ienfideikomiß sei verwie-STOBBE, Deutsches Pnvatrecht II 240-242, 78-82, 549-554. Usus modernus pandectarum 5 „ Quellentexte 1. Haftung des Verwahrers für Zufall Aus einem Kommentar von Benedikt Carpzow (1638) Nec in (ovo Saxonico Depositanus, Commodatarius aut similes n >, fortuitotenentur. ' P"*™* de cm (l) Exinde quod dixi Defin. proceed, nee dominium nee possessionem rei di ■ contractu pignoris, depositi aut commodati inforo Saxonico transferri sat ""ľ "' o*** videtur, (2) neque in hisce contractibus. neri,uh. ,.,......... , ( *peaitum -------- , M^. ,„ uüoic. im. 4All. 41 defin. 24. num. 52 (3) Duhium solummodo fach textus juris Saxonici in art 5. §. Was „um aber. lib. 3. Landrecht; ubi tenentur Commodatarius ac Creditor de periculo rei commodatae vel oppignoratae. (4) Quod et innuit Gloss, ult in art. 10. n. 5. lib. 3. landr. At nihil obstat hic textus juris Saxonici; (5) Loquitur enim de času deteriorations non de totali rei alieujus interim et casufortuitoputa, si Commodatarius vel Creditor rem commodatam autpignoratam, interveniente ipsius culpa deteriorem reddide-rit. (6) Quae explicatio non modo ex verbis textus (Unverderbet wiederbringen) sed et ex§. subseq. Stirbet aber 'etc. diet. art. 1. manifeste probatur; in ill» siquidem §. Stir-bet aber/etc. diserte disponitur, (7) quod creditor non teneatur de nu,rte naturali, vel alio casufortuito. Ergo, ne sanctio haec §. praecedenti e diametra repugnet, ilium non nisi de rei deterioratione intelligi in aperto est, ut demons t rat Matth. Cola: p.l.decisJ.n.16. et seqq. (8) Hac ergo interpretatione adhibita. nihil jus Saxonicum a Jure Civili discordat, cum et ex hujus disposition res commodata non dicatur reddita. quae deterior vel corrupta redditur, per I. sed mihi. 3.§. si reddita. Iff. de commod. U.§. si rem. if. depos. Coler. diet. loc. n.ll. Ita Domini in causa Abrah.ami Schelckens zu Gauditzsch/ Mens. August. Anno 1625. (Verba sent.: Habt ihr Andreas Goltzschen zu Bestellung eines Ackers ein Pferd geliehen/ welches ihme aber zu Zeitz als daselbst ein unversehens Feuer auskommen mit verbronnenJ Ob nun wol sonsten dergleichen casus fortuiti von dem Depositario, Commodatario, oder in dergleichen Fall nicht zu praestiren seyn etc.1) Text nach: B. CARPZOW, Definitiones forenses ad Constitutiones Electorales Saxonicas Jurisprudents forensisRomano-Saxonica (1638) Part. II. Constit. XXVI. Definit. VI., 645 - Zur Sache vgl. Kursächs. Konst. II 26 mit Anm. 39 in: Quellen z. neueren Privatrechtsgesch. Deutschlands I 2: Landrechte des |o Jh.. bearb. v. W. K.UNKE1 (1938) 275 u. 377. 1 Fehlzitat? In den Ausgaben Lyon 1549 und Genf 1559 endet Tit. 41 mit Deľ. 12. In der folgenden Deľ. VII findet sieh die Fortsetzung des Urteilstenors:.. .Da aber dennoch gedachter Goltzsch der Abrede zu wider / das Pferd nicht im Acker gebrauchet / etc. Sondern damit nach Naumburg verreisen wollen / und unterwegens dasselbe gedachter maßen im Feuer umbkommcn etc. So were er den Schaden zu tragen und den billiehen Werth dafür zu erstatten schuldig VR.W. Das Zeitalter des Absolutismus Abb. 1 Processus iudiciarius. Der Titelkupfer eines Prozeßlehrhunho -ionen des gemeinen Zivilprozesses dar"- von der Kffi ™ T? ^ dje Vollstreckung bis zur Berufungsverhandlung. 9 uber Beweis, Urteil Stat und Usus modernus pandectarum 7 Daß nach sächsischem Gerichtsgebrauch der Verwahrer, der Entleiher und ähnliche Personen nicht Tür Zufall hatten müssen. (1) Aus dem, was ich in der vorherigen Definitio gesagt habe, scheint es ausreichend erläutert zu sein, daß bei einem Verpfandungs-, einem Vcrwahrungs- oder einem Leihvertrag nach sächsischem Gerichtsgebrauch weder das Eigentum noch der (Eigen-)besitz an einer Sache übergeht; (2) und daß in diesen Verträgen ebensowenig wie bei der Miete für den zufälligen Untergang eingestanden werden muß, weil dieser dem Eigentümer zur I ast fallt. Cod. 4,24,6; Cod. 4,65,12; Antonius Faber, Codex Fabrianus definitionum forensium et rerum in sacro Sabaudiae Senátu Tractatarum, 13.4. Tit. 41, Def. 24, Nr. 5. (3) Zweifel läßt nur der Text des Sächsischen Rechts Ssp. Ldr. III 5 § 4 »Was man aber...«, wo der Entleiher und der Pfandgläubiger die Gefahr für die entliehene oder verpfändete Sache tragen. < 4) Dies deutet auch die Glosse zu Ssp. Ldr. III 10 § 5, am Ende, an. Aber dieser Text des sächsischen Rechts steht dennoch nicht entgegen. (5) Es wird dort nämlich von dem Fall der Verschlechterung gesprochen, nicht vom totalen Untergang einer Sache, etwa einer zufälligen Vernichtung, (also davon, daß) der Entleiher oder der Pfandgläubiger die geliehene oder verpfändete Sache durch seine Schuld beschädigt zurückgegeben hat. (6) Diese Erklärung wird nicht nur durch die Worte des Textes (»Unverderbet wiederbringen«), sondern auch durch den folgenden Satz Ldr. III 5 § 5 »Stirbet aber...« eindeutig bewiesen, weil ja hier ausdrücklich angeordnet wird, (7) daß der Gläubiger nicht für natürlichen Tod oder anderen zufälligen Untergang haftet. Wenn also diese Klausel dem vorneigenden Paragraphen nicht diametral entgegenstehen soll, meint jener offensichtlich nur die Beschädigung der Sache, wie Matthias Coler, 1 Dec. 7 Nr. 16 ff. zeigt. (8) Wenn man also diese Interpretation annimmt, trennt nichts das sächsische Recht vom Ius Civile, weil auch nach dessen Bestimmung die verliehene Sache nicht als zurückgegeben gilt, die verschlechtert oder beschädigt zurückgegeben wird; D. 13,6,3,1; D. 16,3.Lid; Coler, am genannten Ort. Nr. 17. 2. Clausula Rebus sie Stantibus Disputationsthese des Professors Augustin Leyser (1715) Pactum Obligatorium esse desinit, si fades rerumprorsus immutetur. Omne pactum, omnispromissio, rebus sie stantibus, intelligenda est, sive, ui Seneca Hb. 4 de Beneßciis C.35. rem clarius explicat, omnia esse debent eadem. que lucrum, cum promitterem, utpromittentisfldem teneas. Quam regulám, etsi Grotius de Iure belli ac pacis l. 2.C.16. $25. eumque secuti Pufendorffius atque Zieglerus vellicent, nobis tarnen nihil iniqui ei inesse videtUK ípsi certe Grotius & Pufendorffius passim fatentur, non valere. quodpoliticus autpactusfiierim, si casus deinde emergat, utpro-missium meum vel plane non, vel non sine meo alteriusve exitio solvere possim. ( ur non igitur generálem regulám conficere liceat, cessare obligationem necpromissum a prominente exigipOSSe, si tanta incidat mutatio. ut non amplius pristina rerum fades supersit, atque promissor, si cam praeviclisset. pacturus nonfuisset. Hue tacit locus Das Zeitalter des Absolutismus 8 • , mihi ox-nun & probat Grotius: lucidum saepe tempo-Ocov,,, Offic. lib. I quem ,ps<■ "^ entm decet adfandamenta „„,/,„,, '•"■ '" •""" SerVaK """ ' :<— uälitati serviatur. Ea cum tempera primům, tf ne cm noceatuK demte > ^ ^ ^.^ u '""■""'"""■ '■'""""""""' """"" ', , ",'Zpnmissum fuit, vel ei. qui promise*, nromissum et conventum sit inutile vel ei,cui promnu j Z si. at in fabulis est, Neptunus, quod Theseo promiserat, nonecisset These^füio Tppoyto non esset orbatus. Sec promissa igitur servanda sunt ea, quaesint us qui-Zpromiseris, inutilia, nee. si plus tibi noceant, „nun ,11, prosint, cm promises Itaque regulám, quam ah initio posuimus, iuri & aequitati natural, optime convenor. putamus. C 'onvenit rem & legibus nostris civilibus. In Ulis emm promissor a promisio ndo cxaisü!w, si vls divina U4M de Damno inf. vel magna /.._. de lene et comm. rei vend, vel maior casus, cui humana imheeillitas resistere mm potest. L l.§.4. de Oblig, et act interveniat Alia exempla sunt in donatione, quae oh liberos donaton postea natos Ĺ.8.C de Revocandis donat. nee non ob gravissimam inimicitiam interve-nientem L.10. C. codein revocatur; item in locatione ad aliquot annos facta, quae, si tempore nondum elapso locator ipse re indigere incipiat. servanda non est I.3.C. de Locato. \ ide vero inprimis. I38.pr.deSolut. & Barbosae Thesaurům lib. U.cap. 1.axiom 14. Quibus rationibus commotus, cum aliquando privatim consulerer, an is, qui binas nedes habebat, S; alteras quidem ipse inhabitabat, alteras verogenero in dotempromiserat, ad traditionem earum obligaretur, cum postea suas incendio amisisset, atque nunc ipse promissis indigeret, respondi, compelli illum ad hoc non posse. Adde Re-sponsum, quod exhibit Richterus Decisione 23.n.2. Approharunt quoque sententiam nostrum ICti llelmstadienses & mense Septembri anni MDCCXVI. sie responderunt: Hut WAV. eine Ziegel-Scheune auf 3. Jahr in Pacht genommen/ und in der darüber gefertigten Punctation versprochen den Wispel Kalck vor 2. Reichsthl. und8.Gr. zum Vestungs-Bau zu lieffern/nachgehends aber von dem Commendanten die Verwilligung/ daß er in Zukunfft 3. Reichsthl. nehmen möchte/erhalten. Entstehet also die Frage/ob der Commendant aus eigener Macht den im Contract determinirten Kalek-Preis auf 16. Gr. erhöhen können. Weil nun der Transact und die Erhöhung des Kalckd}reiscs nicht aus blosser GefdlligkeW sondern aus guten und gerechten Ursachen geschehen also von Königl Map seihst vermuth lieh würde approhiret worden seyn/ indem die Materialien nach errichteter Punctation und zugleich der Kalek-Preis in allen andern Brennhütten aufgeschlagen/ folglich die Sache in gantz andern Stand gekommen/als Sie zur Act der Punctation gewesen und U Al: wenn man ihm die Erhöhung des Preises nicht verstattet hätte entweder ruinirel oder gezwungen worden wäre/ d >' •/ • Vorfahren aus dem Pacht zu treten und die Ziegelhütte zu verlassen- So mVIF"/ " alleruntherthänigsten Vertrauens leben es werde Königl. Majestät in E ' '■ ^ ■ihnen l mstände und der ihnen hevp/lichtenden Billigkeit den v ^"ľf mendanten getroffenen Vergleich genehm halten. °" 'em 0m~ lexl nach: \ i i ysi k. Meditariones ad Pandectas i (1717) 41M13, Spec XI INRADONICOI \0 CHAPPUZEAU, Med IV - Zur Sache vgl LUIG Riru, J ^ "* defensum a ■ lcn«ftönigtun) (oben I, Lit.) Usus modernus pandeetarum 9 bes. 325 f. sowie jetzt DERS., Dogmengeschichte des Privatrechts als rechtswiss. Grundlagenforschung, in: ic 20 (1993) 193-207. Zum Problem insgesamt vgl. M. RUMMEL, Die »clausula rebus sie stantibus« Eine dogmengcschichtl. Untersuchung (1991) IV Eine Vereinbarung hört auf, verbindlich zu sein, wenn sich das Gesicht der Dinge völlig verändert. Jede Vereinbarung, jedes Versprechen ist so zu verstehen, daß die Umstände bleiben wie sie sind, oder wie Seneca in De Beneficiis, Buch 4. Kap. 35, § 3. die Sache noch deutlicher erklärt, »wenn du mich an meinem Versprechen festhalten willst, müssen alle Umstände so geblieben sein, wie sie waren, als ich das Versprechen gab.« Auch wenn Grotius, De Jure Belli ac Pacis, Buch 2, Kap. 16. § 25. und in seiner Folge auch Pufendorfund Ziegler diese Regel bekämpfen, scheint uns dennoch an ihr nichts Ungerechtes zu sein. Auch Grotius und Pufendorf räumen nebenbei ein, daß nicht gilt, was ich gelobt oder abgemacht habe, wenn anschließend der Fall eintritt, daß ich mein Versprechen entweder überhaupt nicht oder nicht ohne mein oder eines anderen Verderben erfüllen kann. Warum also soll es nicht erlaubt sein, die allgemeine Regel aufzustellen, daß die Verbindlichkeit entfalle und das Versprochene vom Versprechenden nicht gefordert werden kann, wenn eine solche Veränderung eintritt, daß keine wesentlichen Züge der früheren Verhältnisse übrig sind, und der Versprechende, wenn er das vorhergesehen hatte, nichts vereinbart hätte. Darauf zielt auch die Stelle Cicero, De Officiis, Buch 1, Kap. 31 f.. die Grotius selbst anderswo zitiert und gul heißt: »Oft kommen Zeiten, in denen es nicht richtig ist. ein Versprechen zu halten. Es ist dabei nämlich an die Grundsätze der Gerechtigkeit anzuknüpfen, zuerst, daß man niemanden schaden soll, dann, daß man dem allgemeinen Nutzen dienen soll. Wenn sich diese Umstände ändern, ändert sich auch die Pflicht und bleibt nicht immer dieselbe. Es kann auch geschehen, daß das Versprechen und die Abmachung entweder für den. dem versprochen w urde, oder für den, der versprochen hat. unnütz wird. Denn wenn, wie es in den Fabeln steht. Neptun nicht getan hätte, was er dem Theseus versprochen haue, wäre Theseus nicht seines Sohns Hippolyt beraubt worden. Weder sind somit Versprechen zu halten, die denen, denen du sie gegeben hast, unnütz sind, noch, wenn sie dir mehr schaden, als sie jenem nützen, dem du sie gegeben hast.« Also halten wir die Regel, die w ii am Anfang aufgestellt haben, für bestens vereinbar mit dem Recht und der natürlichen Billigkeit. Sie stimmt auch mit unseren bürgerlichen Gesetzen überein. In diesen wird nämlich der Versprechende von einem zu leistenden Versprechen befreit, wenn göttliche (D.39.2.24.4.) oder höhere Gewalt eingreift (D. 18.6.2.) oder ein größerer Unglücksfall eintritt, dem die menschliche Schwäche nicht widerstehen kann (D.44.7.1.4.). Andere Beispiele sind die Schenkung, die widerrufen wird, weil dem Schenker danach Kinder geboren werden (C.8.55.8.), oder weil nachträglich schwerste Feindschaft eintritt (C.8.55.10); dasselbe gilt bei der auf einige Jahre geschlossenen Miete, die, wenn der Vermieter vor Ablauf der Zeit die Sache selbst zu benötigen beginnt, nicht erfüllt zu werden braucht (C.4.65.3.)- Siehe aber vor allem D.46.3.38. und A. Barbosa, Thesaurus locorum communium iurisprudcntiae (1652) Buch 14. Kap. 1. Axiom 14. Als ich einmal príval um Rat gefragt wurde, ob em Mann, welcher zwei Häuser hatte, von denen er das eine bewohnte und das andere dem Das Zeitalter des Absolutismus 10 u kam. nir Übertragung des letzteren verpflichtet Schwiegersohn als Mitgift versprochen hat^ z r^ rtrag g ^ sem soll, wenn er später durch Brand das seine vedore, und benötigte, habe ich ^^^^ gen könne. Dazu auch das Gutachten bei Chr. Phil. Richter, DeC' r' ' . . , •„• u j- uAimetPfto>r Rechtsgelehrten und entschieden im Unsere Ansicht billigten auch die Helmstedter Kecmsge September des Jahres 1716 so: ... 3. Axiomatische Methode Aus einem Lehrbuch von Johann Gottlieb Heineccius (1733) TIT. XIV. DE OBLICATIONIBUS § IX X LXXIII. Quid conventio? CONVENTIO vel ?A( no est duorum in idem plucitum consensus de re solvenda, id est, facienda velpraestanda. L.I.§.2.jf. de pact. § DCCLXXIV. Eins divisio in pacta & contractus. Sed non omnibus conventionibus adsistit ius civile, verum quibusdam tantum, & iis maxime, quibus vel euussa civilis, el legibus probata suhest, vel quibus singulare no-men & cognominem actionem iure clederunt. Et hue conventiones CONTRACTUS; reli-quae Pacta vocantur. L.I9.ff de nova t. ^CCLXXV. Quid pactum? pactum ergo est conventio destituta nomine et caussa, (id est, datione vel facto,) quae ob/igationem civilem sua natura producere possit: (§. DCCLXXIV.) vel est nuda rei vel facti in futurum promissio. §DCCLXXVI. Quid contractus'/ CONTRACTUS sunt conventiones. quae hahent nomen vel caitssam praesentem, sua natura civiliter obligantem. (§ IX X I.XX/lj L. 7.§. Lsequff. de pact. §DCCLXXVIL Pactum quotuplex? / m ni \i est, vel non nudum. d.L7.§.I.2.4.L.I0.C. de Pact, nudum quod ' nudis placili et convent ion is finibus subsistit. et non quidem actionem producit scd ptionem. L. 7.§.4.ff. de pad. L. I0.L.21. L.28.C. cod. xo\ \i in \i. quod actionem producit*, vel quia speciatim ei lex vel ' Praetor adsistit. L6.ff. de pact, vel quia in continenti contractui bonaefideiad i ° est: I.. 7.§.5.L.13.C. cle pact, quorum UludPACTl ULEGITIMUM, UludpactumPRAEm ""' hoc Annin Mvocatur. ' 0MUM> Ita Romani. Sed liane subiilitatcm abac genres non receperunt adonn, modo Obligationen! actionemqiie producunt pacta & contractus, pacla mula A nuda. Haec laus olim Germanorum. qui nullos mortalium armis aut lide m„ n """ nos esse, iure gloriabantur. ladt. Ann. Lib. XIU.cap.LIV Undesemperapudeo ■mia iuris: Em Wort ein Won: ein Mann/ein Mann: Id est. vir bonus n Jľ c's°ioverbo Usus modernus pandectarum 11 obligatur. Quare egregie falluntur, qui haue obligationem pactorum ex iure canonico repetunt. et quidem ex cap.I.X. depact.Conf.Hert.Paroem.iur.Lib. l.par.VUI. S DCCLXXVM. Contractus vd veri, vel quasi contractus. Contractus ita ineuntur, m vd consensus verus utrinque adsit, vd ex altera parte ilk ex aequitate vel communi utilitatepraesumatur. Priores vocantur contractus veri; posteriores OBLIGATIONES, quae quasi ex contractu nascuntur. vd brevius Q{ i.v TRACTUS. de quibus infra (§. CMLXV. sequ.) § DCCLXXIX. Veri contractus nominati & innominati. VERI contractus vd nomen & caussam simul hahent, (§. DCCLXXIV) vel civilem caitssam sine nomine. Priores vocantur contractus NOMINATI; posteriores i\xo\u\ m. quales sunt quatitor Uli: Do, ut des: do, ut facias: facia, ut des: facio. ut facia quibus etiam non nascuntur actiones cognomines, (§. DCCLXXIV) sed actio generalis in factum vel praescriptis verbis. L.I.2.3 et 5.L.17.§.ult.ff. de praescr.verb.L.?\§.2. fj, de pact. § DCCLXXX. Nominati quotuplices? ( outractus innominati omnes re ineuntur. Nisi enim res interveniret. intra pactorum naturam suhsisicrcnt. (§. DCCLXXV.) Nominatorum autem alii substantia») capiunt vel ineuntur re; alii VERBIS; alii utteris; alii consensu. §.ult.Inst.h.t. §DCCLXXXI. Contractus unilaterales & bilaterales. lam qiium hi contractus omnes siní conventiones; (§. DCCLXXIV.) hae vero consensus in idem plucitum de dando aliquo velfaciendo: (§. DCCLXXlll.) sequitur ut vd utrique contrahentes se ad dandum quid vel faciendum obligent, velalteruter tantum obligatus sit. I line contractus in BILATERALES & UNII HERMES recte dividuntur. § DCCLXXXIL Inde ex contractibus vel una, velplures actiones nascuntur. Ergo unilaterales contractus tantum unam actionem producunt: bilaterales duas, et quidem utramque directum, si uterque statim obligatur. Sin unus initio: alter ex post facto demum obligatur, contra illum DIRECTA, contra hunc CONTRARIA actio datur, L.17.§.1. et §.3. L.18.§.2.L.pen.ff.commod. quorum haec semper ad consequendam in- demnitatem comparata est. §DCCXXXIII. lis & damni praestatio petitur. lis actionibus non solum agitur ad preastandum id, quod promissum: verum etiam ad RES. 1RCIENDUM DAMNUM. Text nach: J. G. HEINECCIUS, Elcmenta juris civilis secundum ordinem lnstitutionum (1733) 251-256. -Zur Sache vgl. STINTZING/LANDSBERG III 1, 184 f. sowie jetzt J. SCHRÖDER. Recht als Wissenschaft (2004) 180 IT. XIV Von den Verbindlichkeiten. § 773. Was ist eine Übereinkunft? Eine Übereinkunft oder eine Vereinbarung ist die übereinstimmende Meinung zweier über die Leistung, d.h. das, was zu tun oder zu geben ist, D.2.14.1.2. § 774. Ihre Unterteilung in Vereinbarung und Vertrag. 18 Das Zeitalter des Absolutismus II. Quellentexte 4. Reichsabsolutismus Aus dem Prager Friedensvertrag (1635) ck dieses Friedenschlusses Dann dieser Friede wirdzu dem Ende gemacht/damit die werthe Teutsche Nation zuvorigerlntegritet.Jhinquillitet.LibertetmdSichemngreducirt/unddw \4aj und Dero hohes Frtzhauß aueh alle Cluulürsten und Stände des Reichs; so nich, davon ausgenommen und sich darzu bekennen, ohne Unterschied der C athohschen Religion undAugspurgischen Confession zu dem ihrigen restituirt, und darbey erhallen werden. So lang und viel auch, biß dasselbige zu Werck gerichtet, soll nicht geruhet und gefeyert werden. § ()(). Soll eine Haupt-Armada gemacht, Zu dessen allen würcklichcn und glücklichen Vollstreckung und Handhabung, sollen Ihre Kayserl Maj. als das Oberhaupt im Reich armirt verbleiben. Zu derselben soll Churßrstl Durchl. zu Sachsen, und aller andern Chiirfürsten und Stande Kriegs-l'olck. (ausserhalb was sie obgehörter müssen, zu Besetzung ihrer vesten Plätze behalten.) stossen. und Ihre Kayserl. Majestät und dem Reich, zu Exequirung und Handhabung dieses ľrieden-Sehlusses Pflicht leisten, und also auß allen Armaden eine Haupt-Armada gemacht werden, die soll heissen und genennet werden: Der Römischen Kavs. Majest. und deß II. Römischen Reichs Kriegs Heer. Auß demselben Kriegs-Heer soll von Ihrer Kavs. Majest. Ihrer Durchl. zu Sachsen ein ansehnlich Corpus zu demselben hohem General-Commando gelassen werden, das übrige Volck alles mit einander so/I immediate unter Ihrer Kayserl. Maj. geliehsten Herrn Sohn/der König/. Hürden zu H Ungarn und Böheim höchstem Genera /-( ommando. und wem es Ihre Kayserl. Majestät nechst deroselbigen, von Ihrer und deß Heil. Reichs wegen gantz oder zum The,/ zu dirigiren. allbereit vertrauet hätten, oder noch vertrauen würden sevn und bleiben. Lud mit solchem Kavscrlichen Reiehs-Kriegs-Heer. und dessen unterschiedenen Corporibus soll wider alle die jenige/so sieh dem Frieden widersetzen oder dasjenige, was demselben nach, einem jeglichen restituirt werden soll nich,re Stituiren, oder Ihre Kavs. Majestät und das Reich noch weiter verunruhigen würden nach Anweisung und Verordnung Ihrer Kayserl. Majestät zu Vollziehung diese F ' ' den-Schlusses. gegangen werden. Inmassen deßwegen ein besonders Memo ^l "'> ■ heutigem dato aulgerichtet, darinnen mit mehrerm zu befinden wir ' ľ™ ""^ andern, solle gehalten werden. ' '"" C'"C"> ""(/ § 67. 11 den in Kayserl u. Reichs-Pflicht genommen. So Viel aber Armaden sevn werden, auch alle dero Generalen Gener I f narschall und insgemein alle und jede denselben verwandte p^UeUtenant Höchsten biß auj die Widrigste, sollen der Römischen Kayserl Majest Tnd) '"" ^ Reich. Treu. Hold. Gehorsam und gewärtig sevn. ihr einiges Absehen alle u ^ erSehorsamst Westfälischer Friede und Jüngster Reichsabschied 1 g Wf die Rom. Kayserl. Majest. als aal das einige Oberhaupt, und das Heil. Rom. Rech, sonderlich aber auch auf die Handhabung dieses Frieden-Schlusses lühren. und der Römische Kavs. Majestät und Heil. Rom. Reich, wie solches die Reichs-Ordnung i mag, über die jenige Pflicht, so demselben ihr Volck allbereit vorhin geleistet, mit sonderbahren Pflichten sich hierauf verwandt machen. Doch sollen die Königl. Hürden zu Umgarn und Böheim. und die ('liurfürsten deß Reichs, da deren einer oder mehr im Seimen der Rom. Kayserl. Majestät, und deß Heil. Reichs einen Gencralal führete. und also auch die Churfürstl. Durchl. zu Sachsen persönlicher Eydes-Pflicht erlassen, und sich an dem begnügt werden, daß sie solchen ihren hohen KriegS-Befelch auch Ihre der Rom. Kayserl. Majest. und dem Heil. Reich ohne das geleistete iheure Eyde oder doch auj respective Königl. und Churfürstliche Ehre und Würde. Treu und Redlichkeit, an Eyds statt nehmen, alle andere Kriegs-Häupter aber und ms gemein alles Volck soll die Pflicht wiircklich ablegen. § 77. Sollen alle Ligae. etc. aufgehoben seyn. nicht aber die Churjürsicn Verein. Ferner sollen in und mit Aufrichtung dieses Frieden-Schlusses und dessen publication, alle und jede Uniones, Ligae, Foedera und dergleichen Schlüsse auch darauf gerichtete Eyd und Pflichte gäntzlich aufgehoben seyn/ und sich einig und allein an die Reichs- und Creyß-Verfassungen, und an diese gegenwärtige Pacification gehalten werden. Doch verstehet sich solches gar nicht auf eine Aufhebung der Churjurstiichen Verein. § 78. Eben so wenig verstehet es sich au ff der Rom. Kays. Maj. und dero hohen Erzhauses/ oder auch auf andere Chur-Fürsten und Stände confirmirie lirb-Finigung § 79. Sosolle auch dardurch der Dřeven Chur- undFürstl. Häuser, Sachsem Brandenburg und Hessen/ Uralte von den Römischen Kaysern confirmirie Erb-Einigung und Erb-Verbrüderung ohnbeschadet seyn. Text nach: Neue und vollständige Sammlung der Reichsabschiede III (1747) 544-546. Zur Sache vgl. G. SCHORMANN, Der Dreißigjährige Krieg (VR 1506, 1985) 66 f. 5. Landeshoheit und Reichsverfassung Aus dem Frieden von Osnabrück (1648) Articulus VIII. § L Ut autem provision sit. ne posthac in statu politico controvcrsiae suboriantw; omneš et singuli Electores, Principes et Status Imperii Romani in antiquis suis iuribur. praerogalivis. libertate. privilegiis, libero iuris territorialis tarn in ecclcsiasticis quam politicis exercitio, ditionibus. regalibus horumque omnium possession,', vigore hums Transactionis ita stabiliti firmatiquc sunto. ut a nullo unquam sub quocunque practc.x-tu de facto turbari possini vel debeant. § 2. Gain/cant sine contradictione iure suffragii in omnibus deliberatiombus super ncgotiis Imperii, praesertim ubi leges ferendae vel interpretandac. bellum decerncn- 250 Krisis und Erneuerurn <&&ß körafligiirtiirri. Umtmnm^sMtm írlátajofflímDuním-íftrfflrdjáA. \ 1i\ů\ uTífoé irtjndím firtícriiaiiiiuf iratt aíiojitiJ ínD fitmriinjnprtD ittr Doitoflintj^mfj otoč m \\mmto ortu iialnmjtrrmfimíff. ,i$ aftgtfof. Iwtt IjaioiHffitr DmnjTDnöffcöm^ mjtfiaßljamtrlii Dir amürli rattan ala turftiriuurroi. \ver& »iifc&uinnuty mtttmititdrrfcefjiitt xh\1 mrtH^it,\Ä< de ficftCximt tyi^u ŕ» »Mitier xvv pmtoi.iwn Stý p/«^wvit^iui^íM»u^iff^.ii/jfc ino Abb. 1 7 Gewynn und fer/usr. Den Auftakt zu den Stadt- und Landrechtsreformationen machte Nürnberg mit seiner Neuen Reformation, die 1479 erlassen und alsbald - man setzte das neue Medium sofort ein - gedruckt wurde. Die Stadt, die nach Köln zu den größten deutschen Städten gehörte, war berühmt für ihre Wirtschaftskraft und die bedeutende gewerbliche Produktion, vor allem in der Metallverarbeitung. Hier ein Ausschnitt aus dem Gesellschaftsrecht; vgl. [70]. Der vom mächtigen Patriziat der Stadt dominierte Rat beschäftigte zahlreiche Juristen als Bedienstete und Gutachter, duldete aber in seinen eigenen Reihen keine Doctores iuris. Abb. aus der Fragmentarischen Pergamentshandschrift. Stadtarchiv Nürnberg, Amts- und Standbuch 157. Reformationen des Rechts 251 Die normative Basis Rir die städtischen Gesetegebungsaktivitäten untersuch, i * m ^ Gesetzgebung und Gesetzgebungsreeht spätmittelalterUcher deutscher Städte m -2001, 1-94 u. 161-26K Besonders eingehend untersucht sind fj££ h J .„halt der Kursachsischen Konstitutionen 172,. vgl „ ,„ s< m , D*' Kurfürst Augusts von Sachsen vom Jahre 1572(1857). ^nsututioneil Zur Stellung der Reformationen in der Gesetzgebungsgeschichte: * i B,, Geschichte der Gesetzgebung m Deutschland (2. Aufl. 1958) 67-73; besonders aufschlussreich ist der Hinweis ebd. 74 auf die beginnende Trennung von Prozessrecht und materiellem Rech, Die Träger dieser Systematisierung des städtischen Rechtslebens untersuch! wiederum isi x MANN, in: F.-J. ARLINGHAUS u.a. (Hg.), Praxis der Gerichtsbarken m europäischen Stachen des Mittelalters (2006) 305-411, bes. 326-328. Eine Bilanz der Rezeption und des Usus modernus gibt WD M kl k 225 248; zu den Reformationen dort 189-203 (mit zu schematischer graphischer Darstellung der Verwandt-schaften<. 199); zu der (problematischen) Vorstellung einer >profanen Vollrezeption< vgl. ebd. 124 bis 152. Im Einzelnen bedarf die Rolle der Reformationen im Rahmen des Ke/ep-tionsvorganges sicherlich einer Neubewertung. II. Quellentexte 70. Offene Handelsgesellschaft Aus der Nürnberger Neuen Reformation (1479) Der dreißigist tittel. Gesetze von geselschaften, irer vertrege, auch dem gewynn und vertust, freyung des Schadens und verpflicht ir leptag, verpindung der geselschajt. auch ir schuld ze beza-len, der Verhandlung irem abschied und entrichtung, und irer verneuung, auch vleiß der handler und haltung der rechnung. [l.J Das erst gesetz. Von haltung der vertrege und geding der geselschafier, so die zymlich sein, den also nachzekomen. So etlich personen einich gesellschaft ires gewerbs und hantierung miteinander treffen und machen, wie sie sich dann gegeneinander verpinden, doch das solche verpindung zymlich sey, also mügen sie der nachgen und nachkamen. [2.] Das ander gesetz. Von gewynn und verlust der geselschafier. eins veden nach gleicher anzal scins eingelegten gelts. So in dem geding einer gesellschaß nit abgeredt ist die anzal des gewynns oder des verlusts nemlich oder sunderlich, so sol die nach markzal oder anzal einsyeden dargelegter summ per cenlo oder nach dem hundert verstanden und aufgenomen werden. [3.J Das drill gesetz. Von Verlegung und freyung des Schadens einem umh sein mite und arbeit ze tun. und von unkraft des. das einer gewynnung allein und der ander schaden allein tragen solte. Krisis und Erneueruna 252 So man veman, in der gesellschafi einen voraus oder vortailtut umb sein müc. ar-bait oder Übung in Verlegung einer summ oderfreyung des Schadens oder andern,, das mag wol sein und sol auch gehalten und volzogen werden, doch ist daz geding unkref-tig, das einer die gewynn allein und der ander allein den schaden tragen sollt. [4.] Das vierd gesetz. Von verpßicht der geselschaß er ir leptag und mt lenger, doch mit bezalung irer schulde durch die erben nach anzal. So einich personen gesellschaß miteinander machen, so verpinden sie die in ircni leben und nit die erben nach irem rod lenger dann auf die nechstkünftigen rcehnung undab.se/ued, so unverzogen lieh darnach in iarsfrist besehen soll, auf das schirst, so in solcher iarsfrist verfügt mag werden, ungeachtet des gestorben verding' oder ver-schreibung in disem volle, also das die erbenßirpaß geselschaffer mögen sein oder nit; und desgleichen mügen die gesellseliaßer sie darnach aufnemen oder nit; doch so sie dieselben ir eitern erben, so sollen sie die schuld, so vor der vermelten rcehnung und abschied des gestorbenen, des erbschaß sie annemen, der gesellschafthalb gemacht wer. bezalen helfen nach anzal und abred der geselschaß in aller dermaß, als das gestorben het tun sollen von desselben gestorben verlaßner habe, soverr und die raichte; wo anders durch die erben ein inventári fürgenomen wer worden; wann sunst sollten und mästen die erben auf angenomen erbschaß pro rata andern ine für vol bezalen nach ausweisung des gesetzs von dem inventario; und mit dem abschied und desgleichen mit erstreckung der geselschaß der, die vor erscheynung derselben mit tod abge-en. soll es gehalten werden als die gesetz, davon begriffen, inhalten; aber der gemeinen geselschaß schuldhaft gen eußern personen. die nit geselschaßer sein, sol es mit bezalung derselben gehalten werden nach it,halt des hernachvolgenden gesetz. von verpßicht aller geselschaßer begriffen. [5.] Das fünft gesetz. Von verpindung gemeiner geselschaß des. so durch geselschaßer oder ir diener in gewalt der geselschaß fürgenomen und gehandelt wirdet. So ein geselschaßer in Sachen seiner mitgeselchaßer ichts handelt mit kaufen, verkaufen oder ander/n. dieselben ir geselschaß berürende. dasselb verpindet ir aller gemeine geselschaß. also das sölehs sollstetgehalten und volzogen werden; und desgleichen, so einich diener, der geselschaß verwanľ, dermaßen ichts handelt oder fürnemc, doch mit vorbehaltung der andern seiner mitgcselschaßcr oder herrschaft irer vor-drung und gereehrikeit. gen demselben handler, er sey geselschaßer oder diener, und ob aber einicher geselschaßer oder diener außerhalb gemeiner geselschaß oder seins diensts ein besondere oder ander gewerb oder hanlicrung trib oder fürnemc, in dieselben geselschaß nit rürend noch treffend, so solt solch gemeine geselschaß damit nit verpunden noch verstrickt sein, deshalb cynici, solche sonder schuld ze bezalen. [6.] Das sechst gesetz. Von verpßicht aller geselschaßer, unvcrschcidenlicf, der geselschaß schuld ze bezalen, doch unahgestelt, die irselshalb nach ir vedes anzal inander zu vergleichen. Was die geselschaß eußern persona schuldig ist, darumb sein alle geselschafter in solidům- und unverscheidcnlieh verpunden und verpßicht, das ze bezalen und ausze- Reformationen des Rechts 253 richten*, doch also, so solche ausrichtung beschiht, wie dann Me geselschaßer ** nach dem hundert oder anders geneinander verpunden oder verschriben haben äs mügen sie sich undereinander auch geprauchen. [7] Das sibendgesetzc. Von nome oder schaden, venumds verhandlunghalb besehe-hen, das die unschuldigen eimchen entgeh oder schaden mt haben noch tmgen sollen So gemeiner geselschaß habe oder gut genomen wirl von freveler oder geverlich T versaumnüS oder Verhandlung wegen einer oder n,er personen. der geselschaft ver want, so sollen die andern ir mitgeselschafter, die an denselben dingen unschuldig sem. des euuehen entgeh nit haben, sondern die verhandle,- oder versäumet sollen darumb irselbs schaden tragen. [8.] Das acht gesetz. Von entrichtung der geselschaßer auf abschied der ... schaß nach abred derselben oder sunst mit parschaft, pfennwerten1 und schulde nach anzal. So sich endet die gesellschafi, so sollen die geselschafter ausgericht werden nach abred und beding derselben geselschaß; und wo aber siilehs m sunderhai, nil bedingt wer worden, so sol ein yeder nach markzal oder anzal nemen und entpfahen parschaft, pfennwert und schuld, wie man das auf das gleichst und ungeverlichsl muh gestall und gelegcnhait der pfennwerten und schuld fürnemen soll und mag; und so vemunt von den geselschaßer,, mit tod abgeet und die bestanden geselschafter und des abgegan\ erben oder i r vormund von iren wegen solche herprachte geselschaft nit verrer oder auf lenger zeit darnach erstrecken, soll es mit dem abschied des abgegangen erben auch desgleichen gehalten werden, als in disem gesetz undersehiden und begriffen ist [9.J Das neund gesetz. Von vleiß der geselschaßer handlang und irer verpßicht des Schadens, ires tin/leißhalb heschehen, und sunst nit. Es ist ein yeder geselschaßer schuldig in handlung gemeiner geselschaß und in versorgnüs und verwarung des, so in geselschaft gehört und er in bevelh und gewalt genomen hat, sovil vleiß ze tun, als ob es sein aigen in besonder were, und so er solchen vleiß nu teile, so ist er schuldig umb denselben schaden; und was aber Schadens uber solchen seinen gepürlichen und notlurftigen vleiß gescheh, darumb ist er g andern seinen mitgesclschaßcrn nil verpflichtet. [10.] Das zchend gesetze. Von haltung der rcehnung nach abred der geselschaft oder sunst ierlich on redlich verhindrung. Wie die geselschafter sich mit gemeiner und ir vedes der geselschaft rechnung verpinden. die nach anzal der zeit ze tun. dem sollen sie also nachkamen; und wo aber solche zeit der rechnung nit abgeredt noch bestympt were, so sollen die alle var ierlich rcehnung tun und fürnemen. damit sie sovil kuntlicher wissen haben aller handlung und sachen. die geselschaft berürende. I Vertrag; 2 angehörig; 3 aufs Ganze; 4 zu begleichen; 5 Waren lex, nach: Quellen zur neueren Privatrechtsgesch. Deutschlands I 1: Ältere Stadtmailsrefonnationen (1936) 73 76. Zum Inhalt vgl. H. COING, Die Frankfurter Reformation von 1578 und das Gemeine Krisis und Erneuerung 258 , - , f.Ite Erben 7 Die Veräußerung der Stammgüter, soweit sie gestattet werden 6. Das Wort bezieht sich auf alle fcr. • nndwenndie Schenkung über 500 Schillinge beträgt, kann, darf nich« zu Lasten des Pflichtteils gehen. 8. Und bedarf es der Einreichung zu den Akten. ^ ^^ ^ Wendieserrextsag.da.ohneZu^ung ^n=m ^ ^ ^ ^ ^ hin Stammgüter) vergeben könne, so ,s« . g y^ ^^ ^ dcm ^ der ■*■* mCht Se,bSt "S ľ v daher ihren Ursprung haben, wie man auch als CfcoBvater und dergleichen £- £.£~ ^ ^ ^ ^ al.es Lehen bezc.chnet. was vom Vater° erV2TextJVcrgebunc der Güter, das heißt von der Schen-Zum anderen ist ferner daraufzu achten, dass der Text von Vergeo g kung. Und weil sowohl städtische wie territoriale Statuten sehr eng auszul gen sind (D. 14.1, 20. D. 29, ./.undJasonzuD. 28.6.1). folg« daraus. dassdieserText auf die e.gen.l.che Schenkung oder ^ ;i;;'dle einfache zu beziehen ist; Barto.us zu D. 39, 5,1, wo er ausdrücklich schreibt, dass eine Satzung, die die Schenkungen regelt, nur auf die eigentlichen Schenkungen bezogen werden darf. Deshalb kann auch dieses Statut sächsischen Rechts (von der wir hier reden) auch nicht die Schenkung von Todes wegen mit umfassen, zumal diese in Bezug auf ihre Wirkung den Charakter einer letztwt.hgen Verfügung hat (Gloss zu D. 33.4. 2). noch die uneigentliche Schenkung, die auf Grund einer Verpflichtung zu geschehen pile., «denn wer notwendige Lasten auf sich nimmt, der schenkt nicht: D. 24. 1. 2. 1). oder die gegenseitige Schenkung, die eher eine Gegenleistung oder ein Entgelt ist als eine Schenkung (D. 9,2,39, 5) noch auch die Übertragung oder Veräußerung allgemein. So ist unseres Erachtens das Wort >Erbe< nicht auf alle Erben allgemein auszudehnen, sondern allein auf die Abkömmlinge zu beschränken. Damit, soweit das möglich ist, das Gemeine Recht so wenig wie möglich beeinträchtigt werde. Argument aus L s. quando in prin. C. de [in]offic. in testamen. (CJ 3.28.35 pr.'). Dies ist dann eben auch der Grund, warum die gegenwärtige Bestimmung des sächsischen Rechts, die nur von den Grundstücken spricht, auch auf bewegliche Sachen zu erstrecken ist. Aber daran ist unsers Erachtens nichts gelegen, denn solche Übergaben geschehen, ob dieser nun zu den Miterben gehört oder nicht. Zumal das Statut zum Guten der Erben gemeinsam verordnet worden ist und also nicht dem einen zum Nachteil des anderen zustatten kommen kann. Es sollte aber gleichwohl auch in den Fällen, in denen die Veräußerung der Stammgüter nicht verboten ist. dieselbige billigerweise nicht zulässig sein zu Lasten des Pflichtteils: Weil auch ansonsten alle Verträge und Veräußerungen, der Berechtigung desjenigen, dem sie gebühren, nicht nachteilig sein können. soweit sie der Schenkung unterfallen (Baldus zu C. 3, 29, 1). So sollte gleichergestalt auch die Übergabe der Stammgüter, selbst wenn sie mit der Erben Erlaubnis und also crlaubterweise geschehe, billigerweise keinen rechtlichen Bestand haben, falls übermäßig ist und 500 Ungarische Gulden überschreitet, außer sie wäre denn zuvor gebührend zu den Akten eingereicht gemäß dem, was Bartolus und D. 39. 5, 23 schreiben. Da eine solche Einreichung zu den Akten nach Gemeinem Recht bei der Schenkung gefordert wird (C. 8, 53, 36, 3), soll sie durch das sächsische Recht nicht beseitigt und so auch nicht in ihrem Bestände beeinträchtigt werden ((.'. 6, 23. 27 und 7,62,32). Diese Zuordnung zum genannten Zitat beruht auf der Annahme, dass die hier ergänzte Silbe >in< in der Vorlage irrtümlich weggefallen ist. Fine Codexstelle, die mit den Worten >de offic. in te-Stamen.< beginnt, gibt es nicht: freundlicher Hinweis von A.J.B. SIRKS. Reformationen des Rechts 259 73. Schriftliche Klagen im Dorfgericht Aus der Solmser Gerichtsordnung (1571) Von Übergebung der Klag/auch wie dieselbiggeschaffen sein soll Der viertzehendt I 11 í ' I * /. Wann nuhn der Klager mit seiner forderunß xeeen dem r.li ., i , , ., h *>*>"''"cm in'klavicn also n•rhiU.-u fitefhrenjü/sogebuehrt^ sach wichtig und etwas weitleuffig/in schafften herzubringen und zu bun, del Beklagten daraufzu antworten und den rechtlichen krieg zu befestigen auß HchteHi ehern ampt anzuhalten. 2. Damit aber die gemeynen Fuersprechen /so mehrertheyl ungelerte I even seind /auch diejenigen so je zu zelten ire wort selbst thun und reden woellen eyn gemeyn m kurtzen bericht haben moegen / welcher massen form lieh un den Rechten eemeß klagt solle werden: So ist zu wissen / daß eyn jede formliche Klag I die werd gleich muendlich oder schriftlich fuergebracht /fuernemlichfuenß'wesenlicherhauptstueck in sich haben un begreijfen sol. 3. Zum ersten /sollen darinn angezeigt werden und vermeld /die namen der Richter / un des Gerichts / vor welchem die rechtfertigung wil fuergenomen und außge-fuehrt werden. 4. Zum andern /die namen deren Partheyen /nemlich deß Klagers / und dann des Beklagten / wider den gehandelt wird / da auch der Klaegere vil wehren / oder der Beklagten viel weren / (als so vil Erben und Staemme eines Erbfah halben wider einen oder mehr so denselben inhaben /klagen) sollen derselben Partheyen namen der seyen vil oder wenig / in der Klag namhafftig bestimpt werden I damit der Richter wissen moege gegen wen /die urtheyl zu feilen /auch daraujfdie Execution desto richtiger ervolgen moege. 5. Zum dritten / sol die sach derswegen geklagt wird mit kurtzer erzelung der geschieht und Ursachen / darauß die Klag herjieust /sondern weitleuffigkeit I und unnotwendige umbschweyjfe / angezeigt werden. 6. Zum vierdten /soll die Klag nicht fragens weiß / auffNeyn oder Ja antwort zu geben (wie hiß her bey den Dorffgerichten der Gebrauch gewesen) sondern auß ein gewisse bit gesteh / auch lauter / verstendlich und klerlichfuergebracht werden als so auffein Hauß / Acker / Wiessen /etc. geklagt wird sol dabey wo die gelegen / und wer die anstoessere / etc: So auffevn Rest schulden I wie viel der hauptsumma gewesen so eyner Iniurien oder schmehung halben geklagt wirdt wie die wort gelautet (auf) welchen tag /Monat und Jar / auch welchem orth dieselbig geschehen und also fuertan mit ändern /" erklert werden. 7. Zum Juenfften/sol nach erzelung der geschieht und des grundts darauß geklagt wird/die Klage alwegen auffevn endliche bit und begem/als Zustellung und einrau-mung eynes guts / oder bezalung geklagter schulden oder haltung eynes gethanen verkaujfs / etc. geschlossen / und also mit recht zuerkennen /gehetten werden. 260 Krisis und Erneuerung /■ ■ • / o . . ... ,„eitieuffiz /und dermassen geschaffen t daß kuenff H- WereauchdieSachso ^J™«^n mueßten f So »ollen wir daß die Klag tiglich Zeugen darinn gejuert £^ľ!Ä ersparen) übergeben und gleich-schrmich und articulirt (den Terminům,M ^ »ol - ^selben die oberzelte ***** > * _„ ^ ^ gele& a So dann die Klag also schnßhch* n, ^ ^ / /äochzuyordentda^ffdurchd^ gege„ Wem Reichen ^^^^J^ mund des Klagers eygentlich muendlich geschieht /so sol ^T~^ "uff und einschreiben , Dergleichen es iSÄ * -Ti ihret TPartheyen f Zriffiichem und muendlichem ein undßerbringen /gehalten soll werden. Ĺ nach: ,,, Gravescha* Sohns und Herrschaft Mintzenberg Gerichts Ordenung un Land Recht ri571)TciIITit. XIV Allgemeine Sache: B.DIESmKAMP, Art. SolmserGenchts-und Landordnung L^, in-HRGIV(1990) 1702-170^ eher und 'schriftlicher erstinstanzlicher Prozessführung ST. WM Kl K. Zweierlei Zivilprozesse. Der Ein-fluß der kurpfälzischen üntergerichtsordnung von 1582 auf die Gerichtsverfassung und das Gerichtsverfahren des Stadtgerichts Alzey (2005) 254-273. III. Zur Vertiefung Humanistische Jurisprudenz Die Vollendung wahren Menschentums durch das Studium der Antike - so könnte man das Programm des Humanismus formulieren, der mächtigen, aus der Krise der mittelalterlichen res publica chnsiiana entstandenen Geistesbewegung, die im 15. Jh. nach Deutschland her-übergriff. Im Zeichen des 1 lumanismus hatte in Italien und dann bald auch in Frankreich die Renaissance ihren Höhepunkt erreicht, und die Humanisten nahmen selbstbewusst für sich in Anspruch, die Wissenschaften zu neuer Blüte geführt zu haben. Ihr Gefühl der aus dem Studium der antiken Autoren Cicero, Livius oder auch Tacitus gewonnenen Überlegenheit schlug sich nieder in der Verachtung gegenüber der spätmittelaltcrlichen Scholastik und ihrem starren Unterrichtssystem, gegen das sie scharf polemisierten. Trotzdem konnten 1 lumanismus und Scholastik in der Wirklichkeit des Bildungswesens über weite Strecken nebeneinander bestehen. In mehrerlei Hinsieht wirkte der Humanismus integrativ: Zum einen trug er zur nationalen Identitatshildung bei. indem er die Begriffe patria und natio. die seit dem Spätmittelalter eine zunehmende Rolle gespielt hatten, neu verknüpfte. Sie tauchten nun als humanistische Argumentationsfiguren m verschiedenen Abgrenzungsdebatten auf: zwischen den europäischen Landern, zwischen der Reichsgewalt und den Partikulargewalten, zwischen Katholizismus und Protestantismus; vgl. ( iiiksuil, Wettkampf der Nationen (2005). Zum anderen verwischten sieh m der humanistischen Gelehrtenwclt (freilich nur dort) die Stan- Reformationen des Rechts 261 desunterschiede: Adhge. Kleriker und bürgerliche Laien kommunizierten als Humanisten gleichgestellt miteinander, sobald nur Ingenium und elegantia, Geistesgröße und Eleaanz in allen Lebensäußerungen, vor allem aber in Rede und Sehn.,, wechselseitig als ebenbürtig anerkannt waren. Dennoch fiel den nichtadligen Laien, die häufig dem Stadtbürgertum entstammten und höhere Studien etwa der Medizin, vor allem aber der Rechtswissenschaft durchlaufen hatten, eine führende Rolle zu. In Deutschland hat das Basler Konzil (1431-1449) vielfaltige Berührungen mil den Humanismus vermittelt, für die nicht zuletzt die Klerikerjuristcn empfanglich waren mochten sie nun selbst in Italien studiert haben oder nicht. Der Humanismus wandte sich dann nördlich der Alpen stärker als in Italien pädagogischen Themen zu; vgl. m MAISSI N G. w \i i m k (Hg.), Funktionen des Humanismus (2006). Unter den Humanisten des um die Wende vom 15. zum 16. Jh. führenden Obenhei] biets spielten ebenfalls die Juristen eine wichtige Rolle; s. dazu s i EMBK1 M mi i | d lg.). I lumanisten am Oberrhein (2004). So hat etwa Sebastian brant. Professor m Frei-bürg und Stadtschreiber in Straßburg (1T521), der berühmte Verfasser des >Narrenschifl mit seinen Ausgaben des TENGLERSCHEN >Laienspiegels< und des >Klagspiegels< wesentlich dazu beigetragen, juristische Kenntnisse über den Kreis der studierten Juristen hinaus zu verbreiten; zum Klagspiegel und bei ihm lange umstrittenen Verfasserfrage A. deutsch. Der Klagspiegel und sein Autor Conrad Heyden (2004). Noch eindrucksvoller sind die pädagogischen Bemühungen eines anderen elsässischen Humanisten, des THOMAS MURNER, der als Franziskanermönch ein bedeutender Volksprediger war, der LUTHER in vielen Streitschriften bekämpfte, dem Bischof von Straßburg als Jurist diente und zuletzt als Stadtpfarrer in seiner l leimatstadt Oberehnheim, dem heutigen Obernai. wirkte (t 1537). Nicht nur sein originelles juristisches Kartenspiel, sondern auch seine deutschen Überset/ungen der Regulae juris und der Institutionen justinians legen hiervon Zeugnis ab; vgl. dazu A. ERLER, Thomas Murner als Jurist (1956) bes. 17-58. Humanist war MURNER auch in seiner Hochschätzung des Textes gegenüber der Glosse: Ist da Text schon recht und /rinn, so ist die gloß ein schalk darum. Den Kampf mit der Scholastik an den Universitäten führte besonders der berühmte JOl I NES REUCHLIN, Jurist im Dienste Württembergs, der Kurpfalz und des Schwäbischen Bundes und später Professor der Philologie in Ingolstadt (t 1522) als Verteidiger jüdischen Schrifttums, das im aufgeheizten religiösen Klima am Vorabend der Reformation existentiell bedroht war. Hierbei führte er auch juristische Argumente ins Feld; vgl. MR ACKERMANN, Der Jurist Johannes Reuchlin (1999). Einen eigentlich juristischen Humanismus brachte freilich erst der Kreis hervor, der seinen geistigen Mittelpunkt in ERASMUS VON ROTTERDAM gefunden hatte: vgl. 0. KISCH, Erasmus und die Jurisprudenz seiner Zeit (1960). Er war vor der Reformation von Hase! nach Freiburg i. Br. ausgewichen, wo er 1529-1535 lebte (t 1536). Hier vertiefte sieh die schon durch den gemeinsamen Schüler bonifacius amerhaui geknüpfte Ikv.ehung /u dem bedeutendsten deutschen Juristen des Humanismus, zu ULRICH /ami s Set 270 Krisis und Erneuerung 1 Wan evn iglicher, der uber hundert gulden riche were, yn dutschen landen gesessen alle /arc dem Ramschen riche gebe den sesten teyle von eynem gulden das were eynem .lichen ear klevne und mochte dem riche vilynbrengen und ewigen fiydden machen. In dyssen stucken und andern, der noit deme riche weren, mochten die concilia und ufdysezyt babst Felix vil gutes zu thune und ane zwyfel gerne deden, und ist wunder, das die korefursten nicht mit allem flysse dar nach stene, das das riche widder zu wir-dikeyt komme, dan wan das ryche yn wirden ist, so heldet man deste mere von den korefursten. 1 Ansehen; 2 Thüringen; 3 Genf [Toke bezieht sich auf die Herkunft des Gegenpapstes Felix I: aus SavoyenJ; 4 guter; 5 Geschenk; 6 Pfalzgraf; 7 Verbrechen; 8 verdammt. Text nach: ZEUMERI Nr. 167. - Zur Sache vgl. P. CLAUSEN. Heinrich Toke. Ein Beitrag zur Geschichte der Reichs- und Kirchenreform in der Zeit des Basler Konzils (1939) bes. 20-43. 75. Christliche Bauernrepublik Die Tiroler Landesordnung des Bauernführers Michel Gaismair (1526) Anfenklich so werd irgeloben und schwörn, Leib und Guet zusamen setzen, von einander nit weichen, sondern mitainander heben und legen, doch alzeit nach Rat ze handlen, cur furgesetzten Öbrigkait treu und gehorsam ze sein und in allen Sachen nit aig-nen Nuz, sonder zum ersten die Eer Gottes und darnach den gemainen Nuz zu suechen, aufdaz uns der almechtig Gott (wie er dann allen denen, so im in sein Geholten gehorsam sein, vilfeltig gehaisen hat) Gnad und Beistand tue. Darauf wir genzlich vertrauen sollen, dann er ganz wahrhaft ist und niemand betruegt. 2. daz ir alle gotlosen Menschen, die daz ewig Wort Gottes vervolgen, den gemain armen Man beschwören und den gemainen Nuz verhindern, ausreifen und von dannen tuen wellet. 3. daz ir daran sein wollet und ain ganz christenliche Satzung, die allein in allen Dingen aus dem heiligen Wort Gottes gegründt ist. aufrichten und daran genzlichen geleben wellet, 4. sollen alle Freihalten abgetan, dann si wider daz Wort Gottes seind und daz Recht völschen, darin niemand fur den andern gevort ail t werden soll. 5. sollen alle Rinkmauren an den Stetten, dergleichen alle Geschlösser und Befestigung im Land niderprochen werden und hinfiir miner Stott. sonder Dörfer sein, damit kain Underschaid der Menschen, also daz ainer höcher und pösser' weder der ander sein wälle, werde, daraus dann im ganzen Land Zetrugtligkait2, auch Hoffart undAufruer entsteen mag, sonder ain ganze Glaichait im Land sei. n. sollen alle Pi/der. Pildstock, die Capel/en, so nit Pfarrkirchen sein, und die Meß im ganzen Land abgetan werden, dann es ain Greul vor Gott ist und ganz uncristlich ist. Die Reichsreform 271 7. soll man daz Wort Gottes treulich und wahrhafiiglich ins Gaismairs l and allenthalben predigen und alle Sophisterei und dunstem ausreden und dieselben ľue-cher verprennen. 8. sollen die Gericht allenthalben im Land auf daz gelegenlichcst. desgleichen die Pfarren ausgezcllt werden, also daz man die mit wenigstem Costen versechen mag. 9. soll ain jede ganze Gmain ains jeden Gericht alle dar ain Richter und acht Geschworen erwöllen, die sollen daselbig Jar den Gerichtzwang versehen 10. soll alle Montag Recht gehalten werden und alle Sachen nicht über das ander Recht aufgezogen werden, sonder zu lind bracht auf den anderen Tag sollen die Richter. Geschworn, Schreiber, Redner und Gerichtsleut, Pötten sollen in den Gerichts-händlen von niemant nicht nemen, sonder vom Land besohlt werden und demnach in irem Costen alle Montag bei der Gerichtstatt erscheinen und dem Gericht gl sein. J1. soll ain Regiment im Land besetzt werden, darzue Brichsen3 der gelegentlichst Platz wer, außerdem vil Pfaffenheuser und andere Notturft und mitten im Land were; und solten die Regenten aus allen Viertailen des Lands, auch etlich vom Pergwerch erkuest werden. 12. soll die Apellation von Stund an fur die Regierung und nimmer gen hieran, dann es ain Uncosten und kain Nutz ist darin, gepraucht worden und von Stund an dasselb erledigt und zu End an ferrer Wägerung gen. 13. sol an dem Ort, da die Regierung des Lands istr ain hoche Schnei auf geruht werden, da man allain daz Wort Gottes innen lernen soll und sollen albeg drei geleite Männer von der Llochenschuel. die daz Wort Gottes kundig und der göttlichen Ge-schrift (aus welcher die Gerechtigkeit Gottes allain erleutert werden mag) wol erfaren sein, in der Regierung sitzen und alle Sachen nach dem Bevelch Gottes, als cristenlich Volkzugehörent. richten und urtailen. 14. Der Zins halben sol ain ganze Landschaft nach Rat mitainander beschlU ob dieselben von Stund an ab sein sollen, oder ob man am frei Jahr nach dem (lesatz Gottes beruefen wolle und die Zins mitlerwcil zu gemainer Landsnotturft einziehen, dann es ist zu bedenken, daz gmaine Landschaft ains Kriegscostung am Zeit lang prau-chen wurd. 15. Der Zoll halben, sech mich dem gmain Man Nutz sein (für) guet an. man tet dieselben im Land allenthalben ab, aber an Confincf richtet man si aul und hielts also, was im Land gieng, daz zollet nicht, was aber aus dem Land gieng daz zollet 16. Zechends halben, den soll jedermann geben nach dem Gepott Gottes und sol also verpracht werden: in jeder Pfarr sol ain Priester sein nach der Leer Paul,, der daz Wort Gottes verkundt. der soll mit erhercr Notturft vom Zechend undetniUen werden und der übrig Zechend sol armen Leuten geben werden: aber ain solche O^ungsol mit den Armen gehalten werden, es soi niemant von Haus zu Haus pettlen gen. dann, Lottcrei. vil unnutz Volk, daz wol arbeiten mag, abkliert werd. 272 Krisis und Erneuerung 17 Die Klöster und tauschen Heuser sollen in Spitäler gemach, werden. In etlichen sollen die Kranken heiainander sein, den mit aller Zaffl und Ermei wol gewart werden soll in den anderen die alten Personen, so eitershalben nimer arbeiten mugen, und die armen, unerzogen Kinder, die man lernen und zu Keren ziechen soll. Und wo aber hausarm Leu! weren. den sol man nach Rat ains jeden Richters in seiner Verwaltung, da si am pusten'' erkannt werden, nach Gelegenhait ierer Notturft vom Zechend oderAlmuesen Hulí tuen. Wo aber der Zechend zu Undcrhaltung der Pfarrer und Armen nit erklecken7 möchte, so soll meniglich sein Almuesen nach seinem Vermuegen treulichen darzuegeben. Und wo uber daz Mangel wer, so solt vom Einkomen völlige Erstattung geben werden. Und soll in einem jeden Spital ain Spitalmaister sein und darzue ein öbrister Vogt oder Ambtmann über alle Spiteler und Armen gesetzt werden, der nicht anders tue, dann fur un fur alle Spitäler bereit und Fursorg uber die Armen trag und inen l'ursechung tue: darzue in alle Richter, ain jeder in seiner Verwaltung, mit ainer Hui f der Zechenden und Almuesen auch Anzaigung und Undcrrichtung der auch hausarmen Leuten hüljlieh sein sollt. Es sollen auch die Armen nit attain mit Essen und Trinken, sonder mit Klaidung und aller Notturft versechen werden. Item. damit guete Ordnung im Land allenthalben in allen Dingen gehalten werde, so sollen auch vier Hauptleut und darzue ain öbrister Hauptman uber das ganz Land gesetzt werden, die in Kriegsleu fen und allen Dingen fur und fur des Lands Notturft und Fursorg tragen mit Bereitung des Lands, der Refer, der Paß, Weg, Pruggen, Wasserpei9, Lantstraßen und alles handien, was in dem Land Notturft ist und dem Land alle Notturft in allen Dingen treulich zu dienen; doch si sollen alle Mängel nach der Besichtigung und Erkundigung zuvor der Regierung anzaigen und nach Rat derselben albeg handien. Man sol auch Moser'" und Auen und ander unfruchtpare Ort im Land fruchtbar machen und den gemain Nutz um etlich aigennutzigen Personen willen nit unter-wegen lassen. Man möcht die Moser von Meran unz gen Trient alle auftrucknen und merklich Vieh und Kue und Schaf darauf halten, auch viel mer Traid" an vil Orten zuglen, also daz Land mit Fleisch versehen war. Man möcht auch an vil Orten Ölpam setzen, auch Saffian zuglen. auch die Poden-Weingarten sol man zu Glqfiiren'2 machen, rott Lagrcin'-' darin anlegen und verjeren, Wein machen wie im Wälschland und danwischen Traid anpauen, dann daz Land Mangel an Traid hat. Daraus volget, daz die pösen Tämpf4 von den Mosern vergiengen und daz Land frischer wurd. Es wurden vil Krankhaiten aufhören, die von den swären Poden Wein komen, der Wein und Traid wurd wolfail und mit ringer Costung ze arbaiten. Aber die Perg-weingarten, die man mit Korn nicht anpauen, die ließ man bleiben. 18. Item man sol in jedem (Jer i ch t alle Jar zu gelegener Zeit ain ganze G main in den leiden und Gemainden robudden'5, dieselbigen räumen und guet Waid machen und also daz Land fur und fur passeren. Es sol im fand niemant Kaufmanschaft treiben, auf daz sich mit der Sund des Wuchers niemant befleck. Aber damit in solchem nicht Mangel erschein undone, Ordnung gehalten werdt auch niemant überschätz und betrogen, sunder alle Ding in aim rechten Kauf und guet Waar gefunden werden mug, so Die Reichsreform 273 soll anfänklichen ain Ort im Land furgenomen werden ,1,,,-,, t ■ ben und in miden Weg gelegen wäre, dahin nu.....íu , '?""''"', """"" ** Land erlegen solle als Seidenluech, PiretP, Mossing«! ,', '"ľ,V""' """ über gesetzt werden. Und was ,m Land als Gewürz und ander „„■/„ ' mag. da. so,, außerhalb bestellt werden. Darauf an eJicnTolTofl, "T nach im Land Laden gehalten, darin allerlei failgehapt-, und sol auf'nichte kaZ l'Z darauf schlahen. sonder allem der Costung. so darüber gel. darauf geKchnel „„.,,,„ Damit wurde verhue, aller Betrug und Falsch und nun, mach, alle Ding in, rech m Wert gehaben, und bleibt daz Gelt im Land und kam den, gemainen Man zu.......„ tBm Nutz. Diesen Ambtman über den Handl und seinen Dienern geh nun, bestimmte H.W-dung. 19. Man soll ain guete schwäre Münz, wie bei Herzog Sigmund Zeiten widerumb aufrichten und die jetzig Münz aus dem Land tuen und vertreiben und ferrer kern auswendig Münz, weder vil noch wenig nemen, damit das Gelt sol probier, werden und sol valuirt werden und was gegen Landnutz wert ist, also sols genuinen werden. 20. Man soll von allen Kirchen und Gottsheuseren alle Kelch und Klama nemen und vermunzen und zu gemuiner Landnotturft prauchen. 21. Man sol auch guete Verständnus zu anstoßenden Länderen machen. Man sol den Zafairen"' im Land zu hausieren nit gestatten. Man sol hinfuran ain Markt imEtschland und ainen im Inntal halten. Man sol ain dapfere Summa Celts zum Tonn machen, ob daz Land ain unversehener Krieg anfiel. Und der vertriben Edelleit oder ander Paugueter sol man zu Undcrhaltung des Gerichts Costung halten. 22. Des Pergwerchs. Erstliehen sollen alle Schmölzhütten, Tailpergwerch, An, Silber, Kupfer und was darzue gehört und im Land betreten werden mag. so dem Adel und ausländischen Kaufleuten und Gesellschaften als Euckerisch. Höchstetterisch, Paum-garterisch, Plumbisch und dergleichen zugehört, zu gmain Landshanden einziehen; dann si solches bii lieh verwurkt haben, dann si haben sollich ir Gerechtigkait mit unrechtem Wuecher erlangt: Gelt zu vergießen menschlichs Plueis, desgleichen gmainen Man und Arbaitcr mit Betrug undpöser War in hohem Cell, zwier"' mer. weders hes-wert gwesen, scins Lidions-2 bezalt, auch das Cwurz und andre War durch ieren Einkaufvertciin und Ursach ringer3 Münz gwesen; und alle Munzherren. die Silber von inen kaufen, nach im solch erdacht Taten bezallen muessen, oder die Münz entgegen der Annen genuinen, sein Lidion auch dem Armen abgesprochen, so si mit Schmälzherren in irem Erzkauf nicht erstatt; aber alle Kaujmunswar. aus dem sis alle m ire I lend bracht, in ainen, höcheren Kaufgestaigert. i 'nd also die ganz Welt mit ierem uncristen-lichen Wuecher beschwärt und sieh dardurch ir fürstliche Vermugen gericht, das dann billich gestraft und abgestölt werden solt. Demnach sol vom Land ain öbrister Factor über all Perkwerchsachen gesetzt werden, der alle Ding handl und jährlichen verrait. Und sol niemant zu schmälzen gestatt werden, sonder da: fand sol durch Iren gesetzten factor alle Ar: schmälzen lassen, die Krisis und Erneuerung 274 Ärzkeufder Pillichaü nach bestimbt und dargegen dem Arbaiter alle Raitung mü purem Gel, und mil kainem Pfenwert» hinfuran Bezalung tuen, damit Juran die Landleu, und Perkleut in guetem Frieden beiainander bleiben mugen. Dergleichen sol im Pfannhaus25guete Ordnung gehalten werden und sol dem Land ain -imblich Einkumen vom Perkwerch machen, dann es am pasten geschechen mag, damit die Regierung des Lands mit allen Ämberen und Versicherung darvon underhal-ten werden mugen, wo aber in solchem dem Land Mangel erschin und genuegsam Einkumen zu Versehung des Lands darin nich, erlangt werden möcht, so muest man ain Steur oder ain Zinsphenning auflögen, damit ain gleiche Purd im Land getragen wurd. Man sol auch allen Fleiß darzue tuen und die Costung vom Land daran lögen, damit im Land an mer Orten Perkwerch erweckt und erpaut werden mugen, dann durch die Perkwerch mag das Land an meniglich Beschwerung daz maist Einkumen erlangen. I besser; 2 Zerrüttung; 3 Brixen; 4 Grenzen; 5 Pflege; 6 besten; 7 ausreichen; 8 Reviere; 9 Wasserbau; Kl Moore; U Getreide; 12 Glasur (besondere Art, die Weinreben nicht am Boden liegend zu ziehen); 13 rote Tiroler Keltertraube; 14 Dämpfe; 15 fronen; 16 Barett; 17 Rechnung legt; 1H Kleinod; 19Savoy- ern; 20 Vorrat; 21 zweimal; 22 Arbeitslohn; 23 geringer; 24 Ware; 25 Siedehaus in einem Salzwerk. Text nach: G. FRANZ, Dt. Bauerntum II, Neuzeit, in: Germanenrechte NF (1939) Nr. 8. - Zur Sache einerseits aus marxistischer Sicht J. MACEK. Michael Gaismair. Vergessener Held des Tiroler Bauernkrieges (1988), andererseits J. BÜCKING, Michael Gaismair. Reformer- Sozialrebcll - Revolutionär (1978). III. Zur Vertiefung Das >gute alte Recht< Es geschieht gewiss nicht häufig, dass ein wissenschaftlicher Aufsatz für mehrere Generationen das Bild bestimmt, das sich die Forschung von seinem Gegenstande macht. Mit dem Aufsatz, den F. kern unter dem Titel >Recht und Verfassung im MA< im Jahre 1919 in der Historischen Zeitschrift veröffentlichte (HZ 120, 1919, 1-79; eine erste Fassung war bereits 1916 erschienen: Über die ma. Anschauung vom Recht, in: HZ 115, 1916,496-515), hat es jedoch eine besondere Bewandtnis. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde er in einer Buch-ausgäbe erneut zugänglich gemacht (1952; Neudruck 1969). Im pessimistisch gestimmten, nach Orientierungsmarken nicht zuletzt in der nationalen Vergangenheit suchenden Geistesleben nach den verlorenen Kriegen galt KERNS Aufsatz als die gültige Formulierung der mittelalterlichen Anschauung vom Recht. Zur Kennzeichnung der Ansicht KERNS von der mittelalterlichen Rechtsvorstellung eignen sich am besten drei Sätze, die ihm als Abschnittsüberschriften dienen: >Das Recht ist alt < »Das Recht ist gut.< >Das gute alte Recht ist ungesetzt und ungeschriebene (11, 15, 23 der Buchausgabe). Nicht aus Rechtsetzung, sondern aus der Gewohnheit erwachsen, zieht das Recht seine Geltungskraft aus seinem Alter und seiner Güte. Die germanische und die littelalterliche Auffassung stimmten darin überein, dass das Recht eine altüberlieferte und Die Reichsreform 275 daher heilige Ordnung sei, die nur gefunden, aber nicht geschaffen werden könne. So sah es beispielsweise noch das maßgebliche Lehrbuch der 1960er Jahre. CONRAD 1 25. 345 Dass dieses Gesamtbild lange Zeit unversehrt bleiben konnte, überrascht angesichts dei ihrerseits nicht mehr ganz neuen Einschränkungen der KERNSCHEN ["hese h Dauer und Vergänglichkeit im ma. Recht, in: ZRG.GA 75 (1958) 206-251. hat ergänzt, dass es neben dem >guten alten Recht< der überkommenen Gewohnheiten eine andere Schicht von Recht gab: das Recht der Privilegien und Konstitutionen der Herrscher, das wegen seiner eigenartigen Geltungsschwäche fortwährender Bestätigung bedurfte, also möglichst neu sein musste. Hier wurde KERNS Ausgangspunkt im Prinzip noch beibehalten, doch grundsätzlicher Widerspruch folgte bei K. kroeschell, Recht und Rechtshe-gritr im 12. Jh., in: Probleme des 12. Jh. (1968) 309-335 und G. KÖBU R, Oas Recht im frühen M A (1971). Dieser hat nachgewiesen, dass die Quellen überall dort, wo sie cm Recht als gute alte Gewohnheit kennzeichnen, lediglich formelhafte Wendungen der kirchlichen Rechtssprache zitieren, die in der Nachfolge der römischen Lehre vom Gewohnheitsrecht stehen, aber keinen Schluss auf die heimischen Rechtsvorstellungen zulassen Die Reflexion auf die Güte und das Alter des Rechts wurzelt also in antiker Tradition und nicht wie KERN wollte, im germanischen Rechtsdenken. Vom >guten allen Recht' als dem wesentlichen Faktor germanisch-mittelalterlicher Rechtskontinuität kann also keine Rede sein. i. Die Forschungsdiskussion fasst zusammen j. liebrecht. Das gute alte Rech m der rechtshistorischen Kritik, in: K. KROESCHELUA. CORDES (Hg.), Funktion und Form. QueUen-und Methodenprobleme der mittelalterlichen Rechtsgeschichte (1996) 185-204. In das ok-zidentale Rechtsdenken vor Gründung der Rechtsschule von Bologna wird das Problem eingeordnet von J. WEITZEL, Versuch über Normstrukturen und Rechtsbewußtsein im mittelalterlichen Okzident (450-1100), in: E.j. LAMPE (Hg.), Zur Entwicklung von Rechtsbewußtsein (1997) 371 \Y, Forschungsbericht dort 371-380. Doch wie es mit den Chancen, Charakterzüge der ältesten Schichten des einheimischen Rechts mit Hilfe dieser Debatte aufzudecken, auch stehen mag - Skepsis äußert d. willo-WEIT, Vom alten guten Recht. Normensuche zwischen Erfahrungswissen und Ursprungslegenden, in: Jb. d. Hist. Kollegs 1997, 23-52: Zweifellos spielte die Vorstellung vom guten alten Recht eine erhebliche Rolle, als die Bauern in den Jahrzehnten um 1500 nach Legitimation für den Widerstand gegen ihre Herrschaften suchten. Vor allem gegenüber den Landesherren, die sich um einheitliche Verwaltung und Gerichtsverfassung und um eine gleichmäßige Abgabenbelastung ihrer Untertanen bemühten, berief man sich auf Herkommen und alte Gewohnheit. Die Überzeugung, um das >alte Recht< zu kämpfen, verlieh einer ganzen Reihe von Bauernaufständen seit der Mitte des 15. Jh. den moralischen Rückhalt. Zum Verhältnis von altem Recht und altem Herkommen ľ BUCKLE, Die Revolution von 1525 (4. Aufl. 2004) 140-149. Bei einer Erhebung der Bauern in der Krain 1515 wurde das >alte Recht< nach dem Zeugnis eines Volksliedes sogar zum Schlachtruf: Aus irer gmain telen si schrein: stará pravda! 296 Krisis und Erneuerung die Strafrechtswissenschaft allerdings bildete die Peinliche Halsgerichtsordnung einen festen Ausgangspunkt und ermöglichte ihr die Diskussion der strafrechtlichen Probleme über die Grenzen der deutschen Territorien hinweg. Bis zur großen Erneuerung des Strafrechtsdenkens durch die Aufklärung im ausgehenden 18. Jahrhundert erwies sich dieser Boden als ťragfáhig. Literaturhinweise Derzeit maßgeblich und für den Studiengebrauch am handlichsten ist die Ausgabe von F.-(ii SCHROEDER, Die Peinliche Gerichtsordnung Kaiser Karls V. und des Ml. Römischen Reichs von 1532 (Reclam Nr. 18064, 2000) mit guter Einleitung, Erläuterungen und gründlicher Bibliographie, vgl. ferner R. lieberwirtH, Art. Constitutio Criminalis Carolina, in: HRG21 (2006) 885-890. Die Quellengrundlage der Carolina wurde erforscht von E. brun-NENMEISTER, Die Quellen der Bambergensis (1879); vgl. hierzu im übrigen unten III. Grundlegende Beiträge zur Carolina finden sich in dem Sammelband »Strafrecht, Strafprozeß und Rezeption. Grundlagen, Entwicklung und Wirkung der Constitutio Criminalis Carolina«, hrsg. v. P. landau und F.-CH. schroeder (1984), vgl. ebd. z.B. w. trusen zu seil WARZENBERG, bes. 92 ff. Zum Verfahren vgl. auch W. SELLERT/H. RÜPING, Sludicn- und Quellenbuch zur Geschichte der deutschen Strafrechtspflege I (1989) 204-211, H. RÜPING/ G. JEROUSCHEK, Grundriß der Strafrechtsgeschichte, 5. Aufl. (2007) Rn. 94 ff. sowie A. IGNOR, Geschichte des Strafprozesses in Deutschland 1532-1846 (2002). II. Quellentexte 80. Beihilfe, Versuch, Schuldunfähigkeit Die allgemeinen Bestimmungen der Carolina (1532) 177. Von straff der fürderung, hilffund beistand der mißt hattet: Item so jemand eynem mißthätter zu Übung eyner mißthatt. wissentlicher vnd ge-uerlicher weiß einicherley hilff, beistand! oder fürderung, wie das alles namen hat, t Ina, ist peinlich zu straffen, als aber vorsteht, inn eynem fall änderst dann inn dem andern, darumb sollen inn disen feilen, die vrtheyler mit berichtung der Verhandlung, auch wie solch an leib oder leben soll gestrafft werden, als obsteht, radts pflegen. J 78. Straff vnderstandner misset hat t. Item so sich jemandt eyner missethatt mit etlichen scheinlichen wereken, die zu volnbringung der missethatt dienst/ich sein mögen, vndersteht, vnnd doch an volnhrin-gung der selben missethat durch andere mittel, wider seinen willen verhindert würde, solcher böser will, darauf eil ich weich, als absteht volgcn, ist peinlich zu straffen, Aber inn eynem fall herter dann inn dem andern angesehen gelegenheit vnd gest alt der sach, Die peinliche Gerichtsordnung Karls V. 297 darumb sollen solcher straff halben die vrtheyler. wie hernach steht, radts pflegen, wie die an leib oder leben zuthun gebiirt. 179. Von übelthättem diejugent oder anderer suchen halb, fre sinn nit haben. Item wirt von jemandt, der jugent oder anderer gebrechlicheyí halben, wissentlich seiner synn nit hetf, eyn übelthatt begangen, das soll mit allen vmstenden, an die orten und enden, wie zu ende diser vnser Ordnung angezeygt gelangen, vnnd nach radi der selben vnd anderer verstendigen darinn gehandelt oder gestrafft werden. Text nach: Die Peinliche Gerichtsordnung Kaiser Karls V. hrsg. von I < H st HROED1 K (Reclam 2000). Zur Sache vgl. E. SCHMIDT, Strafrechtspflege 119-122. 81. Peinliches Halsgericht Ein schwäbischer Diebstahlsprozess (1548) Halßgerichtsordnung und Gerichts Acta so uff den 8. tag May Im 15. hundert und 48ten Jar, uber Hans Hugen genannt Igeln von Kylchperg zu Neüneckh, welcher nut dem strängen gemelts tags gericht worden, ergangen und praucht worden ist. wie volgt. Erstlich ist er am Donnstag morgen den 7. tag may als man momigs fiir Recht stellen wollen, usser dem thurm in ain andere gefengknus gelassen, daselbst man ime priester ZU Beichten, und das Sacrament mitlzethailen zugelassen, das er auch gethon und empfangen nach Ordnung der hayligen Cristenlichen kürchen, wie bitzher in der alten Religion gepreuchig und geyebt1 worden ist. Zum andern ist er gemelts tags, nach mittag ungefarlich umb drey oder vier { usser solcher gefengknus genomen, und hinab under die metze in ain .stock gelegt, dariune mit 6 personen, so der herschafft Neüneckh gelopt und geschworen, auch mit einem scharwechter. welcher die gantz nacht im (leckhen hein und her gewachter, dar-.:;/ vorhein, als er in stock khomen, mit zwayen hiettem bitz ují die nacht und zu an-standi der sechsen oben gemeldet verwart, daselbst Im auch ujfmornigs den freytag den peinlichen Rechten zu wartten. durch den geschwornen und verordnet ten büt tel. nemhlich Bernhart Schneidern, zunechstfürgeputten worden. Zum drütten, als momigsfreytags etwa umb 5 oder (■> uren oder darzwischen worden, hatt sich das peinlich verordnet gericht zusamen verfliegt, den gernhlschreyber beschückht und die proceß auch peinlichen gerichts Ordnung zum thaill, in etlichen artickheln uber die diepstell zu richten, dienstlich verlessen lassen, auch die unit, so uß den stabhalter, Rüchter und schreyber, uber das bluti zu richten gehört, daruff und darus underricht empfangen und genomen. bis an ir guts benieg y Viertten, als es ungefarlich umb syben uren worden, ist dasselbig peinlich j> •' lit in die zugerichtet! schranckhen uff dem tantz werd, daselbst zu Xcuneckh zuge-■ ht nidergesessen und volnstreckhen verheffen wie volgt... (folgt die Verlesung r Anordnung des Gerichtsherrn, des Ritters Jörg von Ehingen, sowie der kaiserli- 298 Krisis und Erneueru chen Gerichtsprivilegien, auf Grund deren hier erstmals peinliches Gericht gehalten wird.) Uff solche jetzt gehörtte vermaneng hat der schul thais oder stabhalt t er Jeden Rüch-ter besonder gefragt, ob das entlich gericht zu peinlicher Handlung wol besetzt sey. Darufflme die Rüchtere ainer nach dem andern geantwurt alsso: her schulthais, das peinlich entlich gericht ist nach lautt kaisser Karins des feunfflen und des hailigen Reichs Ordnung nach wol besetzt; demnach der schulthais bey kaiserlichem Recht be-volhen, niemant zu reden, one sein erlaupten fürsprechen. Nach jetzt geprauchten und eingeflertten verleßnen Begem. Reden und Handlung ist vorgemeltter Hanns Eyssen, obervogt, abermals dargestanden, aines fürsprechen zu peinlicher Rechtfertigung vom schulthaißen begert, der auch Ime erlaupt, durch welchen hne alle notturffl Rechtens begert und erlaupt worden, der auch den armen gefangnen ubelthatter auch ainsför-sprecher zu begem underwissen, alsso habends ain umb den andern vom selbigen gericht zogen und ernempt, bis jeder das halb gericht zu seiner seilten gepracht undbey Ime gehapt, hierujf Hannß Eyssen durch seinen zu recht angedingten erlaupten und erlangtenßrsprechern gegen und wider Hanns Hugen genant Igeln von Kiilchberg, den ubelthäter muntlich Gage darthain, und eröffnen lassen Inmassen hernach volgt alsso lauttende ungefarlich. C lag (Hanns Gmwer jurSprecher.) Her schulthais und ir Rüchtere. der ersam Hanns Eissen, Obervogt der herschaft Neuneckh, anclagere hie zugegen, Clagt anstatt. Im namen und von bevelchnus wegen des edeln und vesten Junckher Jörgen von Ehingen zu Külchperg etc. seines günstigen Junckhern und oberhern gemelter herschaft Neuneckh, zu Hanns Hugen, genannt Igeln von Külchperg, dessen ubelthatter, so gegenwärtig vor gericht stedt, der missethat halb, so er etlich Jar her mit diebstall an erbarn leutten, auch an egemelttc/n von Ehingen, als seinem Junckhern, under dem er hußhäblich gesessen, und line lange Zeit und Jarher geschafft und tagwerkt, darum er Ime allwegen gepürliche landtlöfflge und erbare belonung vor und nach dem. ehe er die verdient, willigklich zusten und wider/am, deren er sich uß gütlicher forcht und nach hillichait. so ein erbars gemiett In Im ge-weßt, billich sollte hon beniegen, und settigen lassen; das er dan nitt gethon. sonder die teglich lud ff trew und dienst, die Ime gedachter sein Junckher an seim aigen leih. weyb und khündern bewissen, übel betracht. Ime, auch andern erbarn leutten, wo er sölehs zuwege bringen mögen, von ir hab und gutt uber und wider alle gepott gottes bey tag und nacht das ir dieblich entfiert, hinweg genomen, und gestolen; mit dissem Rechtmessigen putt und begeren: ir schulthais und Rüchtere wollen disser Clag halb. auch alle einbrachte handlang und diebstall, nach löblicher Rechtmessiger kaisser Karls desfeunfften und des hayligen Rheichs peinlicher gerichtsordnung nach vleissig ermessen. Rechtlich erkennen, und mit urtheil sprechen, das zuvor gemelts Hanns Hugen genannt Igels levh und leben mit dem struck am galgen gericht werde, damit füro-hein solcher uhelsachen von Ime verhielt sey etc. Antwurt (Bastian Walthawer antwurttcr) Die peinliche Gerichtsordnung Karls V. 299 Dawider der gemeli Hanns Hug, genant Igell, auch durch seine zurecht angedingten und erlaupten archem antwurtters weyß muntlich darthain lassen, jetztgethl ne Clag wider In besehenen befremde In zu höchstein uß Ursachen, erseye verrückter Weil als ncmhlich uff donnstag nach den, Sonntag quasimodo geniti du: fetz lautenden 48er Jars peinlichen gefragt, und dermassen mit, not, und grosser martter an seinem levh gepeiniget worden, das er, oh man In gefragt, wöltte bekennt haben, gott were nitt mergott, dardurch er seine bekamen artickhel anzaigt und bekennen mießen, wiewol nit weniger, er seye etwa durch böß geselschaffien (darvor sieh am jeder gutt gesell hielten soll) verjiert. das er woll empören3, aber vermain hierüber, mne urgichten4 und bekennen, auch die zu Ime geschehen Clag solle Ime an levh und leben nit scheď lieh sein noch werden, weder jetzo noch hinach. verhöffauch sölehs ewerm spruch Rechtlich zuerkhennen und sprechen, das es billich geschehe Clag Hierujf der Cleger durch seine angedingten fürsprechen abermall darthain lassen, in massen wie sein vorgethane Claggelauiiei, des mer er hegere. dieweill der antwurttcr und ubelthatter gegenwürttig darthain, er hah alles sein anzaigen durch groi martter bekennen miessen, das sein urgicht, die er den meren thaill ongefragt und ohn peinlich straujfen anzaigt, ojfenlieh durch den geschwornen gerichtschreyber ven. sen. darine gehört und gefunden werde, das er sein leben mer dan ainest woll \ i wiirckl und der misselhatt halben verschuldt habe, mit beger sölehs mit ewerm Rechtlich sprach zuerkhennen nach kyserlichen und des hailigen Ro. Rheichs Rechten, wie billich seye. Antwurt Antwurtter wievor: in befrembde die Clag, dan er sein bekanntte urgicht allain durch grösste forcht der martter, die er vermaint. villicht hette leyden miessen, un-schuldigklich bekennt hab, getraw gott und dem Rechten, die werde Ime weder an seinem leyb noch leben nichts schaden mögen. Cläger Begert die angefiertten urgichten ojfenlieh zu verlessen. alsdan nach des heclagten mißhandlungen nach kaysserlichen und des hay Ro. Rheichs Rechten verier, was Recht sev, ergen lassen, daruff dem gericht schreyber durch den schulthaissen die zu verlessen zugesprochen, sölehs er erstellt, wie hiebev schriftlich in ain sondern Register anzaigt ist etc. Domais der Cleger solch urgichten zu bekrefftigen. und das der thätter deren uff Zeinstag den 5. tag may, als Ime die in beysein erberer leutten vor. kainer bekantnus abred gesein; begert er das Im svhen impart heischer erbarer man in khundtschafft weyß, In damit zu übersagen, hierum gehört werden. Sölehs ist dem < if sein einbringen und begem durch gesammele Vrt hell zugelassen und erkhennt; Gruffer in khundtschaffiför gewendt die erbarn, nemblich Theis Meritz, -los Farnern, (Gell Schneidern, Bernhart Schneider, Crista Stürmen, Ludwig Bachen, und Simon l)i- ' jin i{cncn durch den schulthaißen oder stahhalter des peinlichen gerichtS hev Iren , -u sagen zugesprochen, die uff mailing alsso gesagt: lis hab sieh den 5. tag may Neuerung begeben, das Jörg von Ehingen, zu Külchperg etc. irgn. Junckher und oberhern syall uff das schloss Neuneckh in die widern Stuben berieff, allda er Inen Hanns Hugen den ubelthätter gegenwärtigßrgestelt, Ime sein vorbekannte urgicht und bekennen Sein schreyber Burkharten Korb vorlessen lassen, und uff jeder artikhel und bekantnus sonderlich gefragt, ob dem also sey, darzu er alwegen geantwurt: Ja! und deren artikly kains, so jetzo hie verlessen, geleugnet sonder aller tappfer und man/ich bestendig geweßt, onzwungundon trug, ledig aller bandt, das seye Inen hierum wissen, weitter nichts. Daruffder Cleger sein genugsam gethone Ciagen und verhörtlen urgicht dem Rechten bevolhen. Antwurtter Hiewider aber der Beclagl und antwurtter darthain lassen nochmal wievor, sovil weitter er gestand disser urgichten und sagen aller his an vier oder feunff ftertel vessel und 1 fiertel gersten, hab er erst bedacht sich Recht er far n und die nit genotnen, das ander aber alles hab er gethan uffseins Junckhem, des von Ehingen, gut t vertragen, sey auch des willens geweßt, wan gott durch sein verhengnus wider wolfayle in die weit gesendt, wölt er all sein abnemen dem Junckhem selbs anzaigt und in hierujf gepetten haben, söllchs an gelt zu schlahen und zu verlegen, das er als dann Ime von Jar zu Jar wider wölt bezalt, und mit schaffen abverdient haben, nachmall in hqffnung, das solle Ime an seinem leyb und leben unverletzlich sein und er begere nichts dan gnad, auch sölehs hiemit dem Rechten bevolhen. Uff eingefierte Clag, antwurt. auch nach verhorung seiner urgichten und der Zeugen sagen fragt der obgemeltte schul t ha is darum die Ruch f er der Unheil und Rechtens uffir aide, die ainhelligklich zurecht erkhennt und gesprochen, auch den geschwomen gerichtschreyber in geschafft verfassen und qffenlich anzaigen lassen also: Urthell Uff Clag, antwurt. Red und widerred, auch uff alles gerüchtlich förbringen und uff nottürfftige warhafftige erfarung und erfundung, so deshalb durch den thetter selbs bekennt, alles nach laut t kayser Karls des feünjften und des hay ligen Rheichs Ordnung geschehen, Ist durch die urtheler disses gerichts entlich und ainhelligklich zurecht erkhent und gesprochen, das Hanns Hug genant Igell, so gegenwärtig vor dissent gericht s teilt, der uhelthat halben, so er mit diebstall geyebt, und qffenlich bekennt hatt, wie vorgehört ist. durch den nachrüchter gegenwärtig an den galgen hie zu Neuneckh mit dem Strang oder kettin gehenckt und vom leben zum tod gericht werden soll, damitt man fürderhein solcher uhelsachen und missethaten von Im verhielt und vertragen sey. Uff solch jetz verleßne urthel der schulthais den gerichtstab entzway gebrochen und dem nachrüchter hey seinem avd gepolten, die gegebnen urthel get rewl ich zu vorziehen. DaruffHanns Eissen vorgemelt des nachrüchters frid verlessen, und qffenlich vor allen umhstehenden verkhünden lassen, alsso lautende: lr umb und hevstendt, hochs Die peinliche Gerichtsordnung Karls V. 301 und niders stände, gaisÚich und welllich. Im namen des Edlen und vesten Jörgen von Ehingen zu Külchperg etc. meins günstigen Junckhem. disser herschaut \euneekh oberhern, und auß macht. soerbeyRom. Kays, undid, Maj. erlangt, geputt und bevil ich Jedem Insonderhaitt bev verlieren seines leybs und lebens, er und glitt, dos kamer gewaffete oder frevenliche handt an dissen nachrüchter, Im müßling zu richten nitt, anlege; welcher aber das uberföere in vill aid wenig uffrur, women aid werkhen, zu demselben sol griffen und er mich kaysserlichen Rechten und des hailigen Rom, Rheichs Ordnung an seinem leih undgutt darum gestrafft werden. I geübt; 2 vorgeladen; 3 gestehen; 4 Alissagen; 5 Spreu. Text nach: Ztschr. f. dt. Recht XIII (1852) 436-443. - Zur Sache v gl die Ausführungen von A l I SCHER, Ein peinliches Gerichtsverfahren unter Anwendung der Carolina nach Gerichtsakten von 1548, ebd. 431^36. 82. Henkersarbeit Aus dem Tagebuch des Nürnberger Scharfrichters Meister Franz Schmidt 11580 159 a) Hinrichtungen 1580 Anfang des 1580ten Jahrs. 43. Den 26. January. Margaretha Doerfflerin (5D Jahr alt), von Ebermannsstatt, Elisabeth Ernstin. (22 Jahr alt) von Anspach, Angnes Lengin (22 Jahr alt), von Amberg, 3 Kindsmoerderin, die Doerfflerin. als sie ihr Kind in einem Garten hinder tier Vesten geborn, also lebendig im Schnee ligen laßen, daß es uff der Erden angefroren, und gestorben, die Ernsti, als sie ihr Kind Lebendig in Herrn Beheimbs hauß geborn, demselben sie das hirnschedelein eingedruckt, und in ein thruhen gesperret. Die Lengin aber, als sie ihr Kind bey einem Rothschmidt Lebendig geborn. demselben sie das Gnicklein eingedruckt, und in einem Speenhauffen vergraben. Alle drev ids Moerderin mit dem Schwert gericht. die haeupter uff das hoch gericht genagelt, dann vor Niemals kein Weibsbild zue Nuernberg mit dem Schwert gericht worden, welches ich und die zween Priester, Nemblich Herr Lienhardt Krieg, und Herr Eucharius zuwe-gen bracht, dann die Brücken schon aufgemacht, daß man sie alle 5 hui ertrencken sollen. 44. Den 23. Eebrer. Wolff Auerbach, sonst der Hoffmann genannt, welchen zuvor zu Schwabach die Einger abgeschlagen, seiner Rauberey halben zue Suemberg mit dem Schwert gericht. 45 Den 3. Marti. Ulerich Gerstennacker, von Claßberg. welcher seinem Brud mit ihnie in das Holtz gefahren, fuerserzlicher Weiß erschlagen und ermoerdei. darnach fuereeben, es were der Schlitten mit holtz uffihme gefallen und ihn erschlagen, von Betzenstein herein gefiiehrt worden, alhie zu Nuernberg mit dem Schwert gericht. und „ff das Ruth gelegt. 302 Krisis und Erneuerung 46. Den 28. April. Hannß Haßelt, sonst der Dick Hannß von Forchheimb genannt Hannß Mayr, sonst der lang Hannß genannt, von Weschenfeld, beede Dieb, zue Nuernberg mit dem Strang gericht worden. 47. Den 15. Juli. Hannß Horn, von Korenburg, und Wolff Bauer, von Rollhofen, sonst der Schnoellgattern genannt, zween dieb, Georg Wigliß, sonst der Habersack genannt, von Aurbach, ein Moerder, so mit seinem Gesellen drey Moerd begangen, die zween hat er neben seinem Gesellen bei Heydellmrg uff einmal erschlagen, in einem Hoeltzlein, dereine ein Bader, der ander ein Flaschners Gesell, der Dritt ein Reftrager, den habe er allein im Nuembergerwald, bey Roetenbach, mit einer Holtzhacken erschlagen, 8fl. genommen, das Ref an einen Baum gehenckt, den koerper mit Reißig zugedeckt. Nachmals des erschlagnen Rejtragers Weib, zue Leinburg genommen, und hochzeit mit ihr gehalten. Alle drey zue Bierbaum, den Wigliß mit dem Rath, die zween mit dem Strang gericht. 48. Den 20. Juli. Hannß Troeschel, sonst der Lemisch genannt, ein Roßdieb, so derselben mit seinem Gesellen 13 gestolen. zum Statt Hilboldtstein mit dem Strang gericht. 49. Den 2. Augusti. Hannß Muelner, sonst der Zeenblecker, auch der Ungeschickt genannt. Lienhardt Waltz, von Schwendt, sonsten der Pfaffenliendel, und der Pfeffla und Lienla von Schwendt genannt, Hermann Schroeter. sonst der Darm genannt, drey dieb zue Nuernberg mit dem Strang gericht. 50. Den 16. Augusti. Margaret ha Boeckin, ein Bürgerin zue Nuernberg, die auch einer Bürgerin, die Zalmeisterin genannt, Leuß suchen woellen, mit einem hecklein hinderwertz an Kopjfgeschlagen, uff einem Wagen ausgefuehrt, 3 griff nut einer Zangen in Leib geben, darnach stehen! mit dem Schwert gericht, den Kopffan einer Stangen ueber sieh gesteckt, den Koerpper unter den Galgen begraben. 51. Den 16. September. Utz Mayer, von Lauterbach, sonst der Kiebelohr genannt, Georg Suemler von Memmingen, sonsten der Gatzent genannt, beede Dieb, zum Sultz-berg, mit dem Strang gericht. Seind im hinaus Fuehren Frech und Muetwillig geweßen, Gejauchzt, den Galgen einen Aychen Kerschbaum geheißen. 52. Den 4. October. Aehatzius Praun, sonst der Schwartz von Bayrsdorff genannt, ein Dieb, alhie mit dem Strang gericht. 53. Den 17. November. Hannß Muellnet; von Litzendorjf (60 Jahr alt), sonst der Schmeißer genannt, so sein Schwester, die Schwangers Leibs gewesen, mit i h me uffm Weg, ihrer gewoehn/ichen Arbeit nach, Fuersetzlicher Weiß uff der straften erschlagen, und ermoerdt (und mit ihr Unzucht getrieben), im Feld eingraben, zu Nuernberg mit dem Rath gericht, 54. Den 6. December. Anna Stroelin, von Grefenberg, ein Moerderin, so ihr aigen Kind, an Küchlein, bey 6 Jahrn fuersetzlich, mit einer Schrothakken ermoerdt und erschlagen, in Willens die andern vier Kinder auch zu ermoerden, doch haben sie dieselben Erbarmet, daß sie es under laßen, zu Nuernberg mit dem Schwert gericht. Summa 20 Persohnen. Die peinliche Gerichtsordnung Karls V. 303 b) Leihesstrafen 1586 Anfang des I586ten Jahrs. 102. Den 15. January Hannß Zmcken. Bürgern. ,,,,„,, daß er w 10 Jahren, ei-nem Burger. cm „ab entehrt, und „zunä ,„i, einer kuerßnerstochur, so sein Bhah geHVsscn. Unzucht trieben, alhie mit Kuten ausgestrichen i''3]0'"'1 ■''" K"""""'" Stautneri»- »»' ^burg (ein Bierbraeuers Magd). ein Diebi, atme mit Ruten ausgestrichen. 104. Den 5. February. Hannß Kracker, sons, der Beckenbuebla gnannt von lau derhojen. ein Falscher spiller, Hannß Roeßner von Nuernberg, so dreymal Mainaydig worden, alhie mit Ruten ausgestrichen. 105. Den 14. April. Veit Becken, von Höllenstein, sonst der Bettel Veyi gnannt. an Dieb, so in das Lasareth brochen, alhie mit Ruten ausgestrichen, ist zu Langen /, Strangulirt worden. 106. Den 18. May. Ursula Mayrin, Burgerskind. welche Unzucht trieben in ihres Herrn, des Morelß Hauß, Hannßen Mayrn einem Schreiber, her rechtlicher we) I cm gelassn, und Unzucht mit ihr trieben, Neben einem jungen Maidlein, alhie mit Ruten ausgestrichen. 107. Den 6. Junius. Thoma Rubzagl, von Mayn, ein Dieb, so auch zwey Weibei gnommen, alhie mit Ruthen ausgestrichen. 108. Den 25. Junius. Fritz Planer, von Nuernberg, s<>n\t der Hirten ľ'ru: gnannt, ein Wueldschuetz, so zue Anspach ausgestrichen Mainayd halber, alhie die finger abgeschlagen. 109. Den 2. Julius. Catharina Schneiderin, von Statt Krenach. ein Winvelierhur. alhie mit Ruten ausgestrichen. 110. Den 8. Julius. Margaretha ein Diebin und Hur. so zuvor zu Roth mit Ruten ausgestrichen, alhie wieder ausgestrichen. 111. Den 11. Augusti. Georg Marx, von Hertzog Aurich. ein schuetz und dich, alhie mit Ruten ausgestrichen. 112. Den 1. September. Ameley Sehnetzin. und ihr tochter Anna, beede von Lauff, wegen daß die Mutter die tochter zur unzucht verkupelt, zu Lauff mit Ruten ausgestrichen und an Branger gestellt worden. in. Den 8. September. Hannß Vestern, von Rasch, ein Zimmermann. Muelner und Beck, zuJenna, so ein Pferdgestoln, alhie mit Ruten ausgestrichen, 114. Den 20. September. Joerg Schneck, von Feuchtwang ein Schneider, wt daß er mit einer Hum im Neuenwald, die tuencher Wabl gnannt. zur Ehe genumrri und Hochzeit mit ihr gehalten, er doch zu Eystatt vorhin weih und kind, alhie mit Ruten ausgestrichen. 115 Den 4. October. Appollonia Genien, von Nuernberg welche vor hm einen Ehemann, itzund einen Schneider zur Ehe gnommen, alhie mit Ruten ausgestrichen. 116 Den 17 November. Ursala Knaupin, Schneiderin in Gostenhoff, Barbara We-' k •Ulli"' im Gostnhqff, welche die Pich, so bey den Gewandschneidern, das Sil- 304 Krisisund Erneuerung bergeschmeidgestolen, geherbricht, und ihnen den Diebstal helffen verbergen, verhau-fen, und versetzen, alhie mit Ruten ausgestrichen. 117. Den 21. November. Barbara, sonst Margarétka Zeyßin, von Schlicht, des Kolloeffels Hur, Catharina Hoßnennin, von Kitzung. auch ein Diebshur, alhie ausgestrichen. 118. Den 26. November. Den Hirten zum Weyr, wegen daß er bey zweyen Jahrn Lang, im Hauß sich fiter ein gespennst erzeygt, die Leuth im Schlaff, bey den Fuesen, undkopffzupffi, dadurch er heimlichen bey des Baum focht er glegen, alhie mit Ruten ausgestrichen. 119. Den 22. December. Utz Koller von Memmingen, ein dieb, so Sechsmal Mainay-dig worden, und Ha miß Gabriel, ein Dieb, so von Petznstein herein gefuehrt worden, beede alhie mit Ruten ausgestrichen worden, der Koller hernach Strangulirt worden. Summa 23 Personen. 1 Traggcstell; 2 Dienstmädchen; 3 Krämerin. Text nach: Maister Franntzen Schmidts Nachrichters inn Nürmberg all sein Richten, hrsg. von ,\ kl i -LER (1913. Neuausg. v. W. LEISER, 1979) 8-10,90-92. -Zur Sache vgl. ebd. die Einleitung V-XIV. III. Zur Vertiefung Anfänge der Strafrechtswissenschaft Mühsam und unsicher waren die ersten selbständigen Schritte der Strafřechtsw i^senschaft in Deutschland. Leitfäden fur die Praxis, Verdeutschungen und erste Kommentare der Carolina waren ihre hauptsächlichen Werke, und gäbe es nicht eine Anzahl scharfsinniger strafrechtlicher Gutachten und Fakultätsurteile, so wäre das Gesamtbild recht enttäuschend. Vgl. hierzu die anschauliche Charakteristik der Epoche bei E. SCHMIDT 150-153. Umso bedeutsamer war der Umstand, dass die Strafrechtswissenschaft ebenso wie die Wissenschaft vom Zivilrecht keine auf sich gestellte nationale Fachwissenschaft war, sondern ganz in den Zusammenhang der europäischen Gemeinrechtswissenschaft eingebettet blieb. Zumal die Leistungen der italienischen Jurisprudenz des späten Mittelalters blieben grundlegend nicht nur für literarische Bemühungen, sondern auch für die Gesetzgebung. Gleich den prozess- und privatrechtlichen >Relbnnationen< war auch die strafrechtliche Gesetzgebung in vielem ein Kind des mos Italiens. Wenn etwa die Bambergensis und damit auch ihre Tochter, die Carolina, den Begriff des Versuchs zu formulieren unternimmt, so steht sie damit auf den Schultern der Italiener, und ebenso steht es mit anderen allgemeinen Begriffen, vgl. i. bkunnenmeisti:r. Die Quellen der Bambergensis (1879), F. SCHAFFSTEIN, Die allgemeinen Lehren vom Verbrechen in ihrer Entwicklung durch die Wissenschaft des gemeinen Strafrechts (1930), sowie H. RÜPING, Die Carolina in der Strafrechtlichen Kommentarliteratur, in: R LANDAU/E-CHR SCHROEDER (Hg.), Strafrecht, Strafprozeß und Rezeption (19S4) 161 176. Die peinliche Gerichtsordnung Karls V. 305 t vom ins Von Bedeutung war es dabei auch für das Strafrecht, dass sich die Wissenschaft vom „ commune im Zeitalter der Postglossatoren vermehrt der Praxis zugewandt hatte Sie hatte auch das Statutarrecht der italienischen Städte in ihren Gesichtskreis aufgenommen, und gerade der namhafteste strafrechtliche Autor der Zeit. ,u Bl k,i SGAND1N1 s (etwa 1245 1311), war als Richter in Bologna. Florenz und anderswo ein erfahrener Praktiker der ■ tischen Strafrechtspflege. Sein Tractatus de maleficiis war für die Wissenschalt wie Rh die Gesetzgebung bis hin zur Carolina grundlegend; vgl. die Edition des Tractatus bei H TOROWlCZ, Albertus Gandinus und das Strafrecht der Scholastik II (1926). ferner i KÉRY, Albertus Gandinus und das kirchliche Strafrecht, in: lnquuens subtüia diversa. FS 1) I oh mann, hrsg. v. h. kranz/l. falkenstein (2002) 183-200. Noch im 16. Jh. blieb die Einheil der gemeinrechtlichen Strafrechtswissenschaft erhalten und sicherte den Schriften italienischer Gelehrter auch in Deutschland Beachtung und Nachfolge; vgl. hierzu l schaffstetn, Die europäische Strafrechtswissenschaft im Zeitalter des I [umanismus (1954) Freilich darf man über alledem auch für das Strafrecht nicht vergessen, dass das ins commune zugleich das im utrumque ist. Seine Wurzeln liegen nicht nur im römischen und mittelalterlichen italienischen Recht, sondern zugleich im kanonischen Recht und damit auch in Beichtjurisprudenz und Moraltheologie. Zumal der Schuldbegriff verdankt vieles dem kanonischen Recht, vgl. ST. KUTTNER, Kanonistische Schuldlehre von Gratian bis auf die Dekretalen Gregors IX. (Rom 1935), und, auf die »immer noch unentbehrliche Studh' kuttners zurückgreifend, D. Müller, Schuld - Geständnis - Buße. Zur theologischen Wurzel von Grundbegriffen des mittelalterlichen Strafprozessrechts, in: H SCHI OSSER, r SPRANDEL, D. W1LLOWEIT (Hg.), Herrschaftliches Strafen seit dem Hochmittelalte 403-420. Einen weiteren Vorstoß zu den kanonistischen Grundlagen der Strafrechts« Lssen-schaft - ein zumal in der deutschen Forschung lange vernachlässigtes Forschungsfeld haben in jüngster Zeit zwei gewichtige Monographien unternommen: i KÉKY, Gottesfurcht und irdische Strafe (2006), verfolgt die allmähliche I lerausbildung eines eigentlichen Strafrechts und obrigkeitlichen Strafanspruchs innerhalb des komplexen Systems von Büß- und Disziplinarsanktionen des kanonischen Rechts bis hin zum Uber Extra als 1 löhepunkt dieser Entwicklung. II. MAIHOLD, Strafe für fremde Schuld? (2005). behandelt die moraltheo-logisch wie kanonistisch geprägte Strafrechtswissenschaft der spanischen Spatscholastik. die großen Einfluss auf die rrühneuzeitliche deutsche Stratrechtsw issenschaft ausübte, man denke nur an den allgegenwärtigen Kanonisten DIDACU sc :0VARRUVIAS< 1512 1577). Beide Werke sind in der Reihe Konflikt, Verbrechen und Sanktion in der C iesellschaf» Alteuropas Symposien und Synthesen< (vgl. oben Kap. 17. KriminaUtätsgeschichte) als Bd. 10 und 9 erschienen. 314 Krisisund Erneuerung ren, und tet ein itzliche obrikeit sehr wol daran, do si dise ding in iren landen und ge~ Uten in recht meßige Ordnung brechte. I oder. 2 meines gnädigsten Herren; 3 Folterleiter; 4 neue; 5 niederholen; 6 Gesundheit; 7 Der An-geklagte soll in sicherem Gewahrsam bleiben, aber so, dass er keine Schmerzen leide und nicht, ein-gekerkert, die Finsternis eines engen Verließes ertragen muss, sondern durch den Genuss des Tages-lichts Belebung und Stärkung erfahre und, sobald bei Nacht die Wache verdoppelt wird, i„ die Vorräume der Kerker oder andere zuträgliche Örtlichkeiten gebracht und bei Anbruch des Tages mit Sonnenaufgang sogleich unter freien Himmel hinausgefiihrt werden soll, damit er nicht durch die Strafen des Geßngnisses zugrunde gehe, wasför Unschuldige ein Unglück, für Schuldige aber nicht Strafe genug wäre (C. 9, 4, l, 3). Text nach: Schriften des Dr. Melchior von Osse, hrsg. von O. A. HECKER (1922) 457-462. - Zu OSSES Lehren vgl. MAIER (oben unter I) 113-119 und M. STOLLEIS, Geschichte des öffentlichen Rechts in Deutschland 1: Reichspublizistik und Policeywissenschaft, 1600-1800 (1988) 347 f. 85. Wucherverbot Aus der Reichspolizeiordnung (1577) XVII. Titul. Von wucherlichen Contracten. § I. Nachdem uns fürkommen, wie bis anhero im Heiligen Reich mannigfaltige wucherliche Contract, die nicht allein unziemlich, sondern auch unchristlich wider Gott und Recht geübt worden sein und täglich geübt werden, als daß etliche ein Summa Gelds, als achthundert Gülden, hinleihen sollen und doch im Kaufbrief mehr dann tausend Gülden setzen lassen, dardurch ihnen mehr dann fünf vom Hundert verzinset und sie im Wiederkauf mehr, dann ihre Hauptsumma gewesen, empfahen, desgleichen etliche sein sollen, die um ein klein Versäumung der Zeit, so sie der Bezahlung zu tun ansetzen, ein übermäßig Interesse fordern und mit der Hauptsumme steigen und die-selbig umschlagen. §2. Item, daß etliche Getreid, Pferd, Tücher und dergleichen Waran ein Geld kaufweis anschlagen und viel höher, dann solche War immer mag wert sein, und dardurch etn merklichen großen Wucher, als männiglich wissend, zuwegen bringen. §3. Item, daß etliche ihr Geld hinweg leihen und nehmen von hundert ein Nemlichs und muß der Entlehner ihnen darzu ein merklich Dienstgeld, darum sie doch zu dienen nicht schuldig sein, verschreiben, auch solch Dienstgeld ohne Bezahlung der Hauptsumma nicht aufschreiben oder aufsagen dörfen oder mögen. § 4. Item, daß etliche Geld allein an Münz hinweg leihen, lassen doch die Ver-schreibung auf Gold stellen. § 5. Item, etliche leihen eines Teils Waren, Silbergeschirr, Kleinod, Treiď Rüstung und anders, so zu barem Geld angeschlagen wird, in viel höherm Wert hin, als immer Gute Polizei 315 ^fi°TJ!"r7Wiere,^8en mag' Undnen^ mU einem neuen Ohres Icrmancns höflichen) Wortlein Partita. § 6. Item, daß etliche ein nemliche Summa Gelds auch vergeblich1 hinleihen aber dargegen muß der Entlehne, ihnen etwa em große War und ganz m einem geringen Wert zustellen, dann sie ihre Hauptsumma und ein großen Genieß wohl doppelt oder dreifächtig haben und befinden. § 7. Item, etliche leihen ihr Geld mit diesen verbotenen Gedingen oder Pacten hinweg, daß der Entlehner zu vier Märkten, so die ihme ernennen, em Namhaft darzu verzinsen oder Aufgeld geben muß. tut wohl etwa mehr dann von hunder, zwanzig. §8. Dieweil aber solche und dergleichen Contract, auch der Wucher, ungöttlich, m gemeinen beschriebenen Rechten und darzu in unser und des Reichs Ordnung im Jahr fünfzehenhundert. auch fiinfzehenhundertdreißig und achtundvierzig, zu Augspurg aufgehellt, höchlich verboten, so tun wir hie mit Rat, Wissen und Willen unserer und des Heil. Reichs Kurfürsten. Fürsten und Stände solche Ordnung gemelter wucherlichen Contract halben aus rechter Wissen erneuern und bekräftigen; setzen, ordnen und wollen darauf, daß solche unrechtliche Contract und alle unziemliche Pacta, Partita. ( ding und Händel, wie die genennt oder erdacht werden mögen, gänzlich und zumal vermuten und durch niemands, was Würden oder Stands der sei. füigenommen oder gebraucht werden sollen, damit allen Richtern, geistlichen und weltlichen, gebietend, wann solche wucherliche Contract und Partiten ßir sie bracht, daß sie dieselben unwürdig, kraftlos und unbündig erkennen, erklären und deelariren. wie wir sie auch als unkräftig und unbündig erklären und erkennen, auch auf solche Contract ken. tion oder Vollnziehung tun oder verhelfen. Zudem, daß derjenig, so solche wucherliche Contract und Partiten hinfüro künftiglich nach Publicirung dieser unser Ordnung üben würde, den vierten Teil an seiner Hauptsumma verloren und derselbig halb seiner bürgerlichen Obrigkeit (an etlichen Orten Erbgeriehl genannt) zum andern halben Teil aber der Obrigkeit, darunter der arme Mann, gegen dem solcher wucherlich C on tract und Partita gebraucht worden, heimgefallen sein solle. Und so dieselbige Obrigkeit ein oder die ander mit Wissen säumig erfunden, alsdann soll unser Fiscal die Obrigkeit um ein nemlich Peen\ als zwei, drei oder vier Mark löttgs Gold, beklagen und annehmen. S 9. Und nachdem die Wiederkaufsgülten allenthalben m Landen geniem sem. so sollen mit hundert Gülden Hauptgeld nicht mehr dann fünf Gülden jährlicher (lullen wie gebräuchlich gekauft werden und die Loskündigung der Gültverschreibung auf Wiederkauf wie Wiederkaufsrecht bei dem Verkaufer und nicht beim Käufer stehen, unangesehen, wie dieselbig Gültverschreibung gestellt ist. Und was darüber gegeben, genommen oder gehandelt, wollen wir. daß dasselbig und alle andere unziemliche Pacta oder Geding für wucherlich und unkräftig geacht. gehalten und von dem Richter nicht darüber erkennt oder geurteilt, sondern, wieobgemelt, gestraft werden solle c 10. Wiewohl auch in des Heil. Reichs Polizeiordnung. Anno 154S zu Augspurg mblicirt. sondere Maß und Ordnung gemacht, wie es zu halten, da GültverschreÜ 316 Krisis und Erneueru auf Bürgen in Leistung zu mahnen gestellt, dieweil aber seithero vielmaln erfahren, daß solche Leistung zu viel Mißbrauch geführt und die Bürgen so wol als die Hauptschuldigerdardurch in äußerst Verderben gesetzt und also auch den Gläubigern selbst, da ihnen damit nicht geholfen noch bezahlt werden kann, zu Nachteil reichen tu,, so wollen wir hiemit die Leistung in künftigen Schuld- oder Gültverschreibungen einzuverleiben gänzlich verboten haben. Da auch einige Verschreibung gleichwohl hinfür-ters darauf gestellet würde, soll dieselbige Leistung, als nunmehr jure publico verboten, an ihr selbst nichtig und demnach kein Bürg noch Schuldner zu leisten noch auch den Wirten, da auf Urne mit der Tat geleistet würde, etwas zu bezahlen verbunden sein. § 11. Was aber vorgangene Gültverschreibungen anlangen tut, dicsclhigcn lassen wir bei voriger Disposition bleiben, als nemlich, so ein Gültverschrei bung auf Bürgen in Leistung zu mahnen hiebevor gestellt wäre, wollen wir hiemit geordnet haben, daß dieselbige Verschreibung nicht aus dem Heil. Reich Teutscher Nation veräußert noch der Verkaufer oder die Bürgen, so dem Reich unterworfen, daraus eingemahnet werden sollen. Wo es aber von dem Kaufer darüber geschehe, alsdann sollen die Bürgen einzuhalten und der Verkaufer sie auszulösen nicht schuldig sein, auch der Übertreter5 den halben Teil der Hauptsumma, in der Gültverschreibung genannt, verwirkt haben, von welcher ein Vierteil dem Verkaufer und das ander Vierteil der Obrigkeit, darunter der Verkaufer gesessen oder gehörig ist, verfallen sein und gegeben werden solle. 1 Getreide; 2 ohne Zinsabrede; 3 Strafgeld; 4 Einlagen 5 gemeint ist der Gläubiger. Text nach: Polizei- und Landesordnungen, bearb. von G. K. SCHMELZEISEN, I (1968) 62-64. - Zur Sache vgl. die eingehenden Erläuterungen ebd. 84-88. 86. Bekämpfung des Verlagsmonopols Bericht des Amtshauptmanns der Herrschaft Friedland in Böhmen (1639) Habe vernommen, wass Herr Christian Viatisch und Pellerischer factor zu Greiffen-berg wegen befurderung und Verlegung der Leinweber in hiessiger Herrschalt suchen und ihm solliches ohne meniglichs Eintrag zu vergünstigen bietten wollen. Ich habe mich derentwegen erkundigt. Die Herren l'iatis und Peller zu Nürnberg haben in die 30igJahr her fast continue die Handlung mit der Leinwath getrieben und verlegt. Sie haben Jährlich eine ergiebige Summa geldts in die Herrschaft und land t gebracht, nicht zum geringen Nutzen der armen Leute, die Viatischen haben auch in schweren und üblen Jahren nicht ausgesetzt. - Was nun anbelangt, dass sie die gesambten Leinweber hiesiger Herrschaft nur allein verlegen wollen, darüber bin ich wie folgt berichtet: Wenn die Via í is und Pell er den Verlag allein übernehmen, so würden die Leinweber tanzen müssen, wie es den fuetoren gefallt. Wenn z. B. ein Stück Leinwand eingetragen und tadelhaft oder nicht recht gefällig gefunden wird, könnte es nicht angenommen Gute Polizei 317 werden, was auch früher geschehen sem soll. Das Handwerk ist von Jen V. durchAnnahme etlichen Geldes, so Rastgeld intituliret worden, gänzlich abhängig geworden, so dass einige hartgehalten und so getrieben worden, dass sie vom Hause haben weichen müssen. Vor weniger Zeit ist es mit grassier Mühe gelungen, das Rastgeld abzuzahlen und so wiederumbfreyzu werden. Ist zu glauben, die C sehen sehr aul den Samen und langwieriges Herkommen, und wollen durch andere kaulleute keinen Eintrag erleiden. obwohl ihnen die langjährige Handlung und kundisehafi und das vorgeschossene Geld zustatten kommt. Damit aber die V, sehr zum Leidwesen der Meister und armen beule, du-sieh durch Spinnen ernähren, sieh nicht von der Handlung zurückziehen, doch auch das Handwerk an sie ganz allein nicht gebunden, f schlägt der Amtshauptmann folgende L lung vor;] Weil die V. viel Jahr hero mil ihnen von Jahr zu Jahr gehandelt.