Wissenschaft 'MEDIZIN lantation mit Todesfolge Orgaaempfänger erkrankten an Tollwut. Weil es zu wenig Spender gibt, müssen'Ärzte auch Nieren und Lungen von Drogensüchtigen oder Infizierten verpflanzen. Ihre Odyssee des Leidens begann kurz vor Weihnachten..Mit starken Kopfschmerzen suchte die junge Frau eine NotfaHambuIanz auf. Doch die Arzte konnten die Ursache nicht finden tmd schickten sie wieder-nach Hause. Ein paar Tage später kam die Patientin erneut ins Krankenhaus. Die Diagnose: eine Psychose durch Drogenkonsnm - sie hatte angegeben, Kokain und Ecstasy eingenommen zu haben. •' Als kurz darauf noch leichtes Fieber hinzukam, wurde die Patientin in ein drittes Krankenhans eingeliefert Plötzlich stand ihr Herz- still. Zwar brachten die Ärzte'das Prang-organ wieder zum Schlagen -doch das Gehirn der Frau hatte schweren. Schaden genom: men.- -Schließlich wurde sie in die Universitätsklinik Mainz verlegt, wo der Hinitod festgestellt wurde. Die Angehörigen gaben ihre Organe zur Transplantation frei. Doch was normalerweise Leben rettet, verkehrte sich ins Gegenteil: Die Verstorbene hatte sich, wie erst vergangene Woche bekannt wurde, auf. einer Indien-Reise mit Tollwut infiziert. Die Kopfschmerzen, und das Fieber waren möglicherweise die ersten Symptome der so gut wie immer tödlich verlaufenden Wuserkrankung. Drei der sechs Organempfan-ger sind inzwischen an Tolwut erkrankt und schweben in Lebensgefahr; drei weitere werden vorsorglich behandelt Ein tragischer Ausnahmefall: Die Krankheit tritt in Deutschland extrem selten auf. Bin schneller Test, mit dem sich vor einer Verpflanzung ein- Betau mit den . tödlichen Tollwut-Viren ausschließen ließe, existiert nicht „Ein .Restrisdco bleibt", sagt Günter Kirste, Vorstand der Deutschen Stiftung Organtransplantation (DSO), Kritischer, erscheinen die anderen Begleitumstände der Transplantation mit Todesfol- ge: „Warum verpflanzen Ärzte Organe eines Drogea-Mädchens?", fragte „Bild" empört. Die Organspenderin hatte nicht nur harte Drogen konsumiert, sondern Ktt zudem an einem rätselhaften Fieber - und auch ihre Todesursache blieb letztlich, ungeklärt' Haben die Ärzte also fahrlässig: gehandelt? Laut DSO-Vorstand Kirste sindsolche Umstände jedoch häufig Realität. So stehe bei jedem zehnten Hiratoten in. Deutschland .die genaue Todesursache nicht fest. Weil Organe extrem knapp sind, muss re=-gelmäßig" auch auf problematische Spender zurückgegriffen werden— ein Dilemma der modernen Medizin. „Jeden Tag sterben uns zwei bis drei Menschen-auf der Warteliste", sagt Manfred Thelen, Ärztlicher Direktor-der Universitätsklinik Mainz. „Da müssen wir einfach eineGüterabwägung-vornehmen-." - „Den Luxus, nur den kerngesunden ' Bauern zu nehmen, der von einem Trecker überfahren wurde, können-wir uns einfach nicht leisten", bestätigt auch Peter Galle, Chef "der Klinik für Innere Medizin in Mainz, wo die Tollwut-Patientin behandelt Organverpflanzung: ^Täglich sterben bis zu. drei auf derWamhsts' Großer Bedarf Um wurde. Es sei den Angehörigen hoch anzurechnen, dass sie die Tote, zur Organspende freigegeben hätten. Zwar habe es sich .bei der Spenderin um einen „Grenz-fall" gehandelt, so Galle, doch der sei gar nicht so selten. Ein Grundproblem besteht schon darin, dass durch einen Herzstillstand vor dem Hirntod die Organe des' Spenders, emsthaft in- Mitleidenschaft gezogen werden können. Dennoch- werden regelmäßig Spender vor ihrem Hirntod wiederbelebt. Ob die' Organe trotz, des zeitweisen - Sauerstoffmangels noch für eine Transplantation in Frage kommen, sagt der Mediziner Till Gerling von der europäischen Organspende-Vefmittlungsbehörde Euro-transplant, müsse der Arzt vor Ort durch eine genaue Inspektioh abschätzen. „Uns ist an der Krankengeschichte der jungen Frau jedenfalls nichts Besonderes aufgefallen", so Eurotiansplant-Esperte Gerling. .Auch gelegentlicher Drogenkonsum 'steht einer Organspende keinesfalls'ha" Wege.. Gerling: „Wir haben sogar schon Spender akzeptiert, die intravenös Drogen genommen haben, etwa Heroin." . Die Betroffenen werden zuvor lediglich auf HIV, Hepatitis B und C sowie das Zyto-.megalie-Virus getestet, das bei Abwehrgeschwächten schwere Lungenentzündungen hervorrufen kann; bei Verdacht wird ^aiich auf andere EiTeger getes-' tetrSchheßlich w££noch -so-' weit möglich—das Vorhandensein von Tumoren- abgeklärt. Dochselbst Viruserkrankun-' gen sind— außer bei HIV - kein absolutes Ausschlusskriteriurn. „Wir transplantieren auch die Organe von Spendern, die an Zytomegalie oder Hepatitis C leiden", bestätigt Gerling. In. der"Regel- werde dann aber nach Empfängern gesucht, die selbst bereits mit diesen Viren infiziert sind. ■ „Viele-Patienten auf der Warteliste; die vielleicht nur noch eine Lebenserwartung von wenigen Wochen haben", sagt Kirste, „sind jedoch gern bereit, ein mit Hepatitis C verseuchtes Organ zu nehmen, selbst wenn sie selbst nicht infiziert sind. Denn oftbricht, die Krankheit ja erst nach Jahren aus." Es kann aber auch.schneller böse enden. Ein 57-jähriger Dialysepatient aus Kamen starb nur wenige Monate, nachdem er die Niere eines an Hepatitis C erkrankten Spenders bekommen hatte. Über, die lebensgefährliche Virenspende hatten ihn. die Ärzte vor der OP nicht informiert. -VERONIKA HACKENE350C& 168 DE.K SPIEGEL 8/ ZOO 5'