Woody Allens "Magic in the MopnHght" KlygscheiSer trifft Kulleraugen Von Christian Büß Woody Allen gräbt die .Geschichte von der Nymphe aus, die den Nihilisten rettet. Zauberhaft? Lachhaft! "Magic in the Moonlight" ist das Werk eines Mannes, der schon lange nicht mehr an die Magie'des Lebens und des Kinos glaubt. Wenn alte Männer Friedrich Nietzsche zitieren, ist Vorsicht geboten. Die Alten wollen ja oft nur ihren Hass auf sich und die Weit philosophisch veredeln. Es ist die Gerontokratie in ihrer schlimmsten Form: Mit unnützem Wissen und aufgestauter Lebensunlust werden jüngere, offenere, glücklichere Menschen tyrannisiert. -' So wie es der sarkastische Zauberer Stanley (Colin firth) im neuen Woody-AHen-Film "Magic in the Moonlight" tut. Sein Opfer: die etwa 30 Jahre jüngere Sophie (Emma Stone), die behauptet, mit Menschen im Jenseits kommunizieren zu können und die auch sonst einen recht unwissenschaftlichen Blick auf die Weit hat. An der französischen Cöte d'Azur der Zwanzigetjahre so!! der weitmüde britische Magier die kulleräugige amerikanische Kollegin der Trickserei überführen. Stanley zitiert Nietzsche, Sophie rollt mit den Kulleraugen. Dann kommt die Liebe, eine Zauberei der anderen Art also, der alte Griesgram wird auf einmal ganz zahm und zutraulich. Wir würden ja gern an diese Wendung glauben. Aber so ungelenk und abgezockt, wie Woody Allen die Instant-Romanze vor Zwanzigerjahre-Deko in Szene setzt, bleibt uns nichts anderes übrig als anzunehmen, dass er seibst nicht an sie glaubt. "Magic in the MoonlighC* ist das Spätwerk eines müden Tricksers, eines zynischen Kulissenschiebers, eines, jawohi, ausgemachten Gerontokraten. Gefangen im Charleston-Schattenreich —Schon in-Ordnung,"dass Alien, inzwischen 79 Jahre alt, in eine andere, eine vergangene Zeit flüchtet. Einige seiner, schönsten Filme, von "The Purple Rose of Cairo" bis "Builets over . Broadway", handeln von lüstvol! auskostümierten Gegenwartsverweigerungen. Aber wie der Regisseur für "Magic in the Moonlight" im Art-deco-FuRdus und der dazugehörigen Musik gewühlt hat, um aus der offensichtlich ais Zumutung empfundenen Gegenwart wegzukommen, kann nur verzweifelt genannt werden. In einer Szene am Anfang, die im Berliner Nachtleben spielt, sieht man Ute Lemper als Mariene-Lookafike, wie sie mit rollendem R Brecht/WellHieder runterleiert Wird irgendwo an der Cöte d'Azur mondän gefeiert, erklingt natürlich sofort James P. Johnsons Knieschüttel-Kamelte "The Charfeston". Und dann singt da noch, die ganze Zeit ein reicher Dandy (HamSsh Linklater) im Tennis-Pulfunder und mit Ukulele affige Serenaden, um" seine Angebete zu becircen. Zauberhaft? Lachhaft. Der ultimative Kick in dieser Liebelei aus dem Charieston-Schattenreich soll sich dann einstellen, als der alte Zauberer und seine junge Kollegin vor einem Regenguss in ein Planetarium fliehen: Als es wieder trocken ist,.öffnet sich die Decke der Sterhenwarte und der französische Nachthimmel zeigt seine Stemenpracht. Ein romantischer Überrumpelungstrick, den wohl selbst die beiden Hauptdareteller als zu billig empfanden. Colin Firth, 54, und Emma Stone, 25, spielen die beiden Trickser jedenfalls züchtig wie Vater und Tochter, da knistert nichts. Was ja auch dem realen Alter der beiden angemessen erscheint. Wobei wir hier nichts gegen die großartigen Nymphe-trifft-Nihilisten-Momente in der Fiimografte Woody Aliens sagen wollen. Wann immer der Meister selbst die hypochondrische, frühvergreiste, biidungsgarstige Arschgeige gespielt hat, lief er zu tragikomischer Grandezza auf. Etwa als sein Filmcharakter in "Manhattan" 1979 der damals 17-jährigen Marie! Hemingway wimmernd erklärte, weshalb sie ihn nicht verlassen dürfe. Oder als Allen in der Rolle eines OJdtime-Jazz-Opas, der ja auch selber ist, in "Hannah und ihre Schwestern" 1986 mit seiner Flamme das Konzert einer - CBGB's-Punkband anschauen muss. Oder als er in "Geliebte Aphrodite" 1995 als in die Jahre gekommener Autor von einer Prostituierten erfährt, wie das Leben funktioniert. Da gab es neben der bitteren Wahrheit so manchen zauberhaften Moment. "Magic in the Moonlight" aber ist das Verzweiflungswerk eines Mannes, der offensichtlich nicht mehr an die Magie des Kinos glaubt. Und an die der Liebe schon mal gar nicht.