19-05-2008 14:32 UTC Akademischer „Lügendetektor“ – Hochschulen rücken Abschreibern zu Leibe [19-05-2008 14:32 UTC] Autor: Christian Rühmkorf Poslech Real Audio 16kb/s ~ 32kb/s Viele Hochschulen in der Tschechische Republik verwenden ab sofort ein System zur Aufdeckung von wissenschaftlichen Plagiaten. Das heißt: Wer seine Abschlussarbeit ganz oder teilweise aus dem Internet klaut oder von anderen abschreibt, dem geht es an den Kragen. Die Technik dazu haben Informatiker an der Masaryk-Universität in Brünn entwickelt. Illustrationsfoto Illustrationsfoto „Die Masaryk-Univerität hat 2006 ein System eingeführt, mit dem wissenschaftliche Plagiate aufgedeckt werden können. Und die Erfahrungen in diesen vergangenen zwei Jahren sind mehr als ausgezeichnet.“ Sagt Jitka Brandejsová, die das Projekt an der Informatik-Fakultät der Masaryk-Universität in Brünn gemanaget hat. Nach zwei Jahren Versuchsbetrieb haben sich nun weitere 16 Hochschulen an das System angeschlossen. Sie können jetzt die Maschen ihres Netzes so eng ziehen, dass auch kleine Fälscher-Fische nicht hindurchschlüpfen. „Alle Dokumente, die in das System eingespeichert werden, werden analysiert und dann ist es möglich identische Textteile zwischen den einzelnen Dokumenten aufzudecken. Das System ist so ausgearbeitet, dass die Universitäten selbständig darauf zugreifen und Ergebnisse vergleichen können. Man kann auch unterschiedliche Suchkriterien eingeben bzw. den Grad der Ähnlichkeit bestimmen, der dann aufgezeigt werden soll. Das System ist wie eine Internet-Suchmaschine aufgebaut und ist daher rund um die Uhr zugänglich.“ Jitka Brandejsová (Foto: www.ics.muni.cz) Jitka Brandejsová (Foto: www.ics.muni.cz) Es gibt einige prominente Fälle von Abschreibern. Erst kürzlich geriet der Prorektor der Westböhmischen Universität Pilsen in die Schlagzeilen. Ein kanadischer Wissenschaftler warf ihm vor ganze Teile seiner Arbeit ohne Quellenangabe übernommen zu haben. Auch Ex-Premier Stanislav Gross wurde vorgeworfen, bei seiner Magisterarbeit in Rechtswissenschaften abgeschrieben zu haben. Und so soll es nicht nur dem akademischen Gemüse ans Eingemachte gehen. Das System wird in Zukunft auch die Talare durchleuchten, sagt Jitka Brandejsová. [LINK] „Das System wird allmählich ausgeweitet. Zurzeit betrifft es nur die Abschlussarbeiten der Studentinnen und Studenten. Wir gehen aber davon aus, dass bald auch Seminararbeiten, Referate und andere Aufgaben in das Kontrollsystem einbezogen werden. Und ebenso die Publikationen der Lehrenden.“ Das Bildungsministerium hat 10 Millionen Kronen (rund 400.000 Euro) in die Entwicklung des akademischen Lügendetektors gepumpt. Gleichzeitig soll die Software aber auch der Wissenschaft interessante, aber noch nicht veröffentlichte Arbeiten leichter zugänglich machen. Per Mausklick. Dennoch: Abschreckung ist das Hauptziel, sagt Miroslav Křipač, der als Programmator beteiligt ist: „Wenn die Studenten wissen, dass sie damit auffliegen können, dann nehmen sie sich in acht. Vor allem, wenn sie merken, es kommt zu Disziplinarverfahren oder sogar zum Ausschluss vom Studium kommt, dann werden sie sicher darauf achten, dass ihre Arbeiten auf ehrvolle Weise entstanden sind.“ URL | http://www.radio.cz/cz/clanek/104189