Christian Neschwara Institut für Rechts- und Verfassungsgeschichte / Universität Wien KURS Grundzüge der Geschichte des österreichischen Privatrechts 1. Block, 10-12: 30 Allgemeines zur Privatrechtsgeschichte bis zu den Kodifikationen (Schwerpunkt Österreich) 2. Block, 13:30-15 Besonderes zur Entstehungs- und Wirkungsgeschichte des ABGB KURS Grundzüge der Geschichte des österreichischen Privatrechts Literatur: Arbeitsgemeinschaft Österreichische Rechtsgeschichte [= Kohl / Neschwara / Olechowski / Reiter-Zatloukal – Schennach] (Hrsg), Rechts- und Verfassungsgeschichte, 4. Auflage 2016; Brauneder, Europäische Privatrechtsgeschichte, 2014; Vojáček / Schelle / Tauchen (Hrsg), Die Entwicklung des tschechischen Privatrechts, 2011. Teil I Allgemeine Privatrechtsgeschichte bis zu den Kodifikationen (Schwerpunkt Österreich) Wurzeln des modernen Privatrechts Heimische Rechte: Rechtsbücher, Weistümer Rechtsleben: Gewohnheitsrecht: Römisches Recht: Corpus Juris Civilis Kanonisches Recht: Corpus Juris Canonici Obrigkeiten – Rechtswissenschaft: Gesetzesrecht – Juristenrecht („gelehrte“ Rechte) engl. Common law, Skand. R; Statuta - Ius Commune (I) Europ.Rechte: Heimischdt Rechte Gemeines Recht: röm-kanonR M o d e r n e s R e c h t Naturrecht SpätMA FrühNZ 12.JH. 15.JH. 16.JH. 17.JH. 18.JH. Gesetzgebung und Rechtswissenschaft Rechtsprechung Rechtswissenschaft K o d i f i k a t i o n e n: A L R, C C, A B G B Rechtswiss. I u s R o m a n o – Germanicum (Gewohnheiten, Gesetze) Ius rom-hisp (E) droit écr, cout (F) 19.JH. RECHTSBILDUNG (= Entstehung von Recht verbindliche Normen): durch – Rechtsleben = Gewohnheitsrecht – Rechtswissenschaft = Juristenrecht – obrigkeitliche Rechtssetzung = Gesetzesrecht ENTSTEHUNG UND ENTWICKLUNG des modernen PRIVATRECHTS durch – heimische Gewohnheits-Rechte: Europa – deutsche – Kanonisches Recht und – Römisches Recht sowie = jeweils von Menschen „deponiertes“ / „positives“ Recht. Komplementär dazu: – Naturrecht = über“positiv“ (seine Prinzipien sind Maßstab für das positive Recht) RECHTSBILDUNG – Mittelalter: grundsätzlich aus gewohnheitsmäßiger Übung – Frühe Neuzeit: zunehmend durch Juristen-, vor allem durch bewusste Rechtssetzung durch Obrigkeit – ab Ende 18. Jh.: Gesetzesstaat Ältere (archaische) Rechtskulturen Recht unterscheidet sich nicht deutlich von anderen Ordnungssystemen (Sitte, Moral und Religion): geprägt durch Gewohnheitsrecht; es gibt keine bewusste Rechtsetzung (Gesetze), keine wissenschaftliche Bearbeitungen des Rechts. - Gewohnheitsrecht wird nicht bewusst erzeugt, es „lebt“ im Bewusstsein der Rechtsgemeinschaft - bewährt sich durch eine fortdauernde Übung - ist statisch, einfach konstruiert (für Bedürfnisse einer Agrargesellschaft) - gewohnheitsrechtliche Normen werden ursprünglich auch durch andere Mechanismen, soziale und religiöse Sanktionen, gesichert: Diese Normensysteme − Religion, Moral / Sitte und Recht − mussten sich erst inhaltlich differenzieren, dadurch kann ein Handeln rechtlich zwar erlaubt sein, moralisch aber verwerflich erscheinen. Mangels schriftlicher Quellen lassen sich über Inhalt und Wesen des archaischen Rechts nur minimale Aussagen treffen. - Die mündliche Tradierung ist abhängig vom Erinnerungsvermögen der Rechtsanwender, Gewohnheitsrecht ist daher allmählichen Veränderungen unterworfen - da es an einer vereinheitlichenden zentralen Rechtssetzungsinstanz fehlt, splittert sich das Gewohnheitsrecht in unterschiedlichen Lebensordnungen (Rechtskreise). Römisches Recht: Antike Die Ausbildung einer hochentwickelten Jurisprudenz ist einer der wichtigsten Beiträge des Alten Rom zur europäischen Kultur (Details im Fach „Römisches Recht“) - Trotz Existenz einer Gesetzgebung war römisches Recht vor allem Juristenrecht, dh von Juristen geschaffenes Recht. Rechtsgelehrte waren ursprünglich Priester, später weltliche Adelige, welche die iurisprudentia aus Interesse / Neigung pflegten; ab dem 2. Jh werden Berufsjuristen für die Rechtsfortbildung prägend. - Juristen waren praktisch tätig vor allem in Zivilprozessen als Vertreter / Berater der Streitparteien − aber auch durch die Erstattung von Gutachten (consilia, responsa) für den zur Handhabung der Rechtspflege in Rom berufenen höchsten Beamten, dem (meist) rechtsunkundigen praetor. Das Juristenrecht war daher grundsätzlich Fallrecht, selten wird das Recht systematisch erfasst, etwa in Lehrbüchern (Institutiones, zB des GAIUS aus dem 2. Jh). - Aufstieg und Niedergang der Rechtsentwicklung fallen in Rom mit der staatlichen Entwicklung zusammen: Das klassische Zeitalter der Jurisprudenz bringt (im 1. Jh.) zwei große Juristenschulen hervor: die Sabinianer und die Proculianer (Höhepunkt im 2. Jh, Ausklingen im 3. Jh). - Ab dem ausgehenden 3. Jh (Bürgerkriege und Germaneneinfälle) unterliegt das römisches Recht vielfachen Vereinfachungen (daher die – umstrittene – Bezeichnung „Vulgarrecht“). Zunehmende Bedeutung erlangen Kaiser-Erlässe (constitutiones), sie werden gesammelt (zB Codex Theodosianus 438). Römisches Recht: Byzanz I Im Oströmischen Reich kommt es im 5. Jh zu einer Wiederbelebung der klassischen Jurisprudenz (Klassizismus) in den Juristenschulen von Beirut und Konstantinopel. Unter Kaiser JUSTINIAN I. (527–565) erfolgt eine umfassende Aufzeichnung des Rechts im (ab 13. Jh sog) Corpus Juris Civilis. - Der (aus heutiger Sicht) wichtigste Teil sind die Digesten (Pandekten), eine systematische Sammlung von Schriften der klassischen Juristen: Keine abstrakten Darstellungen des Rechts, sondern Lösungen von Einzelfällen (Digesten = Art „casebook“), hauptsächlich privatrechtlichen Inhalts (nur 5 der 50 Bücher enthalten öffentliches Recht). In den Digesten wurden vor allem die Schriften der Spätklassiker ULPIANUS und PAULUS verwertet: Die Texte wurden gekürzt und bearbeitet (interpoliert), um sie im Frühmittelalter praktisch verwerten zu können. Die Sammlung (Kompilation) erfolgte durch eine Kommission unter Leitung des Juristen TRIBONIAN. - Parallel dazu wurden die Kaiserkonstitutionen in einem Codex erfasst (529, überarbeitete Fassung 534); er enthält (in 12 Büchern) neben Privatrecht wesentlich mehr an öffentlichem Recht als die Digesten. - Es folgt ein „amtlich“ autorisiertes Lehrbuch, die Institutiones (in 3 Teilen: res – personae – actiones), das 533, zugleich mit den Digesten, veröffentlicht wurde. Römisches Recht: Byzanz II Die Rechtsentwicklung wird in Byzanz nach 534 in zunehmendem Maße von der griechischen Sprache geprägt, es wird zur Grundlage des modernen griechischen Rechts. - Bereits die nach 534 von JUSTINIAN erlassenen Gesetze sind großteils nur in griechischer Sprache überliefert. Diese sog Novellen wurden in privaten Sammlungen erfasst und ergänzten das Corpus Juris Civilis. - Im 9./10. Jh kommt es zu einer neuen Blüte der Rechtswissenschaft. Das byzantinische Recht wurde von den Kaisern in den griechischsprachigen Basiliken (=,,Kaiserbücher“) neu herausgegeben und durch Erläuterungen und Kommentare wissenschaftlich erschlossen - 1345 wird dieses (römisch-griechische) Recht in den Hexabiblos (,,Sechs Bücher“) zusammengefasst, das die Zeit der osmanischen Fremdherrschaft überdauert und nach ihrer Beendigung 1821/29 zur Grundlage des griechischen Privatrechts wird (bis zum griechischen Zivilgesetzbuch 1946. Römisches Recht: weströmische Volkrechte I In der Zeit der Völkerwanderung (Frühmittelalter: 5.-9. Jh) kommt zu intensiven Kontakten germanischer Stammesverbände mit der römischen (Rechts-)Kultur: Christliches Gedankengut und, damit in Verbindung, werden einzelne römisch-rechtliche Elemente in die germanische Rechtskultur übernommen. Zugleich setzt die Aufzeichnung von germanischen Stammesrechten (Volksrechte, leges barbarorum) ein: - Für die Westgoten in Südfrankreich/Spanien im Edictum Theodorici (459/61; Codex Euricianus 476). Von hoher juristischer Qualität ist war das Recht Edictum Rothari (643) der Langobarden in Oberitalien . Für das Gebiet des heutigen Österreich sind die lex Alamannorum (725) und lex Baiuvariorum (nach 740) für die Alemannen (in Vorarlberg) und Baiern (in Tirol und Salzburg) bedeutsam. - Volksrechte sind in Latein abgefasst, mit Einschüben aus der (althochdeutschen) Volkssprache. Volksrechte enthalten nicht ursprünglich-germanisches Recht, sondern bilden Produkte einer Verschmelzung von Germanentum, römischer Antike und Christentum. - Sichtbar vor allem in den jüngeren Volksrechten (etwa Lex Saxonum, 802: Sie enthält nicht das Gewohnheitsrecht der Sachsen, sondern wird nach ihrer Unterwerfung und Zwangschristianisierung vom siegreichen fränkischen König KARL dem Großen einseitig erlassen! - Auch hat die Aufzeichnung bei vielen Volksrechten zu bewussten Veränderungen des Rechts geführt, zu bewusster Rechtssetzung (einer Art Gesetzgebung), so etwa schon die Lex Salica (um 510) für die Salfranken. - Vereinzelt kommt es auch zu separaten Rechtsaufzeichnungen für die romanische Bevölkerung, zB unter den Westgoten die Lex Romana Visigothorum (506) neben dem Codex Euricianus (um 450) für die germanische Bevölkerung, beide 654 ersetzt durch eine neue Lex Visigothorum als gemeinsame rechtliche Klammer für das damalige Westgotenreich in Spanien. Römisches Recht: Volkrechte II In Bezug auf die praktische Wirksamkeit der leges Barbarorum ist anzunehmen, dass sich in Gebieten, in denen sich die (althoch-)deutsche Sprache entwickelte, die Volksrechte bald wieder in Vergessenheit geraten oder durch neues Gewohnheitsrecht überlagert wurden. Nachhaltige Wirkung hatten sie aber in den romanischsprachigen Ländern. - Die Lex Visigothorum bleibt bis zum Beginn des Spätmittelalters die Grundlage des spanischen Rechts, wird 1263 von König ALFONSO X. von Kastilien (1252/82) im Fuero Real (,,Königliches Gesetzbuch“, in Kastilisch) neu aufgezeichnet. Elemente westgotischen Rechts finden sich noch heute im spanischen Recht. - Im oberitalienischen Pavia wird im 9. Jh an einer Rechtsschule langobardisches Recht gelehrt, im 11./12. Jh erfolgt die Aufzeichnung des langobardischen Lehnsrechts in den Libri Feudorum, welche später von den Legisten dem Corpus Juris Civilis angefügt werden. - Während im Norden Frankreichs fast nur mündlich tradiertes Gewohnheitsrecht bestand (pays du droit coutumier), blieb der romanische Süden von geschriebenem Recht beherrschte (pays du droit ecrit): Hier galt die Lex Romana Visigothorum bis zum Vordringen justinianischen Rechts. Heimische Rechte: Gewohnheitsrecht / Wesen Nach Ende der Karolinger folgt die weitere Rechtsentwicklung wieder den Formen des Gewohnheitsrechts. Da es an einer vereinheitlichenden Gesetzgebung mangelt, ist die Zersplitterung und die Ausbildung von in Partikularrechte die Folge. - Die Gesetzgebung KARLS des Großen (Kapitularien) bleibt in Erinnerung, auch Wissen um römisches Recht ist präsent − mit (eingeschränkter) praktischer Bedeutung bloß für Kleriker (ecclesia vivit lege Romana). - Die Volksrechte (als Recht von abstammungsmäßig definierten Stammesverbänden) sind für die sich nun territorial orientierten Herrschaften nicht anwendbar. Es entstanden für die unterschiedlichen Herrschaften neue Rechte (,,Rechtskreise"): Reichsrecht, Landrecht, Stadtrecht, (bäuerliches) Hofrecht. - Für das Verhältnis dieser partikulären Rechtskreise zueinander gilt die Regel: „der engere Rechtskreis geht dem weiteren vor“, dieser gilt also nur subsidiär: der engere Rechtskreis Willkür (= Vertrag) bricht Stadtrecht, Stadtrecht bricht Land recht, Land recht bricht Reichsrecht. - Inhaltlich bestand zwischen den verschiedenen Partikularrechten aber weitgehend Übereinstimmung. Insbesondere für die Stadtrechte besteht das Phänomen von sog Stadtrechtsfamilien : Neugegründete Städte übernahmen das Recht einer „Mutterstadt", bei der sie dann auch fallweise Rechtsauskünfte einholten: Lübeck (das sog lübische Recht) ist Mutterstadt für zahlreiche „Tochterstädte“ in Norddeutschland und im Baltikum (zB Hamburg, Reval [Tallinn]); Magdeburg ist Mutterstadt für Städte auch in Polen und der Ukraine (zB Krakau [Krakow]; Kulm [Chelmno]). Heimische Rechte: Aufzeichnungen der Gewohnheitsrechte I Gewohnheitsrecht wurde mündlich tradiert. Schriftliche Quellen, aus denen wir Wissen über mittelalterliches Recht schöpfen können, sind vor allem Gerichtsurteile, Weistümer sowie Urkundensammlungen und Rechtsgeschäftsbücher. - Die Rechtsprechung ist noch nicht einem besonders qualifizierten, gelehrten Stand anvertraut, sondern Aufgabe für jedermann (es gilt aber das Prinzip der Ebenburt, dh dass der die Beisitzer im Gericht nur über Angehörige des eigenen Standes urteilen dürfen). Schon in fränkischer Zeit werden − aus praktischen Gründen − einzelne Angehörige der Rechtsgemeinschaft ständig als Urteilsfinder (Schöffen) berufen: sie sind aber auch keine „Juristen" im modernen Sinn. - Weistümer sind Auskünfte rechtskundiger Personen über einzelne Fragen des geltenden Gewohnheitsrechts, die zwar nicht während eines Prozesses, aber mit prozessähnlicher Formstrenge, sozusagen in einem hypothetischen Prozess, getroffen werden. - Im 14. Jh zeichnet sich ein zunehmender Trend zur Schriftlichkeit beim Abschluss von Rechtsgeschäften ab: Es kommt zu umfangreichen Urkundensammlungen, zur Bereitstellung von Formularbücher (mit Vertragsmustern) und vor allem zur Anlegung von Rechtsgeschäftsbüchern, in denen verschiedene Rechtsgeschäfte zwecks Publizität festgehalten werden (Satzbücher, Kaufbücher; Testamentsbücher). Aus ihnen entstehen die Grundbücher. Heimische Rechte: Aufzeichnung der Gewohnheitsrecht II Ab dem 13. Jh kommt es − auch bereits in Reaktion auf das allmähliche Vordringen der gelehrten Rechte − zu Aufzeichnungen des Gewohnheitsrechtes in Rechtsbüchern. Es handelte sich meist um Privatarbeiten, die aber mitunter gesetzesgleiche Wirkung erlangen und zT noch bis ins 19. Jh nachwirken. Im Stadtrechtskreis kündigt sich die moderne Gesetzgebung der Frühneuzeit an. - Das bedeutendste dt Rechtsbuch, auch das älteste Prosawerk in dt Sprache, ist der um 1225 entstandene Sachsenspiegel des EIKE von REPGOW, einem Schöffen aus Quedlinburg (im heutigen Sachsen-Anhalt). Es war in einen Land- und Lehnrechtsteil gegliedert und behandelte Privat-, Straf-, Prozess- und Staatsrecht, wobei er vor allem das Recht der bäuerlichen (weniger der städtischen) Bevölkerung Sachsens „widerspiegelt“. Der Sachsenspiegel fand eine außerordentlich weite Verbreitung (über 340 aus dem Mittealter erhaltene Handschriften, davon vier prachtvolle Bilderhandschriften) und wurde vielfach nachgeahmt. Seine Ausstrahlung reichte bis nach Kiew; in den sächsischen Ländern fand er lange Zeit, vereinzelt noch bis ins 20. Jh, Anwendung. - In Süddeutschland und im heutigen Österreich erlangte va das von einem unbekannten Autor um 1275 in Anlehnung an den Sachsenspiegel verfasste „Kaiserliche Land- und Lehensrechtsbuch“ Bedeutung, auch Schwabenspiegel (seit Anfang 17. Jh) genannt. Um 1280 entstand ein Österreichisches Landrecht, im 14. Jh ein Steiermärkisches Landrecht. - Das von Kaiser LUDWIG dem Bayer (1335/46) veranlasste Oberbayrische Landrecht ist auch in Teilen des heutigen Tirol (Kitzbühel ua) in Geltung gestanden. - Für zahlreiche Städte liegen im Spätmittelalter Stadtrechtsbücher vor (Wien 1340). - In Anknüpfung an die (meist vom Stadtherrn gestattete) Aufzeichnung des Stadtrechts kommt es - im Spätmittelalter auch zu bewussten Eingriffen der Stadtherrn in das städtische Gewohnheitsrecht, und damit zu Ansätzen einer Gesetzgebung. Rechtswissenschaft Ab dem 12. Jh entstanden in Europa Universitäten. An diesen Bildungszentren fand auch das Recht eine wissenschaftliche Behandlung. - Vorläufer der Universitäten waren Kloster- und bischöfliche Domschulen. Der verstärkte Zustrom von Schülern im 12. Jh machte Strukturreformen notwendig; Lehrende und Lernende schlossen sich zu Korporationen (universitates) zusammen. - Die Universitätsangehörigen waren daher anfangs zumeist Kleriker, doch unterstanden die Universitäten selbst keinem Abt oder Bischof, sondern besaßen Autonomie. Diese wurde ihnen zumeist durch päpstliche Privilegien gewährt. Es entwickelte sich ein eigenes Universitätsrecht und eine universitäre Gerichtsbarkeit für die akademischen Bürger. - Die ältesten Universitäten waren jene von Bologna, Paris, Cambridge und Montpellier (alle vor 1220). Neben diese von Professoren und Studenten selbst geschaffene Universitäten traten später politisch motivierte Universitätsgründungen: So va Prag 1348 durch Ks KARL IV.; Krakau 1364 durch Kg KASIMIERZ III. v Polen; Wien 1365 durch Hz RUDOLF IV. ,,den Stifter“ v Österreich. - Die Universitäten waren international ausgerichtet. Transmigration von Lehrenden wie Studierenden waren häufig, akademische Grade wurden idR auch an anderen Universitäten anerkannt. Die Sprache der Universitäten war einheitlich Latein. Trotz verschiedener Gründungsgeschichte und ursprünglich verschiedener Konzeption ist es berechtigt, von „der“ europäischen Universität zu sprechen. - Typischerweise gliederte sich die Universität in vier Fakultäten, wobei die Absolvierung der ,,Artistenfakultät“ (nach den septem artes liberales: Grammatik, Rhetorik, Dialektik, Arithmetik, Geometrie, Musik und Astronomie) idR Voraussetzung für den Besuch einer der drei „höheren“ Fakultäten (Theologie, Recht, Medizin) war. Rechtswissenschaft: Kanonistik I An den Universitäten etablierte sich die Kanonistik (Kirchenrechtswissenschaft) als eine von der Theologie eigenständige wissenschaftliche Disziplin. Epoche machend war hier vor allem die um 1140 in Bologna für den Unterricht veröffentlichte Textsammlung des Mönchs GRATIAN (sog Decretum Gratiani). -Das Kirchenrecht war zu über eine Vielzahl verschiedenartiger Quellen − Bibel, Schriften der Kirchenväter, Beschlüssen von Konzilen und Synoden, päpstliche Entscheidungen (Dekretalen) etc. − auf unterschiedliche Epochen verstreut, die einander nicht selten widersprachen (oder zu widersprechen schienen): -Die im Mittelalter herrschende wissenschaftliche Methode der Scholastik diente dazu, Widersprüche zwischen verschiedenen Texten aufzulösen, indem sie diese Widersprüche als bloß scheinbare entlarvte. Dadurch wurde vermieden, die Autorität der Quellen anzuzweifeln, doch stellten die Scholastiker damit, ohne es zu merken, in Wirklichkeit neue Lehrsätze auf und entfernten sich so von den ursprünglichen Aussagen der bearbeiteten Texte. - Auf diese Weise versuchte auch GRATIAN aus den kirchlichen Rechtsquellen, die er systematisch in canones (Regeln) ordnete, ein in sich harmonisches Gesamtbild des Kirchenrechts abzugeben; daher auch der ursprüngliche Name seines Werkes: Concordia discordantium canonum. Aufgrund seiner Vollständigkeit verdrängte das Decretum Gratiani ältere Textsammlungen und erhielt, obwohl bloß eine Privatarbeit, gesetzesgleiche Bedeutung. Es wurde in der Folge von den sog Dekretisten wissenschaftlich bearbeitet. - Im 12. und 13. Jh intensivierte sich die Rechtssetzung aufgrund päpstlicher Autorität. Die von den Päpsten erlassenen Dekretalen wurden von GREGOR IX. systematisch geordnet und 1234 als Liber Extra dem Decretum Gratiani hinzugefügt. Es folgten weitere Ergänzungen: 1298 der Liber Sextus, 1311 die sog Clementinae. - Die wissenschaftliche Behandlung der Dekretalen erfolgte durch die Schule der sog Dekretalisten. - 1582 wurde das Decretum Gratiani gemeinsam mit den genannten Dekretalensammlungen zum Corpus Iuris Canonici zusammengefasst und von Papst GREGOR XIII. (1572-85) amtlich kundgemacht. Es blieb bis ins 20. Jh zentrale Quelle des Kirchenrechts. Rechtswissenschaft: Legistik Parallel zur Kanonistik entstand in Oberitalien die Wissenschaft vom weltlichen Recht, die Legistik. Ihr Gegenstand waren die weltlichen Gesetze (leges), worunter aber nicht das damalige (Gewohnheits-)Recht, sondern das Corpus Iuris Civilis verstanden wurde. - Oberitalien besaß als Zentrum des Langobardischen Reiches seit dem 9. Jh eine juristische Tradition (Rechtsschule von Pavia); das römische Recht war dort zwar nie ganz in Vergessenheit geraten. Die Digesten selbst waren aber vermutlich seit dem 7. Jh verschollen. Den unmittelbaren Anstoß zur Entstehung der Rechtswissenschaft gab wohl die Entdeckung einer Handschrift des Corpus Iuris Civilis (sog Codex Florentinus) in der süditalienischen, damals zu Byzanz gehörenden Stadt Amalfi gegeben haben, von der eine Abschrift nach Bologna gelangte. In Bologna begann der Rhetoriklehrer lRNERIUS († 1140) auf dieser Grundlage mit rechtswissenschaftlicher Lehrtätigkeit. - Der Rechtsunterricht folgte den Methoden der Scholastik: Das Corpus Juris Civilis wurde mit Erläuterungen versehen (als Glossen zwischen den Zeilen: Interlinearglossen; oder am Rand des Gesetzestextes: Marginalglossen). Demgemäß wurden die ersten Juristen als Glossatoren bezeichnet. - Einführende Texte (introductiones) weiteten sich zu Zusammenfassungen (summae). In ihnen wurde der Rechtsstoff systematisch dargestellt und mit Hilfe von distinctiones feiner gegliedert. Auf diese Weise gelangten die Glossatoren zu abstrakten Rechtssätzen, welche sie konkreten Sachverhalten subsumierten . - Am bedeutendsten waren AZO PORTIUS († um 1220) und FRANCISCUS ACCURSIUS (1185–1263). Die von ihm verfasste glossa ordinaria wurde von späteren Juristen ausschließlich auf diese stützten, sodass das Corpus Iuris Civilis selbst als Quelle an Bedeutung verlor: „quidquid non agnoscit glossa, non agnoscit curia“. - Die Juristen des Spätmittelalters werden als „Kommentatoren“ bezeichnet, da ihre (nun höher bewertete) juristische Tätigkeit va in Kommentaren zur Glossenliteratur ihren Niederschlag fand. Die bedeutendsten Kommentatoren waren BARTOLUS DE SASSOFERRATO (um 1313–1357) und BALDUS DE UBALDIS (1327–1400). - Stärker noch als die Glossatoren waren die Kommentatoren in praktische Tätigkeiten eingebunden, sie waren daher genötigt, andere Rechtsquellen, das langobardische Lehnsrecht oder auch die lokalen Stadtrechte (Statuten) der oberitalienischen Städte in ihre Arbeit einzubeziehen. Nicht berücksichtigt wurden dagegen die griechischen Novellen zum Corpus Iuris Civilis:,,graeca non leguntur“. Rezeption und usus modernus I Mit Rezeption wird die Übernahme des gelehrten Rechts in die Rechtspraxis begriffen. Sie war ein gesamteuropäischer Vorgang, über mehrere Jahrhunderte, sie brachte ein gesamteuropäisches Recht, das gemeine Recht (ius commune), hervor. - Schon die Glossatoren waren keine weltfremden Wissenschafter, die ein altes, totes Recht lehrten, sie versuchten, mit Hilfe des Corpus Iuris Civilis praktische Rechtsfragen zu lösen. Unter den Kommentatoren wurde die Erstellung von Gutachten (consilia) so bedeutend, dass sie auch als „Konsiliatoren“ bezeichnet werden. - Da die deutschen Kaiser des Mittelalters als Nachfolger der antiken römischen Caesaren angesehen wurden, war daher auch das Corpus Iuris Civilis in zunehmendem Maße als Kaiserrecht betrachtet worden. Die Annahme, dass Kaiser LOTHAR III. das Corpus Iuris mit Reichsgesetz 1137 (wieder) in Geltung gesetzt hätte (sog Lotharische Legende), wurde 1643 durch HERMANN CONRING als unrichtig entlarvt. - Die Rezeption erfolgte also nicht durch „direkten „Normentransfer“ des römischen Rechts, sondern ist eher als Vorgang einer Verwissenschaftlichung der Rechtspraxis zu begreifen: Absolventen der juridischen Fakultäten wurden in steigendem Ausmaß in Justiz, Verwaltung und Politik verwendet. Am römischen und kanonische Recht ausgebildet, wurde stets gelehrtes Recht angewandt, sofern von den Prozessparteien nicht ein entgegenstehendes Gewohnheitsrecht nachgewiesen werden konnte. Auf diese Weise erlangte das römische Recht eine subsidiäre Geltung als gemeines (= allgemeines) Recht, das aber mit der Zeit trotz bloßer Subsidiarität die verschiedenen Partikularrechte immer mehr zurückdrängte. - Den Anfang in diesem Prozess machten die kirchlichen Gerichte, wo zuerst gelehrte Juristen tätig wurden, wodurch es schon im Spätmittelalter zu einer Frührezeption (des kanonischen Rechts) kam. An der Wende zur Neuzeit (15./16. Jahrhundert) gingen auch die weltlichen Gerichte dazu über, weniger auf das Prinzip der Ebenburt der Richter, als auf ihre juristische Ausbildung zu achten. Zentrale Bedeutung hatte hier das 1495 errichtete Reichskammergericht, das zur Hälfte aus Juristen bestand , und das primär nach den Partikularrechten, subsidiär aber nach dem gemeinen Recht zu urteilen hatte. - Der Bedarf an universitär ausgebildeten Juristen führte auch zu einem Aufschwung des universitären Jusstudiums: In Wien wurde 1494 das Studium des römischen Rechts eingeführt, bis wurde nur kanonisches Recht gelehrt . Rezeption und usus modernus II Parallel und in Verbindung mit der Verwissenschaftlichung der heimischen Rechtskultur kam es an der Wende vom Mittelalter zur Neuzeit zu einer regen Gesetzgebungstätigkeit, va auf Stadt- und Landesebene, womit die Verbreitung des gemeinen Rechts einherging. - Das gemeine Recht war zugleich Anlass, Mittel als auch das Ziel der Gesetzgebungstätigkeit: Sein Vordringen führte zu erheblicher Rechtsunsicherheit, der mit modernen Gesetzen begegnet werden sollte; das Vorbild der justinianischen Gesetze ermutigte die Fürsten, selbst aktiv das Recht zu gestalten; die neuen Gesetze waren stark vom gemeinen Recht beeinflusst. - Ein Hauptanliegen der Frühen Neuzeit war Erneuerung / Reform (,,Reformation“): Wie in der Religion ging es auch im Rechtsleben zunächst darum, Missstände zu beseitigten und alte Zuständ wiederherzustellen (reformare). Daraus erwuchs die Gesetzgebung als Mittel bewusster und planvoller Normsetzung durch staatliche Organe. Auch wenn es dazu schon im Mittelalter einige Ansätze gegeben hatte, so stieg doch die Zahl neuer Gesetze in der Neuzeit erheblich an, sodass von einem neuartigen Normerzeugungsverfahren gesprochen werden kann. - Eine Vorreiterrolle hatten hierbei die Städte , die nun in großer Zahl neue, reformierte Stadtrechte, sog Stadtrechtsreformationen, erhielten: So etwa Nürnberg 1479, Worms 1498, Pettau [Ptuj/Slowenien] 1513 ua. Von besonders hoher Qualität war das von ULRICH ZÄSI (UDALRICUS ZASIUS, 1461–1535) verfasste Freiburger Stadtrecht von 1520. - Auf Landesebene sind etwa die für die niederösterreichische Ländergruppe ergangenen Policeyordnungen (1527, 1542 und 1552 ) hervorzuheben. Ein reformiertes Österreichisches Landrecht blieb Entwurf, (1654): Teile davon (etwa über grunduntertänige Rechtsverhältnisse) wurden im sog Tractatus de iuribus incorporalibus 1679 als Gesetz für mehrere Länder kundgemacht. - Primär enthielten diese Gesetze Verwaltungsrecht. Aber auch in diesen Materien gemeines Recht enthalten, ebenso das kanonische war von Bedeutung für das Eheschließungsrecht. Rezeption und usus modernus III Die Rechtswissenschaft selbst hatte durch die geistige Strömung des Humanismus wesentliche neue Impulse erhalten. Diese neue Richtung ging nicht mehr von Italien, sondern va von Frankreich aus (mos gallicus anstelle des alten mos italicus). - Besonders in Südfrankreich war die römischrechtliche Tradition seit der Antike ungebrochen. Doch bestand gegenüber dem Corpus Iuris Civilis als solchem ein distanzierteres Verhältnis. Während das Heilige römische Reich als Erneuerung des antiken Imperium angesehen wurde und daher das justinianische Recht ratione imperii (aus Gründen der Reichskontinuität) angenommen habe, könne das römische Recht in Frankreich nur imperio rationis (aufgrund seiner hohen Qualität) Geltung beanspruchen. - Dazu kam die für diese Zeit prägende Wiederentdeckung der Antike, die sich nicht nur in der Kunst (Renaissance – Wiedergeburt), sondern auch im Geistesleben widerspiegelte: Während die Vertreter des mos italicus sich zuletzt nur mehr auf die Glossa ordinaria des ACCURSIUS gestützt hatten, bemühten sich die Vertreter des mos gallicus, wieder einen unmittelbaren Zugang zum klassischen römischen Recht zu erlangen. - Dementsprechend wurde auch das Corpus Iuris Civilis nicht mehr unkritisch als „ratio scripta", sondern als historisch gewachsenes Produkt angesehen, das insbesondere von den in justinianischer Zeit erfolgten Interpolationen gesäubert werden müsse. Dieses Ziel wurde durch die Suche nach neuem Quellenmaterial sowie durch philologisch-historische Unter uchung des Corpus Iuris Civilis verfolgt. - Die unmittelbaren Auswirkungen der humanistischen Jurisprudenz auf die Praxis blieben relativ gering. Bleibende Bedeutung hat der mos gallicus, indem er einen besseren Zugang zum Corpus Iuris ermöglichte. Rezeption und usus modernus IV Eine universitäre Behandlung erfuhr das heimische Gewohnheitsrecht erfolgte zögerlich. Während man im Mittelalter im Sinne der Scholastik bemüht war, Unterschiede zum gemeinen Recht als bloß scheinbar darzustellen, wurde in der Neuzeit die heimischen Rechte zunächst geradezu abgelehnt. Erst im 17. Jh gelang eine Emanzipation heimischen Rechts, indem es gleich dem gemeinen Recht wissenschaftlich bearbeitet wurde. Diese wissenschaftliche Schule, der usus modernus pandectarum brachte dann ein eigenartiges Gemenge aus gemeinem und heimischem Recht hervor: das Jus Romano-Germanicum. - Seit dem 14. Jh bemühte sich die Konkordanzliteratur um Herausarbeitung von Gemeinsamkeiten, vor allem aber der Differenzen der unterschiedlichen Gewohnheiten. Diese wurden dadurch vom Absterben bewahrt. 1514 wurde das ungarische Gewohnheitsrecht von ISTVAN WERBÖCZY (1458–1541) im Tripartitum opus iuris aufgezeichnet (mit besonderer Betonung der Abweichungen vom gemeinen Recht). Dieses blieb in Ungarn bis 1959 (mit Unterbrechung der Zeit des ABGB in Ungarn von 1852–61) eine zentrale Quelle des Privatrechts. - Das aufgeschlossenere Verhältnis der Juristen zu den Partikularrechten wurde später vor allem durch das 1643 erschienene Werk De origine iuris Germanici des norddeutschen Universalgelehrten HERMANN CONRING (1606– 1681) gefördert, in dem der Hergang der Rezeption erklärt wurde. Der Name der neuen Rechtsschule leitet sich von dem 1690 erschienenen Buch Usus modernus pandectarum von SAMUEL STRYK (1640-1710) ab. - Der usus modernus wurde va von sächsischen Juristen geprägt, zu denen auch STRYK selbst zählte. - In Holland entstand eine Schule, welche sowohl aus Frankreich vom mos gallicus als auch aus Deutschland vom usus modernus beeinflusst wurde: Bedeutendster Vertreter war HUIGH DE GROOT (HUGO GROTIUS, 1583–1645) in einer Inleidinge tot de hollandsche rechtsgeleertheid (1619) holländisches Partikularrecht mit gemeinem Recht Recht verschmolz, das noch heute zB in der Republik Südafrika in Geltung steht. Common law / nordische Rechte In England konnte sich das gemeine Recht nicht durchsetzen; anstelle einer Rezeption kam es zur Herausbildung eines eigenständigen Rechtskreises, des common law. Er umfasst heute außer England auch dessen (ehemalige) Kolonien in Übersee und die USA. - Wie auf dem Kontinent, so entstand auch in England im Mittelalter ein Stand von Klerikerjuristen, welche an den Universitäten (Oxford, Cambridge) römisches und kanonisches Recht lernten. Doch wurden diese schon ab dem 13. Jh von weltlichen Lehrern verdrängt, die nur zum Teil auf Universitäten, vor allem aber durch Vereinigungen ihrer älteren Kollegen selbst (Law society ua) das Recht erlernten. Das common law ist weitgehend Produkt der Gerichte selbst und daher Fallrecht (case law). Die vom Parlament beschlossenen Gesetze (statutes) haben nicht die Aufgabe, das case law zu verdrängen, sondern es zu ergänzen. - Außer in England konnte das gemeine Recht auch in den skandinavischen Ländern nicht Fuß fassen. Es kam daher hier zunächst zu einer ähnlichen Entwicklung wie in England; der Durchbruch des Absolutismus führte hier jedoch zur Schaffung von Gesetzbüchern, die zT bis heute fortwirken (zB Danske Lov 1683). - In Schottland kam es dagegen zunächst zu einer Rezeption des gemeinen Rechts. Nach der Realunion mit England 1707 entstand ein Gemenge von gemeinem Recht und common law. Das Vernunftrecht: Vom absoluten zum relativen Vernunftrecht I Die Idee, dass es neben dem von Menschen geschaffenen (gesetzten, positiven) Recht eine nicht von Menschen veränderbare Rechtsordnung gebe, die sich sozusagen aus der Natur ergibt, taucht in allen Zeitaltern auf. Bis zu Beginn der Neuzeit war die Frage nach der Existenz eines Naturrechts von philosophischer Relevanz. In der Neuzeit erhielt das Naturrecht eine neue, auch praktische Bedeutung. So wie die Aufklärung in der Philosophie, so war das neuzeitliche Naturrecht bemüht, in der Jurisprudenz, die menschliche Vernunft zum Ausgangspunkt jeglicher Erkenntnis zu nehmen. Das neuzeitliche Naturrecht war daher Vernunftrecht. - Die Entdeckungsfahrten des 15./16. Jh warfen eine Fülle von Rechtsfragen auf, für die das traditionelle Recht keine Lösungen bieten konnte. Die katholische Kirche hatte mit der Reformation an Autorität eingebüßt; neue Quellen der Rechtserkenntnis wurden gesucht. - Nicht zufällig wurde das Naturrecht zuerst in Spanien, das in dieser Zeit ein Kolonialreich aufbaute, für die Praxis nutzbar gemacht. - Der Durchbruch erfolgte durch den Niederländer HUGO GROTIUS, der in seinem 1625 erschienenen Werk De jure belli ac pacis libri tres eine Reihe von fundamentalen Rechtsprinzipien formulierte, die aus der Vernunft einleuchten und daher gelten, unabhängig davon, ob es Gott gebe oder nicht, gelten mussten. Das Vernunftrecht: Vom absoluten zum relativen Vernunftrecht II Die älteren Vernunftrechtslehren gingen noch davon aus, dass das Naturrecht ebenso wie die menschliche Vernunft unabänderlich sei und daher unabhängig von Zeit und Raum konstant bleiben müsse (im Sinn eines absoluten Vernunftrechts). Im 18. Jh gewann demgegenüber die Vorstellung Raum, dass auch das Naturrecht je nach Zeit und Raum verschiedene Ausgestaltungen erfahren könne (im Sinn eines relativen Vernunftrechts). - SAMUEL PUFENDORF (1632–1694) entwickelte in seinem Werk De iure naturae et gentium libri octo (1672) die Vorstellung, dass aus der Vernunft nicht nur einige oberste Prinzipien, sondern – in logisch-deduktiver Ableitung (more geometrico) – eine komplette Rechtsordnung gewonnen werden könne, die unabhängig von Zeit und Raum Bestand haben konnte. Für die Praxis waren seine Lehren nur eingeschränkt verwertbar. - Erst den sächsischen Juristen CHRISTIAN THOMASIUS (1655–1728) und CHRISTIAN WOLFF (1679–1754) gelang eine Synthese des von ihnen gelehrten relativen Naturrechts mit dem - nach wie vor als positives Recht bestehenden – Jus Romano-Germanicum: Das Naturrecht galt nun als Richtschnur für das positive Recht, nicht jede Abweichung wurde aber als ungültig verworfen, vielmehr hatte man anerkannt, dass es je nach Zeit und Raum verschiedene Ausformungen des Naturrechts geben könne. Das Vernunftrecht: Kodifikationen I (Begriff / Wesen) Das Wort „Kodifikation" ( codicemfacere - ein Buch machen) ist eine Wortschöpfung des englischen Juristen JEREMY BENTHAM (1748–1832). Wir verstehen darunter im weiteren Sinne jede größere Rechtsaufzeichnung, im engeren Sinn jedoch nur eine solche, die über die folgenden Merkmale verfügt: - Eine Regelung entweder über die gesamte Rechtsordnung (Universalkodifikation) oder doch zumindest ein bestimmtes Rechtsgebiet ( Teilkodifikation, zB Zivilrecht, Strafrecht). Dieses wird * systematisch und widerspruchsfrei, mittels * abstrakter Rechtssätze aufgezeichnet (also keine Rechtssammlung / Kompilation), und zwar von dem zur * Gesetzgebung berufenen Organ (Monarch, Parlament, ...), ausgestattet mit * ausschließlicher Geltung (Exklusivität, also keine subsidiäre Geltung älterer Gesetze oder Gewohnheiten). Unter dem Einfluss des Naturrechts kam es in zahlreichen europäischen Staaten ab der zweiten Hälfte des 18. Jh zu groß angelegten Kodifikationsarbeiten. Die aus der Vielfalt der Rechtsquellen resultierende Zersplitterung des Jus Romano-Germanicum sollte einer einheitlichen Rechtsordnung weichen. Das positive Recht sollte im Lichte des Naturrechts geprüft und erforderlichenfalls reformiert werden. - Die Kodifikationen sollten Rechtssicherheit schaffen: Was in ihnen geregelt war, sollte Geltung haben, was nicht aufgenommen worden war, sollte nicht mehr gelten. Dies galt besonders für die einzige je fertig gestellte Universalkodifikation, das preußische ALR, das besonders um eine volkstümliche Sprache bemüht war, damit es auch Nichtjuristen verstehen konnten. - Nicht zu unterschätzen ist jedoch auch die politische Wirkung, die durch die Rechtsvereinheitlichung erfolgte: Die Rechtseinheit sollte die Staatseinheit befördern; gerade auch in der Habsburgermonarchie waren die Kodifikationen daher ein wichtiger Schritt hin zu einem österreichischen Gesamtstaat. Das Vernunftrecht: Kodifikationen I (CMBC) Vorläufer der naturrechtlichen Kodifikationen waren die unter dem bayrischen Kurfürsten MAXIMILIAN III. JOSEPH (1745–77) erfolgten Rechtsaufzeichnungen, deren wichtigste der Codex Maximilianeus Bavaricus Civilis (CMBC; Kurbayrisches Landrecht) von 1756 ist. - Der CMBC enthielt Zivilrecht, Lehnsrecht und einige kleinere öffentlichrechtliche Materien (zB Jagdrecht); schon kurz zuvor waren auch ein Strafrechtskodex und eine Zivilprozessordnung entstanden. - Der Anstoß zu dieser Gesetzgebungstätigkeit war durch die Naturrechtsschule gekommen; die bayrischen Kodifikationen selbst jedoch wiesen nur wenige naturrechtliche Einflüsse auf, sondern waren stark vom gemeinen Recht geprägt. Auch sollte das gemeine Recht als subsidiäre Rechtsquelle fort gelten; das Kriterium der Exklusivität galt also für den CMBC nicht. - Der CMBC wurde aus diesem Grund schon bald als veraltet angesehen. Dennoch galt er in Altbayern (heutiges Ober- und Niederbayern, Oberpfalz) bis zum Inkrafttreten des BGB 1900. Das Vernunftrecht: Kodifikationen II (ALR) In Preußen gab König FRIEDRICH II. der Große 1746 den Anstoß zur Schaffung einer Universalkodifikation. Die Arbeiten wurden erst nach seinem Tod abgeschlossen, so dass sein Nachfolger FRIEDRICH WILHELM II. 1794 das Allgemeine Landrecht für die preußischen Staaten (ALR) in Kraft setzte. - Nach einem ersten Anlauf 1746–55 konnte eine Arbeitsgruppe unter der Leitung von JOHANN HEINRICH CASIMIR CARMER (1721–1801) in den Jahren 1780–91 den Entwurf für ein „Allgemeines Gesetzbuch für die preußischen Staaten“ erarbeiten. - Kritiken am Entwurf, insbesondere an dem in ihm enthaltenen Machtspruchverbot führten zu einer Überarbeitung, so dass die Kodifikation (nach Umarbeitungen) erst 1794 publiziert wurde – unter dem traditionellen Titel ,,Allgemeines Landrecht“. - Das ALR regelte Zivil-, Handels-, Straf-, Kirchen- und Verwaltungsrecht; es verdient daher die Bezeichnung Universalkodifikation. Der große Umfang (über 19.000 §§) war nicht nur auf die zahlreichen geregelten Materien, sondern auch auf die Gesetzessprache zurückzuführen, die anschaulich, aber auch sehr kasuistisch gehalten war. Diese Kasuistik machte es zwar rasch populär, war aber – neben dem Festhalten an der überkommenen Ständeordnung – verantwortlich dafür, dass das ALR bald als veraltet angesehen wurde. Es wurde daher auch in den nach 1815 preußisch gewordenen Gebieten im Rheinland in Geltung gesetzt. - Die zivilrechtlichen Bestimmungen traten erst 1899 außer Kraft. Das Vernunftrecht: Kodifikationen IV (Code civil) In Frankreich fassten fünf Kodifikationen (cinq codes) die juristischen Errungenschaften der Großen Revolution zusammen; sie waren daher die zu ihrer Zeit modernsten Gesetzbücher und erfuhren, eine weltweite Rezeption. - Zur Überwindung der Teilung des Landes in die pays du droit coutumier und die pays du droit ecrit gab es bereits im 17. Jh. unter LOUIS XIV. mehrere ordonnances, welche das Straf- und Verfahrensecht sowie das Handels- und Seerecht einheitlich regelten. - Die Französische Revolution führte zu einer Flut von Einzelgesetzen (Zwischenrecht, droit intermediaire); schon 1791 erklärte die assemblee nationale die Schaffung eines Zivilgesetzbuches für ganz Frankreich zu ihrer Aufgabe. Aber erst unter dem Konsulat NAPOLEONS wurde eine Kommission eingesetzt; in dieser erlangte va JEAN-ETIENNE MARIE PORTALIS (1745–1807) zentrale Bedeutung. Die cinq codes waren: - Der CC (Zivilrecht, 1804); der Code de procedure civile (Zivilprozess, 1806); der Code de commerce Handelsrecht, 1807); der Code d'instruction criminelle (Strafprozess, 1808); der Code penal (Strafrecht, 1810). - Entsprechend der damaligen Grenzen Frankreichs galt der CC auch im ganzen linksrheinischen Deutschland und wurde dort auch nach 1815 nicht außer Kraft gesetzt, sondern blieb bis 1900 aufrecht. 1812 wurde der CC auch in damals zu Frankreich gehörenden Gebieten Österreichs (Osttirol, Oberkärnten = Illyrische Provinzen) in Geltung gesetzt, hier jedoch, nach der Rückeroberung durch Österreich, 1815 vom ABGB abgelöst. - Darüber hinaus wurde der CC in napoleonischer Zeit in mehreren dt Staaten (zB unter der Bezeichnung Badisches Landrecht im Großherzogtum Baden 1809), in den meisten italienischen Staaten, in den Niederlanden und in Polen in mehr oder weniger unveränderter Form eingeführt. - Auch in nachnapoleonischer Zeit diente der CC den Kodifikationen in Rumänien (1863), Italien (1865), Portugal (1867) und Spanien (1888/89) Sowie in mehreren amerikanischen und afrikanischen Staaten als Vorbild. In Frankreich selbst gilt er bis heute und ist somit das älteste noch geltende Zivilgesetzbuch der Welt. Kodifikationen um 1800 Allg. Landrecht, Teil II AGO 1793 Allg. Landrecht 1794, Teil I Charte const. 1814 Instr. cr+ C.p 1808/10 Pro- cédure 1806 Com- merçe 1807 Code civil 1803 Projekt „Politi- scher“ Kodex [1808/17] StG inkl StPO 1803 AGO 1781 WGGO 1796 ABGB 1811 Rechts- ordnung Allgemeines Privatrecht Gem. Bestimmungen SachenR Persönl. SachenR Dingl. SachenR inkl ErbR PersR inkl EheR Eigentumserwerb inkl ErbR Sachen R PersR inkl EheR PersR EheR SchuldR, SachenR GesellR: EheR, KindR, DienstR,StändeR (Bauern, Bürger, Adel, Beamte, Kirchen, Schulen); StaatsR (FinR, Zt VwR); VormR, Stiftungen); StrafR Handels R KrimGO1805 Frank- reich Öster- reich SachenR PersonenR HandelsR Zivil- prozessR SchuldR ErbR StrafR StPO Ver_ waltungsR Ver- fassungsR KircheR Ent- würfe See- u Handels R Preußen Sonder A l l g e m e i n e s P R I V A T R E C H T KURS Grundzüge der Geschichte des österreichischen Privatrechts Teil II Zur Entstehungs- und Wirkungsgeschichte des ABGB §§ 1–1502 Das ABGB als Mutterboden (privat)rechtlicher Entwicklungen Handels- recht Wohnrecht MRG, WEG, WGG Ehegesetz etc Arbeitsrecht IPRHaftpflicht- recht Versicherungs- recht VersVG Personenrecht Familienrecht §§ 1175 ff §§ 1400 § 26 etc §§ 33 aF Gefährdungs- haftung EKHG, PHG, AtomHG, LuftVG Schadenersatzrecht §§1293ff Dienstvertrag §§1151ff §§ 1288 Bestandvertrag §§ 1090 ff §§ 353 ff iVm §§ 825 ff Österreichisches Privatrecht ‒ Entwicklung 19. / 20. Jh. Privatrecht als Kern des „Justiz“-Recht iwS iVm VerfahrensR, StrafR => eigene österreichische Rechtsfamilie : „orbis juris austriacus“ Räumliche Dimension: - österreichisches Recht profiliert sich Mitte 19. Jh. iVm Rechtstransfer nach Ungarn ab 1849  ca 660.000 km2, ca 35 Mio 1859/66 Verkleinerung um Lombardo-Venetien 1878/1908 Vergrößerung um Bosnien-Herzegowina - nur französisches Recht bedeutender aufgrund seiner Expansion unter Napoleon Entstehung: im ausgehenden 18. Jh als politisches Instrument beim Umbau der habsburgischen Monarchischen Länder-Union zum Staat  inhomogene Struktur mit differenzierten Rechtstraditionen: + einheitlicher Behördenapparat + Rechtseinheit 1750 bis um 1800: deutsche Erbländer + Galizien und Bukowina nach 1815: Ausdehnung auf Lombardo-Venetien ab 1849: Ausdehnung auf Ungarn – Kroatien/Slawonien – Siebenbürgen Österreichisch-ungarischen Monarchie Ende 1918 Räumliche Dimension = vor 1918 differenziert in Verbindung mit wechselnden verfassungsrechtlichen Grundlagen (ohne bzw. mit Ungarn): größte Ausdehnung 1859 (66000 km2, 35 Mio EW) 32 Entstehung des ABGB als Teil der Vereinheitlichung des Justizrechts Zeitgleich mit den Staatsreformen Vereinheitlichung des Justizrechts ab Mitte 18. Jh: Anknüpfung an Rechtsvereinheitlichungsprojekte einzelner Länder: – deutsche Erbländer: 17./18. Jh. Einzelgesetze aus Projekt einer Landesordnung für Österreich unter der Enns (###), z.B. auf dem Gebiet des Strafrechts 1656 Landgerichtsordnung für Niederösterreich, auf dem Gebiet des Privatrechts 1679 Tractatus de juribus incorporalibus für mehrere Länder (NÖ, OÖ, Stmk, Ktn, Krain), ErbfolgeO 1720 für NÖ und OÖ  bis 1720 Stmk, Ktn, Krain 1751 Reform der grundherrschaftlichen jura incorporalia: Einsetzung einer juristischen Expertenkommission in Wien. 1751 gleichzeitig in Prag andere Kommission: Projekt Strafrechtsangleichung: ausgehend von Landgerichtsordnung für Niederösterreich (1656 = sog. Ferdinandea) und Halsgerichtsordnung für Böhmen und Mähren (1707 = sog. Josefina). Rechtsvereinheitlichung im Privatrecht (Ende 18. Jh − 1812: ABGB) Projekt des Codex Theresianus Constitutio Criminalis Theresiana / Strafrecht: 1768 in Geltung Allgemeine Gerichtsordnung / Zivilprozessrecht : 1781 in Geltung 1752 anonyme Denkschrift: gesamtstaatliche Vereinheitlichung der Privatrechtspflege mit „allgemeiner“ Gerichtsordnung und „gleichem“ Landrecht. 1753 auf Anregung der Obersten Justizstelle Juristenkommission eingesetzt: Experten für die einzelnen Rechtsgebiete der Habsburgermonarchie, Böhmen–Mähren–Schlesien, Nieder- / Oberösterreich, Innerösterreich, Tirol mit Vorlanden;  Auftrag zur Ausarbeitung eines gesamtstaatlichen Codex civilis auf Grundlage der Landesrechte = Kompilations-Kommission. 1753 nach Brünn verlegt 1755 Entwurf des ersten von vier geplanten Teilen eines Codex Theresianus. Massive Kritik durch Hofstellen in Wien  Prüfung durch neue Kommission = Revisionskommission in Wien. Weiterer Verlauf der Kodifikationsarbeiten im Zivilrecht 1756 Auflösung der Brünner Kommission, Revisionskommission in Wien = alleinige Gesetzgebungskommission: Auftrag zu Entwurf eines Kriminalkodex + Codex civilis: Übernahme der Referenten aus der Brünner Kommission: (Josef Azzoni / Böhmen und Josef Ferdinand Holger / NÖ):  Privatrechtskodex Vorrang; Strafrechtsangleichung Stillstand bis 1758. 1759 Reaktivierung der Kriminalkommission  1761 Entwurf Constitutio Criminalis  Revision (Bedenken des Staatsrats). 1766 revidierter Entwurf des Codex criminalis; Entwurf des Codex civilis vor der Endredaktion ohne Gerichtsordnung (= 4. Teil  separate Allgemeine Gerichtsordnung: 1781 in Kraft). 1768 Kriminalkodex (mit Inquisitionsverfahren und Folter ≠ Geist der Aufklärung)  sanktioniert = Constitutio Criminalis (Theresiana), 1769 in Geltung für die Erbländer. 1770 Zivilkodex bei Überprüfung (Revision) im Staatsrat einhellige Ablehnung (Konzeption als Gesetz und Lehrbuch, mehr als 8000 Bestimmungen) ab 1771 Kürzung und Umarbeitung nach Richtlinien des Staatsrates: Lösung vom römisch-gemeinen Recht sowie vom Provinzialrecht; Vernunftrecht als Grundlage. 1773 Überarbeitung des Zivilrechtsentwurfs weitgehend abgeschlossen; 1774 Einstellung der Revision. 1772 Beginn der Ausarbeitung einer Allgemeinen Gerichtsordnung. 1776 Ausarbeitung der Gerichtsordnung abgeschlossen, aber erst 1781 Kundmachung Kodifikation des Zivilprozessrechts für die Erbländer. 1781 Beginn der Revision des (theresianischen) Strafrechtskodex (1768) (schon 1776 Aufhebung der Folter [Gutachten Sonnenfels] und Einschränkung der Todesstrafe): Neues Strafgesetzbuch in 2 Teilen: gerichtlich strafbare Verbrechen und schwere Polizeiübertretungen jeweils inklusive Verfahrensrecht: Voraussetzung = 3gliedriger Instanzenzug  Verzögerung des Inkrafttretens. zugl. Wiederaufnahme der Arbeiten am Zivilrechtskodex 1781 Wiederaufnahme der Kodifikationsarbeiten am Zivilrechtskodex: 1783 Ehepatent (Verstaatlichung des Eherechts); 1786 Erbfolgepatent = erste gesamtstaatliche – in Geltung auf Erbländer beschränkte – Kodifikation im Bereich des Zivilrechts aus dem 3. Teil des Entwurfs zum Bürgerlichen Gesetzbuch);  1786 Kundmachung des 1. Teils des Bürgerlichen Gesetzbuchs (Personenrecht inklusive Eherecht und Ehegüterrecht): danach Einstellung der Arbeiten an der Zivilrechtskodifikation (Abschlussarbeiten an den Strafrechtskodifikationen Vorrang). 1787 Kundmachung des Strafgesetzes sowie der Vorschriften für das 1788 Verfahren bei Polizeiverbrechen; Erlass einer Kriminalgerichtsordnung. Nach Tod Josef II. unter Leopold II. Abbau der josefinischen Errungenschaften: 1790 Auflösung der Kompilationskommission; neue (1.) GesetzgebungsHofkommission: Evaluierung der josefinischen Gesetzbücher. Ergebnisse: Galizische Kodifikationen  Strafgesetz 1803 und ABGB 1811 1792 unter Franz II. Beginn der Revision der josefinischen Kodifikationen – Leitung Karl Anton Martini und Franz Georg Keeß als Referenten. 1796 Kundmachung der Entwürfe zur Gerichtsordung und zum Strafgesetz in Westgalizien (1795 erworben) 1793 neuer Entwurf (Martinis  1794 Überprüfung und Fortsetzung der Arbeiten am BGB ab 1796 durch eine (2.) Gesetzgebungs-Hofkommission 1797 Entwurf des Bürgerlichen Gesetzbuches in Westgalizien und 1798 auf Ostgalizien-Bukowina erstreckt. Galizisches BGB = erste vollständige Privatrechtskodifikation = Entwurf eines Bürgerlichen Gesetzbuches Auf Grundlage der galizischen Gesetze Fortsetzung der Kodifikationsarbeiten: 1797 Überarbeitung des Strafgesetzetwurfes  1803 Kundmachung ab 1801 Endredaktion des ABGB: Redaktor Franz Zeiller (Schüler von Martini) 1806 Revision (Überprüfung) durch Ausschuss der Gesetzgebungskommission (1808 Entwurf für Kundmachungspatent liegt vor  Kritik des Staatsrates) 1809 Superrevision, Anfang 1810 abgeschlossen ; (1810 Sanktion des Entwurfs, ausgenommen Darlehensvertrag wegen inflationärer Lage des Staates  ergänzende Beratungen) 1811 zum 1. Juni Kundmachung der Endfassung in Buchform; 1812 in Kraft. Ablauf der Arbeiten an der Zivilrechtskodifikation vom Codex Thesianus bis zum ABGB Historie kodifikace občanského práva do vydání ABGB, in: L. Vojáček / K. Schelle / J. Tauchen (Ed.), Vývoj soukromého práva na území českých zemí (= Spisy Právnické Fakulty Masarykovy Univerzity v Brně 426, Brno: Masarykova univerzita 2012), 195-254 (Christian Neschwara). Weitere Übersetzungen: 1811/12: Polnisch, Latein; 1815/23: Italienisch. Böhmen Mähren G a l i z i e n Kärnten T i r o l Vbg Salz burg Steier- mark Krain Ober-/ Niederösterr U n g a r n Buko winaF L LombardoVenzien Görz Istrien Schle- sien Österreichisches Privatrecht ‒ Entwicklung des ABGB seit 1812 Geltungsgebiet des ABGB = ist zu differenzieren zwischen: - im Inland: verändert durch Grenzziehungen iVm Änderungen der Verfassungsstruktur - im Ausland: Rezeption; Exklaven Geltungsgebiet im Inland – Änderungen durch Grenzziehungen 1812 kleinster Gebietsstand im 19. Jh (französische Fremdherrschaft): ABGB gilt nur in NÖ, OÖ (ohne Inn- und Hausruckviertel), Kärnten (ohne Oberkärnten), Steiermark, Böhmen, Mähren, Schlesien, Ostgalizien und Bukowina, Militärgrenze (ohne die siebenbürgische) 1859 größter Gebietsstand Böhmen Mähren G a l i z i e n Kärnten T i r o l Vbg Salz burg Steier- mark Krain Ober-/ Niederösterr U n g a r n Buko wina FL LombardoVenzien Görz Istrien Schle- sien Österreichisches Privatrecht ‒ Geltung des ABGB seit 1812 Geltungsgebiet im Inland – Änderung durch Grenzziehung Ausdehnung der Geltung auf wieder gewonnene erbländischen Gebiete 1815 Oberkärnten*, Krain*, Nordtirol (ohne Zillertal), Südtirol**, Görz* und Istrien, Küstenland* 1816 Lombardo-Venetien (bis 1866/71)** und Dalmatien samt Inseln** (in LV Einschränkungen: VormR, bäuerliches LiegenschaftsR, bäuerliche Erbfolge, PfandR: stillschw GenHyp) * anstelle Code civil (Illyr. Provinzen) ** anstelle Codice civile (Kgr Italien) 1817 Inn- und Hausruckviertel, Zillertal, Salzburg 1852 Krakau (1846 annektiert) 1852/53 Ungarn (inkl Kroatien-Slawonien, Temeser Banat, Woiwodina) Siebenbürgen 1908 Bosnien-Herzegowina (nur partiell und bloß subsidiär) Österreichisches Privatrecht ‒ Entwicklung des ABGB seit 1812 Geltungsgebiet im Inland – Änderungen durch Verfassungsänderungen 1822 Fiume und Küstenland an Ungarn: ABGB aufgehoben 1853 (durch RV 1849 angebahnt, mit VerfGrds 1851 angeordnet) ABGB in Ungarn (und Nebenländern: Koratien-Slawonien, Serbische Woiwodschaft, Temeser Banat) und Siebenbürgen in Geltung (Modifikationen im Eherecht iVm Autonomie der protestant. Kirchen) 1861 in Ungarn außer Kraft (mit Ausnahmen vor allem im SachenR, ErbR aufgrund Judexkurialkonferenz: darüberhinaus als GewohnheitsR), in den Nebenländern in Geltung; in Kroatien 1860/70 Infragestellung des ABGB, ebenso 1905 und 1917 Revisionspläne (iVm Teilnovellen) nach 1861 Novellierungen in Cisleithanien Siebenbürgen Kroatien  bis 1918 unterschiedliche Textschichten des ABGB Österreichisches Privatrecht ‒ Geltung des ABGB seit 1812 Multinationaler Geltungsbereich Übersetzungen / amtlich - 1811: zwei verschiedene Fassungen in Polnisch (jeweils Wien), amtlich Księga ustaw cywilnych wszystkim niemiecko-dziedzicznym krajom Monarchii Austriackiej powszechna; Powszechna Ksiega ustaw cywilnych dla Wszystkich Krajow dziedzicznych niemieckich Monarchii austryackiej - 1812: eine tschechische (in Wien), amtlich Kniha všeobecných zákonů městských pro všecky německé dědičné - 1815/16: zwei Fassungen in Italienisch (jeweils Venedig), amtlich Codice civile generale Austriaco bzw. Codice civile universale Austriaco - 1823 : Fassung in Italienisch (Mailand), amtlich Codice civile generale Austriaco Österreichisches Privatrecht ‒ Übersetzungen des ABGB im 19. Jh. Übersetzungen / Amtliche | „authentische“ Interpretation  Auslegungshilfe / private (nichtamtlich) - 1812: eine lateinische (in Wien) Codex civilis universalis pro omnibus terris hereditariis germanicis Imperii austriaci - 1814: Fassung in Italienisch (Venedig) Codice civile universale per tutti gli stati erditarj tedeschi della Monarchie Austriaca - 1836: Fassung in Französisch (Paris): Alexandre de Clercq, Paris, 1836, Code civil général de l'empire d'Autriche - 1865/66: Fassung in Englisch (Wien): Josef Winiwarter, Wien 1865/66, General Civil Code for All the German Hereditary Provinces of the Austrian Monarchy Nach 1849 und 1867 zahlreiche private Übersetzungen Slowenisch, Tschechisch, Ruthenisch; Ungarisch, Kroatisch, Serbisch, Polnisch, Rumänisch, Hebräisch ( Galizien) Amtliche Übersetzungen des ABGB Private Übersetzungen Des ABGB Österreichisches Privatrecht ‒ Übersetzungen des ABGB im 19. Jh. Ab 1849 iVm Ausdehnung der Verfassung auf Ungarn  Rechtsvereinheitlichung - 1849: Fassung in Serbisch-kyrillisch (Wien), amtlich - 1852/53: Fassungen in Deutsch-Ungarisch, bzw. Ungarisch (jeweils Wien), amtlich für Ungarn, Croatien und Slavonien, die serbische Woiwodschaft und das Temeser Banate bzw. für Siebenbürgen Fassung in Deutsch-Kroatisch (Wien), amtlich für die ungarischen Länder, außer Siebenbürgen - 1859/60: Fassung in Rumänisch-kyrillisch/Deutsch (Wien), amtlich für Siebenbürgen 1867 ff. iVm Gleichberechtigung der Nationalitäten: Keine neuen amtlichen Übersetzungen! (in Cisleithanien zahlreiche nichtamtliche Übersetzungen ins Tschechische; in Ungarn einige für Kroatien und Woiwodina/srb) Österreichisches Privatrecht ‒ Geltung des ABGB im Ausland Geltungsgebiete im Ausland Vor 1918 nur in Staaten im Deutschen Bund: – 1812 Liechtenstein (Erbrecht erst 1847), bis 1843 automatische Rezeption der authentischen Interpretationen, keine Rezeption der Teilnovellen (nach 1918 Orientierung an der CH: 1922/23 SachenR, 1925/26 Schuld- und GesellR) in Orientierung an deutschem / schweizerischem Vorbild; heute noch ca 40% der ursprgl Bestimmungen in Geltung, aktuell seit 2007 etappenweise Aktualisierung – 1816ff in Teilen Bayerns, die abgetreten werden mussten, zB Markt Redwitz (ehem. Österr. Enklave an der Grenze zu Westböhmen) – 1838 (bis 1881) österr. Untertanen in der Deutschordenskommende (Frankfurt/M.) – 1855ff im Osmanischen Reich für österr. Staatsbürger und sog. Schutzgenossen im Rahmen der Konsulargerichtsbarkeit Nach 1918 Überleitung in die Nachfolgestaaten Österreich-Ungarns sowie auch in jenen Teilen, die an Italien und Rumänien abgetreten wurden, − in Jugoslawien in verschiedenen Textschichten zT bis nach 1945  Sozialist. Recht; − rumänischen Bukowina bis 1938 − in Italien (Südtirol) bis 1929 Österreichisches Privatrecht ‒ Ausstrahlung des ABGB im Ausland Ausstrahlungen auf Zivilrechtskodifikationen im Ausland – Vor 1918 – Schweiz: ZGB Bern 1826/31 stark angelehnt an Aufbau und Inhalt des ABGB, ähnlich BGB Luzern 1832/39, ZGB Solothurn 1842/47 und BGB Aargau 1848/56 (habsburgische Traditionen); mittelbar über die Berner Gruppe auch Einfluss auf die Kodifikationen der Zürcher Gruppe (Nidwalden, Thurgau und Graubünden) sowie auf den Codice Civile Ticino 1837. – Italien: Codice Civile Parma 1820 (habsburgisch regiert); ABGB 1866 in Lombardei, 1871 in Venetien durch ital Codice Civile 1865 ersetzt – Dt.Bund Plan ABGB als gesamtdt BGB 1814/15; Einfluss auf Entwurf Bayern 1832/34 bzw Entwurf Hessen 1842/47 und Entwurf Sachsen 1852/53 (tw wörtlich ABGB) – Balkan: Codex Kallimachus Fstm Moldau 1817 (im Wesentlichen Übersetzung des ABGB unter Bedachtnahme auf „Landesverhältnisse“ und „Religionsverschiedenheit“); ZGB Serbien 1844 (ABGB-Text um 1/3 gekürzt, Gewohnheitsrecht relevant); AGB / Vermögen Montenegro 1888 (Code Bogisits); ZGB Griechenland 1856 – Spanien Entwurf Codigo Civil 1851, Codigo civil Portugal 1868; +Lat-Am ZGB Chile 1855, ZGB Mexiko 1870 (und 1932) – Japan: neben ALR, Code Civil und BGB und ca 30 anderen Zivilrechtskodifikationen Österreichisches Privatrecht ‒ Legislative Entwicklung des ABGB im 19. Jh. Textänderungen im Verlauf des 19. Jh Inhaltliche Änderungen im 19. Jh. selten, keine Kernmaterien betroffen  ABGB nahezu textlich unverändert zB 1814 (eingekleidet in eine „Erläuterung“ / authentische Interpretation): „impedimentum catholicismi“ als neues Ehehindernis (Wiederverehelichungsverbot für akatholische Christen nach Scheidung von einem zum Protestantismus konvertierten Akatholiken) 1846: Änderungen der Regeln über den Schatzfund Verzicht des Staates auf „sein“ Drittel am Wert) 1859/60: Abbau von Sonderregeln für Nichtchristen (Aufhebung Eheschließungsbewilligung für Juden, Testierungsfähigkeit von Nichtchristen, Erfordernis der Staatsbürgerschaft für Antritt eines Gewerbes) 1867/68 Änderung wirtschaftsrechtlicher Bestimmungen (Aufhebung von Bestimmungen über Höchstzinsen, Verbot der „societas leonina“) Österreichisches Privatrecht ‒ Legislative Entwicklung des ABGB im 19. Jh. Änderungen des ABGB iVm anderen Gesetzen 1819 Eheverfahrensrecht 1846 Gesetz / Schutz literarischen / „artistischen“ [„geistigen“]Eigentums (Aufhebung § 1168 ABGB) 1854 Außerstreitpatent (Familienfideikommiss; Vormundschaft / Pflegschaft) 1855 Eherecht für Katholiken  kanonisches Recht 1856 Anweisung für die geistlichen Gerichte … in Betreff der Ehesachen“ 1862 AHGB (Gesellschaftsrecht für Handelsleute anstelle ABGB) 1867 Abbau des zwingenden Charakters von Vormundschaftsbestimmungen (veranlasst durch Änderungen des Strafgesetzes 1852); 1868/70 Wiederherstellung des ABGB-Eherechts für Katholiken (unter Abbau von Bestimmungen, die der katholischen Kirche einen Vorrang einräumen, Abbau von Bestimmungen, die eine zwingende Mitwirkung kirchlicher Behörden vorschreiben) Einführung der Notzivilehe (1870 ausgedehnt auf Konfessionslose); Aufhebung des Abfalls vom Christentum als Enterbungsgrund 1869 Eisenbahnhaftpflichtgesetz (Gefährdungshaftung) 1871 Notariatsordnung (Testierfähigkeit), Notariatszwangsgesetz (Formvorschriften), Grundbuchsgesetz 1878 Eisenbahnenteignungsgesetz 1883 Textänderungen iVm Todeserklärungsgesetz (Kommorientenpräsumption) 1895/96 Textänderungen iVm ZPO, EO (Pfandrecht) Urheberrechtsgesetz, Ratengesetz, Notwegegesetz (Servitutenrecht) Österreichisches Privatrecht ‒ Legislative Entwicklung des ABGB: Teilnovellen 1914/16 Im 20. Jh Umfassende inhaltliche Erneuerung: Teil- Novellen 1914–1916 + Wissenschaftstheoretische Überlegungen: Mitte 1850er Jahre Wissenschaftspolitik  Eingliederung der österr. Zivilistik in die dt. Pandektistik: propagiert durch Josef Unger (Prag  Wien): Totalrevision; nach Edition der Gesetzgebungsmaterialien (Harrasowsky / Ofner um 1880/90 )  Unger: „mosaikartike Korrekturen“) + Reformbedarf: soziale / wirtschaftliche / technische Anforderungen des Industriezeitalters Defizite nach 1867 bewusst  Revision; Einfluss von Kodifikationsbestrebungen DtReich, Schweiz, Ungarn + Zustandekommen: 1907 RV (Änderungen zu etwa 90 §§) Ende 1912 Abschluss im HH (Änderungen zu 230 §§)  AH bis Weltkrieg nicht abgeschlossen  Juni 1914 Auflösung RR: Erlass mit ksl NotVO 1914–1916 (ca 50 §§ neu, ca 200 abgeändert). Vorgezogen: BauRG 1912 (Wohnbau) + Inhalt: 1914: Personen-, Familien- und Vormundschaftsrecht sowie gesetzl. Erbrecht 1915: Grenzziehungsregeln; 1916: Sachen- und Schuldrecht, Personenrecht (Verschollenheit bei Todesvermutung Fristverkürzung; Verbesserung Rechtsstellung der Frau, Unehelichen; gesetzliches Erbrecht der Ehegatten, Beschränkung der Erbquote der ehelichen Verwandten; neue Regelungen im Nachbarrecht, Eigentumsvorbehalt an Maschinen, Liegenschaftsverkehr und Realkredit; Anpassung der allgemeinen Regeln über Rechtsgeschäfte, Gewährleistung und Schadenersatz, Umgestaltung des Dienstvertrags / Lohnfortzahlung an Arbeitnehmer, Kündigungsfristen, Fürsorgepflichten des Arbeitgebers) Österreichisches Privatrecht ‒ Legislative Entwicklung des ABGB nach 1918 Änderungen des ABGB in der Rechtsordnung der Republik Österreich nach 1918 - 1919 Adelsaufhebung (Wegfall von Vorrechten, Verbot der Begründung von Familienfideikommissen) - 1919 Verbot der Kinderarbeit - 1922 Zivileherecht im Burgenland, Mietengesetz - 1934 iVm Konkordat bürgerliche Rechtswirkungen für kanonische Ehen 1938‒1945 - 1938 Ehegesetz (Durchführungsverordnungen 1945 zT aufgehoben) Personenstandsgesetz (obligatorische Zivilehe, Scheidung; Standesämter) Testamentsgesetz (1946 aufgehoben) - 1939 HGB - bis 1942 Idee eines „Volksgesetzbuches“ anstelle von BGB und ABGB ab 1945 Rechts-Überleitung: ABGB, ZPO, StrafG iVm EheG 1938, HGB 1900 Österreichisches Privatrecht ‒ Entwicklung des ABGB nach 1945 − 1946 Idee einer Neukodifikation („Zentralkodex“) stattdessen  „Dekodifizierung“ - 1947 Rückstellungsgesetz (Wiederbelebung des ius ad rem) - 1948 Wohnungseigentumsgesetz (1975) - 1949 Wuchergesetz - 1950 Todeserklärungsgesetz - 1958 Anerbengesetz - 1959 Eisenbahn- und Kraftfahrzeughaftpflichtgesetz - 1961 Ratengesetz - 1964 Atomhaftpflichtgesetz - 1965 Dienstnehmerhaftpflichtgesetz - 1967 Organhaftpflichtgesetz - 1960er/ Familienrechtsreform (KindschaftsR), 1978 persönl. Rechtswirkungen d. Ehe, EhegüterR) - 1978 IPR-Gesetz  keine Rückkehr zu einer einheitlichen Kodifikation - 1979 Konsumentenschutzgesetz - 1980 Grundbuchsumstellung (ADV) - 1981 Mietenrechtsgesetz - 1988 Produkthaftungsgesetz - 1990 Baurechtsnovelle - 1999 Bundesrechtsbereinigung (Aufhebung ABGB-Kundmachungspatente für einzelne Länder!) - 2001 Beseitigung Vormundschaft (Sachwalterschaft nur für volljährige) - 2005 Änderungen Testamentsrecht (Aufhebung mündlichen Testaments), HGB-Novelle  „Unternehmens“-Gesetzbuch (= modifiziertes HGB). - 2006 Deregulierungsgesetz (Aufhebung toten Rechts: geteiltes Eigentum), Patientenverfügung - 2009 Familienrechtsänderungsgesetz (Aufhebung Mitgift, Morgengabe), Eingetragene Partnerschaft  um2011Diskussion um „Rekodifizierung“: Eherecht, Sachenrecht Geltungsbereich des ABGB nach 1918 (bis 1938) Partiell galt das ABGB bis 1938 in Polen (Galizien, Zips und Arwa), Italien (Südtirol bis 1929) und Rumänien (Bukowina bis 1938) sowie in unterschiedlichen Textschichten in Jugoslawien. Geltungsbereich des ABGB nach 1918 (bis 1938) Das Ende der Geltung des ABGB und des „Orbis juris austriacus“ setzte ein mit dem Erlass sozialistischer Zivilgesetzbücher.