UNIDROIT GRUNDREGELN DER INTERNATIONALEN HANDELSVERTRÄGE 2004 (*) PRÄAMBEL (Zweck der Grundregeln) Diese Grundregeln enthalten allgemeine Regeln für internationale Handelsverträge. Sie sind anzuwenden, wenn die Parteien vereinbart haben, dass ihr Vertrag diesen Grundregeln unterliegt.(**) Sie können angewendet werden, wenn die Parteien vereinbart haben, dass ihr Vertrag ,,Allgemeinen Rechtsgrundsätzen", der ,,Lex mercatoria" oder dergleichen unterliegt. Sie können angewendet werden, wenn die Parteien kein Recht gewählt haben, dem ihr Vertrag unterliegen soll. Sie können benutzt werden, um Regelwerke des internationalen Einheitsrechts auszulegen oder zu ergänzen. Sie können benutzt werden, um nationales Recht auszulegen oder zu ergänzen. Sie können als Modell für nationale und internationale Gesetzgeber dienen. KAPITEL 1 -- ALLGEMEINE BESTIMMUNGEN ARTIKEL 1.1 (Vertragsfreiheit) Die Parteien sind frei, einen Vertrag zu schließen und seinen Inhalt zu bestimmen. ARTIKEL 1.2 (Formfreiheit) Nach diesen Grundregeln ist es nicht erforderlich, dass ein Vertrag, eine Erklärung oder irgendein anderer Akt in einer bestimmten Form vorgenommen oder nachgewiesen wird. Er kann auf jede Weise bewiesen werden, auch durch Zeugen. ARTIKEL 1.3 (Verbindlichkeit des Vertrages) Ein Vertrag, der wirksam geschlossen worden ist, bindet die Parteien. Er kann nur gemäß seinen Bedingungen oder durch Vereinbarung oder nach Maßgabe der in diesen Grundregeln vorgesehenen Gründe abgeändert oder aufgehoben werden. (*) Übersetzung von Peter SCHLECHTRIEM, Freiburg, Reinhard ZIMMERMANN, Hamburg, und Jan KLEINHEISTERKAMP, Hamburg, auf der Grundlage der von Ulrich DROBNIG, Hamburg, und Christoph HÄUSLER, München, erstellten Übersetzung der U NIDROIT Grundregeln der Internationalen Handelsverträge 1994. (**) Parteien, die ihre Vereinbarung diesen Grundregeln unterstellen wollen, können folgende Formulierung verwenden, die sie durch von ihnen gewünschte Ausnahmen oder Änderungen beliebiger Art ergänzen können: ,,Dieser Vertrag unterliegt den UNIDROIT Grundregeln (2004) [mit Ausnahme der Artikel ...]." Parteien, die zusätzlich die Anwendung des Rechts einer bestimmten Jurisdiktion vereinbaren wollen, können folgende Formulierung verwenden: ,,Dieser Vertrag unterliegt den UNIDROIT Grundregeln (2004) [mit Ausnahme der Artikel ...], ergänzt, soweit notwendig, durch das Recht der [Jurisdiktion X]." 2 ARTIKEL 1.4 (Zwingende Regeln) Keine dieser Grundregeln beschränkt die Anwendung zwingender Regeln, seien sie nationalen, internationalen oder supranationalen Ursprungs, die gemäß den maßgebenden Regeln des Internationalen Privatrechts anwendbar sind. ARTIKEL 1.5 (Ausschluss oder Abänderung durch die Parteien) Die Parteien können die Anwendung dieser Grundregeln ausschließen oder von jeder ihrer Bestimmungen abweichen oder deren Wirkung ändern, außer wenn in diesen Grundregeln etwas anderes bestimmt ist. ARTIKEL 1.6 (Auslegung und Ergänzung der Grundregeln) (1) Bei der Auslegung dieser Grundregeln sind ihr internationaler Charakter und ihre Zwecke zu berücksichtigen, einschließlich der Notwendigkeit, ihre einheitliche Anwendung zu fördern. (2) Probleme innerhalb des sachlichen Anwendungsbereichs dieser Grundregeln, die aber in ihnen nicht ausdrücklich entschieden werden, sind soweit wie möglich gemäß den ihnen zugrunde liegenden allgemeinen Grundsätzen zu entscheiden. ARTIKEL 1.7 (Treu und Glauben und redlicher Geschäftsverkehr) (1) Jede Partei muss die Grundsätze von Treu und Glauben und des redlichen Geschäftsverkehrs im internationalen Handel einhalten. (2) Die Parteien können diese Pflicht nicht ausschließen oder beschränken. ARTIKEL 1.8 (Widersprüchliches Verhalten) Eine Partei darf nicht im Widerspruch zu einem Verständnis handeln, das sie bei der anderen Partei hervorgerufen hat und auf das diese andere Partei bei einem für sie nachteiligen Verhalten vernünftigerweise vertraut hat. ARTIKEL 1.9 (Gebräuche und Gepflogenheiten) (1) Die Parteien sind an die Gebräuche, mit denen sie sich einverstanden erklärt haben, und an die Gepflogenheiten gebunden, die zwischen ihnen entstanden sind. (2) Die Parteien sind gebunden an die Gebräuche, die im internationalen Handel weithin bekannt sind und die von Parteien in dem betreffenden Geschäftszweig regelmäßig beachtet werden, außer wenn die Anwendung solcher Gebräuche unangemessen wäre. ARTIKEL 1.10 (Mitteilung) (1) Wo eine Mitteilung erforderlich ist, kann sie auf jede nach den Umständen angemessene Weise gemacht werden. (2) Eine Mitteilung wird wirksam, wenn sie der Person zugeht, für die sie bestimmt ist. 3 (3) Im Sinne des Absatzes 2 ,,geht" eine Mitteilung einer Person ,,zu", wenn sie der Person mündlich gemacht wird oder an der Niederlassung oder Postanschrift dieser Person abgeliefert wird. (4) Im Sinne dieses Artikels umfasst ,,Mitteilung" eine Erklärung, ein Verlangen, eine Aufforderung oder jegliche sonstige Übermittlung einer Absicht. ARTIKEL 1.11 (Definitionen) In diesen Grundregeln ­ umfasst ,,Gericht" ein Schiedsgericht; ­ ist, falls eine Partei mehr als eine Niederlassung hat, die ,,Niederlassung" maßgebend, die unter Berücksichtigung der irgendwann vor oder bei Vertragsabschluß den Parteien bekannten oder von ihnen in Betracht gezogenen Umstände die engste Beziehung zu dem Vertrag und zu seiner Erfüllung hat; ­ bezieht sich ,,Schuldner" auf die Partei, die eine Verpflichtung zu erfüllen hat, und ,,Gläubiger" auf die Partei, die berechtigt ist, Erfüllung dieser Verpflichtung zu verlangen; ­ bedeutet ,,schriftlich" jede Art einer Übermittlung, welche die darin enthaltene Information bewahrt und in körperlicher Form wiedergeben kann. ARTIKEL 1.12 (Berechnung von Fristen, die die Parteien gesetzt haben) (1) Gesetzliche Feiertage oder geschäftsfreie Tage, die in eine Frist fallen, die von Parteien eines Vertrages für die Vornahme einer Handlung gesetzt worden ist, werden bei der Fristberechnung mitgezählt. (2) Fällt jedoch der letzte Tag der Frist an dem Ort der Niederlassung der Partei, welchedie Handlung vorzunehmen hat, auf einen gesetzlichen Feiertag oder einen geschäfts- freien Tag, verlängert sich die Frist bis zum ersten darauf folgenden Geschäftstag, sofern sich nicht aus den Umständen etwas anderes ergibt. (3) Die maßgebliche Zeitzone ist die des Ortes der Niederlassung der Partei, welche die Frist setzt, sofern sich nicht aus den Umständen etwas anderes ergibt. KAPITEL 2 -- VERTRAGSSCHLUSS UND VERTRETUNGSMACHT ABSCHNITT 1: VERTRAGSSCHLUSS ARTIKEL 2.1.1 (Art und Weise des Abschlusses) Ein Vertrag kann entweder durch die Annahme eines Angebots abgeschlossen werden oder durch ein Verhalten der Parteien, das ausreicht, eine Einigung darzutun. ARTIKEL 2.1.2 (Begriff des Angebots) Ein Vorschlag zum Abschluss eines Vertrages stellt ein Angebot dar, wenn er bestimmt genug ist und den Willen des Anbietenden zum Ausdruck bringt, im Falle der Annahme gebunden zu sein. 4 ARTIKEL 2.1.3 (Rücknahme des Angebots) (1) Ein Angebot wird wirksam, sobald es dem Empfänger zugeht. (2) Ein Angebot kann, selbst wenn es unwiderruflich ist, zurückgenommen werden, wenn die Rücknahmeerklärung dem Empfänger vor oder gleichzeitig mit dem Angebot zugeht. ARTIKEL 2.1.4 (Widerruf des Angebots) (1) Bis zum Abschluss des Vertrages kann ein Angebot widerrufen werden, wenn der Widerruf dem Empfänger zugeht, bevor dieser eine Annahmeerklärung abgesandt hat. (2) Ein Angebot kann jedoch nicht widerrufen werden, (a) wenn es durch Bestimmung einer festen Frist zur Annahme oder auf andere Weise zum Ausdruck bringt, dass es unwiderruflich ist; oder (b) wenn der Empfänger vernünftigerweise darauf vertrauen konnte, dass das Angebot unwiderruflich ist, und er im Vertrauen auf das Angebot gehandelt hat. ARTIKEL 2.1.5 (Ablehnung des Angebots) Ein Angebot erlischt, sobald dem Anbietenden eine Ablehnung zugeht. ARTIKEL 2.1.6 (Art der Annahme) (1) Eine Erklärung oder ein sonstiges Verhalten des Empfängers, die eine Zustim- mung zum Angebot ausdrücken, stellen eine Annahme dar. Schweigen oder Untätigkeit allein stellen keine Annahme dar. (2) Die Annahme eines Angebots wird wirksam, sobald die Äußerung der Zustim- mung dem Anbietenden zugeht. (3) Äußert jedoch der Empfänger aufgrund des Angebots, der zwischen den Parteien entstandenen Gepflogenheiten oder der Gebräuche seine Zustimmung dadurch, dass er eine Handlung vornimmt, ohne den Anbietenden davon zu unterrichten, so ist die Annahme wirksam, sobald die Handlung vorgenommen wird. ARTIKEL 2.1.7 (Frist für Annahme) Ein Angebot muss innerhalb der Frist angenommen werden, die der Anbietende gesetzt hat oder, bei Fehlen einer solchen Frist, innerhalb einer angemessenen Frist; dabei sind die Umstände, einschließlich der Schnelligkeit der vom Anbietenden gewählten Übermittlungsart zu berücksichtigen. Ein mündliches Angebot muss sofort angenommen werden, wenn sich aus den Umständen nichts anderes ergibt. ARTIKEL 2.1.8 (Annahme innerhalb einer festgesetzten Frist) Eine vom Anbietenden gesetzte Annahmefrist beginnt von dem Zeitpunkt an zu laufen, zu dem das Angebot abgeschickt wird. Ein in dem Angebot angegebener Zeitpunkt gilt als der Zeitpunkt des Abschickens, sofern sich nicht aus den Umständen etwas anderes ergibt. 5 ARTIKEL 2.1.9 (Verspätete Annahme. Verzögerung bei der Beförderung) (1) Eine verspätete Annahme ist dennoch als Annahme wirksam, wenn der Anbietende unverzüglich den Annehmenden in diesem Sinne mündlich unterrichtet oder eine entsprechende schriftliche Mitteilung macht. (2) Ergibt sich aus dem eine verspätete Annahme enthaltenden Brief oder anderen Schriftstück, dass die Mitteilung nach den Umständen, unter denen sie abgesandt worden ist, bei normaler Beförderung dem Anbietenden rechtzeitig zugegangen wäre, so ist die verspätete Annahme als Annahme wirksam, wenn der Anbietende den Annehmenden nicht unverzüglich davon unterrichtet, dass er das Angebot als erloschen betrachtet. ARTIKEL 2.1.10 (Rücknahme der Annahme) Eine Annahme kann zurückgenommen werden, wenn die Rücknahmeerklärung dem Anbietenden vor oder zu dem Zeitpunkt zugeht, in dem die Annahme wirksam geworden wäre. ARTIKEL 2.1.11 (Geänderte Annahme) (1) Eine Antwort auf ein Angebot, die eine Annahme darstellen soll, aber Ergänzungen, Einschränkungen oder sonstige Änderungen enthält, ist eine Ablehnung des Angebots und stellt ein Gegenangebot dar. (2) Eine Antwort auf ein Angebot, die eine Annahme darstellen soll, aber Ergänzungen oder Abweichungen enthält, welche die Bedingungen des Angebots nicht wesentlich ändern, stellt jedoch eine Annahme dar, wenn der Anbietende das Fehlen der Übereinstimmung nicht unverzüglich beanstandet. Wenn der Anbietende nicht beanstandet, bilden die Bedingungen des Angebots mit den in der Annahme enthaltenen Änderungen den Vertragsinhalt. ARTIKEL 2.1.12 (Bestätigungsschreiben) Wenn ein Schriftstück, das innerhalb einer angemessenen Frist nach Vertragsabschluß übersandt wird und das eine Bestätigung des Vertrages darstellen soll, ergänzende oder abweichende Bedingungen enthält, werden solche Bedingungen Vertragsinhalt, außer wenn sie den Vertrag wesentlich ändern oder der Empfänger unverzüglich die fehlende Übereinstimmung beanstandet. ARTIKEL 2.1.13 (Vertragsabschluß abhängig von Einigung über bestimmte Punkte oder in einer bestimmten Form) Wenn eine der Parteien im Verlaufe der Verhandlungen darauf besteht, dass der Vertrag nicht geschlossen ist, bis eine Einigung über bestimmte Punkte oder in einer bestimmten Form besteht, ist der Vertrag nicht geschlossen, bevor eine Einigung über diese Punkte oder in dieser Form erreicht ist. 6 ARTIKEL 2.1.14 (Vertrag mit absichtlich ungeregelten Bedingungen) (1) Wenn die Parteien einen Vertrag schließen wollen, hindert die Tatsache, dass sie absichtlich eine Bedingung einer Einigung in weiteren Verhandlungen oder der Bestimmung durch eine dritte Person überlassen, nicht, dass ein Vertrag zustande kommt. (2) Das Bestehen des Vertrages wird nicht durch die Tatsache berührt, dass in der Folge (a) die Parteien keine Vereinbarung über die Bedingung erreichen; oder (b) die dritte Person die Bedingung nicht bestimmt, vorausgesetzt, dass es eine andere Möglichkeit gibt, die Bedingung zu bestimmen, die unter Berücksichtigung der Absicht der Parteien den Umständen nach angemessen ist. ARTIKEL 2.1.15 (Treuwidriges Verhandeln) (1) Eine Partei ist frei zu verhandeln und haftet nicht, wenn keine Einigung erzielt wird. (2) Eine Partei jedoch, die treuwidrig verhandelt oder Verhandlungen abbricht, haftet für die Schäden, die der anderen Partei daraus entstanden sind. (3) Treuwidrigkeit liegt insbesondere vor, wenn eine Partei in der Absicht in Verhandlungen eintritt oder diese fortsetzt, keine Vereinbarung mit der anderen Partei zu erreichen. ARTIKEL 2.1.16 (Pflicht zur Vertraulichkeit) Wenn im Verlaufe der Verhandlungen von einer Partei eine Information als vertraulich gegeben wird, ist die andere Partei verpflichtet, diese Information nicht offen zu legen oder sie nicht unberechtigt für ihre eigenen Zwecke zu benutzen, unabhängig davon, ob ein Vertrag in der Folge geschlossen wird oder nicht. Wenn es angemessen ist, kann der Rechtsbehelf für die Verletzung dieser Pflicht auch Schadenersatz für den Vorteil umfassen, den die andere Partei erlangt hat. ARTIKEL 2.1.17 (Vollständigkeitsklauseln) Ein schriftlicher Vertrag, der eine Klausel enthält, die besagt, dass das Schriftstück die Bedingungen, welche die Parteien vereinbart haben, vollständig enthält, kann nicht durch den Beweis früherer Erklärungen oder Vereinbarungen widerlegt oder ergänzt werden. Jedoch können solche Erklärungen oder Vereinbarungen zur Auslegung des Schriftstücks heran- gezogen werden. ARTIKEL 2.1.18 (Änderung in bestimmter Form) Ein schriftlicher Vertrag, der eine Klausel enthält, nach der jede Änderung oder Aufhebung durch Vereinbarung in einer bestimmten Form zu erfolgen hat, kann nicht auf andere Weise geändert oder aufgehoben werden. Eine Partei kann jedoch aufgrund ihres Verhaltens das Recht verwirken, sich auf eine solche Klausel zu berufen, soweit die andere Partei im Vertrauen auf dieses Verhalten gehandelt hat. 7 ARTIKEL 2.1.19 (Vertragsabschluß mit allgemeinen Geschäftsbedingungen) (1) Wenn eine Partei oder beide Parteien allgemeine Geschäftsbedingungen beim Vertragsabschluß benutzen, finden die allgemeinen Regeln über den Abschluss vorbehalt- lich der Artikel 2.20. bis 2.22 Anwendung. (2) Allgemeine Geschäftsbedingungen sind Regeln, die im Voraus für allgemeine und wiederholte Benutzung durch eine Partei vorbereitet worden sind und die tatsächlich ohne Verhandlung mit der anderen Partei benutzt werden. ARTIKEL 2.1.20 (Überraschende Bedingungen) (1) Eine Bedingung in allgemeinen Geschäftsbedingungen, die von der Art ist, dass die andere Partei sie vernünftigerweise nicht zu erwarten brauchte, ist unwirksam, außer wenn sie von dieser Partei ausdrücklich angenommen worden ist. (2) Bei der Entscheidung, ob eine Bedingung von der erwähnten Art ist, sind ihr Inhalt, ihre sprachliche Fassung und ihr Erscheinungsbild zu berücksichtigen. ARTIKEL 2.1.21 (Widerspruch zwischen allgemeinen Geschäftsbedingungen und individuellen Bedingungen) Im Falle eines Widerspruchs zwischen einer allgemeinen Geschäftsbedingung und einer Bedingung, welche keine allgemeine Geschäftsbedingung ist, geht die letztere vor. ARTIKEL 2.1.22 (Kollidierende allgemeine Geschäftsbedingungen) Wenn beide Parteien allgemeine Geschäftsbedingungen benutzen und sich, abgesehen von diesen Bedingungen, einigen, ist ein Vertrag auf der Grundlage der vereinbarten Bedin- gungen und derjenigen allgemeinen Geschäftsbedingungen geschlossen, die in der Sache übereinstimmen, außer wenn eine Partei eindeutig im voraus äußert oder später und unver- züglich der anderen Partei mitteilt, dass sie durch solch einen Vertrag nicht gebunden sein will. ABSCHNITT 2: VERTETUNGSMACHT ARTIKEL 2.2.1 (Anwendungsbereich des Abschnitts) (1) Dieser Abschnitt regelt die Vertretungsmacht einer Person (des ,,Vertreters"), die rechtlichen Beziehungen einer anderen Person (des ,,Vertretenen") mit einem Dritten durch oder in Bezug auf einen Vertrag zu beeinflussen, sei es durch Handeln im eigenen Namen oder im Namen des Vertretenen. (2) Er regelt nur die Beziehungen zwischen dem Vertretenen oder dem Vertreter einerseits und dem Dritten andererseits. (3) Er regelt nicht eine gesetzliche Vertretungsmacht eines Vertreters oder die Vertre- tungsmacht eines Vertreters, der von einer Behörde oder einem Gericht ernannt worden ist. 8 ARTIKEL 2.2.2 (Erteilung und Umfang der Vertetungsmacht) (1) Die Vertretungsmacht kann einem Vertreter durch den Vertretenen ausdrücklich oder stillschweigend erteilt werden. (2) Der Vertreter ist befugt, alle Handlungen vorzunehmen, die nach den Umstän- den zur Erreichung der Zwecke notwendig sind, um derentwillen die Vertretungsmacht erteilt wurde. ARTIKEL 2.2.3 (Offene Vertretung) (1) Wenn ein Vertreter innerhalb des Umfangs seiner Vertretungsmacht handelt und der Dritte wusste oder hätte wissen müssen, dass der Vertreter als Vertreter handelt, berühren die Handlungen des Vertreters unmittelbar die rechtlichen Beziehungen zwischen dem Vertretenem und dem Dritten, während zwischen dem Vertreter und dem Dritten keine rechtliche Beziehung entsteht. (2) Doch berühren die Handlungen des Vertreters nur die rechtlichen Beziehungen zwischen dem Vertreter und dem Dritten, wenn der Vertreter mit Zustimmung des Vertretenen sich selbst als Vertragspartei verpflichtet. ARTIKEL 2.2.4 (Verdeckte Vertretung) (1) Wenn ein Vertreter innerhalb des Umfangs seiner Vertretungsmacht handelt und der Dritte weder wusste noch hätte wissen müssen, dass der Vertreter als Vertreter handelt, berühren die Handlungen des Vertreters nur die rechtlichen Beziehungen zwischen dem Vertreter und dem Dritten. (2) Wenn jedoch ein solcher Vertreter einen Vertrag für ein Unternehmen mit einem Dritten schließt und sich selbst als Eigentümer des Unternehmens ausgibt, kann der Dritte, wenn er den wahren Eigentümer des Unternehmens entdeckt, auch gegen diesen die Rechte geltend machen, die er gegen den Vertreter hat. ARTIKEL 2.2.5 (Ohne Vertretungsmacht handelnder oder seine Vertretungsmacht überschreitender Vertreter) (1) Wenn ein Vertreter ohne Vertretungsmacht handelt oder seine Vertretungsmacht überschreitet, berühren seine Handlungen nicht die rechtlichen Beziehungen zwischen dem Vertretenen und dem Dritten. (2) Wenn jedoch der Vertretene dem Dritten berechtigten Anlass gibt zu glauben, dass der Vertreter befugt ist, für den Vertretenen zu handeln, und dass der Vertreter innerhalb des Umfangs seiner Vertretungsmacht handelt, kann sich der Vertretene gegen- über dem Dritten nicht auf die fehlende Vertretungsmacht des Vertreters berufen. ARTIKEL 2.2.6 (Haftung des Vertreters, der ohne Vertretungsmacht handelt oder der seine Vertretungsmacht überschreitet) (1) Mangels einer Genehmigung des Vertretenen hat ein Vertreter, der ohne Vertre- tungsmacht handelt oder der seine Vertretungsmacht überschreitet, in dem Umfang 9 Schadensersatz zu leisten, dass der Dritte so gestellt wird, als hätte der Vertreter mit Vertretungsmacht und innerhalb des Umfangs seiner Vertretungsmacht gehandelt. (2) Der Vertreterhaftet jedoch nicht, wenn derDritte wusste oder hätte wissen müssen, dass der Vertreter ohne Vertretungsmacht handelte oder seine Vertretungsmacht über- schritten hat. ARTIKEL 2.2.7 (Interessenkonflikt) (1) Wenn ein von einem Vertreter geschlossener Vertrag den Vertreter in einen Interessenkonflikt verwickelt, von dem der Dritte wusste oder hätte wissen müssen, kann der Vertretene den Vertrag anfechten. Auf das Anfechtungsrecht finden die Artikel 3.12 und 3.14 bis 3.17 Anwendung. (2) Der Vertretene kann den Vertrag jedoch nicht anfechten (a) wenn er der Verwicklung des Vertreters in den Interessenkonflikt zugestimmt hatte oder sie kannte oder hätte kennen müssen; oder (b) wenn der Vertreter dem Vertretenen den Interessenkonflikt offengelegt und der Vertretene nicht in angemessener Zeit widersprochen hatte. ARTIKEL 2.2.8 (Untervertretung) Ein Vertreter ist stillschweigend befugt, einen Untervertreter zu ernennen, um die Handlungen vorzunehmen, von denen vernünftigerweise nicht erwartet wird, dass der Vertreter sie selbst ausführt. Die Regeln dieses Kapitels finden auf die Untervertretung Anwendung. ARTIKEL 2.2.9 (Genehmigung) (1) Handelt ein Vertreter ohne Vertretungsmacht, oder überschreitet er seine Vertretungsmacht, so kann die Handlung vom Vertretenen genehmigt werden. Mit der Genehmigung entfaltet die Handlung dieselben Wirkungen, als ob sie von Anfang an mit Vertretungsmacht vorgenommen worden wäre. (2) Der Dritte kann durch Mitteilung an den Vertretenen eine angemessene Frist für die Genehmigung festsetzen. Wenn der Vertretene seine Genehmigung nicht innerhalb dieser Frist erteilt, kann er dies später nicht mehr tun. (3) Wenn der Dritte zum Zeitpunkt der Handlung des Vertreters von dem Fehlen der Vertretungsmacht weder wusste noch hätte wissen müssen, kann er sich vor der Erteilung der Genehmigung durch Mitteilung gegenüber dem Vertretenen jederzeit weigern, durch eine Genehmigung gebunden zu werden. ARTIKEL 2.2.10 (Erlöschen der Vertretungsmacht) (1) Das Erlöschen einer Vertretungsmacht wirkt nicht gegenüber dem Dritten, sofern er davon keine Kenntnis hatte oder hätte haben müssen. (2) Trotz Erlöschens seiner Vertretungsmacht bleibt der Vertreter befugt, die Handlungen vorzunehmen, die erforderlich sind, um Nachteile für die Interessen des Vertretenen zu verhindern. 10 KAPITEL 3 -- GÜLTIGKEIT ARTIKEL 3.1 (Nicht geregelte Gegenstände) Diese Grundregeln behandeln nicht die Ungültigkeit aufgrund (a) fehlender Rechts- oder Geschäftsfähigkeit, (b) Sittenwidrigkeit oder Rechtswidrigkeit. ARTIKEL 3.2 (Wirksamkeit der bloßen Vereinbarung) Ein Vertrag wird durch bloße Vereinbarung der Parteien und ohne weiteres Erfordernis abgeschlossen, geändert oder aufgehoben. ARTIKEL 3.3 (Anfängliche Unmöglichkeit) (1) Die bloße Tatsache, dass bei Vertragsabschluß die Erfüllung der übernommenen Verpflichtung unmöglich war, berührt nicht die Gültigkeit des Vertrages. (2) Die bloße Tatsache, dass eine Partei bei Vertragsabschluß nicht zur Verfügung über die Vermögenswerte befugt war, auf die sich der Vertrag bezieht, berührt nicht die Gültigkeit des Vertrages. ARTIKEL 3.4 (Definition des Irrtums) Irrtum ist eine fehlerhafte Annahme betreffend Tatsachen oder das Recht, wie sie bei Vertragsabschluß bestehen. ARTIKEL 3.5 (Erheblicher Irrtum) (1) Eine Partei kann den Vertrag wegen Irrtums nur anfechten, wenn der Irrtum bei Vertragsabschluß so bedeutsam war, dass eine vernünftige Person in der gleichen Lage wie die irrende Partei bei Kenntnis des wahren Sachverhalts den Vertrag nur zu wesentlich anderen Bedingungen oder überhaupt nicht abgeschlossen hätte, und (a) die andere Partei dem gleichen Irrtum unterlag oder ihn verursacht hatte, oder wenn sie ihn kannte oder hätte kennen müssen, und es den angemessenen Maßstäben eines redlichen Geschäftsgebarens widersprach, die irrende Partei in ihrem Irrtum zu belassen, oder (b) die andere Partei zum Zeitpunkt der Anfechtung noch nicht im Vertrauen auf den Vertrag gehandelt hatte. (2) Eine Partei kann jedoch den Vertrag nicht anfechten, wenn (a) sie bei Entstehung des Irrtums grob fahrlässig handelte oder (b) der Irrtum sich auf einen Umstand bezieht, bezüglich dessen das Risiko eines Irrtums von der irrenden Partei übernommen wurde oder nach den Umständen von ihr zu tragen ist. ARTIKEL 3.6 (Erklärungs- und Übermittlungsirrtum) Ein Irrtum, der bei der Verlautbarung oder Übermittlung einer Erklärung auftritt, wird als Irrtum der Person angesehen, welche die Erklärung abgab. 11 ARTIKEL 3.7 (Rechtsbehelfe bei Nichterfüllung) Eine Partei ist zur Anfechtung des Vertrages wegen Irrtums nicht berechtigt, wenn die Umstände, auf die sich die Partei beruft, einen Rechtsbehelf wegen Nichterfüllung gewähren oder gewährt haben würden. ARTIKEL 3.8 (Täuschung) Eine Partei kann den Vertrag anfechten, wenn sie von der anderen Partei zum Vertragsabschluß bestimmt worden ist durch arglistige Vorspiegelung falscher Umstände, einschließlich arglistigen Sprachgebrauchs oder einer arglistigen Handlungsweise, oder durch das arglistige Verschweigen von Umständen, welche die andere Partei nach angemessenen Maßstäben eines redlichen Geschäftsgebarens hätte offen legen müssen. ARTIKEL 3.9 (Drohung) Eine Parteikann den Vertrag anfechten, wenn sie von der anderen Partei zum Vertrags- abschluß bestimmt worden ist durch eine widerrechtliche Drohung, die nach den Um- ständen so unmittelbar und ernsthaft ist, dass der ersten Partei keine vernünftige Alterna- tive bleibt. Eine Drohung ist insbesondere dann widerrechtlich, wenn die Handlung oder Unterlassung, die derPartei angedroht worden ist, für sich genommen unrechtmäßig ist, oder es unrechtmäßig ist, sie als Mittel zur Erreichung des Vertragsabschlusses zu benutzen. ARTIKEL 3.10 (Grobes Missverhältnis) (1) Eine Partei kann den Vertrag oder eine einzelne Bedingung anfechten, wenn bei Vertragsabschluß der Vertrag oder die einzelne Bedingung der anderen Partei unberechtigt einen übermäßigen Vorteil verschaffte. Zu berücksichtigen sind unter anderem (a) die Tatsache, dass die andere Partei aus einer Abhängigkeit, wirtschaft- lichen Notlage, dringenden Bedürfnissen oder mangelnder Voraussicht, einer Unwis- senheit, Unerfahrenheit oder mangelndem Verhandlungsgeschick der ersten Partei unredlichen Vorteil gezogen hat; und (b) die Natur und der Zweck des Vertrages. (2) Auf Verlangen der zur Anfechtung berechtigten Partei kann ein Gericht den Vertrag oder die Bedingung anpassen, um sie mit angemessenen Maßstäben eines redlichen Geschäftsgebarens in Einklang zu bringen. (3) Ein Gericht kann den Vertrag oder die Bedingung auch auf Verlangen der Partei anpassen, welche die Anfechtungserklärung empfängt, sofern diese Partei die andere Partei umgehend nach Empfang der Anfechtungserklärung und bevor die andere Partei im Vertrauen darauf gehandelt hat, von ihrem Verlangen unterrichtet. Die Bestimmungen des Artikels 3.13 Abs. 2 sind entsprechend anzuwenden. ARTIKEL 3.11 (Dritte) (1) Ist eine Täuschung, Drohung, ein grobes Missverhältnis oder der Irrtum einer Partei einem Dritten, für dessen Handeln die andere Partei verantwortlich ist, zuzuschreiben oder kennt der Dritte jenen Umstand oder hätte er ihn kennen müssen, so 12 kann der Vertrag unter denselben Voraussetzungen angefochten werden, als handele es sich um das Verhalten oder das Wissen der Partei selbst. (2) Ist eine Täuschung, Drohung oder ein grobes Missverhältnis einem Dritten zuzuschreiben, für dessen Handeln die andere Partei nicht verantwortlich ist, so kann der Vertrag angefochten werden, wenn diese Partei die Täuschung, Drohung oder das Missverhältnis kannte oder hätte kennen müssen, oder wenn diese Partei zum Zeitpunkt der Anfechtung noch nicht im Vertrauen auf den Vertrag gehandelt hat. ARTIKEL 3.12 (Bestätigung) Wenn die zur Anfechtung berechtigte Partei den Vertrag nach Beginn der Anfechtungs- frist ausdrücklich oder stillschweigend bestätigt, so ist die Anfechtung ausgeschlossen. ARTIKEL 3.13 (Verlust des Anfechtungsrechts) (1) Ist eine Partei zur Anfechtung wegen Irrtums berechtigt, erklärt sich jedoch die andere Partei bereit, den Vertrag so zu erfüllen, wie er von der zur Anfechtung berechtigten Partei verstanden wurde, oder erfüllt sie ihn so, dann gilt der Vertrag als mit dem Inhalt geschlossen, wie ihn die letztere Partei verstanden hat. Die andere Partei muss, nachdem sie darüber unterrichtet wurde, wie die zur Anfechtung berechtigte Partei den Vertrag verstanden hat und bevor diese Partei im Vertrauen auf die Anfechtungserklärung gehandelt hat, umgehend eine derartige Erklärung abgeben oder die Erfüllung vornehmen. (2) Nach einer solchen Erklärung oder Erfüllung erlischt das Anfechtungsrecht und ist jede zuvor abgegebene Anfechtungserklärung unwirksam. ARTIKEL 3.14 (Anfechtungserklärung) Das Anfechtungsrecht wird durch Erklärung gegenüber der anderen Partei ausgeübt. ARTIKEL 3.15 (Anfechtungsfristen) (1) Die Anfechtungserklärung ist innerhalb einer nach den Umständen angemes- senen Frist abzugeben, nachdem die anfechtende Partei von den maßgeblichen Tatsachen Kenntnis erhielt oder davon nicht in Unkenntnis sein konnte, oder nachdem sie frei handeln konnte. (2) Kann eine Partei eine einzelne Vertragsbedingung nach Artikel 3.10 anfechten, so beginnt die Anfechtungsfrist, sobald sich die andere Partei auf diese Bedingung beruft. ARTIKEL 3.16 (Teilanfechtung) Betrifft ein Anfechtungsgrund nur einzelne Vertragsbedingungen, so beschränkt sich die Wirkung der Anfechtung auf diese Bedingungen, außer wenn es nach den Umständen unangemessen ist, den Vertrag im Übrigen aufrecht zu erhalten. ARTIKEL 3.17 (Rückwirkung der Anfechtung) (1) Die Anfechtung wirkt zurück. 13 (2) Auf Grund der Anfechtung kann jede Partei Rückgabe von allem verlangen, was sie nach dem Vertrag oder seinem angefochtenen Teil geleistet hat, sofern sie Zug um Zug all das zurückgibt, was sie nach dem Vertrag oder seinem angefochtenen Teil erhalten hat oder, falls Rückgabe in natura nicht möglich ist, für das Erhaltene Ersatz leistet. ARTIKEL 3.18 (Schadenersatz) Unabhängig von einer etwaigen Anfechtung des Vertrages ist die Partei, die den Anfechtungsgrund kannte oder hätte kennen müssen, zum Schadenersatz verpflichtet, um dadurch die andere Partei in die gleiche Lage zu versetzen, in der diese sich ohne Abschluss des Vertrages befunden haben würde. ARTIKEL 3.19 (Zwingende Bestimmungen) Die Bestimmungen dieses Kapitels sind zwingend, außer soweit sie die verbindliche Wirkung der bloßen Vereinbarung, die anfängliche Unmöglichkeit oder den Irrtum betreffen. ARTIKEL 3.20 (Einseitige Erklärungen) Die Bestimmungen dieses Kapitels sind sinngemäß auf jede Willenserklärung anzuwenden, die von einer Partei an die andere gerichtet wird. KAPITEL 4 -- AUSLEGUNG ARTIKEL 4.1 (Wille der Parteien) (1) Ein Vertrag wird nach dem gemeinsamen Willen der Parteien ausgelegt. (2) Lässt sich ein solcher Wille nicht feststellen, so wird der Vertrag nach der Bedeutung ausgelegt, die ihm vernünftige Personen gleicher Art wie die Parteien unter gleichen Umständen geben würden. ARTIKEL 4.2 (Auslegung von Erklärungen und sonstigem Verhalten) (1) Die Erklärungen und das sonstige Verhalten einer Partei werden nach ihrem Willen ausgelegt, wenn die andere Partei diesen Willen kannte oder darüber nicht in Unkenntnis sein konnte. (2) Ist Absatz 1 nicht anwendbar, so werden solche Erklärungen und das sonstige Verhalten nach der Bedeutung ausgelegt, die ihnen eine vernünftige Person der gleichen Art wie die andere Partei unter den gleichen Umständen geben würde. ARTIKEL 4.3 (Erhebliche Umstände) Bei der Anwendung der Artikel 4.1 und 4.2 sind alle Umstände zu berücksichtigen, einschließlich (a) der vorausgegangenen Verhandlungen zwischen den Parteien; (b) der zwischen den Parteien entstandenen Gepflogenheiten; 14 (c) des Verhaltens der Parteien nach Vertragsabschluß; (d) der Natur und des Zwecks des Vertrages; (e) der Bedeutung, die allgemein den Bedingungen und Ausdrücken im betreffenden Geschäftszweig gegeben wird; (e) der Gebräuche. ARTIKEL 4.4 (Bezug auf den Vertrag oder die Erklärung als ganzes) Bedingungen und Ausdrücke werden im Lichte des ganzen Vertrages oder der ganzen Erklärung ausgelegt, in denen sie enthalten sind. ARTIKEL 4.5 (Wirkung für alle Bedingungen) Vertragsbedingungen werden so ausgelegt, dass allen Bedingungen Wirkung verliehen wird, anstatt einigen von ihnen Wirkung zu nehmen. ARTIKEL 4.6 (Contra proferentem - Regel) Sind die von einer Seite verwendeten Vertragsbedingungen unklar, so wird eine Auslegung zu Lasten dieser Partei bevorzugt. ARTIKEL 4.7 (Abweichende Sprachfassungen) Wird ein Vertrag in zwei oder mehr Sprachen abgefasst, die gleichermaßen verbindlich sind, so wird, falls die Fassungen voneinander abweichen, die Auslegung nach derjenigen Fassung bevorzugt, in welcher der Vertrag ursprünglich abgefasst worden war. ARTIKEL 4.8 (Ausfüllung einer Vertragslücke) (1) Haben sich die Vertragsparteien hinsichtlich einer Bedingung, die zur Bestimmung ihrer Rechte und Pflichten wichtig ist, nicht geeinigt, so wird der Vertrag durch eine nach den Umständen angemessene Bedingung ergänzt. (2) Um die angemessene Bedingung festzustellen, sollen neben anderen Umständen berücksichtigt werden (a) der Wille der Parteien; (b) Natur und Zweck des Vertrages; (c) Treu und Glauben und der redliche Geschäftsverkehr; (d) die Angemessenheit. KAPITEL 5 -- INHALT UND RECHTE DRITTER ABSCHNITT 1: INHALT ARTIKEL 5.1.1 (Ausdrücklich vereinbarte und stillschweigend übernommene Pflichten) Die vertraglichen Pflichten der Parteien können ausdrücklich vereinbart oder stillschweigend übernommen sein. 15 ARTIKEL 5.1.2 (Stillschweigend übernommene Pflichten) Stillschweigend übernommene Pflichten ergeben sich aus (a) der Natur und dem Zweck des Vertrages; (b) Gepflogenheiten, die zwischen den Parteien entstanden sind, und Gebräuchen; (c) Treu und Glauben und dem redlichen Geschäftsverkehr; (d) der Angemessenheit. ARTIKEL 5.1.3 (Zusammenarbeit zwischen den Parteien) Jede Partei hat mit der anderen Partei zusammenzuarbeiten, wenn eine solche Zusammenarbeit bei der Erfüllung der Pflichten jener Partei vernünftigerweise erwartet werden kann. ARTIKEL 5.1.4 (Pflicht, einen bestimmten Erfolg zu erzielen. Pflicht zum Einsatz aller Kräfte) (1) Soweit die Verpflichtung einer Partei eine Pflicht umfasst, einen bestimmten Erfolg zu erzielen, ist diese Partei verpflichtet, diesen Erfolg zu erzielen. (2) Soweit die Verpflichtung einer Partei eine Pflicht zum Einsatz aller Kräfte bei der Ausführung einer Tätigkeit umfasst, ist diese Partei verpflichtet, solche Anstrengungen zu unternehmen, die von einer vernünftigen Person gleicher Art unter gleichen Umständen unternommen würden. ARTIKEL 5.1.5 (Bestimmung der Art der übernommenen Pflicht) Um festzustellen, in welchem Maße eine Verpflichtung einer Partei eine Pflicht zum Einsatz aller Kräfte bei der Ausführung einer Tätigkeit enthält oder eine Pflicht, einen bestimmten Erfolg zu erzielen, sollen neben anderen Umständen berücksichtigt werden (a) die Art, in der die Verpflichtung im Vertrag ausgedrückt ist; (b) der Vertragspreis und andere Bedingungen des Vertrages; (c) das Ausmaß des Risikos, das normalerweise mit der Erreichung des erwarteten Erfolges verbunden ist; (d) die Fähigkeit der anderen Partei, die Erfüllung der Verpflichtung zu beein- flussen. ARTIKEL 5.1.6 (Bestimmung der Qualität der Leistung) Wenn die Qualität der Leistung weder im Vertrag festgelegt noch aus ihm bestimmbar ist, ist eine Partei verpflichtet, eine Leistung in einer Qualität zu erbringen, die angemessen ist und nach den Umständen nicht unter dem Durchschnitt liegt. ARTIKEL 5.1.7 (Bestimmung des Preises) (1) Wenn der Vertrag den Preis weder festlegt noch Vorkehrungen für seine Bestim- mung trifft, so wird mangels gegenteiliger Anhaltspunkte vermutet, dass die Parteien sich auf den Preis bezogen haben, der bei Vertragsabschluß allgemein für eine derartige 16 Leistung in dem betreffenden Geschäftszweig unter vergleichbaren Umständen berechnet wurde, oder, wenn kein solcher Preis verfügbar ist, auf einen angemessenen Preis. (2) Wenn der Preis durch eine Partei zu bestimmen ist und diese Bestimmung offensichtlich unangemessen ist, dann ist ungeachtet irgendeiner gegenteiligen Vertragsbedingung ein angemessener Preis einzusetzen. (3) Wenn der Preis durch eine dritte Person festzulegen ist und diese Person dies nicht tun kann oder will, soll der Preis angemessen sein. (4) Wenn der Preis durch Bezugnahme auf Umstände festzulegen ist, die nicht bestehen oder nicht mehr bestehen oder nicht mehr zugänglich sind, soll der nächste gleichwertige Umstand an deren Stelle treten. ARTIKEL 5.1.8 (Vertrag auf unbestimmte Zeit) Ein Vertrag auf unbestimmte Zeit kann von jeder Partei durch Kündigung mit angemessener Kündigungsfrist beendet werden. ARTIKEL 5.1.9 (Erlassvertrag) (1) Der Gläubiger kann durch Vereinbarung mit dem Schuldner sein Recht aufgeben. (2) Das Angebot, ein Recht unentgeltlich aufzugeben, gilt als angenommen, wenn der Schuldner das Angebot nicht unverzüglich ablehnt, nachdem er Kenntnis davon bekommen hat. ABSCHNITT 2: RECHTE DRITTER ARTIKEL 5.2.1 (Verträge zugunsten Dritter) (1) Vertragsparteien (der "Versprechende" und der "Versprechensempfänger") können einem Dritten (dem "Begünstigten") durch ausdrückliche oder stillschweigende Vereinbarung ein Recht einräumen. (2) Der Bestand und der Inhalt des Rechts des Begünstigten gegenüber dem Versprechenden bestimmen sich nach der Vereinbarung der Parteien und unterliegen allen in der Vereinbarung enthaltenen Bedingungen oder anderen Beschränkungen. ARTIKEL 5.2.2 (Bestimmbarkeit des Dritten) Der Begünstigte muss durch den Vertrag mit hinreichender Sicherheit bestimmbar sein, braucht aber zur Zeit des Vertragsschlusses noch nicht zu existieren. ARTIKEL 5.2.3 (Ausschluss- und Beschränkungsklauseln) Die Einräumung von Rechten zugunsten des Begünstigten schließt das Recht des Begünstigten ein, sich auf eine Vertragsbestimmung zu berufen, welche seine Haftung ausschließt oder beschränkt. 17 ARTIKEL 5.2.4 (Einwendungen) Der Versprechende kann gegenüber dem Begünstigten alle Einwendungen geltend machen, die der Versprechende gegenüber dem Versprechensempfänger erheben konnte. ARTIKEL 5.2.5 (Widerruf) Die Vertragsparteien können die dem Begünstigten durch den Vertrag eingeräumten Rechte abändern oder widerrufen, bis der Begünstigte sie angenommen oder vernünftiger- weise im Vertrauen auf sie gehandelt hat. ARTIKEL 5.2.6 (Zurückweisung) Der Begünstigte kann ein ihm eingeräumtes Recht zurückweisen. KAPITEL 6 -- ERFÜLLUNG ABSCHNITT 1: ERFÜLLUNG IM ALLGEMEINEN ARTIKEL 6.1.1 (Leistungszeit) Eine Partei muss ihre Verpflichtungen erfüllen: (a) wenn ein Zeitpunkt im Vertrag festgelegt oder auf Grund des Vertrages bestimmbar ist, zu diesem Zeitpunkt; (b) wenn ein Zeitraum im Vertrag festgelegt oder auf Grund des Vertrages bestimmbar ist, jederzeit innerhalb dieses Zeitraums, sofern sich nicht aus den Umständen ergibt, dass die andere Partei den Zeitpunkt zu wählen hat; (c) in allen anderen Fällen innerhalb einer angemessenen Frist nach Vertragsabschluß. ARTIKEL 6.1.2 (Leistung in einem Zug oder in Raten) In den Fällen des Artikels 6.1.1(b) oder (c) muss eine Partei ihre Verpflichtungen in einem Zug erfüllen, wenn diese Leistung in einem Zug erbracht werden kann und die Umstände nichts anderes ergeben. ARTIKEL 6.1.3 (Teilleistung) (1) Der Gläubiger kann, wenn ihm bei Fälligkeit der Leistung eine Teilleistung angeboten wird, diese auch dann zurückweisen, wenn dieses Angebot mit einer Zusicherung hinsichtlich des ausstehenden Teils der Leistung verbunden ist, außer wenn der Gläubiger kein berechtigtes Interesse daran hat, so zu handeln. (2) Zusätzliche Kosten, die dem Gläubiger durch die Teilleistung entstanden sind, sind vorbehaltlich aller weiteren Rechtsbehelfe vom Schuldner zu tragen. 18 ARTIKEL 6.1.4 (Reihenfolge der Leistungen) (1) Soweit die Leistungen der Parteien gleichzeitig erbracht werden können, sind die Parteien verpflichtet, sie gleichzeitig zu erbringen, außer wenn sich aus den Umständen etwas anderes ergibt. (2) Soweit für die Leistung nur einer der Parteien eine Zeitspanne erforderlich ist, hat diese Partei ihre Leistung zuerst zu erbringen, außer wenn sich aus den Umständen etwas anderes ergibt. ARTIKEL 6.1.5 (Vorzeitige Leistung) (1) Der Gläubiger kann eine vorzeitige Leistung zurückweisen, außer wenn er kein berechtigtes Interesse daran hat, so zu handeln. (2) Die Annahme einer vorzeitigen Leistung durch eine Partei berührt nicht die Zeit für die Erfüllung ihrer eigenen Verpflichtungen, wenn diese Zeit unabhängig von der Erfüllung der Verpflichtungen der anderen Partei festgelegt worden ist. (3) Zusätzliche Kosten, die dem Gläubiger durch die vorzeitige Leistung entstanden sind, sind vorbehaltlich aller weiteren Rechtsbehelfe vom Schuldner zu tragen. ARTIKEL 6.1.6 (Leistungsort) (1) Wenn der Leistungsort weder durch den Vertrag festgelegt noch auf Grund des Vertrages bestimmbar ist, hat eine Partei zu erfüllen: (a) eine Zahlungsverpflichtung am Ort der Niederlassung des Gläubigers; (b) jede andere Verpflichtung am Ort ihrer eigenen Niederlassung. (2) Eine Partei hat alle mit der Erfüllung zusammenhängenden Mehrkosten zu tragen, die durch einen Wechsel des Ortes ihrer Niederlassung nach Vertragsabschluß entstehen. ARTIKEL 6.1.7 (Zahlung durch Scheck oder ähnliches Mittel) (1) Zahlung kann in jeder Form bewirkt werden, die im gewöhnlichen Geschäftsverkehr am Zahlungsort benutzt wird. (2) Von einem Gläubiger, der entweder aufgrund von Absatz 1 oder freiwillig einen Scheck, eine andere Zahlungsanweisung oder ein Zahlungsversprechen annimmt, wird jedoch vermutet, dass er das nur unter der Bedingung ihrer Einlösung tut. ARTIKEL 6.1.8 (Zahlung durch Überweisung) (1) Wenn der Gläubiger nicht ein bestimmtes Konto angegeben hat, kann Zahlung durch Überweisung an jedes der Kreditinstitute bewirkt werden, bei welchem der Gläubiger nach seinen Angaben ein Konto unterhält. (2) Bei Zahlung durch Überweisung wird die Verpflichtung des Schuldners erfüllt, sobald die Überweisung an das Kreditinstitut des Gläubigers wirksam wird. 19 ARTIKEL 6.1.9 (Zahlungswährung) (1) Wenn eine Zahlungsverpflichtung in einer anderen Währung ausgedrückt ist als in der des Zahlungsortes, kann sie durch den Schuldner in der Währung des Zahlungsortes erfüllt werden, außer wenn (a) diese Währung nicht frei konvertierbar ist; oder (b) die Parteien vereinbart haben, dass die Zahlung nur in der Währung bewirkt werden soll, in der die Zahlungsverpflichtung ausgedrückt ist. (2) Wenn es für den Schuldner unmöglich ist, die Zahlung in der Währung zu bewirken, in der die Zahlungsverpflichtung ausgedrückt ist, kann der Gläubiger die Zahlung in der Währung des Zahlungsortes verlangen, und zwar auch in dem in Absatz 1 Buchstabe (b) erwähnten Fall. (3) Zahlung in der Währung des Zahlungsortes ist nach dem anzuwendenden Umrechnungskurs zu bewirken, der dort zum Zeitpunkt der Fälligkeit gilt. (4) Wenn der Schuldner aber nicht zum Zeitpunkt der Fälligkeit gezahlt hat, kann der Gläubiger Zahlung gemäß dem anzuwendenden Umrechnungskurs verlangen, der entweder bei Fälligkeit oder zum Zeitpunkt der tatsächlichen Zahlung gilt. ARTIKEL 6.1.10 (Fehlende Angabe der Währung) Wenn eine Zahlungsverpflichtung nicht in einer bestimmten Währung ausgedrückt ist, muss die Zahlung in der Währung des Ortes bewirkt werden, an dem die Zahlung zu leisten ist. ARTIKEL 6.1.11 (Kosten der Erfüllung) Jede Partei hat die Kosten der Erfüllung ihrer Verpflichtungen zu tragen. ARTIKEL 6.1.12 (Anrechnung von Zahlungen) (1) Ein Schuldner, der demselben Gläubiger mehrere Zahlungsverpflichtungen schuldet, kann zum Zeitpunkt der Zahlung die Schuld festlegen, auf welche er die Zahlung angerechnet haben will. Jedoch tilgt die Zahlung zuerst etwaige Kosten, dann fällige Zinsen und zuletzt die Hauptforderung. (2) Wenn der Schuldner eine solche Festlegung nicht trifft, kann der Gläubiger innerhalb angemessener Zeit nach der Zahlung dem Schuldner gegenüber erklären, auf welche Verpflichtung er die Zahlung anrechnet, vorausgesetzt dass die Verpflichtung fällig und unbestritten ist. (3) Mangels einer Anrechnung nach den Absätzen 1 oder 2 wird die Zahlung auf diejenige Verpflichtung angerechnet, die eines der folgenden Kriterien in der angegebenen Reihenfolge erfüllt: (a) eine Verpflichtung, die fällig ist oder die als erste fällig wird; (b) die Verpflichtung, für die der Gläubiger die geringste Sicherheit hat; (c) die Verpflichtung, die den Schuldner am meisten belastet; (d) die Verpflichtung, die als erste entstanden ist. Wenn keines der vorerwähnten Kriterien anwendbar ist, wird die Zahlung auf alle Verpflichtungen verhältnismäßig angerechnet. 20 ARTIKEL 6.1.13 (Anrechnung von anderen Leistungen als Zahlungen) Artikel 6.1.12 findet auf die Anrechnung der Erfüllung von anderen Leistungen als Zahlungen sinngemäß Anwendung. ARTIKEL 6.1.14 (Antrag auf öffentliche Genehmigung) Wenn das Recht eines Staates eine öffentliche Genehmigung verlangt, welche die Gültigkeit des Vertrages oder seine Erfüllung berührt, und wenn weder dieses Recht noch die Umstände etwas anderes ergeben, so hat (a) wenn nur eine Partei ihre Niederlassung in diesem Staat hat, diese Partei die erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen, um die Genehmigung zu erlangen; und (b) in jedem anderen Fall die Partei, deren Leistung eine Genehmigung erfordert, die erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen. ARTIKEL 6.1.15 (Verfahren für den Antrag auf Genehmigung) (1) Die Partei, welche die notwendigen Maßnahmen zu ergreifen hat, um die Genehmigung zu erlangen, hat das unverzüglich zu tun und hat alle damit verbundenen Kosten zu tragen. (2) Diese Partei hat, wann immer das angemessen ist, der anderen Partei die Erteilung oder Verweigerung einer solchen Genehmigung unverzüglich anzuzeigen. ARTIKEL 6.1.16 (Genehmigung weder erteilt noch abgelehnt) (1) Wenn ungeachtet dessen, dass die verantwortliche Partei alle erforderlichen Maßnahmen ergriffen hat, die Genehmigung innerhalb einer vereinbarten Frist oder, wenn keine Frist vereinbart worden ist, innerhalb einer angemessenen Frist seit Abschluss des Vertrages weder erteilt noch abgelehnt worden ist, ist jede Partei berechtigt, den Vertrag aufzuheben. (2) Falls die Genehmigung nur einzelne Bedingungen betrifft, findet Absatz 1 keine Anwendung, wenn es nach den Umständen angemessen ist, den Vertrag im Übrigen auch dann aufrecht zu erhalten, wenn die Genehmigung abgelehnt wird. ARTIKEL 6.1.17 (Ablehnung der Genehmigung) (1) Die Ablehnung einer Genehmigung, welche die Gültigkeit des Vertrages berührt, führt zur Nichtigkeit des Vertrages. Wenn die Ablehnung lediglich die Gültigkeit einzelner Bedingungen betrifft, sind nur diese Bedingungen nichtig, wenn es nach den Umständen angemessen ist, den Vertrag im Übrigen aufrecht zu erhalten. (2) Wenn die Ablehnung einer Genehmigung die Erfüllung des Vertrages gänzlich oder teilweise unmöglich macht, finden die Regeln über die Nichterfüllung Anwendung. 21 ABSCHNITT 2: VERÄNDERTE UMSTÄNDE (HARDSHIP) ARTIKEL 6.2.1 (Einhaltung des Vertrages) Wenn die Erfüllung eines Vertrages für eine der Parteien belastender wird, ist diese Partei dennoch verpflichtet, ihre Verpflichtungen zu erfüllen, vorbehaltlich der folgenden Bestimmungen über veränderte Umstände. ARTIKEL 6.2.2 (Definition der veränderten Umstände [Hardship]) Veränderte Umstände liegen vor, wenn der Eintritt von Ereignissen das Gleichgewicht des Vertrages grundlegend ändert, sei es, weil sich die Kosten der Leistung einer Partei erhöht haben oder weil der Wert der Leistung, die eine Partei erhält, sich vermindert hat, und (a) diese Ereignisse nach Vertragsabschluß eintreten oder der benachteiligten Partei bekannt werden; (b) diese Ereignisse vernünftigerweise durch die benachteiligte Partei zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses nicht hatten berücksichtigt werden können; (c) diese Ereignisse außerhalb des Einflussbereichs der benachteiligten Partei liegen; und (d) das Risiko des Eintritts dieser Ereignisse durch die benachteiligte Partei nicht übernommen worden war. ARTIKEL 6.2.3 (Wirkungen veränderter Umstände) (1) Bei veränderten Umständen ist die benachteiligte Partei berechtigt, Nachverhandlungen zu verlangen. Das Verlangen muss unverzüglich erhoben werden und muss die Gründe angeben, auf die es gestützt wird. (2) Das Verlangen nach einer Nachverhandlung als solches berechtigt die benachteiligte Partei nicht, die Leistung zurückzuhalten. (3) Kann innerhalb einer angemessenen Frist keine Einigung erzielt werden, kann jede Partei das Gericht anrufen. (4) Wenn das Gericht veränderte Umstände feststellt, kann es, wenn angemessen, (a) den Vertrag zu einem Zeitpunkt und zu Bedingungen, die festzulegen sind, aufheben oder (b) den Vertrag mit dem Ziel der Wiederherstellung seines Gleichgewichts anpassen. KAPITEL 7 -- NICHTERFÜLLUNG ABSCHNITT 1: NICHTERFÜLLUNG IM ALLGEMEINEN ARTIKEL 7.1.1 (Begriff der Nichterfüllung) Eine Nichterfüllung liegt vor, wenn eine Partei irgendeine ihrer Vertragspflichten nicht erfüllt, einschließlich einer mangelhaften oder einer verspäteten Erfüllung. 22 ARTIKEL 7.1.2 (Einwirkung der anderen Partei) Eine Partei kann sich nicht auf die Nichterfüllung durch die andere Partei berufen, soweit eine solche Nichterfüllung durch die Handlung oder Unterlassung der ersten Partei oder durch ein anderes Ereignis verursacht wurde, für das die erste Partei das Risiko trägt. ARTIKEL 7.1.3 (Zurückhalten der Leistung) (1) Sollen die Parteien gleichzeitig erfüllen, so kann jede Partei die Leistung zurückhalten, bis die andere Partei ihre Leistung anbietet. (2) Sollen die Parteien nacheinander erfüllen, so kann die Partei, die später erfüllen soll, ihre Leistung zurückhalten, bis die erste Partei erfüllt hat. ARTIKEL 7.1.4 (Nachleistung durch die nichterfüllende Partei) (1) Die nichterfüllende Partei kann auf eigene Kosten jede Nichterfüllung durch Nachleistung heilen, vorausgesetzt dass (a) sie unverzüglich die Nachleistung anzeigt und die vorgesehene Weise und den vorgesehenen zeitlichen Ablauf mitteilt; (b) die Nachleistung nach den Umständen geeignet ist; (c) die benachteiligte Partei kein berechtigtes Interesse an der Zurückweisung der Nachleistung hat; und (d) die Nachleistung umgehend vorgenommen wird. (2) Das Recht auf Nachleistung wird durch eine Aufhebungserklärung nicht ausgeschlossen. (3) Bei wirksamer Anzeige der Nachleistung sind die Rechte der benachteiligten Partei, die mit der Leistung durch die nichterfüllende Partei unvereinbar sind, ausgesetzt, bis die Frist für die Nachleistung abgelaufen ist. (4) Die benachteiligte Partei kann die Leistung bis zur Nachleistung zurückhalten. (5) Ungeachtet der Nachleistung behält die benachteiligte Partei das Recht, Schadenersatz wegen Verspätung und wegen jeden Schadens zu verlangen, der durch die Nachleistung verursacht oder nicht abgewendet wird. ARTIKEL 7.1.5 (Nachfrist) (1) Im Fall der Nichterfüllung kann die benachteiligte Partei durch Erklärung gegenüber der anderen Partei eine Nachfrist gewähren. (2) Während der Nachfrist kann die benachteiligte Partei die Erfüllung ihrer eigenen Gegenleistungspflichten zurückhalten und Schadenersatz verlangen, kann aber keinen anderen Rechtsbehelf geltend machen. Wenn sie eine Anzeige der anderen Partei erhält, dass diese innerhalb der Frist nicht erfüllen wird, oder wenn bei Fristablauf nicht vertragsgemäß erfüllt wurde, so kann die benachteiligte Partei jeden Rechtsbehelf geltend machen, der ihr nach diesem Kapitel zur Verfügung stehen mag. (3) Hat im Fall einer Verzögerung der Erfüllung, die nicht wesentlich ist, die benachteiligte Partei durch Erklärung eine Nachfrist von angemessener Länge gewährt, so kann sie den Vertrag am Ende der Frist aufheben. Ist die Nachfrist nicht von angemes- sener Länge, so wird sie auf eine angemessene Länge ausgedehnt. Die benachteiligte 23 Partei kann in ihrer Erklärung bestimmen, dass der Vertrag ohne weiteres aufgehoben ist, wenn die andere Partei nicht innerhalb der durch die Erklärung gewährten Frist erfüllt. (4) Absatz 3 ist nicht anzuwenden, wenn die nichterfüllte Pflicht nur ein untergeordneter Teil der Vertragspflicht der nichterfüllenden Partei ist. ARTIKEL 7.1.6 (Freizeichnungsklauseln) Die Berufung auf eine Klausel, welche die Haftung einer Partei für Nichterfüllung beschränkt oder ausschließt oder die es einer Partei erlaubt, eine wesentlich andere Leis- tung zu erbringen als die andere Partei vernünftigerweise erwartete, ist ausgeschlossen, wenn dies unter Berücksichtigung des Vertragszwecks grob unredlich wäre. ARTIKEL 7.1.7 (Höhere Gewalt) (1) Eine Nichterfüllung durch eine Partei ist entschuldigt, wenn sie nachweist, dass die Nichterfüllung auf einem außerhalb ihres Einflussbereichs liegenden Hinderungsgrund beruht und dass von ihr vernünftigerweise nicht erwartet werden konnte, den Hinderungs- grund bei Vertragsabschluß in Betracht zu ziehen oder den Hinderungsgrund oder seine Folgen zu vermeiden oder zu überwinden. (2) Besteht der Hinderungsgrund nur vorübergehend, so wirkt die Entschuldigung für einen Zeitraum, der im Hinblick auf die Wirkung des Hinderungsgrunds auf die Vertragserfüllung angemessen ist. (3) Die Partei, die nicht erfüllt, hat der anderen Partei den Hinderungsgrund und seine Wirkung auf ihre Fähigkeit zur Erfüllung anzuzeigen. Erhält die andere Partei die Anzeige nicht innerhalb einer angemessenen Frist, nachdem die nicht erfüllende Partei den Hinderungsgrund kannte oder kennen musste, so haftet diese für den aus dem fehlenden Empfang entstehenden Schaden. (4) Dieser Artikel hindert eine Partei nicht, das Recht zur Aufhebung des Vertrages auszuüben oder die Leistung zurückzuhalten oder Zinsen für einen fälligen Geldbetrag zu fordern. ABSCHNITT 2: ANSPRUCH AUF ERFÜLLUNG ARTIKEL 7.2.1 (Erfüllung einer Zahlungspflicht) Ist eine Partei zur Zahlung von Geld verpflichtet, zahlt sie aber nicht, so kann die andere Partei Zahlung fordern. ARTIKEL 7.2.2 (Erfüllung einer nicht auf Geld gerichteten Leistungspflicht) Erfüllt eine Partei nicht, die zu einer anderen Leistung als einer Geldzahlung verpflichtet ist, so kann die andere Partei Erfüllung fordern, es sei denn, (a) die Erfüllung ist rechtlich oder tatsächlich unmöglich; (b) die Erfüllung oder, sofern erheblich, die Durchsetzung ist unzumutbar beschwerlich oder teuer; (c) die Partei mit Anspruch auf Erfüllung kann vernünftigerweise die Leistung aus anderer Quelle erlangen; (d) die Leistung hat höchstpersönlichen Charakter; oder 24 (e) die Partei mit Anspruch auf Erfüllung fordert die Erfüllung nicht binnen angemessener Zeit, nachdem sie der Nichterfüllung gewahr wurde oder hätte werden sollen. ARTIKEL 7.2.3 (Nachbesserung und Ersatzleistung bei mangelhafter Leistung) Der Anspruch auf Erfüllung umfasst in geeigneten Fällen das Recht, Nachbesserung, Ersatzleistung oder andere Abhilfe bei mangelhafter Erfüllung zu fordern. Die Bestimmungen der Artikel 7.2.1 und 7.2.2 sind entsprechend anzuwenden. ARTIKEL 7.2.4 (Gerichtliches Zwangsgeld) (1) Verurteilt ein Gericht eine Partei zur Erfüllung, so kann es auch anordnen, dass diese Partei ein Zwangsgeld zahlt, wenn sie dem Urteil nicht nachkommt. (2) Das Zwangsgeld ist an die benachteiligte Partei zu zahlen, wenn nicht zwingende Bestimmungen des Rechts des Gerichtsortes anderes bestimmen. Die Zahlung des Zwangsgeldes an die benachteiligte Partei schließt Schadenersatzansprüche nicht aus. ARTIKEL 7.2.5 (Wechsel des Rechtsbehelfs) (1) Eine benachteiligte Partei, die Erfüllung einer nicht auf Geld gerichteten Leistungspflicht verlangt hat und die nicht binnen einer gesetzten Frist oder sonst binnen angemessener Frist die Erfüllung erhalten hat, kann sich auf jeden anderen Rechtsbehelf berufen. (2) Kann die Entscheidung eines Gerichts auf Erfüllung einer nicht auf Geld gerichteten Leistungspflicht nicht durchgesetzt werden, kann die benachteiligte Partei sich auf jeden anderen Rechtsbehelf berufen. ABSCHNITT 3: AUFHEBUNG ARTIKEL 7.3.1 (Recht zur Vertragsaufhebung) (1) Eine Partei kann den Vertrag aufheben, wenn die Nichterfüllung einer der anderen Partei nach dem Vertrag obliegenden Pflicht eine wesentliche Nichterfüllung darstellt. (2) Bei der Feststellung, ob die Nichterfüllung einer Pflicht eine wesentliche Nichterfüllung darstellt, soll insbesondere berücksichtigt werden, ob (a) durch die Nichterfüllung der benachteiligten Partei im wesentlichen entgeht, was sie nach dem Vertrag hätte erwarten dürfen, es sei denn, dass die andere Partei diese Folge nicht vorausgesehen hat und vernünftigerweise auch nicht hätte voraussehen können; (b) die genaue Einhaltung der nicht erfüllten Vertragspflicht für den Vertrag entscheidend ist; (c) die Nichterfüllung absichtlich oder leichtfertig geschieht; (d) die Nichterfüllung der benachteiligten Partei Grund zur Annahme gibt, dass sie sich auf die zukünftige Erfüllung durch die andere Partei nicht verlassen kann; (e) die nichterfüllende Partei aufgrund der Vorbereitung oder Erfüllung unverhältnismäßige Einbußen erleidet, wenn der Vertrag aufgehoben wird. 25 (3) Im Fall der Verzögerung kann die benachteiligte Partei den Vertrag auch dann aufheben, wenn die andere Partei nicht vor Ablauf der ihr nach Artikel 7.1.5 gewährten Frist erfüllt. ARTIKEL 7.3.2 (Aufhebungserklärung) (1) Das Recht einer Partei, den Vertrag aufzuheben, wird durch Mitteilung an die andere Partei ausgeübt. (2) Wenn die Erfüllung verspätet angeboten wurde oder sonst vertragswidrig ist, büßt die benachteiligte Partei ihr Recht zur Aufhebung des Vertrages ein, es sei denn, sie macht der anderen Partei Mitteilung binnen angemessener Frist, nachdem sie des Angebots oder der vertragswidrigen Erfüllung gewahr wurde oder hätte werden müssen. ARTIKEL 7.3.3 (Antizipierte Nichterfüllung) Ist schon vor dem Zeitpunkt, zu dem eine Partei zu leisten hat, offensichtlich, dass es zu einer wesentlichen Nichterfüllung durch diese Partei kommen wird, kann die andere Partei den Vertrag aufheben. ARTIKEL 7.3.4 (Angemessene Sicherheit für ordentliche Erfüllung) Eine Partei, die vernünftigen Grund zur Annahme hat, dass es zu einer wesentlichen Nichterfüllung durch die andere Partei kommen wird, kann für die ordentliche Erfüllung eine angemessene Sicherheit fordern und bis dahin ihre eigene Leistung zurückhalten. Ist die Sicherheit nicht binnen angemessener Frist gestellt, kann die Partei, die sie fordert, den Vertrag aufheben. ARTIKEL 7.3.5 (Wirkungen der Aufhebung im Allgemeinen) (1) Die Aufhebung des Vertrages befreit beide Parteien von ihrer Pflicht, eine künftige Leistung auszuführen oder anzunehmen. (2) Die Aufhebung schließt Schadenersatzansprüche wegen Nichterfüllung nicht aus. (3) Die Aufhebung berührt keine Bestimmung des Vertrages über die Beilegung von Streitigkeiten oder eine andere Bestimmung des Vertrages, die auch nach der Aufhebung noch wirksam sein soll. ARTIKEL 7.3.6 (Rückgabe) (1) Bei Aufhebung des Vertrages kann jede Partei Rückgabe von allem verlangen, was sie geleistet hat, sofern diese Partei Zug um Zug alles zurückgibt, was sie erhalten hat. Ist Rückgabe in Natur nicht möglich oder angemessen, so soll Ersatz in Geld geleistet werden, wann immer dies vernünftig ist. (2) Wenn sich jedoch die Erfüllung des Vertrages über einen Zeitraum erstreckt hat und der Vertrag teilbar ist, so kann Rückgabe nur für die Zeit nach dem Wirksamwerden der Aufhebung verlangt werden. 26 ABSCHNITT 4: SCHADENSERSATZ ARTIKEL 7.4.1 (Recht auf Schadenersatz) Jede Nichterfüllung gewährt der benachteiligten Partei einen Anspruch auf Schaden- ersatz, und zwar entweder ausschließlich oder zusammen mit anderen Rechtsbehelfen, außer wenn die Nichterfüllung nach diesen Grundregeln entschuldigt ist. ARTIKEL 7.4.2 (Volle Entschädigung) (1) Die benachteiligte Partei hat Recht auf vollen Ersatz des Schadens, den sie aufgrund der Nichterfüllung erlitten hat. Dieser Schaden schließt sowohl jeden erlittenen Verlust ein als auch jeden entgangenen Gewinn, wobei jeder Vorteil zu berücksichtigen ist, den die benachteiligte Partei infolge von ihr vermiedener Kosten oder Verluste gezogen hat. (2) Dieser Schaden kann immateriell sein und schließt beispielsweise ein körper- liches Leiden und seelischen Kummer ein. ARTIKEL 7.4.3 (Bestimmtheit des Schadens) (1) Ersatz wird nur für Schaden, einschließlich zukünftigen Schadens, geschuldet, der mit einem vernünftigen Grad an Bestimmtheit festgestellt wird. (2) Ersatz für den Verlust einer Chance kann nach dem Maße der Wahrschein- lichkeit ihres Eintritts geschuldet werden. (3) Kann der Betrag des Schadensersatzes nicht mit hinreichender Bestimmtheit ermittelt werden, so liegt die Festsetzung im Ermessen des Gerichts. ARTIKEL 7.4.4 (Voraussehbarkeit des Schadens) Die nichterfüllende Partei haftet nur für Schaden, den sie bei Vertragsabschluß als wahrscheinliche Folge ihrer Nichterfüllung vorausgesehen hat oder vernünftigerweise hätte voraussehen können. ARTIKEL 7.4.5 (Beweis des Schadens im Falle eines Deckungsgeschäftes) Hat die benachteiligte Partei den Vertrag aufgehoben und hat sie innerhalb eines angemessenen Zeitraumes und in angemessener Weise ein Deckungsgeschäft vorgenommen, so kann sie den Unterschied zwischen dem im Vertrag vereinbarten Preis und dem Preis des Deckungsgeschäfts sowie Ersatz für jeden weiteren Schaden verlangen. ARTIKEL 7.4.6 (Beweis des Schadens durch den Marktpreis) (1) Hat die benachteiligte Partei den Vertrag aufgehoben und kein Deckungsgeschäft vorgenommen, gibt es aber einen Marktpreis für die vertraglich übernommene Leistung, kann sie den Unterschied zwischen dem im Vertrag vereinbarten Preis und dem Marktpreis zur Zeit der Aufhebung des Vertrages sowie Ersatz für jeden weiteren Schaden verlangen. 27 (2) Marktpreis ist der Preis, der allgemein in Rechnung gestellt wird für die Lieferung von Waren oder die Vornahme von Dienstleistungen unter vergleichbaren Umständen an dem Ort, an dem der Vertrag hätte erfüllt werden sollen oder, wenn dort ein Marktpreis nicht besteht, der an einem angemessen Ersatzort geltende Marktpreis. ARTIKEL 7.4.7 (Schaden teilweise durch benachteiligte Partei verursacht) Beruht der Schaden teilweise auf einer Handlung oder Unterlassung der benachteiligten Partei oder auf einem anderen Ereignis, für das diese Partei das Risiko trägt, so wird der Betrag des Schadenersatzes in dem Umfang herabgesetzt, als diese Umstände zu dem Schaden beigetragen haben, wobei das Verhalten der Parteien berücksichtigt wird. ARTIKEL 7.4.8 (Minderung des Schadens) (1) Die nichterfüllende Partei haftet für den von der benachteiligten Partei erlittenen Schaden in dem Umfang nicht, als der Schaden durch angemessene Schritte der letzteren Partei hätte verringert werden können. (2) Die benachteiligte Partei ist berechtigt, Ersatz für alle Aufwendungen zu verlangen, die sie vernünftigerweise bei dem Versuch, den Schaden zu verringern, auf sich genommen hat. ARTIKEL 7.4.9 (Zinsen bei Nichtzahlung von Geld) (1) Zahlt eine Partei einen Geldbetrag nicht bei Fälligkeit, hat die benachteiligte Partei Recht auf Zinsen von diesem Betrag für den Zeitraum von der Fälligkeit bis zur Zahlung, unabhängig davon, ob die Nichtzahlung entschuldigt ist. (2) Der Zinssatz ist der durchschnittliche Bankensatz für kurzfristige Kredite an erstklassige Kreditnehmer, der für die Zahlungswährung am Zahlungsort gilt, oder, wenn es einen solchen Zinssatz dort nicht gibt, der gleiche Satz im Staat der Zahlungswährung. Gibt es einen solchen Satz an beiden Orten nicht, so ist der Zinssatz derjenige angemessene Satz, den das Recht des Staates der Zahlungswährung festlegt. (3) Die benachteiligte Partei kann weiteren Schadenersatz verlangen, wenn die Nichtzahlung ihr einen größeren Schaden verursacht hat. ARTIKEL 7.4.10 (Zinsen auf Schadenersatz) Wenn nicht anders vereinbart, sind Zinsen auf Schadenersatz wegen Nichterfüllung einer nicht auf Geld gerichteten Leistung vom Zeitpunkt der Nichterfüllung an geschuldet. ARTIKEL 7.4.11 (Form des Schadenersatzes in Geld) (1) Der Schadenersatz ist in einem Betrag zu zahlen. Er kann jedoch in Raten zahlbar sein, wenn dies nach der Natur des Schadens angemessen ist. (2) In Raten zu zahlender Schadenersatz kann an einen Index gekoppelt werden. 28 ARTIKEL 7.4.12 (Währung für die Berechnung des Schadenersatzes) Der Schadenersatz ist entweder in der Währung, in der die Zahlungsverpflichtung ausgedrückt war, zu berechnen oder in der Währung, in welcher der Schaden erlitten wurde, je nach dem, welche angemessener ist. ARTIKEL 7.4.13 (Vereinbarte Zahlung wegen Nichterfüllung) (1) Bestimmt derVertrag, dass einePartei, die nicht erfüllt, der benachteiligten Partei für diese Nichterfüllung einen bestimmten Betrag zu zahlen hat, so hat die benachteiligte Partei unabhängig von ihrem tatsächlichen Schaden Anspruch auf diesen Betrag. (2) Ungeachtet einer abweichenden Vereinbarung kann jedoch der bestimmte Betrag auf einen angemessenen Umfang herabgesetzt werden, wenn er im Verhältnis zu dem aus der Nichterfüllung entstandenen Schaden und den anderen Umständen stark überhöht ist. KAPITEL 8 -- AUFRECHNUNG ARTIKEL 8.1 (Voraussetzungen der Aufrechnung) (1) Wenn zwei Parteien einander Geld oder andere Leistungen derselben Art schulden, so kann jede von ihnen (die ,,aufrechnende Partei") ihre Verpflichtung gegen eine solche ihres Gläubigers (der ,,anderen Partei") aufrechnen, wenn zum Zeitpunkt der Aufrechnung (a) die aufrechnende Partei zur Erfüllung ihrer Verpflichtung berechtigt ist; (b) die Verpflichtung der anderen Partei hinsichtlich ihres Bestehens und Betrages bestimmt und die Leistung fällig ist. (2) Beruhen die Verpflichtungen beider Parteien auf demselben Vertrag, kann die aufrechnende Partei ihre Verpflichtung auch gegen eine Verpflichtung der anderen Partei aufrechnen, die hinsichtlich ihres Bestehens oder ihrer Höhe nicht bestimmt ist. ARTIKEL 8.2 (Aufrechnung bei Fremdwährungsverbindlichkeiten) Wenn die Verpflichtungen darin bestehen, Geld in verschiedenen Währungen zu bezahlen, kann das Recht auf Aufrechnung ausgeübt werden, sofern beide Währungen frei konvertierbar sind und die Parteien nicht vereinbart haben, dass die aufrechnende Partei nur in einer bestimmten Währung zu zahlen hat. ARTIKEL 8.3 (Erklärung der Aufrechnung) Das Recht auf Aufrechnung wird durch Erklärung gegenüber der anderen Partei ausgeübt. ARTIKEL 8.4 (Inhalt der Erklärung) (1) Die Erklärung muss die Verpflichtungen bestimmen, auf die sie sich bezieht. (2) Bestimmt die Erklärung nicht die Verpflichtung, gegen welche die Aufrechnung ausgeübt wird, kann die andere Partei innerhalb einer angemessenen Frist gegenüber der aufrechnenden Partei festlegen, auf welche Verpflichtung sich die Aufrechnung bezieht; 29 soweit keine solche Festlegung getroffen wird, bezieht sich die Aufrechnung anteilig auf alle Verpflichtungen. ARTIKEL 8.5 (Wirkung der Aufrechnung) (1) Die Aufrechnung bewirkt das Erlöschen der Verpflichtungen. (2) Unterscheiden sich die Verpflichtungen der Höhe nach, bewirkt die Aufrech- nung das Erlöschen der Verpflichtungen bis zur Höhe der geringeren Verpflichtung. (3) Die Aufrechnung wirkt ab dem Zeitpunkt der Erklärung der Aufrechnung. KAPITEL 9 -- ABTRETUNG VON RECHTEN, ÜBERTRAGUNG VON VERPFLICHTUNGEN, ABTRETUNG VON VERTRÄGEN ABSCHNITT 1: ABTRETUNG VON RECHTEN ARTIKEL 9.1.1 (Definitionen) ,,Abtretung eines Rechts" bedeutet die Übertragung des Rechts einer Person (des ,,bisherigen Gläubigers"), von einem Dritten (dem ,,Schuldner") die Zahlung einer Geld- summe oder eine andere Leistung zu verlangen, durch Vereinbarung auf eine andere Person (den "neuen Gläubiger"), einschließlich einer Übertragung als Sicherheit. ARTIKEL 9.1.2 (Ausschluss) Dieser Abschnitt findet keine Anwendung auf Übertragungen, die erfolgen nach den besonderen Vorschriften für die Übertragung (a) von Papieren wie übertragbaren Wertpapieren, Eigentum dokumentieren- den Urkunden, Finanzierungsinstrumenten oder (b) von Rechten im Rahmen von Unternehmensübertragungen. ARTIKEL 9.1.3 (Abtretbarkeit von anderen Rechten als Geldforderungen) Ein Recht, das nicht in einer Geldzahlung besteht, kann nur abgetreten werden, wenn die Abtretung die Verpflichtung nicht wesentlich belastender macht. ARTIKEL 9.1.4 (Teilabtretung) (1) Ein Recht auf Zahlung einer Geldsumme kann teilweise abgetreten werden. (2) Ein Recht auf eine andere Leistung kann teilweise nur dann abgetreten werden, wenn diese teilbar ist und die Abtretung die Verpflichtung nicht wesentlich belastender macht. ARTIKEL 9.1.5 (Künftige Rechte) Ein künftiges Recht gilt als zum Zeitpunkt der Einigung übertragen, sofern das Recht, wenn es entsteht, als dasjenige bestimmt werden kann, auf das sich die Abtretung bezieht. 30 ARTIKEL 9.1.6 (Abtretung nicht individuell bezeichneter Rechte) Eine Mehrzahl von Rechten kann ohne individuelle Bestimmung abgetreten werden, sofern sie zum Zeitpunkt der Abtretung oder ihrer Entstehung als die Rechte identifiziert werden können, auf die sich die Abtretung bezieht. ARTIKEL 9.1.7 (Einigung zwischen bisherigem und neuem Gläubiger ausreichend) (1) Ein Recht wird durch bloße Einigung zwischen dem bisherigen und dem neuen Gläubiger abgetreten, ohne dass es einer Mitteilung an den Schuldner bedarf. (2) Die Zustimmung des Schuldners ist nicht erforderlich, sofern nicht die Verpflichtung nach den Umständen im wesentlichen persönlicher Natur ist. ARTIKEL 9.1.8 (Mehrkosten des Schuldners) Der Schuldner kann vom bisherigen oder vom neuen Gläubiger für alle durch die Abtretung verursachten Mehrkosten Ersatz verlangen. ARTIKEL 9.1.9 (Vertragliche Abtretungsverbote) (1) Die Abtretung eines Rechts auf Zahlung einer Geldsumme ist auch bei Vorliegen einer Vereinbarung zwischen dem bisherigen Gläubiger und dem Schuldner, die eine solche Abtretung beschränkt oder verbietet, wirksam. Doch haftet der bisherige Gläubiger dem Schuldner gegebenenfalls wegen Vertragsverletzung. (2) Die Abtretung eines Rechts auf eine andere Leistung ist unwirksam, sofern sie im Widerspruch zu einer Vereinbarung zwischen dem bisherigen Gläubiger und dem Schuldner steht, welche die Abtretung beschränkt oder verbietet. Doch ist die Abtretung wirksam, wenn der neue Gläubiger im Zeitpunkt der Abtretung die Vereinbarung weder kannte noch hätte kennen müssen; der bisherige Gläubiger haftet dann dem Schuldner gegebenenfalls wegen Vertragsverletzung. ARTIKEL 9.1.10 (Mitteilung an den Schuldner) (1) Bis zum Erhalt einer Mitteilung über die Abtretung entweder durch den bisherigen oder durch den neuen Gläubiger wird der Schuldner durch Zahlung an den bisherigen Gläubiger befreit. (2) Nach Erhalt einer solchen Mitteilung wird der Schuldner nur durch Zahlung an den neuen Gläubiger befreit. ARTIKEL 9.1.11 (Mehrfache Abtretungen) Ist dasselbe Recht von demselben Gläubiger nacheinander an zwei oder mehr neue Gläubiger abgetreten worden, wird der Schuldner durch Zahlung entsprechend der Reihenfolge befreit, in der er die Mitteilungen erhalten hat. 31 ARTIKEL 9.1.12 (Adäquater Nachweis der Abtretung) (1) Wenn die Mitteilung über die Abtretung durch den neuen Gläubiger erfolgt, kann der Schuldner von dem neuen Gläubiger verlangen, innerhalb einer angemessenen Frist einen adäquaten Nachweis zu erbringen, dass die Abtretung erfolgt ist. (2) Bis ein adäquater Nachweis erbracht wird, kann der Schuldner die Zahlung verweigern. (3) Sofern kein adäquater Nachweis erbracht wird, ist die Mitteilung unwirksam. (4) Einen adäquaten Nachweis stellt insbesondere jedes vom bisherigen Gläubiger stammendes Schriftstück dar, das anzeigt, dass die Abtretung stattgefunden hat. ARTIKEL 9.1.13 (Einwendungen und Aufrechnungsbefugnisse) (1) Der Schuldner kann gegenüber dem neuen Gläubiger alle Einwendungen geltend machen, die er gegenüber dem bisherigen Gläubiger geltend machen konnte. (2) Der Schuldner kann gegenüber dem neuen Gläubiger jedes Recht auf Aufrechnung ausüben, das ihm gegen den bisherigen Gläubiger bis zu dem Zeitpunkt, in dem er die Mitteilung über die Abtretung erhalten hat, zur Verfügung stand. ARTIKEL 9.1.14 (Rechte, die sich auf den abgetretenen Anspruch beziehen) Durch die Abtretung eines Rechts werden dem neuen Gläubiger übertragen: (a) alle Rechte des bisherigen Gläubigers auf Zahlung oder eine andere Leistung, die sich aus dem Vertrag in Bezug auf die abgetretenen Rechte ergeben und (b) alle Rechte, welche die Erfüllung des abgetretenen Rechts sichern. ARTIKEL 9.1.15 (Zusicherungen des bisherigen Gläubigers) Sofern er ihm gegenüber nicht etwas anderes offengelegt hat, sichert der bisherige dem neuen Gläubiger gegenüber zu, dass: (a) das abgetretene Recht zum Zeitpunkt der Abtretung besteht, sofern es sich bei dem Recht nicht um ein künftiges Recht handelt; (b) der bisherige Gläubiger berechtigt ist, das Recht abzutreten; (c) das Recht nicht zuvor an einen anderen neuen Gläubiger abgetreten worden ist und frei von Rechten oder Ansprüchen Dritter ist. (d) dem Schuldner keine Einwendungen zustehen; (e) weder der Schuldner noch der bisherige Gläubiger bezüglich des abgetre- tenen Rechts die Aufrechnung erklärt haben und auch nicht erklären werden; (f) der bisherige Gläubiger dem neuen Gläubiger für alle vom Schuldner vor Mitteilung der Abtretung erhaltenen Zahlungen Erstattung leisten wird. 32 ABSCHNITT 2: ÜBERTRAGUNG VON VERPFLICHTUNGEN ARTIKEL 9.2.1 (Arten der Übertragung) Eine Verpflichtung, Geld zu zahlen oder eine andere Leistung zu erbringen, kann von einer Person (dem ,,bisherigen Schuldner") auf eine andere Person (den ,,neuen Schuldner) übertragen werden (a) durch eine Vereinbarung zwischen dem bisherigen Schuldner und dem neuen Schuldner gemäß Artikel 9.2.3, oder (b) durch eine Vereinbarung zwischen dem Gläubiger und dem neuen Schuldner, durch die der neue Schuldner die Verpflichtung übernimmt. ARTIKEL 9.2.2 (Ausschluss) Dieser Abschnitt findet keine Anwendung auf die Übertragung von Verpflichtungen, die nach den besonderen Vorschriften über die Übertragung von Verpflichtungen im Rahmen von Unternehmensübertragungen erfolgen. ARTIKEL 9.2.3 (Erfordernis der Zustimmung des Gläubigers) Die Übertragung einer Verpflichtung durch Vereinbarung zwischen dem bisherigen und dem neuen Schuldner erfordert die Zustimmung des Gläubigers. ARTIKEL 9.2.4 (Im Voraus erteilte Zustimmung des Gläubigers) (1) Der Gläubiger kann seine Zustimmung im Voraus erteilen. (2) Hat der Gläubiger seine Zustimmung im Voraus erteilt, so wird die Übertragung der Verpflichtung wirksam, wenn sie dem Gläubiger mitgeteilt wird oder wenn dieser sie anerkennt. ARTIKEL 9.2.5 (Befreiung des bisherigen Schuldners) (1) Der Gläubiger kann den bisherigen Schuldner von seiner Verbindlichkeit befreien. (2) Der Gläubiger kann auch an dem bisherigen Schuldner festhalten für den Fall, dass der neue Schuldner nicht richtig erfüllt. (3) Ansonsten werden bisheriger und neuer Schuldner Gesamtschuldner. ARTIKEL 9.2.6 (Leistung Dritter) (1) Der Schuldner kann ohne Zustimmung des Gläubigers mit einer anderen Person vereinbaren, dass diese die Verpflichtung anstelle des Schuldners erfüllt, sofern nicht die Verpflichtung nach den Umständen im wesentlichen persönlicher Natur ist. (2) Der Gläubiger behält seinen Anspruch gegen den Schuldner. 33 ARTIKEL 9.2.7 (Einwendungen und Aufrechnungsbefugnisse) (1) Der neue Schuldner kann gegenüber dem Gläubiger alle Einwendungen geltend machen, die der bisherige Schuldner gegenüber dem Gläubiger geltend machen konnte. (2) Der neue Schuldner kann gegenüber dem Gläubiger kein Recht auf Aufrechnung ausüben, das dem bisherigen Schuldner gegenüber dem Gläubiger zur Verfügung stand. ARTIKEL 9.2.8 (Rechte, die sich auf die übertragene Verpflichtung beziehen) (1) Der Gläubiger kann gegenüber dem neuen Schuldner alle seine Rechte auf Zahlung oder eine andere Leistung geltend machen, die sich aus dem Vertrag in Bezug auf die übernommenen Verpflichtungen ergeben. (2) Wenn der bisherige Schuldner gemäß Art. 9.2.5 (1) befreit wird, erlischt auch eine Sicherheit, die von einer anderen Person als dem neuen Schuldner für die Erfüllung der Verpflichtung eingeräumt worden ist, sofern nicht diese andere Person damit einverstanden ist, dass die Sicherheit dem Gläubiger weiterhin zur Verfügung stehen soll. (3) Die Befreiung des bisherigen Schuldners erstreckt sich auch auf Sicherheiten, die der bisherige Schuldner dem Gläubiger für die Erfüllung der Verpflichtung eingeräumt hat, es sei denn, die Sicherheit besteht an einem Vermögensgegenstand, der als Teil eines Geschäfts zwischen dem bisherigen und dem neuen Schuldner übertragen worden ist. ABSCHNITT 3: ABTRETUNG VON VERTRÄGEN ARTIKEL 9.3.1 (Definition) ,,Abtretung eines Vertrages" bedeutet, dass eine Person (die ,,bisherige Vertrags- partei") durch Vereinbarung mit einer anderen Person (der ,,neuen Vertragspartei") ihre Rechte und Verpflichtungen überträgt, die sich aus einem Vertrag mit einem Dritten (der ,,anderen Vertragspartei") ergeben. ARTIKEL 9.3.2 (Ausschluss) Dieser Abschnitt findet keine Anwendung auf Abtretungen von Verträgen, die nach den besonderen Vorschriften über die Abtretung von Verträgen im Rahmen von Unternehmensübertragungen erfolgen. ARTIKEL 9.3.3 (Erfordernis der Zustimmung der anderen Vertragspartei) Die Abtretung eines Vertrages erfordert die Zustimmung der anderen Vertragspartei. ARTIKEL 9.3.4 (Im Voraus erteilte Zustimmung der anderen Vertragspartei) (1) Die andere Vertragspartei kann ihre Zustimmung im Voraus erteilen. (2) Hat die andere Vertragspartei ihre Zustimmung im Voraus erteilt, so wird die Abtretung des Vertrages wirksam, wenn sie der anderen Vertragspartei mitgeteilt wird oder wenn diese sie anerkennt. 34 ARTIKEL 9.3.5 (Befreiung der bisherigen Vertragspartei) (1) Die andere Vertragspartei kann die bisherige Vertragspartei von ihren Verbindlichkeiten befreien. (2) Die andere Vertragspartei kann auch an der bisherigen Vertragspartei als Schuldner festhalten für den Fall, dass die neue Vertragspartei nicht richtig erfüllt. (3) Ansonsten werden die bisherige und die neue Vertragspartei Gesamtschuldner der anderen Vertragspartei. ARTIKEL 9.3.6 (Einwendungen und Aufrechnungsbefugnisse) (1) Soweit die Abtretung eines Vertrages eine Abtretung von Rechten enthält, ist Artikel 9.1.13 entsprechend anwendbar. (2) Soweit die Abtretung eines Vertrages eine Übertragung von Verpflichtungen enthält, ist Artikel 9.2.7 entsprechend anwendbar. ARTIKEL 9.3.7 (Mit dem Vertrag übertragene Rechte) (1) Soweit die Abtretung eines Vertrages eine Abtretung von Rechten enthält, ist Artikel 9.1.14 entsprechend anwendbar. (2) Soweit die Abtretung eines Vertrages eine Übertragung von Verpflichtungen enthält, ist Artikel 9.2.8 entsprechend anwendbar. KAPITEL 10 -- VERJÄHRUNGSFRISTEN ARTIKEL 10.1 (Anwendungsbereich des Kapitels) (1) Die Ausübung von Rechten, die diesen Grundregeln unterliegen, wird durch den Ablauf einer Zeitspanne (der ,,Verjährungsfrist") gemäß den Regeln dieses Kapitels begrenzt. (2) Dieses Kapitel regelt nicht die Frist, innerhalb derer eine Partei als Bedingung für den Erwerb oder die Ausübung ihres Rechts eine Mitteilung gegenüber der anderen Partei abzugeben oder eine Handlung vorzunehmen hat, die nicht in der Einleitung eines gerichtlichen Verfahrens besteht. ARTIKEL 10.2 (Verjährungsfristen) (1) Die allgemeine Verjährungsfrist beträgt drei Jahre ab dem Tag nach dem Tag, an dem der Gläubiger die Tatsachen, aufgrund derer sein Recht ausgeübt werden kann, kennt oder kennen musste. (2) In jedem Fall beträgt die maximale Verjährungsfrist zehn Jahre ab dem Tag nach dem Tag, an dem das Recht ausgeübt werden kann. ARTIKEL 10.3 (Veränderung der Verjährungsfristen durch die Parteien) (1) Die Parteien können die Verjährungsfristen verändern. 35 (2) Doch dürfen sie nicht (a) die allgemeine Verjährungsfrist auf weniger als ein Jahr verkürzen; (b) die maximale Verjährungsfrist auf weniger als vier Jahre verkürzen; (c) die maximale Verjährungsfrist auf mehr als fünfzehn Jahre verlängern. ARTIKEL 10.4 (Neue Verjährungsfrist infolge Anerkenntnis) (1) Wenn der Schuldner vor Ablauf der allgemeinen Verjährungsfrist das Recht des Gläubigers anerkennt, so beginnt die allgemeine Verjährungsfrist an dem Tag nach dem Tag des Anerkenntnisses erneut zu laufen. (2) Die maximale Verjährungsfrist beginnt nicht erneut zu laufen; sie kann aber durch den erneuten Beginn der allgemeinen Verjährungsfrist nach Artikel 10.2 (1) überschritten werden. ARTIKEL 10.5 (Hemmung bei gerichtlichen Verfahren) (1) Der Lauf der Verjährungsfrist ist gehemmt, (a) wenn der Gläubiger durch die Einleitung eines gerichtlichen Verfahrens oder in einem bereits eingeleiteten gerichtlichen Verfahren eine Handlung vornimmt, die vom Recht des Gerichtstandes als Geltendmachung seines Rechts gegen den Schuldner anerkannt wird; (b) im Falle der Insolvenz des Schuldners, wenn der Gläubiger seine Rechte im Insolvenzverfahren geltend gemacht hat; oder (c) sofern der Schuldner eine in Auflösung befindliche juristische Person ist, wenn der Gläubiger seine Rechte im Auflösungsverfahren geltend gemacht hat. (2) Die Hemmung dauert fort, bis das Verfahren durch eine rechtskräftige gerichtliche Entscheidung oder anderweit beendet worden ist. ARTIKEL 10.6 (Hemmung bei Schiedsverfahren) (1) Der Lauf der Verjährungsfrist ist gehemmt, wenn der Gläubiger durch die Einleitung eines Schiedsverfahrens oder in einem bereits eingeleiteten Schiedsverfahren eine Handlung vornimmt, die vom Recht des Schiedsgerichts als Geltendmachung seines Rechts gegen den Schuldner anerkannt wird. In Ermangelung von Regelungen über Schiedsverfahren oder von Bestimmungen, die den genauen Zeitpunkt des Beginns von Schiedsverfahren festlegen, gilt das Verfahren in dem Zeitpunkt als begonnen, in dem ein Ersuchen den Schuldner erreicht, über das in Streit befindliche Recht ein Verfahren einzuleiten. (2) Die Hemmung dauert fort, bis das Verfahren durch eine verbindliche schiedsrichterliche Entscheidung oder anderweit beendet worden ist. ARTIKEL 10.7 (Alternative Streitbeilegung) Die Bestimmungen der Artikel 10.5 und 10.6 finden mit angemessenen Anpassungen auf andere Verfahren Anwendung, bei denen die Parteien eine dritte Person ersuchen, ihnen bei ihrem Versuch behilflich zu sein, ihren Streit gütlich beizulegen. 36 ARTIKEL 10.8 (Hemmung bei höherer Gewalt, Tod oder fehlender Geschäftsfähigkeit) (1) Wenn der Gläubiger durch einen Hinderungsgrund, der außerhalb seines Einflussbereichs liegt und den er weder vermeiden noch überwinden konnte, davon abgehalten worden ist, den Lauf einer Verjährungsfrist nach den vorstehenden Vorschriften aufzuhalten, so ist die allgemeine Verjährungsfrist dergestalt gehemmt, dass sie nicht vor Ende eines Jahres nach Beseitigung des maßgeblichen Hindernisses abläuft. (2) Sofern das Hindernis in der fehlenden Geschäftsfähigkeit oder dem Tod des Gläubigers oder des Schuldners liegt, endet die Hemmung, wenn ein Vertreter für den Geschäftsunfähigen, oder den Verstorbenen oder seinen Nachlass, bestellt worden oder ein Rechtsnachfolger an die Stelle der betroffenen Partei getreten ist; die zusätzliche Jahresfrist nach Absatz 1 findet entsprechende Anwendung. ARTIKEL 10.9 (Die Wirkungen des Ablaufs der Verjährungsfrist) (1) Mit Ablauf einer Verjährungsfrist erlischt das Recht nicht. (2) Der Ablauf der Verjährungsfrist hat nur Wirkung, wenn der Schuldner sich verteidigungsweise darauf beruft. (3) Ein Recht kann noch als Verteidigung geltend gemacht werden, auch wenn der Ablauf der Verjährungsfrist für dieses Recht geltend gemacht worden ist. ARTIKEL 10.10 (Aufrechnungsbefugnis nach Ablauf der Verjährungsfrist) Der Gläubiger ist befugt, die Aufrechnung zu erklären, bis der Schuldner den Ablauf der Verjährungsfrist geltend gemacht hat. ARTIKEL 10.11 (Rückforderung) Wenn zur Erfüllung einer Verpflichtung geleistet worden ist, kann das Geleistete nicht allein deshalb zurückgefordert werden, weil die Verjährungsfrist abgelaufen ist.