A S a u b e r e E n e r g i e f ü r a l l e Klimaschutz zum Selbermachen B C HANDLUNGSOPTIONEN FÜR STROM, MOBILITÄT UND WÄRME Inhalt Energiewende für Einsteiger*innen Seite 1 –5 Handlungsoptionen für Strom, Mobilität und Wärme Seite 6 –7 Strom Seite 8-27 Mobilität Seite 28-39 Wärme Seite 40-51 Ein gemeinsames Ziel Seite 52-55 Mit 12 Beispielen aus der Praxis auf den Seiten 8,   28 und 40 Energiewende für Einsteiger*innen Klima schützen – Bürger*innen machen‘s vor Seite 2 Die Energiewende und ihr Einfluss auf unseren ökologischen Fußabdruck Seite 3 Bürgerenergie macht froh Seite 4 1 Aussteigen? Nee, umsteigen! 2 3 Öffentliche Emissionen 6,3 % Strom 6,5 % Heizung 14,4 % Ernährung 15 % Mobilität 18,8 % Sonstiger Konsum 39,3 % Klima schützen – Bürger*innen machen‘s vor Die Energiewende und ihr Einfluss auf unseren ökologischen Fußabdruck Mit unserem Konsum können wir den eigenen ökologischen Fußabdruck beeinflussen. Dabei spielt neben Ernährung, Kleidung und anderen Konsumgütern die Energieversorgung in den Bereichen Mobilität, Heizung und Strom mit einem Anteil von insgesamt 40 Prozent an den Treibhausgasemissionen pro Kopf eine bedeutende Rolle. Treibhausgase fallen bisher in allen Lebensbereichen und Sektoren an, da die dort benötigte Energie zur Herstellung und zum Transport von Waren und Lebensmitteln, zum Heizen oder im Verkehr noch zum Großteil durch die Verbrennung von Kohle, Erdgas und Erdöl entsteht. Gemessen an den CO2 -Emissionen pro Kopf zählen die Deutschen im weltweiten Vergleich mit zu den größten Klimasündern. Die Transformation hin zu einer nachhaltigen und verbrauchsnahen Energieversorgung spielt deshalb eine Schlüsselrolle auf dem Weg zu einer klimaneutralen Gesellschaft. Die Technologien für eine Trendwende sind ausgereift und wettbewerbsfähig, das rechtliche – aber noch sehr verbesserungswürdige – Fundament besteht. Dies verschafft Bürger*innen viele Mitmach- und Gestaltungsmöglichkeiten in der Energiewende. Diese Broschüre begleitet dich dabei, deinen eigenen ökologischen Fußabdruck zu verkleinern und als Teil der Energiewende aktiv zum Klimaschutz beizutragen – mit zahlreichen praktischen Tipps aus den Bereichen Strom, Mobilität und Wärme. Quelle:Umweltbundesamt ENERGIEWENDE FÜR EINSTEIGER*INNEN Treibhausgas-Ausstoß pro Kopf in Deutschland nach Konsumbereichen (2017) 3 Der Klimawandel ist präsent und in aller Munde. Schnelle Lösungen werden gebraucht, heißt es aus Wissenschaft und Zivilgesellschaft, um die Erderwärmung noch auf 1,5 °C begrenzen zu können und so weitreichende negative Konsequenzen für Umwelt und Mensch zu verhindern. Innerhalb der Bundesregierung besteht zwar Konsens darüber, dass Deutschland seine Treibhausgasemissionen reduzieren muss, über das „Wie?“ und „Bis wann?“ ist man sich jedoch nicht einig. Auf dem Klimagipfel der Vereinten Nationen am 23. September 2019 in New York hat sich die Bundesregierung dazu bekannt, Treibhausgasneutralität bis 2050 als langfristiges Ziel zu verfolgen. Doch dieses Ziel und die beschlossenen Maßnahmen würden dazu führen, dass sich die Durchschnittstemperatur auf der Erde um weit mehr als 2 °C erwärmt. Und bis die Politiker*innen endlich den Ernst der Lage erkennen - was können Bürger*innen tun, außer auf der Straße für echten Klimaschutz zu demonstrieren? Eine ganze Menge! Als Erzeuger*innen und Verbraucher*innen von erneuerbaren Energien können wir Zeichen setzen und wichtige positive Beiträge zum Klimaschutz leisten. Bürgerenergie Bürger*innen machen mit bei der Energie- wende. Schon gewusst? · 42,9 Prozent des in Deutschland produzier-ten Stroms wurden bis zum dritten Quartal2019 aus erneuerbaren Energien gewonnen(Vgl. 31,6 Prozent in 2016) · 42  Prozent des in Deutschland erzeugtenerneuerbaren Stroms stammte im Jahr 2016von Energieprojekten aus Bürgerhand bzw.starker Bürgerbeteiligung. Ob allein odergemeinsam: auf unterschiedlichen Wegen ver-sorgen sich Bürger*innen schon jetzt selbstmit erneuerbarer Energie Weiterlesen im Netz Folgen des Klimawandels unter tinyurl.com/ greenpeace-folgen-klimawandel fussabdruck.de 4 5 Bürgerenergie macht froh Strom kommt aus der Steckdose und die Rechnung am Monatsende. Mehr wissen viele Menschen nicht über unsere Energieversorgung, die in Deutschland bisher zentral organisiert war, geprägt durch Kohle- und Atomkraftwerke der alten Energiewelt. Die Bürger*innen stehen hierbei nur am Rande des Systems, wie auch die Bezeichnung „Endverbraucher*in“ verrät. Was sollte daran schlecht sein? Als Endverbraucher*in auf dem Abstellgleis Die Rolle der Verbraucher*innen im zentralen Energiesystem beschränkt sich auf das Konsumieren und Bezahlen. Diese Position mag bequem erscheinen, funktioniert aber nur solange, wie Bürger*innen keinen Unmut gegenüber klimaschädlichen Produktionsweisen, ungerechter Gewinnverteilung oder weiteren Missständen hegen. Wollen wir aber das Klima schützen sowie mitentscheiden und mitgestalten, wie sich unser Umfeld hin zu einer klimaschonenden und umweltfreundlichen Gesellschaft entfaltet, braucht es Eigeninitiative, verbrauchsnahe Energieerzeugung und aktive Bürger*innen als Eigenversorger*innen. Erneuerbare Energien als Mutmacher In erneuerbaren Energien steckt viel Potential. Durch sie wird eine treibhausgasneutrale Energieversorgung möglich, die zugleich, wenn vor Ort produziert und genutzt, durch Optimierung auf lokaler Ebene weniger Stromleitungen benötigt und Teilhabe der Bürger*innen ermöglicht. Der Aufbau sogenannter dezentraler, verbrauchsnaher Versorgungsstrukturen, evor allem mit Solar- und Windenergie, eröffnet neue Perspektiven für die Bürger*innen Deutschlands. Sie erhalten Gelegenheit, selbst sauberen Strom zu produzieren und so ihren CO2 -Ausstoß zu mindern. Dies ist auch bekannt unter dem Begriff „Bürgerenergie“. Bürgerenergie geht allein oder auch in Gemeinschaft, wie zum Beispiel mit einer Energiegenossenschaft. Bürgerenergie lässt mitgestalten, schützt das Klima, stärkt wirtschaftlich die Region und macht so einfach froh. Ausgewählte praktikable Möglichkeiten für einen eigenen Beitrag zur Energiewende und zu mehr Klimaschutz von Zuhause aus stellen wir im nächsten Kapitel „Handlungsoptionen“ vor. ENERGIEWENDE FÜR EINSTEIGER*INNEN 4 6 7 Handlungsoptionen für Strom, Mobilität und Wärme Ob Städter*in oder auf dem Land lebend, Wohneigentümer*in oder Mieter*in – je nach Lebenssituation und Vorliebe gibt es viele verschiedene Möglichkeiten, seinen eigenen Beitrag für mehr Klimaschutz zu leisten und sich nachhaltig mit Energie (selbst) zu versorgen. Die Bandbreite an persönlichem Engagement geht in vielerlei Richtungen. Dabei hast du die Wahl, deine Ideen alleine oder gemeinschaftlich umzusetzen. Das ist Typsache und auch abhängig von der Projektidee und den lokalen Gegebenheiten. Energiegenossenschaften können auf deinem Weg sehr hilfreiche Partner sein. Wie viel Energie verbraucht Deutschland? Der Energieverbrauch in Deutschland (siehe Grafik unten) war im Jahr 2017 zu knapp 50 Prozent dem Wärmesektor, zu circa 30 Prozent dem Verkehrs- und etwa 20 Prozent dem reinen Stromsektor zuzuordnen. Mit der stetigen Dekarbonisierung der einzelnen Sektoren wird unser Strombedarf in Deutschland automatisch ansteigen, da die Bereiche Mobilität und Wärme auf eine klimafreundliche strombasierte Energieerzeugung umgestellt werden müssen. Strom, Mobilität und Wärme – die Kombo macht’s Für unseren jetzigen und zukünftigen Strombedarf ist es wichtig, das Potential auf all unseren Dächern und in jeder Region effizient zu nutzen, um erneuerbare Energie herzustellen. Mehr dazu findest du unter „Handlungsoption Strom“. Um die gesamte Energieversorgung nachhaltiger, regionaler und energieeffizienter zu gestalten, ist es sinnvoll, Handlungsoptionen aus dem Bereich Strom, Mobilität und Wärme miteinander zu kombinieren, also sektorenübergreifend zu planen und einzusetzen (auch als Sektorkopplung bekannt). Handlungsoptionen und Praxisbeispiele besonders in den Kapiteln Mobilität und Wärme bieten dazu anschauliche und inspirierende Ideen. Energiegenossenschaften – gemeinsam mehr erreichen Viele Menschen werden Mitglied bei einer Genossenschaft oder gründen sogar eine solche, um gemeinsam ein wirtschaftliches und gesellschaftliches Ziel umzusetzen. Dies gelingt gemeinsam oft einfacher als alleine. Hier wirkt die „Power of community“. Energiegenossenschaften setzen auf die Nutzung klimafreundlicher Energiequellen. Dabei gelten grundlegende Prinzipien: • Miteigentümer*in: Durch den Erwerb von Genossenschaftsanteilen wird man Miteigentümer*in der Genossenschaft. • Stimmrechte: Ein Mitglied = eine Stimme; unabhängig von der Menge an Genossenschaftsanteilen hat jedes Mitglied eine Stimme und kann demokratisch mitbestimmen. • Werte: Dabei spielen Mitbestimmung, Eigeninitiative, Selbsthilfe, Selbstverantwortung und Selbstverwaltung eine entscheidende Rolle. Energiegenossenschaften ermöglichen eine breite Bürgerbeteiligung an Energieprojekten vor Ort und verwirklichen bürgernahe, konzernunabhängige und ökologische Energienutzung. Das eigene Geld nachhaltig anzulegen, hat, wie auch deine Energieversorgung, relevante Auswirkungen auf deinen ökologischen Fußabdruck. Energiegenossenschaften schaffen für Bürger*innen klimaneutrale Anlage- und Investitionsmöglichkeiten in lokale und regionale Energieprojekte. Gemeinsam beraten, planen, umsetzen. Verkehr (ohne Strom) 754    Mrd. kWh 29,8 % Strom  (Nettoverbrauch) 530  Mrd. kWh 20,8 % 49,6 % Wärme und Kälte (ohne Strom) 1,262  Mrd.  kWh Energieverbrauch in Deutschland im Jahr 2017 nach Strom, Wärme und Verkehr in Milliarden Kilowattstunden6 Quelle:eigeneDarstellungaufBasisvonAG Enerigebilanzen,AGEE-Stat:Stand07/2018 7 8 9 Strom Strom Stromfresser zähmen Seite 10 Wie kann ich nachhaltig Strom nutzen? Seite 12 Sauberen Strom konsumieren Seite 13 >>> Was echten Ökostrom ausmacht Seite 13 Strom selbst herstellen Seite 15 >>> Das Balkonmodul Seite 16 >>> Die eigene Solaranlage Seite 18 >>> Mieterstrom Seite 22 >>> Windenergie gemeinsam nutzen Seite 26 8 9 #sonnefeiern – Die Solarparty Seite 21 BENG eG München Seite 25 Energiegenossenschaft Main-Kinzigtal eG Seite 27 Bremer SolidarStrom Seite 20 Christfried Lenz ist frei von Atomkraft Seite 19 Balkonmodule der Bürger-Energiegenossenschaft EnerGeno Seite 17 HANDLUNGSOPTIONEN FÜR STROM, MOBILITÄT UND WÄRME 10 11 HANDLUNGSOPTIONEN FÜR STROM, MOBILITÄT UND WÄRME Stromfresser zähmen Ein Viertel des Stromverbrauchs in Deutschland entfällt auf unsere Haushalte. Unsere großen Haushaltsgeräte machen dabei den größten Teil aus. Kühlschrank und Gefriergeräte laufen rund um die Uhr. Im Vergleich zu einem 15 Jahre alten Gerät spart ein neuer Kühlschrank mit bester Effizienzklasse bis zu 70 Euro Stromkosten im Jahr. Da lohnt sich der Tausch auch, wenn das alte Gerät noch funktioniert. Goodbye Stand-By! Bei der Unterhaltungselektronik und allen anderen elektrischen Geräten ist der berühmte Stand-ByVerbrauch für bis zu 115 Euro Stromkosten im Jahr verantwortlich. Konsequentes Ausschalten an der Steckdosenleiste lohnt sich also. Eine SteckdosenZeitschaltuhr kann dabei unterstützen. Mit einem Messgerät, das einfach vor dem Gerät in die Steckdose gesteckt wird, kannst du die heimlichen Stromverbraucher aufspüren. In manchen Haushalten wird das Wasser elektrisch erhitzt. Das ist gut, da so keine CO2 -Emissionen durch Öl- oder Gasbrenner entstehen. Mit Sparduschköpfen und Durchlaufbegrenzern, die einfach in den Wasserhahn geschraubt werden, kannst du zusätzlich Energie sparen.   Beratungsangebote Die Verbraucherzentrale bietet eine unabhängige Energieberatung an: verbraucherzentrale-energieberatung.de Für Haushalte mit geringem Einkommen gibt es den kostenlosen Stromspar-Check von Caritas und dem Bundesverband der Energie- und Klimaschutzagenturen Deutschlands: stromspar-check.de Ausführliche Energiespartipps gibt es unter: stromspar-check.de/energiespartipps.html HANDLUNGSOPTIONEN FÜR STROM, MOBILITÄT UND WÄRME Strom, den wir nicht verbrauchen, müssen wir auch nicht erzeugen. 17 % 27 % 13 % 16 % 11 % 9 % 7 % Kühl-undGefriergeräte InformationstechniksowieTVundAudio Waschen&Trocknen Sonstiges Kochen Licht Spülen Strom Stromverbrauch im Privathaushalt (2013) Quelle:  BDEW,  EnergieAgentur.NRW,  HEA 10 11 12 13 HANDLUNGSOPTIONEN FÜR STROM, MOBILITÄT UND WÄRME Wie kann ich nachhaltig Strom nutzen? Auch wenn wir alle Sparpotentiale im Haushalt ausschöpfen, werden neue Technologien im Mobilitätsund Wärmebereich dazu führen, dass wir künftig mehr Strom im Haushalt verbrauchen. Umso wichtiger wird es, weiterhin konsequent Strom zu sparen und auf die nachhaltige Herkunft unseres Stroms zu achten. Sauberen Strom kaufen oder selber machen? Fast jeder hat heute Möglichkeiten, eigenen sauberen Strom zu produzieren und selbst zu verbrauchen und so einen Schritt von dem / der passiven Konsument*in zum / zur Prosumer*in zu vollziehen, alleine oder in Bürgerenergiegesellschaften. Die Ressourcen dafür, zum Beispiel Sonne und Wind, stehen uns kostenlos und unbegrenzt zur Verfügung. Im Vordergrund steht hierbei der ganz persönliche Beitrag zum Klimaschutz und der Verbrauch direkt vor Ort. Ein anderer Weg ist der Wechsel zu Ökostrom, der in wenigen Minuten erledigt ist. Vorher sollte man sich aber über die verschiedenen Anbieter informieren. Nicht überall, wo Ökostrom draufsteht, ist auch nachhaltiger Ökostrom drin. Mehr dazu auf den folgenden Seiten ... Was echten Ökostrom ausmacht Der erste und gleichzeitig entscheidende Schritt zu deinem emissionsneutralen Energie-Haushalt kann der Wechsel zu echtem Ökostrom sein. Mithilfe von Ökostromanbietern kannst du zu einer ökologischen und damit zukunftsfähigen Energieversorgung in Deutschland ohne Kohle und Atom beitragen und so aktiv Klimaschutz betreiben. Mittlerweile gibt es eine Vielzahl von Ökostromprodukten in Deutschland. Das macht es Verbraucher*innen oft schwer, die unterschiedlichen Angebote zu vergleichen und individuelle Ökostromprodukte hinsichtlich ihrer zusätzlichen Eigenschaften bzw. der ökologischen Qualität und dem damit verbundenen Nutzen für den Klimaschutz zu bewerten. Doch gerade bei der Entscheidung für den eigenen Stromanbieter lohnt sich oft ein genauerer Blick. Denn effektiven Klimaschutz betreibt nur, wer am Ende tatsächlich CO2 -Emissionen einsparen kann und die Energiewende voranbringt. Auf die Unabhängigkeit und Herkunft kommt es an Bei Ökostrom solltest du klar nachvollziehen können, woher der Strom stammt. Er sollte zunächst von Anbietern stammen, die keinerlei Verflechtungen mit der Atom- und / oder Kohleindustrie aufweisen. Der Strom selbst sollte natürlich zu 100  Prozent mit erneuerbaren Energien produziert worden sein. Neben Wind- und Solarkraft zählt auch Wasserkraft zu den erneuerbaren Energien. Hier haben kleinere Wasserkraftwerke im Vergleich zu größeren meist die bessere Ökobilanz, weil sie weniger Eingriffe in die Natur bedeuten und auch im Schnitt häufiger und bereits im Einklang mit Naturschutzbelangen modernisiert oder revitalisiert wurden. Ein echter Ökostromanbieter kauft seinen Strom nicht einfach an der Strombörse, weil dort nur „grauer Strom“ gehandelt wird. Stattdessen werden direkte Lieferverträge mit Betreibern von Wind-, Solar- oder Wasserkraftwerken geschlossen oder selbst derartige Kraftwerke betrieben. Es lohnt sich daher zu prüfen, aus welchen Lieferantenkraftwerken Ökostromanbieter ihren Strom beziehen. Gerade die wirklich ökologisch orientierten Stromanbieter veröffentlichen diese im Internet, sodass die Herkunft des Ökostroms für jede*n jederzeit nachvollziehbar ist. Denn Transparenz ist wichtig und schafft Vertrauen. „Greenwashing“ hingegen ist, wenn der eigentliche Nachhaltige Energieversorgung Saubere Energie konsumieren Saubere Energieprosumieren 1312 Herkunftsnachweis Gemäß den gesetzlichen Bestimmungen müssen Ökostromanbieter anhand sogenannter Herkunftsnachweise die Qualität ihres Stroms darlegen. Die Herkunftsnachweise legen jedoch nur offen, wie und wo eine bestimmte Menge Ökostrom produziert wurde und werden unabhängig vom produzierten Strom gehandelt. Empfehlenswert sind Anbieter, die ausschließlich Herkunftsnachweise von Erneuerbaren-Kraftwerken kaufen, von denen sie auch tatsächlich die entsprechenden Mengen an Ökostrom beziehen. Wichtig zu wissen ist, dass für Anlagen, die in Deutschland nach dem Erneuerbare-EnergienGesetz gefördert werden, keine Herkunftsnachweise ausgestellt werden. S p a r s a m u n d e f f i z i e n t E n e r g i e e i n s e t z e n Strom Sauberen Strom konsumieren Prosumer ist ein englisches Kunstwort und vereint producer und consumer. Denn Prosumer*innen nutzen ihren erzeugten Ökostrom selbst. 14 15 HANDLUNGSOPTIONEN FÜR STROM, MOBILITÄT UND WÄRME Strom selbst herstellen Strom als sogenannter „Graustrom“ an der Börse bezogen und dann unter Einsatz von hinzugekauften Herkunftsnachweisen (siehe vorherige Seite) als Grünstrom vermarktet wird. Viele echte Ökostromanbieter lassen ihre diesbezügliche Stromqualität daher regelmäßig durch unabhängige Institute begutachten und zertifizieren, wie zum Beispiel durch das Grüner Strom Label oder das ok-power-Label. Die Mischung macht’s – Strommix Um langfristig eine Energieversorgung frei von Kohle, Erdöl und Erdgas zu erreichen, sollte dein Ökostromanbieter seinen Strom aber nicht nur generell aus erneuerbaren Energien beziehen, sondern insbesondere den Anteil „fluktuierender“ erneuerbarer Energien – also aus Wind und Sonne – an seinem Strommix immer weiter erhöhen. Da die Verfügbarkeit von Wind- oder Sonnenenergie je nach Wetterverhältnissen schwankt, ist gerade die Integration dieser klimafreundlichen Energieträger eine wichtige Zukunftsaufgabe und gleichzeitig auch eine besondere Herausforderung, der sich echte Ökostromanbieter schon heute stellen. Denn Wind- und Solarenergie haben das größte Potential unter den regenerativen Energiequellen und sind der Schlüssel für eine klimafreundliche, sichere und preiswerte Energieversorgung für uns alle. Gut ist, wenn Ökostromanbieter selbst anpacken Dein Ökostromanbieter sollte dir nicht nur 100 Prozent Ökostrom aus erneuerbaren Energien verkaufen, sondern auch den Ausbau erneuerbarer Energien sowie das Gelingen der Energiewende auf vielen Ebenen aktiv fördern. Das kann er zum Beispiel tun, indem er aus einem eigenen Förderprogramm innovative und nachhaltige Projekte sowie den Bau zusätzlicher Erneuerbare-Energien-Anlagen unterstützt. Dabei ist wünschenswert, dass der Ökostromanbieter Bürgerenergieprojekte umsetzt. Damit leistet er auch unter sozialen Aspekten einen wichtigen Beitrag zum Gelingen des Gemeinschaftsprojekts Energiewende. Einige Ökostromanbieter nehmen darüber hinaus ältere Windparks unter Vertrag, deren staatliche Förderung nach dem Erneuerbaren-Energien-Gesetz (EEG) nach 20 Jahren endet. Damit können diese Unternehmen nicht nur den Windanteil im eigenen Strommix erhöhen, sondern ermöglichen älteren Anlagen einen wirtschaftlichen Weiterbetrieb. So tragen sie dazu bei, dass viele dieser Bestandsanlagen auch nach dem Ende ihrer Förderung am Netz bleiben können und damit zusätzliche CO2 -Emissionen vermeiden helfen. Politisches Engagement Darüber hinaus ist es gut, wenn sich dein Ökostromanbieter politisch für eine zukunftsfähige, ökologische und bürgergetragene Energieversorgung stark macht und für echten Klimaschutz in Deutschland und Europa einsetzt. Aus diesen Motiven engagieren sich die echten „Ökostromer“ im Bündnis Bürgerenergie. Teilhabe – Bürgerschaft einbeziehen Viele echte Ökostromanbieter ermöglichen ihren Kund*innen, sich am Ökostromunternehmen zu beteiligen. Dabei treten sie in unterschiedlichen Unternehmensformen für eine erneuerbare Energieversorgung ein und verfolgen einen bürgernahen Ansatz, indem sie Bürger*innen ermöglichen, in das Unternehmen zu investieren und bei Entscheidungen mitzureden. Einige Ökostromanbieter bieten auch gezielte Fördertarife an, mit denen Verbraucher*innen ausgewählte Projekte und die Energiewende in Bürgerhand selbst voranbringen können. Stromsparen Balkonmodul Die eigene Solaranlage Windenergie gemeinsam nutzen Mieterstrom Welche „Ökostromer“ sind Mitglieder im Bündnis Bürgerenergie? Bürgerwerke eG EWS Elektrizitätswerke Schönau eG Greenpeace Energy eG Naturstrom AG Prokon Regenerative Energien eG Eine gute Ausgangsbasis für einen positiven Beitrag zum Klimaschutz in Sachen Energienutzung ist der Wechsel zu einem Ökostromanbieter. Die nächste Stufe besteht darin, den Strom direkt von zu Hause oder aus der eigenen Region zu beziehen: sei es Strom vom eigenen Balkon oder Dach als Prosumer*in, direkt geliefert vom Dach des / der Vermieter*in als so genannter Mieterstrom oder aus einem gemeinsamen Projekt oder einer Projektbeteiligung, zum Beispiel an einer Energiegenossenschaft. Das persönliche Engagement gewährleistet, dass vor Ort über die eigene Stromerzeugung entschieden wird und die Wertschöpfung in der Region verbleibt. Außerdem können die Klimaschutzziele nur erreicht werden, wenn die Energiepotentiale in jeglichen Regionen deutschlandweit genutzt werden. Also Ärmel hochgekrempelt und los geht’s! 1514 Strom 16 17 HANDLUNGSOPTIONEN FÜR STROM, MOBILITÄT UND WÄRME Das Balkonmodul Zum Trend entwickeln sich aktuell die Balkonmodule. Sie sind der einfachste und schnellste Weg zum eigenen Sonnen- strom. Die Balkonmodule sind mit einem Mini-Wechselrichter ausgestattet und werden direkt über eine herkömmliche Steckdose an das Hausnetz angeschlossen. Die Energie fließt dann quasi rückwärts in die Steckdose. Es besteht somit kein weiterer Installationsaufwand und das Modul kann problemlos selbst angeschlossen werden. Diese Mini-Solaranlagen eignen sich besonders für dich, solltest du zur Miete wohnen und über keine eigene Dachflächen verfügen. Oder dich interessiert einfach, mit wenig Aufwand Solarstrom für die Eigennutzung erzeugen zu können. Befestigung von Balkonmodulen Die Module können an allen sonnigen Orten angebracht werden. Neben dem Balkon zum Beispiel an der Fassade, im (Vor-)Garten oder auf der Terrasse. Je häufiger die Sonne direkt auf das Modul scheint, umso besser. Aber auch bei indirekter Einstrahlung produzieren die modernen Module bereits Strom. Aus Sicherheitsgründen müssen speziell zugelassene Module eingesetzt werden, wenn Personen direkt unter die Module treten können oder bei über vier Meter Montagehöhe. Achte dabei auf die Angaben der Hersteller zu den zugelassenen Montagearten. Die Rücksprache mit deinem Vermieter ist bei gemieteten Flächen wie Balkon, Terrasse, Garten etc. empfehlenswert, vor allem, wenn Dübel o.ä. zur Montage an der Hauswand verwendet werden oder die Beeinflussung des Hausfassadenbildes durch die Anlage relevant sein. Gleiches gilt für Gemeinschaftsflächen wie Fassaden oder Dächer. Balkonstrom nutzen Da Strom immer den Weg des geringsten Widerstands nimmt, wird der Strom aus dem Balkonmodul direkt in der Wohnung verbraucht. Meist produzieren die Module nicht mehr Strom als gerade in der Wohnung benötigt wird. Kühlschrank und manch andere Geräte benötigen schließlich immer Strom. Nur sehr selten kann es vorkommen, dass der Strom weiter ins Netz zu den Nachbarn fließt. Ein Speicher lohnt sich für diese geringen Mengen daher nicht. Nach einer Anmeldung des Balkonmoduls beim Netzbetreiber tauscht dieser vermutlich den Stromzähler gegen ein Modell mit Rücklaufsperre aus. Neuere und digitale Modelle haben diese bereits standardmäßig integriert. Würde die Rücklaufsperre fehlen, würde der Stromzähler rückwärts zählen, wenn an einem Tag mehr Strom produziert als verbraucht und ins Stromnetz eingespeist wird. Wie sicher ist das? Geräte, die dem Sicherheitsstandard für steckbare Stromerzeugungsgeräte DGS 0001 der Deutschen Gesellschaft für Sonnenenergie (DGS) entsprechen, können sicher betrieben werden. In Deutschland sind pro Haushalt zwei Module mit insgesamt 600 Watt möglich (Bedienungsanleitung beachten), was einer Fläche von etwa drei Quadratmetern entspricht. Bei mehr Leistung ist ein/eine Elektriker*in nötig. Das Modul wird direkt in eine vorhandene normale Schuko-Steckdose eingesteckt, auf keinen Fall in eine Mehrfachsteckdose. Bürger-Energiegenossenschaft EnerGeno Inzwischen werden zahlreiche Balkonmodule am Markt angeboten - beispielsweise von der Bürger-Energiegenossenschaft EnerGeno. Diese ermöglich die Miete der Module für 3,33 Euro im Monat und alternativ zum Kauf für 400 Euro. Mit einem Modul kannst du je nach Standort zwischen 50 und 90 Euro Stromkosten im Jahr sparen. 17 Strom 18 19 HANDLUNGSOPTIONEN FÜR STROM, MOBILITÄT UND WÄRME kannst du auf der eigenen Dachfläche genau wie auf einem Eigenheim eine Solaranlage betreiben. Wenn du dich mit deinen Nachbar*innen zusammentust und ihr gemeinsam mehrere Solaranlagen bestellt, kann dies sogar von Vorteil sein, weil Installateur* innen bei größeren Aufträgen Rabatte geben. Der Gesetzgeber bremst Mit Nachbar*innen eine große Solaranlage gemeinsam zu betreiben und zu nutzen, ist hingegen aufgrund unsinniger gesetzlicher Regelungen heutzutage deutlich schwieriger. Und dies, obwohl du dabei Ressourcen sparen und bei einem geteilten Einspeisezähler mehr Strom selbst nutzen könntest. Das Gesetz verlangt nämlich derzeit, dass bei einer Eigenversorgung der Anlagenbetreiber*in die gleiche Einzelperson sein muss wie der Stromnutzer*in. Einen gemeinschaftlichen Anlagenbetrieb und eine gemeinschaftliche Stromnutzung sieht der Gesetzgeber bisher nicht vor. Dies könnte sich aber bald ändern, da die EU verlangt, dass Menschen auch gemeinschaftlich eine Solaranlage zur Eigenversorgung nutzen können sollen. Dies würde es nicht nur Hauseigentümer*innen-Gemeinschaften erleichtern, Solaranlagen zu betreiben. Auch auf Mehrfamilien-Mietshäusern könnten Solaranlagen installiert und von allen Mietparteien genutzt werden. Viel Power steckt in einer Dachanlage Ein Durchschnittshaushalt mit Solaranlage verbraucht etwa 30 Prozent des selbst erzeugten Stroms in den eigenen vier Wänden. Der Rest wird ins Netz eingespeist. Mit einem Batterie-Speicher lässt sich der Eigenverbrauchs-Anteil auf 60 bis 70 Prozent steigern. So kann beispielsweise der Strom, der tagsüber erzeugt wurde, als du auf der Arbeit Die eigene Solaranlage Sehnst du dich danach, einen eigenen Beitrag zum Klimaschutz zu leisten? Die eigene Solaranlage bietet dazu die perfekte Gelegenheit. Sie ist nicht nur ein enormer Beitrag zur Energiewende, sondern macht die Menschen, die sie nutzen, auch glücklich. Denn Bürger*innen mit einer eigenen Solaranlage fühlen sich freier, unabhängiger und in der Lage, Verantwortung übernehmen zu können – für sich und für die Umwelt. Eine Solaranlage besteht aus Photovoltaik-Modulen und einem Wechselrichter, der den in den Modulen erzeugten Gleichstrom in Wechselstrom umwandelt, sodass der Strom in den eigenen vier Wänden genutzt und ins öffentliche Netz gespeist werden kann. Die Energie, die für die Herstellung einer Solaranlage aufgewendet wurde, hat die Anlage nach ein bis zwei Jahren selbst hergestellt. Die restliche erzeugte Energie – und Solaranlagen haben eine Lebensdauer von locker 30 Jahren – bedeutet puren Klimaschutz. Was heißt das genau? Heutzutage ist es für Menschen im Eigenheim am einfachsten, von einer Solaranlage zu profitieren. Bis zu einer Anlagengröße von 10 Kilowatt ist es für Eigenheimbesitzer*innen am einfachsten, den selbst erzeugten Strom auch selbst zu nutzen - bei größeren Anlagen muss auf selbstverbrauchten Strom 40 Prozent EEG-Umlage gezahlt werden. Die eigene Solaranlage ist nicht nur ein super Gefühl, sie lohnt sich auch. Denn der Strom aus der Solaranlage ist viel günstiger als der aus dem Netz bezogene Strom. Für den überschüssigen Strom, der nicht selbst verbraucht wird, sondern ins öffentliche Netz gespeist wird, bekommt man eine Einspeisevergütung. Die einzige Voraussetzung für eine Solaranlage ist dabei eine geeignete Dachfläche. Aber die meisten Eigenheime – ob mit Schräg- oder Flachdach – eignen sich für Solaranlagen. Nur wenn die komplette Dachfläche verschattet oder nach Norden ausgerichtet ist, lohnt sich eine Solaranlage in der Regel nicht. Doppelhaushälfte oder Reihenhaus Wenn du eine Doppelhaushälfte oder eine Einheit eines Reihenhauses besitzt und einen eigenen Stromzähler zur Abrechnung beim Stromversorger hast, Frei von Atomkraft Christfried Lenz hatte sich etwas fest vorgenommen: frei sein von Atomkraft, Kohle und Konzernen. Mit etwas Unterstützung bei der Umsetzung und den nötigen Utensilien installierte er sich mit nur 5.000 Euro eine Drei-Kilowatt-Peak-Solaranlage inklusive Batteriespeicher und erfüllte sich somit seinen Traum. Christfried geht aber noch einen Schritt weiter, denn seit 2013 lebt er komplett unabhängig vom Stromnetz. An sonnenarmen Tagen passt er seinen eigenen Stromverbrauch sogar an. Das nimmt er aber gern in Kauf für den Klimaschutz und die gewonnene Unabhängigkeit. Christfried zeigt damit, dass mit wenig viel möglich ist – ob nun mit oder ohne zusätzliche Stromversorgung über das deutsche Stromnetz. Strom 20 21 HANDLUNGSOPTIONEN FÜR STROM, MOBILITÄT UND WÄRME warst, abends selbst genutzt werden. Wer sehr wenig braucht, kann sich mit einer Solaranlage und einem Speicher größtenteils unabhängig machen. Eine gute Investition Eine typische Solaranlage für einen Einfamilien-Haushalt mit circa 7 Kilowatt-Peak Leistung kostet zwischen 8.000 und 11.000 Euro. Meist ist dieses Geld in einer Solaranlage deutlich besser angelegt als auf der Bank. Für Menschen, die sich solch eine Investition nicht auf einen Schlag leisten können, gibt es attraktive Finanzierungsangebote. Viele Bürgerenergiegesellschaften finanzieren Solaranlagen und verpachten die Anlagen anschließend zu einem festen monatlichen Preis an die Eigenheimbesitzer*innen. Dadurch kann der / die Eigenheimbesitzer*in die Anlage selbst betreiben und den in der Anlage erzeugten Strom selbst nutzen. Hilfe bei der Umsetzung Bei der Planung einer Solaranlage unterstützt der / die Installateur*in, der / die neben einem Angebot in aller Regel auch eine Wirtschaftlichkeitsberechnung macht. Darüber hinaus gibt es in fast allen Regionen eine*n unabhängige*n und oft kostenlose*n Berater*in, der/ die dir bei der Planung und Auslegung helfen kann. In vielen Kommunen gibt es auch so genannte Solarkataster – das sind Online-Stadtpläne, auf denen du siehst, ob sich auf der eigenen Dachfläche eine Solaranlage lohnt. Bremer SolidarStrom Strom Du denkst, dir fehlt das nötige Know-how oder das Geld für eine Solaranlage auf deinem Dach? Der Bremer SolidarStrom unterstützt Eigenheimbesitzer*innen mittels Beratung und Finanzierung von Solaranlagen im Bremer Raum. So ermöglicht der Bremer SolidarStrom Menschen, selbst etwas für den Klimaschutz zu tun, unabhängig zu sein und zudem sogar Stromkosten zu sparen. Gegründet wurde diese Bürgerinitiative von damaligen Studierenden aus Bremen, die eine bürgergetragene Energiewende voranbringen wollten. Mehr Überblick kann dir unser Video #kannstduauch mit Christian vom Bremer SolidarStrom verschaffen unter tinyurl.com/bremer-solidarstrom. Wissen teilen - Solarparty Wer eine eigene Solaranlage in Betrieb nimmt, ist erst einmal unendlich stolz. Selbsterzeugter Strom wird nachhaltig genutzt und auch die Stromerzeugung etwa mit einer App verfolgt. Dies erhöht den persönlichen Bezug zur im Alltag genutzten Energie ungemein. Die frisch installierte Solaranlage hat aber nicht nur bei dir einen neuen Zeitabschnitt eingeleitet, sie hat womöglich in Nachbarschaft und Freundeskreis Neugier ausgelöst. Und das völlig zu Recht! Auf einer Solarparty kannst du deinen Stolz gerne etwas zeigen und dabei insbesondere von der Installation der Anlage und deiner Motivation dazu berichten. Stelle deinen Freunden und Nachbar*innen deine Solaranlage persönlich vor. Wenn du Lust hast, andere Menschen für die eigene Energiewende im Rahmen einer Solarparty zu begeistern, unterstützt dich dabei das Bündnis Bürgerenergie. Es muss auch nicht nur um die neue Solaranlage auf dem eigenen Dach gehen. Auch das kürzlich erworbene Balkonmodul dient als Partyobjekt, der solaren Kreativität sind hier keine Grenzen gesetzt – deine Nachbarschaft wird sich über deine Hinweise freuen. Und wir sagen dir auch, wo und wann in deiner Nähe eine Solarparty stattfindet, falls du mehr über die Installation einer eigenen Solaranlage erfahren möchtest. So lassen wir auf jede installierte Solaranlage gleich mehrere weitere folgen. buendnis-buergerenergie.de/solarparty/ 2120 22 23 HANDLUNGSOPTIONEN FÜR STROM, MOBILITÄT UND WÄRME Welche Varianten für die Umsetzung gibt es? Für die Umsetzung von Mieterstromprojekten ist die Zusammenarbeit mit einem professionellen Dienstleister vonnöten. Grundsätzlich ist zwischen zwei „Haupt-Modellen“ zu unterscheiden, die besonders häufig Anwendung finden: Beim sogenannten Vollcontracting (Modell 1) handelt es sich um ein Rundum-sorglos-Paket. Dabei übernimmt der Dienstleister Planung, Errichtung, Finanzierung und Betrieb der Anlage und bietet den Wohnparteien einen Mieterstromtarif an. Hier verpachtet der / die Gebäudeeigentümer*in die Dachflächen und hat keine weiteren Verpflichtungen. Viele Energiegenossenschaften bieten diese Dienstleistung gemeinsam mit Partnern an. Hier können die Bewohner*innen einerseits als Mieterstrom-Kund*innen den Strom beziehen und sich auch als Genossenschaftsmitglieder bei der Finanzierung der Anlage beteiligen. Beim Basis-Modell (Modell 2) finanziert, errichtet und betreibt der / die Gebäudeeigentümer*in, also zum Beispiel eine Baugenossenschaft oder eine Wohnungseigentümergemeinschaft, die Solaranlage selbst. Aufgrund diverser Meldepflichten wird auch hier mit einem Dienstleister zusammengearbeitet, der dem / der Anlagenbetreiber*in den Strom vom Dach zum wirtschaftlich attraktiven Strompreis für Stromkund*innen abkauft. Der Dienstleister über- Mieterstrom Kurz erklärt: Mieterstrom wird auf dem Dach durch eine Solaranlage erzeugt und von den Bewohner*innen direkt im Gebäude verbraucht. Das geschieht ohne Nutzung des öffentlichen Stromnetzes – ein Vorteil, denn entsprechende Netzentgelte und Abgaben fallen dadurch weg. Scheint die Sonne einmal nicht, ist das kein Problem, denn dann vervollständigt Strom aus dem Netz die Versorgung. Mieterstrom ist nicht nur umwelt- und klimafreundlich, sondern vor allem lokal und wettbewerbsfähig. Wann handelt es sich um Mieterstrom? Sobald Solarstrom in Mehrfamilienhäusern direkt an die Mieter*innen geliefert wird, spricht man von Mieterstrom. Ein Wohngebäude wird im Erneuerbaren-Energien-Gesetz definiert als jedes Gebäude, das nach seiner Zweckbestimmung überwiegend und mit mindestens 40 Prozent seiner Fläche ausschließlich dem Wohnen dient. Dazu zählen auch Wohn-, Alters- und Pflegeheime. Da die Vollversorgung der Mieter*innen gewährleistet sein muss, braucht es für den ergänzenden Zukauf von Strom aus dem Netz immer ein Energieversorgungsunternehmen als Projektpartner, der die Stromlieferung an die Haushalte sowie die Abrechnung übernimmt. Welche Voraussetzungen braucht es? Mieterstromprojekte können prinzipiell in jedem Mehrfamilienhaus umgesetzt werden, wobei sich manche Objekte besser eignen. Wichtige Voraussetzungen sind eine nutzbare Dachfläche, die möglichst unverbaut ist und das Gewicht der Solaranlage sicher tragen kann, und idealerweise wenige Strom-Netzanschlüsse, hinter denen möglichst viele Wohneinheiten gebündelt sind. Sehr wichtig ist außerdem die Zustimmung der Mieter*innen vor Ort, den Strom vom eigenen Dach zu nutzen. Eine große Beteiligung der Bewohner*innen beim Mieterstromtarif ist wichtig, wobei das Angebot natürlich freiwillig ist. Ganz allgemein gilt: Bei jedem Neubau, jeder Dachsanierung und jeder Heizungssanierung sollte Mieterstrom heute mitgedacht werden. Rechtzeitig in die Planung einbezogen, verursacht der Anlagenbau keinen nennenswerten Mehraufwand. Quelle:BundesverbandSolarwirtschaft Modell   1: Dienstleister ist Anlagenbetreiber Strom Modell   2: Gebäudeeigentümer ist Anlagenbetreiber 24 25 HANDLUNGSOPTIONEN FÜR STROM, MOBILITÄT UND WÄRME BENG eG München Good Practice Beispiel von BENG eG in München mit Grünstromanbieter für Reststrombelieferung Die BENG eG in München hat 2017 eines der ersten Mieterstromprojekte umgesetzt. Die ausführende Baugesellschaft München-Land hat sich entschlossen, das Dach für ein neues Wohngebäude (inklusive Kindertagesstätte) für die Montage einer Solaranlage der BENG eG zur Verfügung zu stellen. Die Anlage kann mit einer jährlichen Stromproduktion von circa 60.000 Kilowattstunden etwa 16 Vier-Personen-Haushalte mit Strom versorgen. Dabei werden fast 28 Tonnen CO2 -Emissionen pro Jahr vermieden. Die Bewohner*innen decken somit einen Teil ihres Strombedarfs mit lokal produzierter und erneuerbarer Energie direkt vom Dach des Gebäudes. Ist die „selbstproduzierte“ Energie aus der Solaranlage „verbraucht“, wird das Gebäude automatisch mit Ökostrom aus dem Stromnetz versorgt. Von den insgesamt 30 Letztverbrauchern beziehen aktuell 28 Mieterstrom. Gleichzeitig können die Bewohner*innen Mitglied der BENG eG werden und sich an der Finanzierung der Anlage beteiligen und erhalten hierfür eine durchschnittliche Verzinsung von drei  Prozent. BENG eG übernimmt bei diesem Projekt folgende Aufgaben: Dach- und Mietergewinnung, Projektentwicklung und Installation, Information der Bewohner*innen, Finanzierung der Anlage, Betriebsführung. Das Ökostromunternehmen Polarstern übernimmt als Dienstleister: Stromlieferung als EVU, Abrechnung und Forderungsmanagement, Messwesen. Weiterführende Informationen Einen ausführlicheren Ratgeber zu Mieterstrom mit weiteren Links zu Leitfäden, Videos und Praxisbeispielen findest du auf der Internetseite von klimagen.de unter tinyurl.com/klimagen-mieterstrom Allgemeine Infos auf der Webseite pv-mieterstrom.de nimmt auch die energiewirtschaftlichen Leistungen, zum Beispiel die Stromlieferung an die Mietparteien, die Abrechnung etc. Für den eingespeisten Überschussstrom erhält der / die Anlagenbetreiber*in eine feste Vergütung vom Netzbetreiber. Unter bestimmten Bedingungen ist es möglich, dass Gebäudeeigentümer steuerliche Nachteile erfahren können (Stichwort „Gewerbesteuerinfizierung“) Die Rolle von Energiegenossenschaften bei Mieterstromprojekten Bei der Planung eines Mieterstromprojektes müssen ausreichend Ressourcen vorhanden sein, um Service-Leistungen selber anzubieten oder diese an erfahrene Partner auszulagern. Energiegenossenschaften können verlässliche und professionelle Partner sein, die meist mit Dienstleistern kooperieren. Wo ein Wille ist, ist auch ein Weg Mieterstromprojekte bieten ein enormes Potential, vor allem in den Ballungsgebieten, in denen auch hohe Verbräuche vorliegen. Bei der Planung und Umsetzung eines Mieterstromprojekts kann es zu folgenden Herausforderungen kommen: Geeignete Projekte finden, technische Voraussetzungen klären, Mieterstromkund*innen gewinnen, Auswahl kompetenter Dienstleister, Ausarbeitung und Verhandlung der erforderlichen Verträge. Alle Herausforderungen sind lösbar. Weitere Informationen und Tipps findest du in den weiterführenden Links. Auch das Bündnis Bürgerenergie hat einen sehr guten Überblick über Mieterstromakteure und hilft gerne weiter. Erfahrungen anderer nutzen Es wurden bisher einige Mieterstromprojekte umgesetzt. Interessierte Vermieter*innen sollten sich mit erfahrenen Akteuren - wie Energiegenossenschaften oder Mieterstromdienstleistern - austauschen, bei der Frage, welches Modell passend ist. Mieterstromprojekte können komplex sein, denn es steckt Aufwand und Zeit in der Planung und Installation. Als Gebäudeeigentümer*in solltest du dich nicht davon abschrecken lassen, denn der Aufwand lohnt sich für das Klima, den Geldbeutel von Mieter*innen und Gebäudeeigentümer*in und ermöglicht mehr Selbstbestimmung. Solltest du zur Miete wohnen, bleibt dir in Sachen Mieterstrom die Rolle des / der Motivator*in gegenüber deinem / deiner Vermieter*in. 25 Strom 26 27 HANDLUNGSOPTIONEN FÜR STROM, MOBILITÄT UND WÄRME Windenergie gemeinsam nutzen Klimaschutz braucht Windenergie Lust auf deine eigene Windenergieanlage? Die Frage mag für dich überraschend wirken – vor allem, wenn du in der Stadt lebst und dir keine landwirtschaftlichen Flächen gehören. Doch auch dann kannst du aus der Kraft des Windes deine eigene Energie erzeugen. Und das ist dringend erforderlich. Denn Windenergie ist neben Solarenergie das wichtigste Standbein für einen erfolgreichen Klimaschutz. Damit aber die Unterstützung für Windenergie so hoch bleibt, wie sie ist, und die wenigen Menschen, die lautstark gegen Windenergie vorgehen, nicht den Ton angeben, ist es wichtig, dass wir die Windenergie gemeinsam aktiv vorantreiben. Nicht nur zuschauen, sondern mitbauen Dass Menschen wie du von Beginn an bei der Planung dabei und am Gewinn finanziell beteiligt sind, ist Voraussetzung für einen sozialverträglichen Windenergieausbau. Am besten gelingt das im Rahmen von Bürgerenergieprojekten, realisiert von Gesellschaften in der Hand von Bürger*innen. Durchgesetzt haben sich hier GmbH & Co. KGs und Energiegenossenschaften. Durch die regionale Verwurzelung erhöhen Bürgerenergieprojekte die Wertschöpfung in ihrer Umgebung. Du kannst dich zum Beispiel im Internet informieren, ob es ein Bürgerwindprojekt in deiner Umgebung gibt, an dem du dich beteiligen kannst. Kommunen am Steuer Wo Windenergieanlagen gebaut werden dürfen, wird nicht nur in Regionalplänen vorgegeben. Über Flächennutzungs- und Bebauungspläne entscheiden auch die Kommunen mit. Die Gemeinden können den Windenergieausbau somit aktiv gestalten – und sollten sich diesen Hebel zunutze machen und gemeinsam mit ihren Bürger*innen ihre Energieversorgung selbstbestimmt und sektorübergreifend auf erneuerbare Energien umstrukturieren. Die Steuereinnahmen aus der Stromerzeugung fließen bei lokalen Bürgerwindenergieprojekten direkt an die Gemeinde. Wird die Energie direkt vor Ort für die Wärmeversorgung und Mobilität genutzt, steigt der Mehrwert um ein Vielfaches. Mehr Ideen dazu findest du in den Kapiteln Mobilität und Wärme. Energiegenossenschaft Main-Kinzigtal eG Die im Jahr 2010 gegründete Energiegenossenschaft Main-Kinzigtal eG betreibt neben 16 Photovoltaikanlagen – unter anderem in Mecklenburg-Vorpommern und Brandenburg – seit Ende 2013 auch ein erstes Windrad im Main-Kinzig-Kreis. Es ist Teil des größeren Windparks „Vier Fichten“. Die von den Mitgliedern nach einer Gespielin des in der Nähe einst residierenden Kaisers Barbarossa benannte Anlage „Schöne Gela“ verfügt über drei Megawatt Leistung und erzeugt damit mehr Strom als die 16 Photovoltaikanlagen der Genossenschaft zusammen. Strom 27 28 29 HANDLUNGSOPTIONEN FÜR STROM, MOBILITÄT UND WÄRMEMobilitätMobilität Mobilität Deutschland, eine Autonation Seite 30 Besser digital unterwegs statt pendeln Seite 36 Unter Strom – E-Mobilität ist nicht nur die Zukunft, sondern bereits die Gegenwart Seite 37 Wasserstoff: Die ewige Zukunftstechnologie? Seite 39 Die Batterie: Ein Nachhaltigkeitsthema? Seite 39 Regional- und Energiegenossenschaft Aller-Leine-Weser eG Seite 34 Rädchen für alle(s) Seite 35 HANDLUNGSOPTIONEN FÜR STROM, MOBILITÄT UND WÄRME Rund 30 Prozent des Energieverbrauchs in Deutschland sind durch den Verkehr bedingt. Die Zahl der zugelassenen PKW steigt seit Jahren beinahe unaufhörlich weiter. Erst einmal keine guten Aussichten. Wie können wir in Zukunft effizienter, klimaschonender und gerechter mobil sein? 
 Die gute Nachricht: Trotz der beschriebenen negativen Entwicklungen gibt es einen Lichtblick, denn der aktuelle Stand der Technik macht es heute schon möglich, unser Verkehrs- und Energiesystem radikal zum Positiven zu verändern – in der Kombination von batterieelektrischen Antrieben, autonomem Fahren, dem Ausbau des öffentlichen Nah- und Fernverkehrs sowie Photovoltaik, Windkraft und einigem mehr. Was es braucht, ist Entschlossenheit, den technologischen Fortschritt schnell und flächendeckend zu etablieren. Lesetipp Der Stanford-Dozent Tony Seba zeigt in seinem Buch „Saubere Revolution 2030“, wie sich unser Verkehrs- und Energiesystem radikal zum Positiven verändern kann. Er eröffnet neue Dimensionen für den Klimaschutz mit gut durchdachten Mobilitätskonzepten abseits vom Individualverkehr. Bestellung möglich über www.metropolsolar.de und info@metropolsolar.de 28 29 CoWorkLand eG Seite 36 Die UrStrom eG in Mainz Seite 34 30 31 HANDLUNGSOPTIONEN FÜR STROM, MOBILITÄT UND WÄRMEMobilität Effiziente, intelligente und emissionsfreie Fort- bewegung Mit Blick auf die Antriebsarten sind die batterieelektrischen Autos zwar wesentlich effizienter als mit Benzin, Diesel oder Wasserstoff betriebene Verkehrsmittel, trotzdem ist es Zeit, unsere Mobilität intelligenter und sozial gerechter zu gestalten. Am effizientesten und umweltfreundlichsten ist Mobilität ohne jeglichen automobilen Individualverkehr. So gilt es, den städtischen Raum weitestgehend autofrei zu gestalten und Alternativen zum eigenen Auto stark zu erweitern - in erster Linie durch die Weiterentwicklung des öffentlichen Nahverkehrs und den Ausbau von Fahrradwegen. Sharing-Modelle erweitern hierbei die Möglichkeiten der Städter*innen – mit E-Bikes bei mittellangen Strecken sowie E-Autos für Wochenendausflüge oder für den Besuch beim Baumarkt. Im ländlichen Raum ist mehr Kreativität gefragt, den Verkehr klimaschonender zu gestalten, aufgrund größerer Entfernungen und vereinzelt sehr dünn besiedelter Gebiete. Kurzfristig sollte die Fortbewegung auf dem Land zumindest gut zugänglich (auch für alte Menschen) und emissionsfrei sein. Auch dafür muss der öffentliche Nah- und Zugverkehr erweitert und verstärkt als Alternative oder Ergänzung zum E-Auto an Bedeutung gewinnen. Deutschland, eine Autonation? Mobilität sinnvoll, intelligent und effizient nutzen Aktuell sieht der Mobilitätsmix in Deutschland sehr eintönig aus. 57 Prozent aller Wege, wobei die Länge eines Weges unerheblich ist, werden mit dem privaten PKW zurückgelegt und etwa 20 Prozent sind wir zu Fuß unterwegs. Wiederum in nur jeweils zehn Prozent der Fälle benutzen wir den öffentlichen Nahverkehr oder das Fahrrad. Soviel zur Statistik. Grundsatzfragen im Mobilitätssektor Die starke Dominanz des PKWs ist weder effizient noch wirtschaftlich sinnvoll. Die CO2 -Emissionen sind unverhältnismäßig höher mit dem Auto als mit dem öffentlichen Bus oder Zug, den sich mehrere Verkehrsteilnehmer teilen. Hinzu kommt, dass ein Auto durchschnittlich nur eine Dreiviertelstunde am Tag gefahren wird – im Jahr bedeutet das weniger als 15.000 Kilometer. Im Vergleich zu den hohen Investitions- und Wartungskosten werden sie kaum benutzt, dafür wurden aber für die Herstellung große Mengen an Rohstoffen verbraucht. Durch asphaltierte Flächen für die parkenden und fahrenden Autos werden in den Städten immer mehr Flächen versiegelt. So kann es bei Starkregen vermehrt zu Überschwemmungen kommen. Außerdem mangelt es auf städtischen Straßen an Platz, der für Fahrradwege benötigt wird. Muss es wirklich ein eigenes Auto sein? Generell ändert auch ein Elektrofahrzeug nichts an der grundlegenden Frage: Benötige ich tatsächlich ein eigenes Fahrzeug – oder bin ich mit einem Mix aus öffentlichem Nahverkehr, Fahrrad und Fahrzeug-Sharing-Modellen genauso gut, aber wesentlich nachhaltiger unterwegs? Prozentuale Anteile der Verkehrsmittel am Verkehrsaufkommen (zurückgelegte Wege) Quelle:MiD2017Ergebnisbericht zu Fuß | Fahrrad | Öffentliche Verkehrsmittel | PKW 32 33 HANDLUNGSOPTIONEN FÜR STROM, MOBILITÄT UND WÄRMEMobilität ÖPNV – Potentiale und Alternativen Grundsätzlich muss der ÖPNV attraktiver für Bürger*innen werden – nicht nur qualitativ, sondern auch mittels günstigerer Fahrpreise oder sogar umlagefinanziert und ticketfrei. Die Verknüpfung mit anderen Verkehrsmitteln sollte mittels ansprechender Mobilitätspakete für Bürger*innen erleichtert und über einen Anbieter abzurechnen sein – zum Beispiel eine Fahrkarte für Bus, Bahn, Fahrradfahrt, etc. Der ÖPNV könnte hier als Integrator neuer Mobilitätskonzepte funktionieren. Das autonome Fahren birgt besonders im ländlichen Raum zusätzliche Chancen. Derzeit befindet sich die Technologie noch in der Testphase und wird sich laut einer Prognos-Studie erst ab 2040 durchsetzen. Jedoch ist die in Deutschland derzeit vielerorts noch fehlende, aber notwendige Verfügbarkeit mobilen Internets im ländlichen Raum sicherzustellen. In dünn besiedelten ländlichen Gegenden könnten Sharing-Dienste und andere bürgernahe Modelle den ÖPNV ergänzen oder sogar ersetzen. Bereits heute stärken Rufbusse etwa des Verkehrsbund Berlin-Brandenburg und Bürgerbusse, die von ehrenamtlichen Fahrern gesteuert werden, den öffentlichen Personenverkehr in ländlichen Gegenden. Kombiniert unterwegs Nachhaltige Mobilitätskonzepte setzen in Zukunft auf eine Kombination mehrerer Verkehrsmittel für einen Weg. Für kürzere Strecken bietet sich ein Mix aus Fahrrad und zu Fuß in Verbindung mit E-Bike und öffentlichem Nahverkehr an. Auch weitere Wege können klimaschonend mit der Verknüpfung von öffentlichem Nahverkehr, Zug oder dem E-Carsharing zurückgelegt werden. Unternehmen haben das Potential auch schon erkannt und bieten den Kund*innen diverse Fahrzeuge für die „letzte Meile“ vom Bahnhof an. Bereits jetzt ist das Kombinieren von Verkehrsmitteln machbar. Die Möglichkeiten zur Weiterentwicklung sind jedoch noch längst nicht aus- geschöpft. Wie sollst du dir das alles anschaffen? Fahrrad, E-Bike, E-Auto, ...? Gar nicht: Alte und neue Verkehrsträger, Fahrzeug-Sharing-Modelle inbegriffen, müssen hürdenlos vernetzt werden. Weltweit arbeiten Unternehmen des öffentlichen Nahverkehrs, Mobilitätsdienstleister und Städte an der Umsetzung der bruchlosen Vernetzung (englisch: Mobility as a service (MAAS)). Ein Schritt in diese Richtung kann eine App darstellen, welche Anbieter von Leihrädern, Trambahnen, S- und U-Bahnen, Bussen, E-Scootern, Mitfahrgelegenheiten, stationsbasiertes Carsharing, Taxen und Züge verknüpft und einheitlich abrechnet. Um mit der stetigen Vernetzung erfolgreich zu sein, müssen auch die rechtlichen Rahmenbedingungen dafür angepasst werden! Für weitere Infos siehe auch: maas-alliance.eu 32 33 Mobilität 34 35 HANDLUNGSOPTIONEN FÜR STROM, MOBILITÄT UND WÄRMEMobilität Regional- und Energiegenossenschaft Aller-Leine-Weser eG Im Aller-Leine-Tal betreibt die Regional- und Energiegenossenschaft Aller-Leine-Weser eG seit Sommer 2018 zwei Carsharing-Standorte mit insgesamt vier vollelektrischen Fahrzeugen - ein Standort mit circa 1.000 Einwohner*innen und ein anderer mit circa 5.000 Einwohner*innen. Für 5 Euro pro Monat und 3,5 Euro pro Stunde können die Bürger*innen der Umgebung dort elektrisch mobil sein, bald auch mit eigener Solarenergie. Derzeit kommen fast 200 Buchungsstunden pro Monat und Fahrzeug zusammen, die das E-Carsharing-Projekt im Aller-Leine-Tal zu einem Erfolgsmodell machen. UrStrom eG Mainz Die UrStrom eG in Mainz bietet als erste deutsche Energiegenossenschaft ihren E-Carsharing-Nutzer*innen eine kundenfreundliche Buchungs-App unter dem Namen „E-Carsharing in Bürgerhand“. Ziel ist eine gemeinsame E-Carsharing-Plattform für Energiegenossenschaften in ganz Europa. 34 35 Rädchen für alle(s) In Oldenburg gibt es den Verein Rädchen für alle(s), der allein von ehrenamtlichen Helfer*innen geführt wird und sich für eine ressourcenschonende Mobilität einsetzt. Die Mitglieder*innen wollen die Idee des Teilens und des Gemeinguts praktizieren und verleihen Lastenräder, um soziale und ökologische Impulse in der Stadt zu setzen. HANDLUNGSOPTIONEN FÜR STROM, MOBILITÄT UND WÄRME kaufen und zu nutzen. Auch Bürgerbusse werden von Energiegenossenschaften ins Leben gerufen – mit Busverbindungen als tragfähige Ergänzung im Personennahverkehr. Interessierte Bürger*innen vor Ort können als Mitglieder der Genossenschaft an der bedarfsgerechten Planung mitwirken. Vielleicht gibt es solch eine Energiegenossenschaft auch in deiner Nähe und unterstützt dich bei deinem Vorhaben! Mobil mit Genossenschaften Viele Energiegenossenschaften unterstützen mit nachhaltigen Mobilitätsprojekten die Gemeinden. Sie stellen interessante Akteure im ländlichen Raum dar, denn Genossenschaften kennen sich in ihrer Region aus, sind gut vernetzt und genießen großes Vertrauen in der Bevölkerung. Viele Energiegenossenschaften setzen bereits E-Fahrzeuge in diversen Car- und Bike-SharingModellen ein oder eröffnen ihren Mitgliedern die Möglichkeit, gemeinsam günstig E-Fahrzeuge zu Lastenräder Elektrische und auch nicht-elektrische Lastenräder schießen wie Pilze aus dem Boden. Sie sind oft in den Städten mit kleineren oder größeren Kästen auf zwei oder drei Rädern zu sehen. In der Regel lässt sich auf einem Lastenrad eine Zuladung von 100 Kilogramm und mehr transportieren. Sie sind vielfältig einsetzbar – zum Einkaufen, Kinder transportieren oder sogar als Verkaufsstand und Kaffeebar – und können somit oft einen PKW ersetzen. Mobilität 36 37 HANDLUNGSOPTIONEN FÜR STROM, MOBILITÄT UND WÄRMEMobilität Besser digital unterwegs statt pendeln Die Digitalisierung bringt weitere Vorteile. Tägliches Pendeln oder Geschäftsreisen können durch CoWorking-Spaces und Video-Konferenzen ersetzt werden. Letzteres ist bereits in solcher Qualität verfügbar, dass fast die Atmosphäre eines persönlichen Gesprächs entsteht. Co-Working-Spaces sind gemeinsam genutzte und gut ausgestattete Büros, die ein Arbeiten in der Nähe des Wohnortes ermöglichen. Solche dezentralen Hotspots sollten die Keimzelle für einen Mobilitätsknoten mit Lastenrad- und E-Auto-Carsharing darstellen. Unter Strom: E-Mobilität ist nicht nur die Zukunft, sondern bereits die Gegenwart Elektrofahrzeuge sind nachhaltig, wenn sie Strom aus erneuerbaren Energien beziehen – bestenfalls direkt aus lokalen Photovoltaikanlagen. Sie stoßen keine Abgase und Schadstoffe aus, sind leise und vor allem bei der Nutzung von Ökostrom ist die Umweltbilanz wesentlich besser als bei Benzin- oder Dieselmotoren. Vorteile von Elektrofahrzeugen Elektrofahrzeuge sind wartungsarm, und selbst mit dem aktuellen Strommix ist die Klimabilanz besser als bei sparsamen Autos mit Benzin- oder Dieselmotor. Mit dem Anstieg des Ökostromanteils am Strommix steigt auch der positive Effekt weiter an. Feinstaubbelastung und Lärm werden massiv reduziert und es kann direkt der Strom aus eigenen oder umliegenden Photovoltaikanlagen genutzt werden. Auch wirtschaftlich kann ein Umstieg lohnenswert sein, da bis auf weiteres keine KFZ-Steuer anfällt, der Kauf von Neufahrzeugen weiterhin staatlich gefördert wird und eine Batterieladung Ökostrom eine weitere Fahrstrecke abdeckt als Diesel und Benzin zu den gleichen Kosten. Pilotprojekte der Gegenwart E-Autos können mittlerweile auch erneuerbare Energien zwischenspeichern und neben dem hauseigenen sogar das bundesweite Stromnetz entlasten. Wie soll das aussehen? Tagsüber nehmen E-Autos Strom aus Photovoltaik-Dachanlagen auf und abends geben sie wieder Strom an das Haus bzw. an das Stromnetz ab (auch als „Vehicle-to-grid“ bezeichnet). Überschüssiger Strom, der im Haushalt zum Beispiel tagsüber produziert, aber nicht genutzt wird, kann so im E-Auto zwischengespeichert werden und zu einem späteren Zeitpunkt bei Bedarf in den Abendstunden zurückfließen. Genauso kann das sogenannte bidirektionale Ladesystem auch netzausgleichend wirken, indem der Autospeicher bei Überangebot im Netz Strom speichert und bei Bedarf wieder abgibt. In vernetzter Form kann mit sehr vielen E-Fahrzeugen sogar die Stromversorgung ganzer Kommunen unterstützt werden. Die Batterie eines Elektroautos kann eine komplette Nacht lang um die 15 Haushalte mit Photovoltaik- und Windenergie versorgen. In der niederländischen Stadt Utrecht plant Renault mit dem Projekt „We Drive Solar“ das System mit dem Modell ZOE zur Marktreife zu führen. Dabei wird auf Fahrzeuge in einem E-Carsharing-Pool zurückgegriffen. Das Münchener „Mobility House“ benutzt Nissan LEAFs zur Zwischenspeicherung, weil sie schon heute für Vehicle-to-grid-Systeme serienmäßig geeignet sind. Reichweiten von E-Autos steigen Je größer die Speicherkapazität von E-Autos, desto höher ist deren Reichweite. Eine hohe Reichweite bringt Vorteile für die Ladevorgänge der E-Flitzer. Wartezeiten zum „Stromtanken“ auf langen Strecken lassen sich so häufiger vermeiden. Bereits heute existieren E-Autos mit Reichweiten von über 500 Kilometern. Damit gehören Reichweitenprobleme der Vergangenheit an und die Nutzung wird noch bequemer. Dennoch solltest du nur Elektroautos mit Tipp für Viel-Pendler*innen Solltest du viel pendeln, lohnt sich eventuell ein Gespräch mit deinem Arbeitgeber, denn kürzere Arbeitswege sparen Zeit und Geld und sorgen für zufriedenere Mitarbeiter. Der Trend in der Arbeitswelt geht immer mehr in Richtung flexiblerer Arbeitsbedingungen. Rädchen für alle(s) CoWorkLand eG Ein Beispiel für dezentrales Arbeiten ist die Genossenschaft CoWorkLand eG, die eine Gemeinschaft von Gründern und Betreibern von CoWorking-Spaces im ländlichen Raum Norddeutschlands ist. Die Genossenschaft unterstützt ihre Mitglieder bei der Gründung und beim Betrieb. Sie gibt deren Kunden*innen die Möglichkeit, an möglichst vielen Orten im ländlichen Raum ortsunabhängig zu arbeiten. Die CoWorkLand eG qualifiziert und berät, betreibt auch ein überregionales Marketing und bietet eine Buchungs- und Abrechnungsplattform an. 36 Mobilität 38 39 HANDLUNGSOPTIONEN FÜR STROM, MOBILITÄT UND WÄRMEMobilität großen Batterien kaufen, wenn du die große Reichweite auch wirklich brauchst, in Deutschland wird im Mittel das Auto für zwei Fahrten und 30 Kilometer pro Tag genutzt. Zudem solltest du auch bei Elektroautos auf den Verbrauch achten. Mittelklassewagen kommen bereits mit 13 Kilowattstunden pro 100 Kilometer im Jahresdurchschnitt aus. Sportwagen und SUVs liegen jedoch schnell bei einem Verbrauch von 22 Kilowattstunden pro 100 Kilometer. Die Ladetechnologie Höhere Reichweiten von E-Fahrzeugen entspannen den Bedarf an Ladestationen etwas. Jedoch kann erst jeder auf E-Mobilität umsteigen, wenn die entsprechende Ladeinfrastruktur geschaffen ist. Für Eigenheimbesitzer oder im ländlichen Raum sind individuelle Lösungen wie eigene Lademöglichkeiten für das E-Auto oder -Bike leichter umsetzbar als bei Mehrfamilienhäusern in der Stadt. Eine von mehreren Ideen dazu ist die Nutzung von Straßenlaternen als Ladesäulen, wie es bereits in mehreren Großstädten umgesetzt wird. Eine viel genutzte Alternative ist zum Beispiel, das Fahrzeug an der Arbeitsstelle aufzuladen. Immer mehr Unternehmen bieten das ihren Mitarbeiter*innen an. Klimakiller Flugreisen Um die Riesen der Lüfte nach oben zu bringen, bedarf es großer Mengen an Kerosin, was dementsprechend viel CO2 ausstößt. Grund genug, alte Reisegewohnheiten zu überdenken, regionalere Reiseziele zu wählen und Alternativen zum Flugzeug zu suchen. Bahn und Bus stellen oft die bessere Wahl dar. Wasserstoff: Die ewige Zukunftstechnologie? Die Elektromobilität wird vielleicht nicht die einzige zukunftsfähige Alternative zu Öl, Benzin und Diesel bleiben, im Moment ist sie aber die einzig praktikable. Wasserstoff wird aktuell in vielen Fällen noch mit hohem Energieaufwand aus Erdgas gewonnen und wirkt so extrem klimaschädlich. Es kann aber auch klimaschonend mittels Elektrolyse aus erneuerbarem Strom gewonnen werden. Technologie mit wenn und aber Gibt es ein „Aber“? Ja! Bei der Herstellung von Wasserstoff geht viel Energie verloren. Somit sollte Wasserstoff nur dort eingesetzt werden, wo die direkte Stromverwendung technisch schwierig, weniger effizient und volkswirtschaftlich teurer ist wie im Flug- und Schiffsverkehr. In Norddeutschland werden zum Beispiel erste Dieselloks durch Lokomotiven mit Wasserstofftechnik ersetzt. Gerade in dieser Region wird es auch in Zukunft überschüssigen Windstrom geben, der gut in Wasserstoff umgewandelt werden kann. Während aber bereits viele Hersteller Elektroautos in hoher Stückzahl in Serienfertigung produzieren und das Ladenetz weltweit massiv ausgebaut wird, ist noch unsicher, inwieweit die „ewige Zukunftstechnologie“ Wasserstoff genutzt wird. Der Ausbau des Tankstellennetzes läuft erst langsam an und die wenigen Fahrzeugmodelle werden nur in sehr geringer Stückzahl produziert, zumal das Problem der effizienten und klimaschonenden Beschaffung von Wasserstoff noch nicht gelöst ist. Die Batterie: Ein Nachhaltigkeitsthema? Alte Strukturen durchbrechen Batterien sind für die Elektromobilität und für die Speicherung von erneuerbaren Energien unverzichtbar, weshalb derzeit die Batterieentwicklung und Herstellung viel Aufmerksamkeit erhalten. Die Wertschöpfungsketten sind eine Herausforderung, gleichzeitig aber auch eine Chance für die Branche: Viele Autohersteller arbeiten bereits intensiv daran, die Rohstoffe vollständig zu recyceln und beispielweise Akkus ohne oder mit sehr niedrigem Kobaltgehalt herzustellen. Lithium, das früher eher ein Nebenprodukt war, gewinnt auch an Bedeutung. Inzwischen ist es möglich, Lithium unter kontrollierten ökologischen Bedingungen abzubauen, sodass eine nachhaltige Herkunft nachgewiesen werden kann. Lebenszyklen einer E-Auto-Batterie Was passiert nach einem Jahrzehnt, wenn die Leistung der E-Auto Batterien sinkt? Zuerst können die einzelnen Batteriezellenstapel ausgetauscht werden und mit neuen Zellenstapeln ersetzt werden. Die entfernten Batteriezellenstapel können in einem zweiten Leben noch Jahrzehnte weiter benutzt werden. So kommen sie zum Beispiel im Keller als stationäre Speicher zum Einsatz. Wenn nach mehreren Jahrzehnten die Batterien endgültig an Leistung verloren haben, können sie mit noch verhältnismäßig hohem Aufwand nahezu vollständig recycelt werden. Quelle:UmweltbundesamtTREMOD5.82 201  g/Pkm Flugzeug 139 PKW 75 Linienbus 64 Tram, S- und U-Bahn 60 Eisenbahn-Nahverkehr 36 32 Verkehrsmittel im Vergleich (Durchschnittliche Treibhausgas-Emissionen), 2017 Eisenbahn-Fernverkehr Reisebus 40 41 Wärme Wärme Die Wärmewende - ebenso wichtig wie komplex Seite 42 Kurzes Wärmewende-Technologie-Glossar Seite 46 Biogas und Biomasse – Klimaschutz light Seite 48 Was tun im Ein- oder Mehrfamilienhaus? Seite 48 Was tun bei großem Wärmebedarf? Seite 50 HANDLUNGSOPTIONEN FÜR STROM, MOBILITÄT UND WÄRME 40 41 Rolf Hennig Seite 49 Bioenergiegenossenschaft Mengsberg eG Seite 51 42 43 HANDLUNGSOPTIONEN FÜR STROM, MOBILITÄT UND WÄRMEWärme Die Wärmewende ebenso wichtig wie komplex Der Wärmesektor macht über 50  Prozent des Energieverbrauchs in Deutschland aus. Der Großteil der Wärme, genauer gesagt 85,8  Prozent des gesamten Wärmeverbrauchs, wird jedoch immer noch aus den klimaschädlichen fossilen Energieträgern Erdgas, Heizöl und Kohle hergestellt. Die Energiewende in Deutschland steht und fällt also mit der Wärmewende. Dafür muss Wärme zum Heizen, für Industrieprozesse und für die Trinkwasserbereitung nachhaltig produziert werden. Eine nachhaltige Wärmeversorgung fußt auf erneuerbaren Energieträgern, wobei Solar- und Windenergie am klimafreundlichsten sind. Doch Kohle, Öl und Gas werden immer noch stark staatlich gefördert. Deshalb kommt die Wärmewende in Deutschland nur sehr langsam in Schwung. Die drei E’s – Einsparen, Effizienz, Erneuerbar Auch im Wärmesektor gilt es, so wenig Energie wie möglich zu verbrauchen. Die beste Kilowattstunde ist die, die gar nicht erst erzeugt werden muss und somit eingespart werden kann. Schon mit kleinen Tricks kannst du deinen Wärmeverbrauch zu Hause senken. Die Gebäudesanierung von Altbauten ist dabei ein wichtiger Punkt, schreitet jedoch bisher viel zu langsam voran. Immer noch sind die Fassaden von 60 Prozent der älteren Gebäude nicht gedämmt. Wichtig aber: Wenn gedämmt wird, dann mit ökologischen Baustoffen. 43 Lesetipp Wärmeenergie sparen und effizient nutzen ist gut für das Klima und für deinen Geldbeutel. Möchtest du wissen, ob es in deinem Haushalt noch mehr Möglichkeiten zum Energiesparen und für mehr Wärmeeffizienz gibt? Die Broschüre „Machen Sie dicht: Energiesparen in Gebäuden“ der Deutschen Energie-Agentur (dena) gibt viele hilfreiche Tipps zum richtigen Heizen, Lüften und Dämmen. Dieses findest du auch kostenlos im Internet unter: tinyurl.com/dena-waermespartipps Wärme 14,2  % Strom 37,8  % Verkehr 5,7  % Quelle:BMWi Anteil der erneuerbaren Energien am gesamten Endenergieverbrauch (2018) Effizienz Einsparen Erneuerbar Wärme 42 44 45 HANDLUNGSOPTIONEN FÜR STROM, MOBILITÄT UND WÄRMEWärme Die benötigte Energie für Raumwärme und Warmwasser kann auf dem Weg in eine klimaneutrale Gesellschaft nur noch mit erneuerbaren Energien hergestellt werden: • mit Wind- oder Solarstrom (Photovoltaik) und ihrer Nutzung in Wärmepumpen sowie in Power-to-Heatund Power-to-Gas-Konzepten, • mittels in der Umgebung vorhandener Wärme wie Solarthermie, Geothermie und industrieller Abwärme, oder • mit erneuerbaren Brennstoffen wie Biomasse und Biogas. Sektorkopplung – Verknüpfung von Strom und Wärme Je effizienter und flexibler erneuerbare Energien im Wärmesektor angewendet werden, desto erfolgreicher können sie fossile Energieträger in der Wärmeversorgung ersetzen. Eine wichtige Rolle spielen dabei Wärmenetze und Wärmespeicher, indem sie dabei helfen, Schwankungen bei der Stromproduktion auszugleichen und verschiedene Strom- und Wärmeerzeuger effizient einzubinden. Welche Lösung passt? Abhängig von Gebäudeart (Einfamilienhaus, Geschosswohnungsbau, etc.) und dessen geographischen Gegebenheiten, also Küstenregion, Waldgebiet, Stadt oder ländliche Region sind lokale und angepasste Konzepte für die Wärmeversorgung Mitentscheiden und Handeln Besitzer*innen von Ein- oder Zweifamilienhäusern entscheiden selbst, wie sie ihre Wärmeversorgung klimaneutral gestalten. Bei einer Eigentumswohnung ist dagegen schon Einigkeit innerhalb einer größeren Eigentümergemeinschaft gefragt. Und als Mieter*in ist die Einflussnahme auf die Wärmeversorgung schwieriger, denn es gilt, den / die Hauseigentümer*in zu überzeugen, von zum Beispiel Erdgas auf erneuerbare Wärme umzusteigen. Ländliche Regionen haben aufgrund des größeren Platzangebots und dem verhältnismäßig geringen Wärmebedarf klare Vorteile gegenüber einer einwohnerstarken Stadt. Diese Vorteile sollten die Gemeinden nutzen, um zeitnah und selbstbestimmt ein angepasstes und dezentrales Wärmekonzept zu entwickeln, bei dem sie ihre Bürger*innen einbeziehen und eine bürgergetragene Wärmewende vor Ort ermöglichen. Energiegenossenschaften bieten die Chance, viele Menschen gemeinsam vor Ort einzubinden, Know-how zu bündeln, Spezialwissen von externen Kooperationspartnern einzuholen und größere Investitionen gemeinsam zu stemmen. Erneuerbare Wärme ist langfristig gesehen finanziell attraktiv Die Umstellung auf erneuerbare Wärmeversorgung ist meist mit höheren Investitionen verbunden, welche sich aber finanziell auf mittlere und lange Sicht rentieren. Nicht nur schwanken die Heizöl- und Erdgas-Preise und steigen in der Tendenz. Die Bundesregierung hat zudem angekündigt, auf die CO2 -Emissionen aus fossilen Heizungssystemen einen Preis zu erheben, um die Energiewende anzukurbeln. Fossile, klimaschädliche Wärmeversorgung wird also teurer, und der finanzielle Anreiz, auf erneuerbare Versorgung umzustellen, wird größer. gefragt. Sowohl individuelle Wärmekonzepte für das Ein- oder Zweifamilienhaus als auch Nah- und Fernwärmekonzepte, die viele Häuser von außen mit Wärme versorgen, können, sofern sie auf erneuerbarer Energieversorgung basieren, klimafreundliche Lösungen sein. Übrigens ist zwischen Nah- und Fernwärme der einzige Unterschied, dass Nahwärmenetze sich nur über die „nähere Umgebung“, zum Beispiel ein Quartier, erstrecken. Fernwärmeund Quartierskonzepte bieten den Vorteil, dass es weniger, dafür zentrale Heizungsanlagen gibt, die professionell überwacht und betrieben werden und daher zuverlässig und preiswert Wärme liefern. Um ein passendes Wärmekonzept zu finden, hol‘ dir professionelle Unterstützung bei Beratungsstellen! Wer nicht selbst investieren mag, kann es auch andere tun lassen: Lass‘ dir Wärme von Energiegenossenschaften, Stadtwerken und Contracting-Unternehmen anbieten. Vor jedem Vertragsabschluss sollte das Angebot von Expert*innen geprüft und bewertet werden. Tipps für Beratungsstellen • Energieagenturen der Länder • Investitionsbanken der Länder • Quartiersentwickler, die auch Förder-Tippszur Finanzierung geben können 46 47 HANDLUNGSOPTIONEN FÜR STROM, MOBILITÄT UND WÄRMEWärme 6 + 8 5 7 1 Biogas: Das Gasgemisch mit circa 60 -prozentigem Methananteil entsteht in Biogasanlagen beim Gärungsprozess von Abfällen oder nachwachsenden Rohstoffen, sogenannten Energiepflanzen, und wird in Blockheizkraftwerken in Strom und Wärme gewandelt 2 Biomasse: Holzpellets, Scheitholz oder Holzhackschnitzel werden in der eigenen Heizung oder im Heizkraftwerk zur Einspeisung von Wärme ins Nah- oder Fernwärmenetz verbrannt 5 Elektrodenkessel („Tauchsieder“): Über Elektroden wird erneuerbarer Strom ins Wasser eingebracht und an den Kessel (Gegenelektrode) abgegeben. Beim Durchfließen des Stroms wird das Wasser aufgeheizt 6 Geothermie: Im Erdreich und in der Erdkruste gespeicherte Wärme wird direkt mittels strombetriebener Wärmepumpe genutzt 3 Blockheizkraftwerk (BHKW): Unter Verwertung von nachhaltigem Biogas oder synthetischem Methan aus Power-to-Gas-Anlagen auf Basis erneuerbarer Energien werden Strom und Wärme erzeugt (sogenannte Kraft-Wärme-Kopplung, KWK) 4 Brennstoffzelle: Besondere Form der KWK; nachhaltig, wenn grüner Wasserstoff oder synthetisches, erneuerbares Gas elektrochemisch zur Strom- und Wärmeherstellung genutzt wird 7 Solarthermie: Auf dem Dach oder in großen Freiflächen-Anlagen erwärmt Sonnenlicht eine Wärmeträgerflüssigkeit in Solarkollektoren, deren Wärme angetrieben durch eine Solarkreispumpe auf das Speicherwasser oder Fernwärmenetz übertragen wird 8 Wärmepumpen: Die vorhandene Umweltenergie aus Umgebungsluft, dem Erdreich oder dem Grundwasser wird genutzt, um mit erneuerbarem Strom Wärme mit höheren Temperaturen bereitzustellen 2 4 1 3 Wärme 46 Kurzes Wärmewende-Technologie-Glossar 47 48 49 HANDLUNGSOPTIONEN FÜR STROM, MOBILITÄT UND WÄRMEWärme Biogas und Biomasse – Klimaschutz light Biogas und Biomasse sind Bio-Brennstoffe und zählen zu den erneuerbaren Energien. Als solche können sie fossile Energieträger wie Erdöl, Kohle oder Erdgas ersetzen. Bio-Brennstoffe sind bereits Bestandteil der Energiewende und werden durch Verbrennung zum Beispiel in Blockheizkraftwerken in Strom und Wärme umgewandelt. Dabei entsteht CO2 , jedoch werden Biogas und Biomasse als klimaneutral eingestuft, da das bei der Verbrennung freigesetzte CO2 vorher in gleicher Menge von Pflanzen aus der Luft gebunden wurde. Angesichts der Notwendigkeit, nicht nur weitere Treibhausgasemissionen zu vermeiden, sondern auch riesige Mengen CO2 wieder aus der Luft herauszuholen, sollte das Potential von Biomasse nur sehr begrenzt energetisch genutzt werden, da es als CO2 -Senke gebraucht wird. Darüber hinaus steht der Anbau von Energiepflanzen, meist aus Monokulturen, in Konkurrenz zur Nahrungsmittelproduktion. Ein Import von Biomasse ist zudem aufgrund des erheblichen Transportaufwands keine Lösung. Demnach gilt es auch hier Alternativen wie Solar- und Windenergie, besonders im Verbund mit großen Wärmeund Stromspeichern, zu stärken. Wo vorhanden, kann auch die Geothermie die lokale Versorgung bereichern. Was tun im Ein- oder Mehrfamilienhaus? Bei dem Vorhaben, ein Einfamilienhaus, einen Geschosswohnungsbau oder Doppelhaushälften auf eine nachhaltige Wärmeversorgung umzustellen, sind folgende zwei Kombi-Heiz-Modelle mit Solarenergie besonders klimaschonend. Solarstrom vom Dach und Wärmepumpe Besonders beim Neubau ist eine Installation von Solar-Dachanlagen in Kombination mit einer Wärmepumpe am günstigsten und schnellsten umsetzbar. Dieses Wärmekonzept ermöglicht eine strombasierte Wärmeversorgung, bestenfalls aus selbstgemachtem sauberem Strom vom Dach. Inwieweit der eigene Strom ausreicht oder durch Strom aus dem Netz ergänzt werden muss, ist abhängig von Sonnenstunden, Energiebedarf und Stromspeicherkapazität. Solarthermie und Biomasse Ist ein Schornstein bereits vorhanden, so ist ein Biomassekessel, also die Verbrennung von Pellets, Scheitholz oder Holzhackschnitzel, in Kombination mit der Unterstützung durch eine Solarthermieanlage auf dem Dach sinnvoll. Zwar sind die Investitionskosten durch die Kombination von zwei Systemen in der Anschaffung relativ hoch, jedoch steht dem ein geringer Brennstoffverbrauch gegenüber, was die Betriebskosten senkt. Wird Wärme nur in geringen Mengen benötigt, wie vor allem im Sommer, muss der Heizkessel bei geringer Nachfrage nicht anspringen, was gleichzeitig seine Lebensdauer erhöht. Rolf Hennig – Nachhaltiges Zuhause Für Rolf Hennig als Projektingenieur und Familienvater in der Bauhausstadt Dessau kam nur eine ökologisch und energetisch nachhaltige Gebäudesanierung infrage. Ökologische Baustoffe sowie die Nutzung von Umweltenergien und intelligenter Steuerung des Energieverbrauchs ist für ihn und seine Familie wichtig. Warum? Als Gründe nennt er: seine Kinder, Ressourcenschonung, persönlicher Nutzen, Vorsorge, sozial-ökologische Ver- antwortung. Mehr gibt es zu sehen als Video bei Youtube unter #kannstduauch „Nachhaltiges Zuhause: Rolf saniert sein Haus ökologisch“ unter tinyurl.com/kannstdu- auch-rolf. Ein Wärmespeicher ermöglicht mehr Flexibilität, denn an sonnigen Tagen steht ein großes Wärmeangebot tagsüber zur Verfügung, also häufig dann, wenn die Nachfrage am geringsten ist. Biomasse sollte aber nur aus regionaler und nachhaltiger Herstellung genutzt werden, dessen Potential in Deutschland aber arg begrenzt ist. 49 50 51 HANDLUNGSOPTIONEN FÜR STROM, MOBILITÄT UND WÄRMEWärme Was tun bei großem Wärmebedarf? Große umfassende Wärmekonzepte ermöglichen, viele Bürger*innen auf einmal mitzunehmen auf dem Weg in eine klimaneutrale Gesellschaft. Nah- und Fernwärmenetze be finden sich sowohl auf dem Land als auch in der Stadt, welche schnellstmöglich durch nachhaltige Wärmkonzepte der Zukunft gespeist werden müssen. Nachhaltige Wärmekonzepte Der Vorteil eines Wärmenetzes ist, dass jegliche möglichen Wärmequellen integriert werden können. Zum Beispiel kann erneuerbarer Strom aus Photovoltaik-, Windenergieanlagen und Wasserkraftwerken absolut emissionsfrei mit großen Wärmepumpen oder Tauchsiedern in Wärme umgewandelt werden (Power-to-Heat). rung vorgesehen. Das heißt, der Wasserstoff wird durch Reaktion mit Kohlendioxid (CO2 ) zu Methan weiterverarbeitet, das im heutigen Erdgasnetz transportiert werden kann. Dieses Methan kann dann beispielsweise in einem Blockheizkraftwerk verbrannt werden, in dem gleichzeitig Strom und Wärme bereitgestellt werden. Dieses Verfahren gilt als klimaneutral, da bei der Verbrennung von Methan nur die Menge CO2 entsteht, die zuvor aus der Umgebung oder auch aus einer Biogasanlage geholt wurde. Darüber hinaus können nachhaltige Nahwärmenetze auch eine Biogasanlage, ein Holz-Heizkraftwerk, jeweils mit Wärmespeicher oder auch FreiflächenSolarthermieanlagen umfassen, um die Wärmeversorgung eines Dorfes, einer Stadt, oder eines Industriegebietes sicherzustellen. Die Versorgung kann durch industrielle Abwärmenutzung unterstützt werden, obwohl auch die Industrie klimaneutral und deshalb effizienter werden muss, wodurch die Abwärmepotentiale tendenziell abnehmen werden. Überschüssige Energie nutzen mit Power-to-Gas Bei Power-to-Gas-Anwendungen wird mit Hilfe von überschüssigem Wind- und Sonnenstrom Wasser in Sauerstoff und Wasserstoff gespalten (Elektrolyse). Der Wasserstoff kann direkt als Brennstoff verwendet werden, vor allem in Brennstoffzellen, die Strom und Wärme erzeugen. Für die breitflächige Wärmeversorgung wird häufiger eine Methanisie- Solarthermieanlage Biogasanlage mit Speicher + Blockheizkraftwerk Photovoltaik + große Wärmepumpe Windenergieanlage mit Tauchsieder Elektrolyseur: H2 O + Strom –> H2 + O2 Methanisierung: H2 + CO –> CH4 + H2 O Windenergieanlage Blockheizkraftwerk Neun Kilometer lang ist das Nahwärmenetz der Bioenergiegenossenschaft Mengsberg eG geworden, 152 der 220 Haushalte sind angeschlossen. Die Bewohner*innen werden seit August 2018 klimaneutral über eine Hackschnitzelheizung sowie ein 3.000 Quadratmeter großes Solarthermiefeld inklusive zweier Pufferspeicher mit Wärme versorgt. Das Solarthermie-Feld deckt zwischen 18 und 20 Prozent des gesamten Wärmebedarfs der angeschlossenen Haushalte ab, im Sommer sogar 100 Prozent. Das 5,5-Millionen-Euro-Projekt wurde zum Teil über das Programm „Erneuerbare Energien Premium“ der bundeseigenen KfW-Bank finanziert. Darüber hinaus leistete jedes Mitglied der Bioenergiegenossenschaft eine Einlage von 4.000 Euro und erhielt dafür die Nahwärmleitung bis in den Keller, Übergabestation inklusive. Eine Ehrung besonderer Art wurde den Mengsberger Genoss*innen im September 2019 mit dem Deutschen Solarpreis zuteil. Bioenergiegenossenschaft Mengsberg eG 52 53 EIN GEMEINSAMES ZIEL Ein gemeinsames Ziel 52 53 Immer mehr Menschen erkennen, dass guter Wille allein die Erderwärmung nicht aufhalten wird. Es sind zielführende, sozial gerechte und schnelle Maßnahmen für mehr Klimaschutz gefragt. Die Politik hat dabei eine entscheidende, rahmengebende Rolle, welche sie bisher leider nicht ausreichend ausfüllt. Der Motor für mehr Klimaschutz ist die Energiewende, deren Potential mitunter darin liegt, dich und deine Nachbar*innen bei eurer Umsetzung mitgestalten und mitentscheiden zu lassen. Es gibt viele Akteure, die sich für Klimaschutz engagieren. So auch das Bündnis Bürgerenergie e.V., welches sich dabei konkret für dein Recht einsetzt, ein aktiver Teil der Energiewende zu sein und damit einen Beitrag zum Klimaschutz zu leisten. Deine Wahl Nachhaltig zu leben und Gutes für das Klima zu tun umfasst viele Aspekte, auch hinsichtlich der Energie- wende: 1. Einsparen, Effizient, Erneuerbar Ausgehend von einer sparsamen und effizienten Energienutzung stellt sich die Frage, ob über einen klimafreundlichen Energiekonsum hinaus auch selbst Energie nachhaltig produziert werden kann. Diese Broschüre bietet dir viele Ideen aus den Bereichen Strom, Mobilität und Wärme, um aktiv zu werden. 2. Nachhaltig investieren Für deinen ökologischen Fußabdruck ist es auch relevant, wo du deine Ersparnisse anlegst. Eine bessere Alternative zu gewöhnlichen Banken, die Geld in die Rüstungsindustrie oder klima- und umweltschädliche Projekte stecken, ist die Investition in erneuerbare Energieprojekte. Mit kleinen und größeren Beträgen ist eine Beteiligung an solchen nachhaltigen Projekten möglich, zum Beispiel als Mitglied in einer Energiegenossenschaft oder als Kund*in einer nachhaltigen Bank, die Bürgerenergieprojekte unterstützt. 3. Engagieren für Klimaschutz Mit deinem Engagement in einem Verein, einer Energiegenossenschaft oder Ähnlichem kannst du auch etwas bewirken, zum Beispiel mit der gemeinsamen Umsetzung konkreter Projekte – oder politisch. Im Bündnis Bürgerenergie hat jeder Mensch und jede Bürgerenergie-Organisation die Möglichkeit, sich für eine bürgernahe Energiewende einzubringen. 54 55 EIN GEMEINSAMES ZIEL Menschen machen Politik Seit Jahrzehnten sind Fortschritte in der deutschen Energiepolitik quasi allein auf zwei Dinge zurückzuführen: Erstens auf öffentlichen Druck. Die Einleitung der Energiewende etwa wäre ohne den beharrlichen Protest der Anti-Atomkraft- sowie der Anti-Kohle-Bewegung undenkbar. Und zweitens auf das immense Engagement der Pionier*innen, die die Technik zur Herstellung erneuerbarer Energien entwickelt, die Genehmigungsverfahren erkämpft, die Vergütungsmechanismen durchgesetzt und die ersten Projekte als gemeinschaftliche Bürgerenergie-Anlagen umgesetzt haben. Und heute? Heute gehen jede Woche Zehntausende, teils sogar Millionen Menschen weltweit mit „Fridays for Future“ auf die Straße, um für Klimaschutz und Energiewende zu demonstrieren. Bürgerenergie belebt Klimaschutz – Klimaschutz braucht Bürgerenergie Höchste Zeit, dass auch die Bürgerenergie ihre Potentiale voll ausschöpft. Dazu kommt, dass die erneuerbaren Energien unbestritten als zentraler und realisierbarer Lösungsweg für den Klimaschutz von fast allen Akteuren anerkannt ist. Doch nach dem Hoch der Bürgerenergie rund um die Jahre 2010 bis 2012, wurde sie mit immer mehr Bürokratie konfrontiert und ausgebremst. Es wird Zeit, dass sich die Aktivisten*innen und die Praktiker*innen wieder zusammentun und gemeinsam für das Recht auf Eigenversorgung und Bürgerenergie einstehen – und damit konkrete und bezahlbare Maßnahmen zur Lösung der Klimakrise anbieten. Bürgerenergie bietet sofort umsetzbare und skalierbare Konzepte für eine klimaneutrale Energieversorgung. Eine Broschüre für alle Mit dieser Broschüre legt das Bündnis Bürgerenergie (BBEn) eine Handreichung vor, wie alle Bürger*innen – auch ohne Vorwissen – die Energiewende voranbringen können. Gemeinsam gilt es nun, die vorhandenen Potentiale zu nutzen, gleichzeitig den Druck auf die Politik zu erhöhen und Lösungskonzepte aufzuzeigen. Denn was die Bundesregierung bisher zum Klimaschutz vorgelegt hat, reicht hinten und vorne nicht. Das europäische Recht als Zugpferd Ein Hoffnungsschimmer stellt das „Clean Energy for all Europeans“-Paket der Europäischen Union dar. Dieser verbindliche Katalog aus Richtlinien und Verordnungen gibt erstmals allen Bürger*innen in ganz Europa das Recht, sich mit erneuerbaren Energien selbst zu versorgen. Auch Erzeuger-Verbraucher-Gemeinschaften sollen gefördert werden. Das Bündnis Bürgerenergie als Plattform aller Bürgerenergie-Akteure und Energiewende-Aktivist*innen ist fest entschlossen, nun daran anzuknüpfen. Gemeinsam zum Ziel Doch nur gemeinsam sind wir stark. Gib diese Broschüre im Freundeskreis und an deine Nachbar*innen weiter, nimm an den Demonstrationen und Klimastreiks von „Fridays for Future“ teil, werde Mitglied im Bündnis Bürgerenergie und in der nächstgelegenen Energiegenossenschaft. Gemeinsam erreichen wir auch in Deutschland neue und realisierbare Möglichkeiten für Bürger*innen, unser Klima wirksam und schnell zu schützen. Wir stehen ein für eine aktive Demokratie, in der Menschen vielfältig und selbstbestimmt agieren können. Forderungen an die Politik sind richtig und wichtig. Gleichzeitig können und wollen wir alle Teil der Lösung sein. Die Bausteine für die Energiewende existieren. Nehmen wir die Energiewende in die Hand! Und was heute noch nicht möglich ist, setzen wir gemeinsam durch. 57 Impressum Herausgeber: Bündnis Bürgerenergie e.V. Projektleitung und leitende Redaktion: Janina Kosel Mitwirkende bei Redaktion und Texten: Janina Kosel, Malte Zieher (V.i.S.d.P.), Katharina Habersbrunner, Krisztina André, René Mono, Corbinian Schöfinius, Daniel Knoll, Ariane August, Torsten Lütten, Christfried Lenz, Oliver Grob Schlussredaktion: Christoph Rasch Illustration: Annika Huskamp, annikahuskamp.com Gestaltung: Birgit Metzger, birgitmetzger.de Druck und Verarbeitung: Oeding Print GmbH Gedruckt auf: 100 % Recyclinpapier Stand: November 2019 Bildnachweise: Bündnis Bürgerenergie (17, 19, 20, 21) , Pixabay (18), Bürgerenergiegenossenschaft BENG eG (25), Energiegenossenschaft Main-Kinzigtal eG (27), Regional- und Energiegenossenschaft Aller-Leine-Weser eG (28), UrStrom eG (34), Rädchen für alle(s) e.V. (35), istockphoto / TiaClara (46), istockphoto / Coprid (46), 100 prozent erneuerbar stiftung (49), Bioenergiegenossenschaft Mengsberg eG (51) Bündnis Bürgerenergie e.V. Marienstraße 19 / 20, 10117 Berlin Tel. 030 / 30  88  17  89 | info@buendnis-buergerenergie.de | www.buendnis-buergerenergie.de Gefördert durch: FRAGEN, ANREGUNGEN, KRITIK & LOB Wir freuen uns auf dein Feedback an: info@buendnis- buergerenergie.de Deine Notizen & Ideen: 58 HANDLUNGSOPTIONEN FÜR STROM, MOBILITÄT UND WÄRME buendnis-buergerenergie.de nkmdn.de