Unterrichteinheit zum Thema: Anfechtung wegen Täuschung und Drohung Videofall: Verschwiegene Schwangerschaft Arbeitsblatt 1 1. Geben Sie bitte anhand der Stichwörter die Elemente des Sachverhalts wieder, die juristisch relevant sind. Neue Wohnung – Arbeit in Gärtnerei - schwanger – Arbeit suchen – Buchhandlung – Vorstellungsgespräch – Frage nach Kompetenzen – Frage nach Schwangerschaft – Anstellung – Bekanntwerden der Schwangerschaft – Entlassung – sich irren, sich täuschen Arbeitsblatt 2 2. Herr Siegl fragt Frau Bachmann beim Einstellungsgespräch, ob sie schwanger sei. Was meinen Sie: Handelt es sich bei dieser Frage um eine Diskriminierung im Sinne von § 611a BGB und Art. 2 und 3 der Richtlinie 76/207/EWG? Lesen Sie bitte die entsprechenden Vorschriften. Diskutieren Sie die Frage in kleinen Gruppen und notieren Sie die Argumente in der Tabelle. BGB: § 611 a Geschlechtsbezogene Benachteiligung. (1) ^1Der Arbeitgeber darf einen Arbeitnehmer bei einer Vereinbarung oder einer Maßnahme, insbesondere bei der Begründung des Arbeitsverhältnisses, beim beruflichen Aufstieg, bei einer Weisung oder einer Kündigung, nicht wegen seines Geschlechts benachteiligen.(...) Richtlinie 76/207/EWG: Artikel 2 (1) Der Grundsatz der Gleichbehandlung im Sinne der nachstehenden Bestimmungen beinhaltet, dass keine unmittelbare oder mittelbare Diskriminierung auf Grund des Geschlechts – insbesondere unter Bezugnahme auf den Ehe- oder Familienstand – erfolgen darf.(...) Artikel 3 (1) Die Anwendung des Grundsatzes der Gleichbehandlung beinhaltet, dass bei den Bedingungen des Zugangs – einschließlich der Auswahlkriterien – zu den Beschäftigungen oder Arbeitsplätzen – unabhängig vom Tätigkeitsbereich oder Wirtschaftszweig – und zu allen Stufen der beruflichen Rangordnung keine Diskriminierung auf Grund des Geschlechts erfolgt.(...) Arbeitsblatt 3a 3. Lesen Sie bitte die Gesetzestexte (BGB) und prüfen Sie, ob Herr Siegl seine Willenserklärung wegen Irrtums anfechten kann; notieren Sie die Ergebnisse. § 119. [Anfechtbarkeit wegen Irrtums] (1) Wer bei der Abgabe einer Willenserklärung über deren Inhalt im Irrtume war oder eine Erklärung dieses Inhalts überhaupt nicht abgeben wollte, kann die Erklärung anfechten, wenn anzunehmen ist, dass er sie bei Kenntnis der Sachlage und bei verständiger Würdigung des Falles nicht abgegeben haben würde. (2) Als Irrtum über den Inhalt der Erklärung gilt auch der Irrtum über solche Eigenschaften der Person oder der Sache, die im Verkehr als wesentlich angesehen werden. § 142. [Wirkung der Anfechtung] (1) Wird ein anfechtbares Rechtsgeschäft angefochten, so ist es als von Anfang an nichtig anzusehen. § 143. [Anfechtungserklärung] (1) Die Anfechtung erfolgt durch Erklärung gegenüber dem Anfechtungsgegner. (2) Anfechtungsgegner ist bei einem Vertrag der andere Teil (...). 4. Welche Wirkung hat die Anfechtung? Arbeitsblatt 3b 3. Lesen Sie bitte die Gesetzestexte (BGB) und prüfen Sie, ob Herr Siegl seine Willenserklärung wegen arglistiger Täuschung anfechten kann; notieren Sie die Ergebnisse. § 123. [Anfechtbarkeit wegen Täuschung oder Drohung] (1) Wer zur Abgabe einer Willenserklärung durch arglistige Täuschung oder widerrechtlich durch Drohung bestimmt worden ist, kann die Erklärung anfechten. § 142. [Wirkung der Anfechtung] (1) Wird ein anfechtbares Rechtsgeschäft angefochten, so ist es als von Anfang an nichtig anzusehen. § 143. [Anfechtungserklärung] (1) Die Anfechtung erfolgt durch Erklärung gegenüber dem Anfechtungsgegner. (2) Anfechtungsgegner ist bei einem Vertrag der andere Teil (...). 4. Welche Wirkung hat die Anfechtung? Arbeitsblatt 4 5. Sie sehen nun die Hauptverhandlung des Verfahrens Bachmann gegen Siegl. a) Argumente der Klägerin: * * * * * * * b) Argumente des Beklagten: * * * Arbeitsblatt 5 6. Übung zur Festigung des Wortschatzes: Ergänzen Sie bitte folgende Ausdrücke im nachstehenden Text. täuschen – rechtswidrig – benachteiligen - Rechtsordnung -Täuschung - Anfechtung – irren – zulässig – Arbeitgeber - Richtlinie Urteilsverkündung VR: Im Namen des Volkes verkünde ich folgendes Endurteil: 1. Es wird festgestellt, dass das _______________ zwischen der Klägerin und dem Beklagten fortbesteht. 2. Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens. Kurz zu den Gründen: Eine europarechtliche ___________ bestimmt, dass ein Arbeitgeber bei der Begründung eines Arbeitsverhältnisses einen Arbeitnehmer nicht wegen seines Geschlechts ______________ darf. Der Europäische Gerichtshof hat in diesem Zusammenhang erklärt, dass auch eine bestehende Schwangerschaft einen Arbeitgeber nicht berechtigt, eine ansonsten geeignete Bewerberin abzulehnen. Ist die Schwangerschaft kein ______________, so darf ein Arbeitgeber auch nicht eine Arbeitnehmerin nach einer bestehenden Schwangerschaft fragen. Ihm ist es verwehrt, insoweit in den persönlichen Bereich der Arbeitnehmerin einzudringen. Die Rechtsordnung schützt sein dahingehendes _______________ nicht. Es steht zwar fest, dass Frau Simone Bachmann Sie, Herrn Siegel, getäuscht hat, bewusst getäuscht hat; diese _________ war jedoch, da die Frage schon nicht zulässig war, nicht ____________. Somit liegt keine ____________ Täuschung vor. Sie begründen die ___________ auch noch damit, dass Sie sich über eine _________ ________ geirrt haben. Nun ist die Schwangerschaft ein vorübergehender _________, aber keine dauerhafte Eigenschaft einer Arbeitnehmerin. Sie kann auch während der Schwangerschaft arbeiten. Und auch die Vertrauenswürdigkeit, die Sie anführen, ist dadurch, dass sie die Frage wahrheitswidrig beantwortet hat, nicht als erschüttert anzusehen, da schon Ihre Frage nicht ________ war. Somit war Frau Bachmann Recht zu geben, und Sie müssen sie, Herr Siegel, demnach weiterbeschäftigen. Gesetzestexte Bürgerliches Gesetzbuch (Auszug) § 119 Anfechtbarkeit wegen Irrtums. (1) Wer bei der Abgabe einer Willenserklärung über deren Inhalt im Irrtume war oder eine Erklärung dieses Inhalts überhaupt nicht abgeben wollte, kann die Erklärung anfechten, wenn anzunehmen ist, dass er sie bei Kenntnis der Sachlage und bei verständiger Würdigung des Falles nicht abgegeben haben würde. (2) Als Irrtum über den Inhalt der Erklärung gilt auch der Irrtum über solche Eigenschaften der Person oder der Sache, die im Verkehr als wesentlich angesehen werden. § 123 Anfechtbarkeit wegen Täuschung oder Drohung. (1) Wer zur Abgabe einer Willenserklärung durch arglistige Täuschung oder widerrechtlich durch Drohung bestimmt worden ist, kann die Erklärung anfechten. (2) ^1Hat ein Dritter die Täuschung verübt, so ist eine Erklärung, die einem anderen gegenüber abzugeben war, nur dann anfechtbar, wenn dieser die Täuschung kannte oder kennen musste. ^2Soweit ein anderer als derjenige, welchem gegenüber die Erklärung abzugeben war, aus der Erklärung unmittelbar ein Recht erworben hat, ist die Erklärung ihm gegenüber anfechtbar, wenn er die Täuschung kannte oder kennen musste. § 142 Wirkung der Anfechtung. (1) Wird ein anfechtbares Rechtsgeschäft angefochten, so ist es als von Anfang an nichtig anzusehen. (2) Wer die Anfechtbarkeit kannte oder kennen musste, wird, wenn die Anfechtung erfolgt, so behandelt, wie wenn er die Nichtigkeit des Rechtsgeschäfts gekannt hätte oder hätte kennen müssen. § 611 Vertragstypische Pflichten beim Dienstvertrag. (1) Durch den Dienstvertrag wird derjenige, welcher Dienste zusagt, zur Leistung der versprochenen Dienste, der andere Teil zur Gewährung der vereinbarten Vergütung verpflichtet. (2) Gegenstand des Dienstvertrags können Dienste jeder Art sein. § 611 a Geschlechtsbezogene Benachteiligung. (1) ^1Der Arbeitgeber darf einen Arbeitnehmer bei einer Vereinbarung oder einer Maßnahme, insbesondere bei der Begründung des Arbeitsverhältnisses, beim beruflichen Aufstieg, bei einer Weisung oder einer Kündigung, nicht wegen seines Geschlechts benachteiligen. (...) Richtlinientext Richtlinie des Rates vom 9. Februar 1976 zur Verwirklichung des Grundsatzes der Gleichbehandlung von Männern und Frauen hinsichtlich des Zugangs zur Beschäftigung, zur Berufsbildung und zum beruflichen Aufstieg sowie in Bezug auf die Arbeitsbedingungen (76/207/EWG) DER RAT DER EUROPÄISCHEN GEMEINSCHAFTEN – gestützt auf den Vertrag zur Gründung der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft, insbesondere auf Artikel 235, auf Vorschlag der Kommission, nach Stellungnahme des Europäischen Parlaments, nach Stellungnahme des Wirtschafts- und Sozialausschusses, in Erwägung nachstehender Gründe: Der Rat hat in seiner Entschließung vom 21. Januar 1974 über ein sozialpolitisches Aktionsprogramm als eine der Prioritäten die Durchführung von Aktionen festgelegt, die zum Ziel haben, gleiche Bedingungen für Männer und Frauen hinsichtlich des Zugangs zur Beschäftigung, zur beruflichen Bildung und zum beruflichen Aufstieg sowie in Bezug auf die Arbeitsbedingungen einschließlich der Entlohnung zu schaffen. In Bezug auf die Entlohnung hat der Rat am 10. Februar 1975 die Richtlinie 75/117/EWG zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Anwendung des Grundsatzes des gleichen Entgelts für Männer und Frauen angenommen. Ein Tätigwerden der Gemeinschaft erscheint auch notwendig, um den Grundsatz der Gleichbehandlung von Männern und Frauen hinsichtlich des Zugangs zur Beschäftigung, zur Berufsbildung und zum beruflichen Aufstieg sowie in Bezug auf die sonstigen Arbeitsbedingungen zu verwirklichen. Die Gleichbehandlung von männlichen und weiblichen Arbeitnehmern stellt eines der Ziele der Gemeinschaft dar, soweit es sich insbesondere darum handelt, auf dem Wege des Fortschritts die Angleichung der Lebens- und Arbeitsbedingungen der Arbeitskräfte zu fördern. Im Vertrag sind die besonderen, hierfür erforderlichen Befugnisse nicht vorgesehen. Der Grundsatz der Gleichbehandlung im Bereich der sozialen Sicherheit ist durch spätere Rechtsakte zu definieren und schrittweise zu verwirklichen. - HAT FOLGENDE RICHTLINIE ERLASSEN: Artikel 1 (1) ^1Diese Richtlinie hat zum Ziel, dass in den Mitgliedstaaten der Grundsatz der Gleichbehandlung von Männern und Frauen des Zugangs zur Beschäftigung, einschließlich des Aufstiegs, und des Zugangs zur Berufsbildung sowie in Bezug auf die Arbeitsbedingungen und in Bezug auf die soziale Sicherheit unter den in Absatz 2 vorgesehenen Bedingungen verwirklicht wird. ^2Dieser Grundsatz wird im folgenden als "Grundsatz der Gleichbehandlung" bezeichnet. (2) Der Rat erlässt im Hinblick auf die schrittweise Verwirklichung des Grundsatzes der Gleichbehandlung im Bereich der sozialen Sicherheit auf Vorschlag der Kommission Bestimmungen, in denen dazu insbesondere der Inhalt, die Tragweite und die Anwendungsmodalitäten angegeben sind. Artikel 2 (1) Der Grundsatz der Gleichbehandlung im Sinne der nachstehenden Bestimmungen beinhaltet, dass keine unmittelbare oder mittelbare Diskriminierung auf Grund des Geschlechts – insbesondere unter Bezugnahme auf den Ehe- oder Familienstand - erfolgen darf. (2) Diese Richtlinie steht nicht der Befugnis der Mitgliedstaaten entgegen, solche beruflichen Tätigkeiten und gegebenenfalls die dazu jeweils erforderliche Ausbildung für die das Geschlecht auf Grund ihrer Art oder der Bedingungen ihrer Ausübung eine unabdingbare Voraussetzung darstellt, von ihrem Anwendungsbereich auszuschließen. (3) Diese Richtlinie steht nicht den Vorschriften zum Schutz der Frau, insbesondere bei Schwangerschaft und Mutterschaft, entgegen. (4) Diese Richtlinie steht nicht den Maßnahmen zur Förderung der Chancengleichheit für Männer und Frauen, insbesondere durch Beseitigung der tatsächliche bestehenden Ungleichheiten, die die Chancen der Frauen in den in Artikel 1 Absatz 1 genannten Bereichen beeinträchtigen, entgegen. Artikel 3 (1) Die Anwendung des Grundsatzes der Gleichbehandlung beinhaltet, daß bei den Bedingungen des Zugangs – einschließlich der Auswahlkriterien – zu den Beschäftigungen oder Arbeitsplätzen – unabhängig vom Tätigkeitsbereich oder Wirtschaftszweig – und zu allen Stufen der beruflichen Rangordnung keine Diskriminierung auf Grund des Geschlechts erfolgt. (2) Zu diesem Zweck treffen die Mitgliedstaaten die notwendigen Maßnahmen, um sicherzustellen, a) dass die mit dem Grundsatz der Gleichbehandlung unvereinbaren Rechts- und Verwaltungsvorschriften beseitigt werden; b) dass die mit dem Grundsatz der Gleichbehandlung unvereinbaren Bestimmungen in Tarifverträgen oder Einzelarbeitsverträgen, in Betriebsordnungen sowie in den Statuten der freien Berufe nichtig sind, für nichtig erklärt oder geändert werden können; c) dass die mit dem Grundsatz der Gleichbehandlung unvereinbaren Rechts- und Verwaltungsvorschriften, bei denen der Schutzgedanke, aus dem heraus sie ursprünglich entstanden sind, nicht mehr begründet ist, revidiert werden; dass hinsichtlich der Tarifbestimmungen gleicher Art die Sozialpartner zu den wünschenswerten Revisionen aufgefordert werden. (...) Artikel 6 Die Mitgliedstaaten erlassen die innerstaatlichen Vorschriften, die notwendig sind, damit jeder, der sich wegen Nichtanwendung des Grundsatzes der Gleichbehandlung im Sinne der Artikel 3, 4 und 5 auf seine Person für beschwert hält, nach etwaiger Befassung anderer zuständiger Stellen seine Rechte gerichtlich geltend machen kann. (...) Artikel 8 Die Mitgliedstaaten tragen dafür Sorge, dass die in Anwendung dieser Richtlinie ergehenden Maßnahmen sowie die bereits geltenden einschlägigen Vorschriften den Arbeitnehmern in jeder geeigneten Form bekannt gemacht werden, beispielsweise in den Betrieben. BGB BGB