1. Einführung in die Morphologie Die Morphologie ist die Lehre vom Bau der Wörter, von der Wortbildung und von der Veränderung des Sprachmaterials / Formenlehre /. Sie ist ein wichtiges Teilgebiet der Linguistik / Sprachwissenschaft /, das sich mit den Morphemen befasst, besonders mit ihrer Funktion bei der Wortbildung und bei der Bildung verschiedener grammatischer Formen der Wörter / griechisch: Morphe = Form, Gestalt /. 1.1 Grundbegriffe der Morphologie 1.1.1 Das Morph In der Morphologie gilt als Minimalzeichen das Morph, das nicht weiter in Zeichen zerlegt werden kann und das kleinste formale Bauelement der Sprache ist. Das Zeichen wird als Ganzes, als Kombination von Ausdrucks- und Inhaltsseite aufgefasst. Die Morphe werden in Klassen zusammengefasst, die die Morpheme einer Sprache bilden. Beispiel: "-en" ist ein Morph, das bedeutungsmäßig zu verschiedenen Morphemen gehört. Morphem 1 ein- en - Mask. Akk. Sg. Morph Morphem 2 -en Has-en - Akk.Gen.Dat. Sg. Pl./Nom.Pl. Morphem 3 frag-en - Inf./1. 3. Pers. Pl. Präs. Es handelt sich also nur um gleiche Lautfolgen, so genannte Morphe, jedoch um verschiedene Morpheme. Wir sagen, "en" ist ein Morph, das bedeutungsmäßig zu verschiedenen Morphemen gehört. 1.1.2 Das Morphem Das Morphem ist eine Klasse / Menge / von Morphen, die denselben Wert, das heißt, dieselbe Bedeutung - bei identischer oder ähnlicher Ausdrucksseite - haben. Morpheme sind die kleinsten sprachlichen Einheiten im Sprachsystem mit einer Bedeutungs- oder grammatischen Funktion. Sie bilden die Konstituenten der Wortstruktur und ergeben durch Kombination neue Wörter und Wortformen. Morpheme signalisieren ebenfalls Funktionen innerhalb bestimmter Satzstrukturen. Der Begriff stammt aus dem amerikanischen Strukturalismus. 1.1.3 Das Allomorph Die Allomorphe sind Morphe, die demselben Morphem angehören. Das Allomorph ist eine Variante des Morphems, die in einer bestimmten phonemischen, grammatikalischen oder lexikalischen Umgebung vorkommt / z. B. --et für das --t der 3. Person Sg. in "redet", oder verschiedene Formen der Verben im Präteritum: sowohl --ie in schlief als auch -ach--t in brachte als auch -t in fragte bezeichnen das Präteritum. 1.2 Typen von Morphemen Morpheme lassen sich unter mehreren Gesichtspunkten in unterschiedliche Typen differenzieren und klassifizieren: Hinsichtlich ihrer Bedeutungsfunktion wird zwischen lexikalischen und grammatischen Morphemen unterschieden. Hinsichtlich ihres Vorkommens bzw. ihrer Selbständigkeit unterscheidet man zwischen freien und gebundenen Morphemen mit dem Spezialfall der unikalen bzw. blockierten Morpheme. 1.2.1 Lexikalische Morpheme a) Freie Morpheme: Grundwörter - Lexeme Morpheme mit eigener lexikalischer Bedeutung; sie können selbständig auftreten. Es handelt sich eigentlich um wortfähige Morpheme, die im Wörterbuch als Grundwörter bzw. Vokabeln verzeichnet sind (Mensch, Tier, Baum, krank, bald). Früher hat man sie "Wurzeln" oder "Stämme" genannt, jetzt spricht man über wortfähige Morpheme oder Lexeme. b) Gebundene Morpheme: Wortbildungsmorpheme Sie dienen zur Bildung von neuen Wörtern (menschlich, Menschheit, Urmensch) = Derivation. 1.2.2 Grammatische Morpheme Morpheme mit grammatischer oder struktureller Bedeutung - Flexionsmorpheme. Kombinationen von lexikalischen Morphemen mit grammatischen Morphemen ergeben Wortformen, nicht neue Wörter. Bei den grammatischen Morphemen sind zu unterscheiden: a) Freie Morpheme Morpheme, die in einem Satz als Wörter auftreten können, z. B. Personalpronomen, Artikel, Präpositionen und Konjunktionen. b) Gebundene Morpheme Morpheme, die in einem Satz nicht selbständig als Wort auftreten können, sondern immer an ein anderes Morphem (Grundmorphem) gebunden sind = Flexionsmorpheme. Sie tragen grammatische Bedeutung und repräsentieren die sog. grammatischen Kategorien der flektierbaren Wortarten ( z. B. des Bildes: Numerus: Singular, Kasus: Genitiv). 1.2.3 Unikales Morphem Morphem, das nicht allein, sondern nur in Verbindung mit einem einzigen anderen Morphem auftritt, z. B. das Morphem / Him / kommt nur in Verbindung mit dem Morphem / Beere / vor, ebenso / Brom / und / Preisel /. 1.2.4 Blockiertes Morphem Morphem, dessen Kombinationsfähigkeit stark eingeschränkt ist, z. B. das Morphem Schwieger kommt nur in Verbindung mit / Eltern, Mutter, Vater, Tochter, Sohn / vor. 1.3 Zur Beschreibung von Wortformen Wortformen sind die konkreten Gestalten, in denen Wörter im Sinn von Lexemen bzw. Vokabeln im Satz erscheinen. 1.3.1 Der Wortstamm Wortform ohne Flexionsmorpheme; Teil einer Wortform, der übrig bleibt, wenn Flexionsmorpheme abgetrennt werden. / er ver -- arbeit -- et / 1.3.2 Das Grundmorphem = die Wurzel Wortform ohne Wortbildungsmorpheme; Teil eines Wortes, der übrig bleibt, wenn Wortbildungsmorpheme abgetrennt werden. / Ver -- arbeit - ung / Es können mitunter auch mehr als eine Wurzel in einem Wort enthalten sein: Stud-ien-be-werb-er, Alt-stadt-fest. 1.3.3 Das Flexionsmorphem = Flexiv Es ist ein gebundenes grammatisches Morphem, das an Wortstämme tritt und zur Bildung von Wortformen dient. / er arbeit -- et, er arbeit -- ete / 1.3.4 Wortbildungsmorpheme - Affixe Das Affix ist ein gebundenes lexikalisches Morphem, das in Verbindung mit einem Grundmorphem einen komplexen Wortstamm ergibt. An einen solchen komplexen Wortstamm können weitere Wortbildungsmorpheme treten. Affixe werden auch Ableitungssilben genannt. Beispiel: Aus der Kombination des Wortbildungsmorphems vor mit dem Grundmorphem tanz entsteht der komplexe Wortstamm vor-tanz. An diesen komplexen Wortstamm kann das Wortbildungsmorphem - er antreten, sodass sich der neue Wortstamm Vor- tänz -er ergibt, an den nochmals ein Wortbildungsmorphem - in - angefügt werden kann. Es ergibt sich dann der mehrfach komplexe Wortstamm Vor - tänz - er - in. Präfix Vor einen Wortstamm / ein Grundmorphem tretendes Affix. /Vorsilbe/ Suffix An das Ende eines Wortstammes / Grundmorphems tretendes Affix. /Nachsilbe/ Infix Zwischen die Bestandteile eines Wortstammes / Grundmorphems tretendes Affix. Zirkumfix Kombination aus Präfix bzw. Infix und Suffix. Beispiele: Präfixe treten fast ausschließlich als Wortbildungsmorpheme auf, z. B. un- unmodern, uninteressant, Unglück, miss- misstrauen, missverstehen, misslingen, Ur- Urwald, Urmensch, Urgroßvater. Suffixe treten sowohl als Flexionsmorpheme wie lach-t, lach-en, Haus-es, schön-en wie auch als Wortbildungsmorpheme wie Lach-er , häus-lich, Schön-heit auf. Ebenso verhält es sich bei Zirkumfixen: ge-lach-t / ge- ...-t als Flexionsmorphem /, Ge- birg -e / Ge- ...-e als Wortbildungsmorphem /. Infixe sind die Flexionsmorpheme ge und zu bei trennbaren Verben, z. B. auf- ge- hör-t, auf-zu-hör-en, wobei sie gleichzeitig als erster Bestandteil eines Zirkumfixes anzusehen sind. Halbpräfix Präfixartiges Wortbildungsmorphem, das Reihen bildend auftritt und mit einem gleich lautenden freien Morphem bedeutungsverwandt ist. Beispiele: Elemente wie sau-, super-, auf- erscheinen als gebundene Morpheme in Wortbildungen wie sauteuer, saublöd, Sauwetter, superschnell, Superauto, aufblühen, aufstehen usw. Halbsuffix Suffixartiges Wortbildungsmorphem, das Reihen bildend auftritt und mit einem gleich lautenden freien Morphem bedeutungsverwandt ist. Beispiele: - muffel in Morgenmuffel, Urlaubsmuffel, Sexmuffel, Krawattenmuffel - papst in Literaturpapst, Modepapst, Kritikerpapst, Skipapst - geil in erfolgsgeil, karrieregeil, mediengeil 1.3.5 Suppletivallomorphe Allomorphe eines Morphems, deren Ausdrucksseiten untereinander in keinem Zusammenhang stehen. Beispiele: In der Steigerung / Komparation /: viel -- mehr -- meist(en) gern -- lieber -- liebst(en) 1.3.6 Nullallomorph Allomorph eines Morphems, das keine materielle (phonische oder graphische) Ausdrucksseite hat. Beispiel: Bei Morphemen wie Auto, Kind, Uhr hat das Morphem Plural die Allomorphe / - s, -er, -en /. Bei Morphemen wie Meister, Onkel wird das Morphem Plural dagegen materiell nicht ausgedrückt / Nullallomorphe /, ist aber in Kombinationen wie die Meister, die Onkel inhaltsseitig in gleicher Weise vorhanden wie in die Autos, die Kinder, die Uhren. 1.4 Morphologische Wortbildungslehre 1.4.1 Das Simplex Wortstamm, der nur aus einem Grundmorphem besteht. Simplizia sind Wörter, die man inhaltlich nicht mehr trennen kann: Haus, Hund, klein, bald. / das Simplex, des Simplex, die Simplexe -- Betonung jeweils auf Sim- ; oder Simplizia -- Betonung auf -pli- / 1.4.2 Das Kompositum Zusammensetzung -- zusammengesetztes Wort, das sich in zwei oder mehrere weitere Wort-stämme zerlegen lässt. Substantivkomposita -- Nominalkomposita / Haustür / Adjektivkomposita / dunkelblau / Verbkomposita / mähdreschen / Nach den Verhältnissen, in denen die Glieder eines Kompositums inhaltlich zueinander stehen, werden folgende Unterscheidungen getroffen: 1.4.2.1 Kopulativkompositum Die Glieder sind inhaltlich gleichgeordnet und gehören der gleichen Wortart an: Hemdbluse -- Hemd und Bluse Dichterkomponist -- Dichter und Komponist mähdreschen -- mähen und dreschen taubstumm -- taub und stumm 1.4.2.2 Determinativkompositum Das zweite Glied -- das Grundwort -- wird vom ersten Glied -- dem Bestimmungswort -- inhaltlich spezifiziert: Milchkanne, Obstgarten, Drehtür, hellblau, jn kaltmachen / umbringen Endozentrisches Kompositum Das Kompositum AB bezeichnet die im zweiten Glied benannte Größe B / Formel AB ist B /; das zweite Glied kann das Kompositum insgesamt ersetzen / eine Milchkanne ist eine Kanne /. Exozentrisches Kompositum Das Kompositum bezeichnet nicht die im zweiten Glied benannte Größe, sondern eine explizit nicht genannte Größe, die vom Kompositum insgesamt beschrieben wird: Das zweite Glied kann das Kompositum nicht ersetzen / Dummkopf -- ein Dummkopf ist kein Kopf, sondern ein dummer Mensch; Angsthase -- ist kein Hase, sondern ein ängstlicher Mensch /. Der Terminus Zusammensetzung -- Komposition dient auch zur Bezeichnung des grammatischen Prozesses, der zur Bildung von Komposita -- zusammengesetzten Wörtern - Zusammensetzungen dient. / das Kompositum, des Kompositums, die Komposita -- Betonung auf -- po- / Kompositionsfuge und Fugenelemente Nahtstelle zwischen den Wortstämmen, die die Glieder eines Kompositums bilden, heißt Kompositionsfuge.Die Kompositionsfuge kann durch spezielle Fugenelemente gekennzeichnet sein: -s- : Geburtsdatum, Zeitungsartikel -er-: Kinderliteratur, Hühnerei -n-: Entenei, Straßenbahn -e-: Tagebuch, Schweinefleisch Die Fugenelemente könnenauch bedeutungsdifferenzierend wirken; vgl. Landmann /Bauer/ gegenüber Landsmann /aus derselben Gegend stammend/. Keine Elemente treten auf in: Haustür, Rindfleisch, Speisekarte usw. Dekompositum Kompositum, das als Ganzes aus mehr als zwei Gliedern besteht. Komposita wie Glatteiswarndienst oder Lampenschirmfabrik bestehen im ersten Analyseschritt jeweils aus zwei Gliedern: Glatteis und Warndienst, Lampenschirm und Fabrik. Beide Glieder lassen sich ihrerseits in zwei Glieder zerlegen: glatt und Eis, warn und Dienst sowie Lampe und Schirm. Die Komposita bestehen also aus vier bzw. drei Gliedern. 1.4.2.3 Zusammenrückungen Zusammenrückungen werden als ein besonderer Typ von Komposita beschrieben. Ihre Grundmorpheme sind untrennbar und bilden ein exozentrisches Kompositum aus syntaktischer Gruppe, z. B. Gernegroß (Person mit Eigenschaft, gern groß sein, d.h. im Mittelpunkt stehen zu wollen); Taugenichts (nichtsnutziger Mensch); Vergissmeinnicht (Blume). 1.4.3 Das Derivativum -- abgeleitetes Wort -- die Ableitung Wortstamm, der sich in einen Wortstamm und ein Wortbildungsmorphem zerlegen lässt. Die Termini Ableitung / Derivation dienen auch zur Bezeichnung des grammatischen Prozesses, der zur Bildung von Ableitungen / Derivativa führt. Bei der Ableitung wird aus einem bekannten Wortstamm ein neues Wort gewonnen. Je nachdem, ob an der Bildung Suffixe bzw. Halbsuffixe -- Suffixoide -- oder Präfixe bzw. Halbpräfixe -- Präfixoide -- beteiligt sind, werden Suffigierungen -- Suffixbildungen und Präfigierungen -- Präfixbildungen unterschieden. 1.4.3.1 Explizite Derivation Suffigierung -- Suffixbildung - Suffixableitung Derivativum, das aus einem Wortstamm und einem Suffix oder einem Halbsuffix -- einem Suffixoid - besteht. Dienst: einfacher Wortstamm = Grundmorphem dien + Suffix --st sonnig: einfacher Wortstamm = Grundmorphem Sonn = Suffix --ig Begründung: komplexer Wortstamm Begründ + Suffix --ung Krawattenmuffel: einfacher Wortstamm Krawatte + Halbsuffix = Suffixoid -- muffel Weltrekordler: Wortstamm Weltrekord + Suffix - ler Präfigierung = Präfixbildung = Präfixableitung Derivativum, das aus einem Präfix oder einem Halbpräfix - einem Präfixoid - und einem Wortstamm besteht. unschön: Präfix un + einfacher Wortstamm = Grundmorphem schön unbegründet: Präfix un + komplexer Wortstamm begründet aufblühen: Halbpräfix = Präfixoid auf + Grundmorphem blüh/en/ saublöd: Halbpräfix = Präfixoid sau + Grundmorphem blöd Superathlet: Halbpräfix = Präfixoid super + Grundmorphem Athlet Kombinierte Präfix- und Suffixbildung = Zirkumderivation / kombinatorische Derivation / Derivatum, das aus einem Zirkumfix und einem Wortstamm besteht. bereinigen: Präfix be- + Suffix --ig = Zirkumfix be- ... --ig + Grundmorphem rein aushändigen: Präfix aus- + Suffix --ig = Zirkumfix aus- ... --ig+ Grundmorphem hand 1.4.3.2 Implizite Derivation - Nullableitung Derivativum, das aus einem Wortstamm und einem Affix (Suffix oder Präfix) in Form eines Nullallomorphs besteht. Beispiel: Der Vergleich von Lehrer und Koch zeigt, das Lehr-er mit Hilfe des Suffixes --er vom Verb lehren abgeleitet ist, während die Bildung Koch von kochen kein offenes Suffix aufweist. Das Morphem hat also die Allomorphe --er und -0. Ähnlich auch: schauen -- Schau, beweisen -- Beweis, brechen -- Bruch, finden -- Fund. 1.4.4 Ableitung durch phonologisch determinierte Allomorphe Phonemisch unterschiedliche Allomorphe eines Morphems, deren Vorkommen und Form von der lautlichen - phonologischen - Umgebung abhängig ist. Die wichtigsten Fälle des morphophonemischen Wechsels sind: - Auslautverhärtung -e / i - Wechsel - Umlaut - Ablaut Auslautverhärtung Morphophonemischer Wechsel zwischen stimmhaften und stimmlosen Explosiven / Verschlusslauten / bzw. zwischen stimmhaften und stimmlosen Spiranten / Reibelauten. Beispiel: f -- b: Hefe -- heben h -- g : ziehen -- Zug d -- t: schneiden -- Schnitt s -- r: meist - mehr Umlaut Die sprachgeschichtliche Veränderung eines Vokals, z. B. im Pl. Platz -- Plätze oder in der 2. Pers. Sg. Präs. der starken Verben: du rätst, du lädst. Wortbildung: backen -- Bäcker, Arzt -- Ärzt, Trost -- trösten, laufen -- Läufer. e / i -- Wechsel tritt bei der Bildung von Verbformen auf, und zwar erscheinen Allomorphe mit [- i] bzw. [- i:] in der 2. und 3. Person Sg. Präs. Ind. Akt. und im Imperativ Sg. helfen -- du hilfst -- hilf! Wortbildung: helfen -- Hilfe. Ablaut Morphophonemischer Wechsel zwischen Vokalen, besonders bei Allomorphen von starken Verben: singen -- sang -- gesungen Wortbildung: singen -- Gesang -- Sänger 1.4.5 Wortbildung durch Umbildung Die Umbildung (Konverse, Wortartwechsel) bewirkt, dass ein Wort in eine andere Wortart überführt wird, ohne dass dabei -- im Unterschied zur impliziten Ableitung (singen- Gesang) -- lautliche Veränderungen oder Bedeutungsveränderungen auftreten. Die drei bekanntesten Formen sind die Überführung in ein Substantiv (Substantivierung), die Überführung in ein Verb oder Adjektiv. Die Substantivierung / Nominalisierung Grundsätzlich können alle Wortarten substantiviert werden. Substantivierte Wörter werden mit großen Anfangsbuchstaben geschrieben: das Aber, das Blau, das Hurra, der Junge, das Schwimmen, die Neugeborenen, das Dunkle (Bier) Die Überführung in ein Verb / Verbalisierung Auch Verben entstehen durch Wortartwechsel: Substantive oder Adjektive werden zu Verben: Hagel -- hageln, Pilger -- pilgern, trocken -- trocknen, krank -- kränkeln Die Überführung in ein Adjektiv Auch Adjektive können durch Umbildung entstehen. So werden gelegentlich Substantive in Adjektive umgewandelt: Angst -- angst, Schaden -- schade. Ansonsten werden vor allem Partizipien wie Adjektive gebraucht: Das gebaute Haus, der besetzte Platz, eine viel gelesene Zeitschrift. 1.4.6 Wortbildung durch Kürzung / Kurzwortbildung Dieser Wortbildungstyp hat sich in den letzten Jahren besonders entwickelt. Die Kurzwörter und Abkürzungswörter werden aus Gründen der Sprachökonomie gebildet. Kurzwörter: Abi (Abitur), Bus (Autobus), Laster (Lastkraftwagen), Uni (Universität), ZOO (Zoologischer Garten), Assi (Assistent), Azubi (Auszubildende/er), Dok (Doktor), Prof (Professor). Abkürzungswörter: CDU -- Christlich-Demokratische Union, EU -- Europäische Union, USA- Vereinigte Staaten von Amerika, PKW -- Personenkraftwagen, U-Bahn -- Untergrundbahn. 1.4.7 Wortbildung durch Terminologisierung In den Fachsprachen von Wissenschaft, Technik und Politik gibt es eine Vielzahl von Termini (Singular: der Terminus). Termini sind Fachwörter, die entweder Neuschöpfungen (Neologismen) sind, oder bereits bekannte Wörter, die mit einer besonderen Bedeutung versehen werden. Diesen zweiten Vorgang nennen wir Terminologisierung: Kopf (Technik), Lösung (Chemie), Masse (Physik), Maus (Computertechnik). 2. Wortartenlehre Die Wortartenlehre umfasst üblicherweise die folgenden Bereiche: 1. Einteilung von Wörtern mit bestimmten gemeinsamen Merkmalen in Wortklassen -- Wortarten 2. Subklassifizierung der Wörter innerhalb der einzelnen Wortarten - nach inhaltlichen Gesichtspunkten - nach morphologischen Gesichtspunkten - nach syntaktischen Gesichtspunkten 3. Beschreibung der Wortformen der jeweiligen Wortart Flektierbare Wortarten: das Substantiv das Verb das Adjektiv die Artikelwörter das Pronomen Nicht flektierbare Wortarten: das Adverb die Präposition die Konjunktion die Partikel die Interjektion 2.1 Flektierbare Wortarten Das Substantiv (das Nomen, die Nomen/Nomina) Substantive schreibt man mit großen Anfangsbuchstaben; in der Regel haben sie ein Artikelwort bei sich. Am Artikelwort wird das Genus (grammatisches Geschlecht) erkennbar. Substantive können dekliniert werden. Die Deklination wird auch Flexion genannt. Die unterscheidenden Merkmale sind Kasus (Nominativ, Genitiv, Dativ, Akkusativ), Numerus (Singular, Plural) und Genus (Maskulinum, Femininum, Neutrum). Mit Substantiven bezeichnet man Konkreta (Lebewesen, Pflanzen, Stoffe, Gegenstände) und Abstrakta (Eigenschaften, Zustände, Vorgänge). Das Verb Die Verben/Verba bilden finite Verbformen, die nach Person, Numerus, Tempus, Genus verbi und Modus verändert werden. Verben lassen sich also konjugieren: ihre Konjugation wird auch Flexion genannt. Die Person und der Numerus der Verbform im Satz hängen vom jeweiligen Subjekt ab. Das Subjekt und das finite Verb kongruieren -- die Kongruenz. Die Form der Verben hängt außerdem von ihrer morphologischen Klasse ab. Syntaktisch bestimmen die Verben die Anwesenheit und die Form ihrer Ergänzungen. Mit Verben werden Tätigkeiten und Handlungen (schreiben), Zustände (liegen) oder Vorgänge (einschlafen) bezeichnet. Das Adjektiv Adjektive bezeichnen Eigenschaften. Häufig dienen sie zur Unterscheidung von Dingen, Personen oder Sachverhalten. Sie können unterschiedliche Formen nach Kasus, Numerus, und Genus bilden. Adjektive lassen sich auch steigern -- die Steigerung oder Komparation. Die Bildung der Komparationsformen Positiv (Grundstufe), Komparativ (Vergleichsstufe) und Superlativ (Höchststufe) gilt als eine charakteristische Eigenschaft von Adjektiven. Eine Untergruppe der Adjektive sind die Zahladjektive: eins, hundert, der Zweite, erstens, ein Fünftel, einmal. In einigen Grammatiken werden sie extra als sog. Zahlwörter beschrieben. Die Artikelwörter Traditionell werden unter Artikel der bestimmte und der unbestimmte Artikel genannt. Der Artikel ist Begleiter des Substantivs und stimmt mit ihm im Genus, Numerus und Kasus überein. Gleich verhalten sich weitere sog. Artikelwörter: Nullartikel, Demonstrativpronomen (hinweisendes Fürwort), Possessivpronomen (besitzanzeigendes Fürwort), Interrogativpronomen (Fragefürwort), Indefinitpronomen (unbestimmtes Fürwort). Das Pronomen Pronomen / Pronomina stehen, ganz im wörtlichen Sinne (- für das Substantiv), anstelle eines Substantivs. Hierzu gehören das Personalpronomen, das Reflexivpronomen, das Relativpronomen, das substantivisch gebrauchte Indefinitpronomen und das Pronomen es. Pronomen können dekliniert werden. Wenn Pronomen Substantive ersetzen, richten sie sich in der grammatischen Zahl (Numerus) und im grammatischen Geschlecht (Genus) nach dem Substantiv, für das sie stehen. 2.2 Nicht flektierte Wortarten Das Adverb Die Adverbien dienen zur Bezeichnung von lokalen, temporalen, kausalen und modalen Umständen und haben teilweise Satzgliedcharakter: Er wohnt hier. (Satzglied) Das war eine sehr schöne Wohnung. (kein Satzglied) Adverbien bestimmen näher die Aussage des ganzen Satzes oder dienen als nähere Bestimmung des Verbs oder als nähere Bestimmung des Substantivs, Adjektivs oder Adverbs. In ihrer Grundform sind Adverbien immer endungslos, unabhängig davon, wie sie verwendet werden. Die Präposition Die Präpositionen stehen vor dem Substantiv bzw. Pronomen und kennzeichnen räumliche bzw. zeitliche Verhältnisse oder Beziehungen zwischen Personen, Sachen und Vorgängen. Eine Gruppe sind die Postpositionen, die hinter dem Substantiv stehen, z. B. die Straße entlang gehen, sowie Zirkumpositionen (das entsprechende Satzglied einrahmend), z. B. um seiner Familie willen. Zu den Präpositionen gehören auch Formeln wie: in Bezug auf, im Vergleich zu, von Seiten. Die Präpositionen verfügen über die Eigenschaft der Rektion, d.h. sie bestimmen den Kasus der von ihnen eingeleiteten Wörter bzw. Wortgruppen. Die Konjunktion Die Konjunktionen verbinden Wörter, Teile von Sätzen oder Sätze miteinander. Ihrer Form nach kann man die Konjunktionen einteilen in einfache (und, oder, denn), zusammengesetzte (nachdem, trotzdem) und mehrdliedrige (weder.....noch; sowohl.....als auch) Es gibt koordinierende (nebenordnende) Konjunktionen (und, aber, oder, sondern, denn), subordinierende (unterordnende) Konjunktionen (weil, obwohl, dass usw.) und Satzteilkonjunktionen (als, wie). Die subordinierenden Konjunktionen stehen im Deutschen am Anfang eines Nebensatzes, dessen finites Verb am Ende des Satzes steht. Die Partikel Zu den Partikeln gehören Wörter wie denn, doch, ja, schon, vielleicht (Modalpartikeln oder Abtönungspartikeln); auch, außerdem, erst, ferner, noch, nur, selbst, sogar (Gradpartikeln) sowie nicht (Negationspartikel). Die Interjektion und das Satzwort Wörter wie hurra, ah, pfui, ätsch, ach, hm sind Interjektionen. Sie drücken, vor allem in der gesprochenen Sprache, Gefühlswerte wie Freude, Schmerz, Trauer oder Glück aus. Einige dienen der Lautmalerei -- Nachahmung von Lauten und Geräuschen: muh, miau, wau wau, tich tack. Im Regelfall steht ein Ausrufezeichen am Ende des Satzes. Zu den sog. Satzwörtern gehören ja, nein, danke. 3. Das Substantiv 3.1 Charakteristik der Substantive Die Substantive (auch das Nomen / die Nomina genannt) bezeichnen Personen, Lebewesen, konkrete Dinge oder abstrakte Gegebenheiten. Substantive werden: - mit großen Anfangsbuchstaben geschrieben - dekliniert (flektiert), also in Kasus (Nominativ, Genitiv, Dativ, Akkusativ) und Numerus (Singular, Plural) verändert - mit einem Artikelwort verbunden, durch das das grammatische Geschlecht (Genus) verdeutlicht wird (Maskulinum, Femininum, Neutrum) - als Subjekt, Objekt oder Attribut gebraucht - Verben, Adjektive, Partizipien und andere Wortarten können substantiviert werden, z. B. das Singen, der Fremde, die Reisenden, die Erwarteten. 3.1.1 Einteilung der Substantive a) nach morphologischen Kriterien Die Substantive sind morphologisch zu unterscheiden - nach unterschiedlichen Typen der Deklination und der Pluralbildung - auf Grund ihrer Zugehörigkeit zu einem Genus: Maskulina, Feminina, Neutra - nach der Möglichkeit, dem Numerus anzugehören (nur Singular oder nur Plural oder beides). b) nach syntaktischen Kriterien Syntaktisch ergeben sich auf Grund der Ergänzungsbedürftigkeit und der Valenz der Substantive zwei Subklassen: - absolute Substantive, die keiner Ergänzung bedürfen und nicht über syntaktische Valenz verfügen (zumeist Konkreta, z. B. Tisch, Baum, Haus) - relative Substantive, die einer Ergänzung oder mehrerer Ergänzungen bedürfen (zumeist Abstrakta, die von Verben oder Adjektiven abgeleitet sind, denen sie in ihrer Valenz entsprechen, z. B.: Das Land ist arm an Rohstoffen. / Die Armut des Landes an Rohstoffen). c) nach semantischen Kriterien A/ Gattungsnamen (Appellativa) bezeichnen Personen, Tiere, Pflanzen oder Gegenstände sowohl als Gattung (Klasse) als auch die einzelnen Glieder dieser Gattung, z. B. der Mensch, der Hund, die Rose, das Buch. Konkreta: zählbare Individuativa (Kind, Katze, Tisch) Stoffnamen (Gold, Holz, Schnee, Wasser) Sammelnamen / Kollektiva (Bevölkerung, Jugend, Obst, Gepäck) Abstrakta: Eigenschaften (Fleiß, Geduld), Beziehungen (Liebe, Freundschaft, Hass), Zustände oder Vorgänge (Hoffnung, Bewegung), gedankliche Systeme (Theorie, Wissenschaft) B/ Eigennamen, die nur die einzelnen Glieder einer Gattung bezeichnen: Personennamen und Tiernamen: Antje, Jürgen, Thomas Mann, Rex geographische Namen: Europa, Deutschland, Hamburg, die Elbe, der Bodensee Namen für kulturelle und technische Produkte: Faust, Kabale und Liebe, Titanic, Sixtinische Madonna, Mercedes, Honda Zu den semantischen Gruppen der Substantive gehören auch solche, die durch Wortbildung miteinander verbunden sind, vor allem bei Substantiven, die von Verben abgeleitet sind -- Deverbative, (Sg. das Deverbativum): - Tätigkeitsbezeichnungen (Nomina actionis): das Laufen, das Lesen, die Überreichung - Täterbezeichnungen (Nomina agentis): der Läufer, der Raucher - Ergebnisbezeichnungen (Nomina acti): die Lieferung, das Geschriebene - Bezeichnungen für Mittel oder Instrumente (Nomina instrumenti): der Bohrer, die Säge, der Kugelschreiber Die semantischen Gruppen sind nicht immer scharf voneinander abgrenzbar, die Zuordnung eines Substantivs zu einer bestimmten Klasse ist nur auf Grund seiner Verwendung im Satz möglich (z. B. die Jugend als Sammelname -- die Jugendlichen - oder als Abstraktum -- das jugendliche Alter). 3.2 Die Deklination der Substantive im Singular Wir unterscheiden drei Deklinationstypen, die jedoch nicht jeweils einem bestimmten Genus entsprechen. +--------------------------------------------------------------------------------------------+ | |Typ 1 |Typ 2 |Typ 3 | | | | | | | |Genitiv auf -(e)s |Genitiv auf -(e)n |Genitiv endungslos | |-------+----------------------------+---------------------------+---------------------------| |N |der Baum /das Bild |der Bär /der Löwe |die Tasche | | | | | | |G |des Baum-(e)s / des Bild-es |des Bär-en / des Löwe-n |der Tasche | | | | | | |D |dem Baum / dem Bild |dem Bär-en / dem Löwe-n |der Tasche | | | | | | |A |den Baum / das Bild |den Bär-en / den Löwe-n |die Tasche | +--------------------------------------------------------------------------------------------+ Die Genitivendung ist das wichtigste Unterscheidungsmerkmal. 3.2.1 Typ 1 - die starke Deklination Dem Typ 1 folgen die Mehrzahl der Maskulina und alle Neutra (außer Herz). Die Endung bei Typ 1 lautet -s bzw. -es . Die volle Form -es steht: - bei Substantiven auf -s, -ß, -x, -tsch und --z: des Erlebnisses, des Reflexes, des Harzes - bei Substantiven auf -sch und -st: des Rausches, des Gerüstes - bei vielen einsilbigen Substantiven und zur Vermeidung von Mehrfachkonsonanz: des Tuches, des Stiftes, des Mannes, des Arztes; aber: des Dachs, des Films Die Endung -s steht: - bei zwei- und mehrsilbigen Substantiven, die auf eine unbetonte Silbe enden ( vor allem -al, -at, -chen, -e, -el, -en, -er, -lein, -ler, -ling, -ner, -tel) des Denkmals, des Monats, des Gebirges, des Onkels, des Gärtners, des Gürtels - bei Substantiven, die auf einen Vokal, Diphthong oder Vokal + h enden: des Kinos, des Sofas, des Taus, des Schuhs, des Rehs - bei Substantivierungen von Farbadjektiven: des Blaus, des Gelbs; aber: des Schwarz Schwankend (-es bzw. -s) ist der Gebrauch bei: - Zusammensetzungen: des Werkzeug(e)s, des Weinberg(e)s - bei zwei- und mehrsilbigen Substantiven, die auf der letzten Silbe betont sind: des Gewehr(e)s, des Betrug(e)s Ohne Deklinationsendung bleiben im Singular die Fremdwörter auf --us / -ismus und --os: des Rhythmus, des Kapitalismus, des Kosmos Die Dativendung -e erscheint in festen Wendungen: zu Hause, nach Hause, am Rande der Stadt, im Falle des Todes, im Sinne von, im Grunde genommen, jn zu Rate ziehen 3.2.2 Typ 2 -- die schwache Deklination Dem Typ 2 folgen einige Maskulina, die Lebewesen bezeichnen. Die Endung -(e)n im Genitiv Sg. sowie im Akkusativ und Dativ Singular; auch im Plural gibt es in allen Fällen die Endung --(e)n. Die volle Form -en steht: - bei Substantiven mit konsonantischem Auslaut: der Bär - des Bären, der Mensch -- des Menschen, der Held -- des Helden, der Zar -- des Zaren, der Fürst -- des Fürsten, der Prinz -- des Prinzen, der Bauer - des Bauern, der Nachbar -- des Nachbarn, aber: der Herr -- des Herrn -- dem Herrn -- den Herrn, Nom. Plural : die Herren - bei Fremdwörtern auf -and, -ant, -ent, -ik, -ist, -ot, -rg, -t: des Doktoranden, des Demonstranten, des Präsidenten, des Katholiken, des Traktoristen, des Piloten, des Chirurgen, des Banditen Die Endung -n erhalten: - Substantive mit auslautendem -e, die Lebewesen bezeichnen: der Junge, des Jungen, des Franzosen, des Tschechen, des Slowaken, des Polen, des Finnen, des Gatten, des Lebensgefährten, des Kollegen, des Laien, des Sklaven - Substantive mit dem Suffix -oge als Berufsbezeichnung: des Biologen, des Pädagogen Ausnahme: einige unbelebte Maskulina: der Automat, des Automaten, die Automaten sowie der Planet, der Komet, der Satellit, der Paragraf, der Magnet, -en, -en /oder der Magnet, -es, -e/. Sondertyp: Eine Mischform aus Typ 1 und Typ 2 stellen jene Maskulina dar, die im Genitiv, Dativ, und Akkusativ Singular dem Typ 2 folgen, aber zusätzlich im Genitiv noch ein -s anfügen: der Name -- des Namens -- dem Namen -- den Namen, im Pl. die Namen Einige Substantive haben im Nom.Sg. zwei Formen: der Friede / Frieden, Funke / Funken, Glaube / Glauben, Wille / Willen, Same / Samen; aber nur der Buchstabe, Gedanke, Haufen, Drachen (aus Holzstäbchen und Papier) Die Herkunft seines Namens ist unklar. Beim besten Willen kann ich dir nicht helfen. Ausnahme ist ein Neutrum: das Herz, des Herzens, dem Herzen, das Herz -- Pl. die Herzen. Ich danke dir von ganzem Herzen. 3.2.3 Typ 3 Zu diesem Typ gehören alle Feminina. Die Form des Substantivs bleibt im Singular unverändert, der Kasus wird vom Artikelwort ausgedrückt. 3.2.4 Die gemischte Deklination Die gemischte Deklination betrifft nur Maskulina und Neutra. Kennzeichen der gemischten Deklination sind die Endung der starken Deklination -s / -es im Genitiv Singular und die typischen Endungen der schwachen Deklination im Plural --n / -en. Maskulina: der Staat -- des Staates -- die Staaten der Strahl -- des Strahles -- die Strahlen der Dorn -- des Dornes -- die Dornen der Schmerz -- des Schmerzes -- die Schmerzen der Vetter - des Vettern -- die Vettern der Pantoffel -- des Pantoffels -- die Pantoffeln der Stachel -- des Stachels -- die Stacheln der Nerv -- des Nervs -- die Nerven der Muskel --des Muskels -- die Muskeln der See -- des Sees -- die Seen und alle Nomen mit dem unbetonten Suffix --or: der Professor -- des Professors -- die Professoren, der Doktor -- des Doktors -- die Doktoren, der Motor -- des Motors -- die Motoren, der Traktor -- des Traktors -- die Traktoren Neutra: das Auge -- des Auges -- die Augen, das Ohr -- des Ohr(e)s - die Ohren das Hemd -- des Hemdes -- die Hemden, das Bett -- des Bettes -- die Betten 3.3 Die Deklination der Substantive im Plural Im Plural gibt es fünf Deklinationstypen: +--------------------------------------------------------------------------------------------+ | |Typ 1 |Typ 2 |Typ 3 |Typ 4 |Typ 5 | | | | | | | | | |Nominativ -e |Nominativ -(e)n |Nominativ -er |N endungslos |Nominativ -s | |--------+----------------+----------------+----------------+----------------+---------------| |N |die Tag-e |die Schmerz-en |die Feld-er |die Balken |die Sofa-s | | | | | | | | |G |der Tag-e |der Schmerz-en |der Feld-er |der Balken |der Sofa-s | | | | | | | | |D |den Tag-en |den Schmerz-en |den Feld-ern |den Balken |den Sofa-s | | | | | | | | |A |die Tag-e |die Schmerz-en |die Feld-er |die Balken |die Sofa-s | |--------+----------------+----------------+----------------+----------------+---------------| | |mit Umlaut | |mit Umlaut | | | |--------+----------------+----------------+----------------+----------------+---------------| |N |die Kämm-e | |die Büch-er |die Vögel | | | | | | | | | |G |der Kämm-e | |der Büch-er |der Vögel | | | | | | | | | |D |den Kämm-en | |den Büch-ern |den Vögel-n | | | | | | | | | |A |die Kämm-e | |die Büch-er |die Vögel | | +--------------------------------------------------------------------------------------------+ Der Dativ erhält die Endung --n, das an den Nominativ Plural angefügt wird. Ausnahme: Wenn der Nom. Pl. bereits auf --n oder --s ausgeht: den Mädchen, den Autos Typ 1: Maskulina, Feminina, Neutra einsilbige Maskulina (mit oder ohne Umlaut): Plätze, Gäste, Züge, Freunde, Briefe, mehrsilbige Maskulina: Monate, Apparate, Zwillinge, Notare, Friseure einsilbige Feminina: Hände, Nächte, Städte, Wände, Kräfte, Kühe, Bräute, Mäuse mehrsilbige Feminina: Kenntnisse, Erkenntnisse, Erlaubnisse einsilbige Neutra und Neutra mit untrennbarem Präfix: Jahre, Hefte, Bestecke, Getränke Typ 2: Feminina -- die meisten Feminina (mit Ausnahme der oben genannten Gruppe der Feminina) Schulen, Frauen, Verkäuferinnen, Schwestern, Gabeln, Arbeiten Maskulina schwache Deklination -- die Jungen, Bauern, Menschen, Hasen, Emigranten, Diplomaten einige Maskulina des Singulartyps 1: der Dorn, es, en -- der Fleck, es, en -- der Konsul, s, n - der Muskel, s, n -- der Nerv, s, en - der Pantoffel, s, n -- der Staat, es, en -- der Stachel, s, n -- der Schmerz, es, en -- der Vetter, s, n Mischtyp: die Namen, Buchstaben, Gedanken ... Neutra Einige wenige Substantive: das Auge, s, en -- das Ohr, es, en -- das Bett, es, en -- das Hemd, es, en -- das Herz, des Herzens, die Herzen Typ 3: Maskulina: die meisten Maskulina auf --er, -el, -en: Lehrer, Arbeiter, Koffer, Onkel, Enkel, Löffel, Wagen Mit Umlaut: Väter, Brüder, Vögel, Gärten, Öfen, Schäden Feminina: nur Mütter, Töchter Neutra auf -- chen, -lein, -er, -el, -en: Mädchen, Fräulein, Fenster, Zimmer, Schnitzel, Treffen Einige Neutra mit der Vorsilbe Ge-: Gebäude, Gemälde, Gebirge, Gewebe, Gewässer Typ 4: Maskulina: nur wenige Substantive, wie z. B. Männer, Wälder, Geister, Götter, Sträucher, Ränder, Würmer, Irrtümer, Reichtümer Neutra: viele einsilbige Substantive mit oder ohne Umlaut: Bücher, Dörfer, Häuser, Tücher, Bretter, Eier, Felder, Kinder, Kleider Gesichter, Geschlechter, Denkmäler 3.3.1 Doppelformen bei der Pluralbildung Einige Substantive, die im Singular homonym sind und verschiedene Bedeutung haben, folgen im Plural unterschiedlichen Deklinationstypen. Ohne Genusunterscheidung im Singular die Bank die Bänke (Sitzmöbel) die Banken (Geldinstitute) der Bau die Baue (Tierhöhlen) die Bauten (Gebäude) der Block die Blöcke (Steinblöcke) die Blocks (Häuserblocks) der Dorn die Dorne (Werkzeuge) die Dornen (Ende der Rose, Distel...) das Land die Lande (Regionen) die Länder (politische Strukturen) die Mutter die Mütter (Frauen) die Muttern (Teil der Schraube) der Strauß die Sträuße (Blumen) die Strauße (Laufvögel) das Tuch die Tuche (Textilien) die Tücher (Stoffstücke, Halstücher) das Wort die Worte (Zitate, nette Worte) die Wörter (einzelne Wörter) Mit Genusunterscheidung im Singular der Band die Bände (Bücher) das Band die Bänder (Mittel zum Binden) / die Bande (geistige Verbindung, Fesseln) der Bund die Bünde (Bündnisse, politische Bünde) das Bund die Bunde (etwas Gebundenes, Schlüsselbunde, Radieschenbunde) der Flur die Flure (Korridore) die Flur die Fluren (Felder und Wiesen) der Kiefer die Kiefer (Knochen im Schädel) die Kiefer die Kiefern (Nadelbäume) der Leiter die Leiter (Vorgesetzte) die Leiter die Leitern (Geräte zum Steigen) der Schild die Schilde (Schutzwaffen) das Schild die Schilder (Hinweiszeichen) die Steuer die Steuern (Finanzabgaben) das Steuer die Steuer (Lenkvorrichtungen bei Autos, Schiffen) der Tor die Toren (dumme Menschen) das Tor die Tore (große Türen) 3.3.2 Pluralbildung durch -leute, -männer, -frauen (1) Bei Berufsbezeichnungen und Gattungen lautet die Pluralform auf -leute: der Fachmann -- die Fachleute, der Kaufmann -- die Kaufleute (2) Zunehmend (besonders im öffentlichen Dienst) findet für weibliche Berufstätige die Bezeichnung -frau(-en) Verwendung: die Amtsfrau -- die Amtsfrauen, die Fachfrau -- die Fachfrauen / Fachleute die Kauffrau -- die Kauffrauen Umgekehrt auch: der Hausmann -- die Hausmänner (3) Soll die Einzelperson betont werden, erscheint im Plural die Form -männer: der Staatsmann -- die Staatsmänner, der Ehemann -- die Ehemänner (4) Austauschbare Pluralformen haben: der Feuerwehrmann -- die Feuerwehrmänner / Feuerwehrleute ebenso: der Seemann, der Vertrauensmann (5) der Schneemann -- die Schneemänner (6) der Schneemensch = der Yeti 3.3.3 Besonderheiten der Pluralbildung Unregelmäßige Formen: der Bau -- des Baus -- die Bauten Nomen auf --nis, -us, -in verdoppeln den Endkonsonanten: Kenntnisse, Hindernisse, Kaktusse, Krokusse, Studentinnen Material- und Stoffnamen bilden den Plural nur in Fachsprachen, wenn man verschiedene Arten unterscheiden will: afrikanische Hölzer, französische Weine Zusammensetzung mit -arten, -sorten bezeichnet eine Vielfalt oder eine große Menge: der Zucker -- die Zuckersorten, das Bier -- die Biersorten, das Getreide -- die Getreidesorten der Regen -- die Regenfälle, der Schnee -- die Schneefälle, die Schneemassen Pluralformen als Zusammensetzung mit verschiedenen Grundwörtern: der Rat / der Ratschlag die Ratschläge der Stock / das Stockwerk die Stockwerke das Glück / der Glücksfall die Glücksfälle der Schutz / die Schutzmaßnahme die Schutzmaßnahmen der Schmuck die Schmuckwaren / Schmucksachen das Spielzeug die Spielwaren / Spielsachen das Gepäck die Gepäcksstücke das Alter die Altersstufen Pluralformen mit abgeleiteten Nebenformen: der Streit die Streitigkeiten / Streitereien der Betrug die Betrügereien die Liebe die Liebschaften / Liebeleien Maskuline und neutrale Nomen bilden als Maßbezeichnungen keinen Plural, wenn sie vor einem anderen Nomen stehen: Singular Plural Maßbezeichnung der Grad die Grade zehn Grad Kälte der Mann die Männer hundert Mann Polizei das Glas die Gläser zwei Glas Wein das Pfund die Pfunde drei Pfund Äpfel Feminine Nomen auf --e bilden auch als Maßbezeichnung den Plural: die Tasse die Tassen zwei Tassen Kaffee die Flasche die Flaschen drei Flaschen Wein Die Pluralformen Weihnachten, Ostern und Pfingsten werden heute nicht mehr als solche empfunden, sondern als Singular gebraucht: Weihnachten ist das schönste Fest des Jahres. Ostern ist in diesem Jahr im April. Nomen, die Geldwerte bezeichnen, haben in Verbindung mit Zahlen keine Pluralform, z. B. zehn Euro, fünfzig Cent, drei Mark, hundert Dollar (aber: zehn Kronen). Denkt man an die einzelnen Geldstücke, so verwendet man den Plural: drei Eurostücke. 3.4 Die Deklination der Fremdwörter 3.4.1 Singular der Fremdwörter: Typ 1: (Genitiv auf -(e)s) +---------------------------------------------------------------------------------------+ |N |das Produkt |der Basar | | | | | |G |des Produkt(e)s |des Basar-s | | | | | |D |dem Produkt |dem Basar | | | | | |A |das Produkt |den Basar | +---------------------------------------------------------------------------------------+ Dem Typ 1 folgen die meisten Maskulina und Neutra unter den Fremdwörtern. Zu Typ 1 gehören auch Substantive auf -or, die den Plural auf --en bilden (z. B. Doktor, Professor). Weiterhin die Substantive auf -iv (z. B. Passiv). Typ 2: (Genitiv auf -(e)n) +--------------------------------------------------------------------------------------------+ |N |der Artist |der Demonstrant |der Ökologe | | | | | | |G |des Artist-en |des Demonstrant-en |des Ökologe-n | | | | | | |D |dem Artist-en |dem Demonstrant-en |dem Ökologe-n | | | | | | |A |den Artist-en |den Demonstrant-en |den Ökologe-n | +--------------------------------------------------------------------------------------------+ Zu Typ 2 gehören Maskulina, die Berufsbezeichnungen oder Zugehörigkeiten zu einer Gruppe benennen. Die Suffixe dieser Substantive sind: -and (Doktorand), -ant (Praktikant), -at (Kandidat), -ent (Absolvent), -ist (Germanist), -nom (Agronom), -oge (Ethnologe) sowie Substantive wie Philosoph, Pilot usw. Typ 3: (Genitiv endungslos) +--------------------------------------------------------------------------------------------+ |N |die Akademie |die Frisur |die Nation | | | | | | |G |der Akademie |der Frisur |der Nation | | | | | | |D |der Akademie |der Frisur |der Nation | | | | | | |A |die Akademie |die Frisur |die Nation | +--------------------------------------------------------------------------------------------+ Zu Typ 3 gehören die Feminina mit den folgenden Suffixen: -age (die Montage), -anz/-enz (die Akzeptanz, die Differenz), -e (die Chance), -ie (Tragödie), ~ie (die Energie), -ik (die Kritik), -(i)on (die Union), -tät (die Fakultät), -ur (die Klausur, die Zensur) ebenso einige Maskulina und Neutra auf --os /-us /- ismus (das Epos -- des Epos, der Modus -- des Modus, das Genus -- des Genus, der Expressionismus -- des Expressionismus) 3.4.2 Plural der Fremdwörter (1) Nominativ Plural auf -e: - Maskulina und Neutra mit den Suffixen: -al (der Pokal -- die Pokal-e), -an (der Ozean -- die Ozean-e), -ar (der Notar -- die Notare), --ier (das Turnier -- die Turniere), -iv (das Motiv -- die Motive), -on( der Baron -- die Barone) - Maskulina auf -in (der Termin -- die Termin-e), -är (der Sekretär -- die Sekretäre), eur/ör (der Friseur -- die Friseure) - Neutra mit den Suffixen: -ell, -ent, -at, -il (Modell, Parlament, Diktat, Krokodil) (2) Nominativ Plural auf -(e)n: Mit wenigen Ausnahmen (die Metro-s, die Kamera-s usw.) gehören in diese Gruppe alle Feminina unter den Fremdwörtern, z. B. die Etagen, Universitäten, Konferenzen, Chancen, Nationen, Klausuren Schwache Deklination: der Philosoph -- die Philosophen, -and, -ant, -at, -ent, -et, - ist, -it, -nom, -oge der Doktor --die Doktoren, der Professor -- die Professoren, der Motor -- die Motoren (3) Nominativ Plural auf -er: das Hospital -- die Hospitäler, das Regiment -- die Regimenter (4) Nominativ Plural auf -s: - aus dem Englischen: der Airport, das Baby, die City, das Hobby, das Meeting - aus dem Französischen: der Attaché, das Detail, die Creme, das Hotel, die Saison usw. 3.4.2.1 Fremdwörter mit fremden Suffixen und Mischformen (1) Nominativ Plural auf -a: das Abstraktum -- die Abstrakta, das Genus -- die Genera, das Tempus -- die Tempora, das Visum -- die Visa, das Examen -- die Examina/die Examen, das Lexikon -- die Lexika (2) Nominativ Plural auf -e: der Kanton -- die Kantone, der Korridor -- die Korridore, der Tenor -- die Tenöre (3) Nominativ Plural auf -en: das Drama -- die Dramen, das Datum -- die Daten, das Museum -- die Museen (4) Nominativ Plural auf -i: der Modus -- die Modi, der Numerus -- die Numeri, der Terminus -- die Termini, das Cello -- die Celli, das Konto -- die Konti / Konten / Kontos (5) Nominativ Plural auf -s: der Champignon -- die Champignons, der Jargon -- die Jargons, der Balkon -- die Balkons/die Balkone, das Schema -- die Schemas/die Schemata (6) Nominativ Plural auf -s mit Veränderung: der Index -- die Indices/die Indizes, der Kodex -- die Kodizes/die Kodexe 3.4.2.2 Doppelformen der Fremdwörter im Plural: der Atlas -- die Atlanten/die Atlasse, die Aula -- die Aulen/die Aulas, das Examen -- die Examina/die Examen, der Globus -- die Globen/die Globusse, das Lexikon -- die Lexika/die Lexiken, der Kaktus -- die Kaktusse/die Kakteen, das Pronomen -- die Pronomen/die Pronomina, das Tempo -- die Tempi/die Tempos, das Thema -- die Themen/die Themata, das Verbum -- die Verben/die Verba usw. 3.5 Deklination der Eigennamen 3.5.1 Personennamen Eigennamen ohne Artikel Eigennamen zur Bezeichnung von Personen, Familien- oder Vornamen, geographischen Gegebenheiten, Schiffen, Flugzeugen, Zügen und Völkern stehen meist im Singular. Sie sind endungslos -- mit einer Ausnahme, dem Genitiv. Dort lautet die Endung -s (ohne Apostroph): Hölderlins Gedichte (oder die Gedichte Hölderlins), Jürgens Auto, Lilos Wohnung Peters Geburtstag = der Geburtstag von Peter In der gesprochenen Sprache setzt sich immer mehr der Dativ mit von durch. Endet der Stamm auf -s, -ss, -ß, -z oder -x, sind die Genitivformen: Voranstellung und Apostroph: Marx' Kapital, Klaus' Operation Nachstellung und Präpositionalgefüge mit von: die Idee von Hans Mit Artikelwörtern: die Schriften des Horaz Eigennamen mit Artikelwort: (1)Werden Eigennamen mit einem der Artikelwörter gebraucht, wird der Name im Regelfall nicht dekliniert: ein Werk des jungen Goethe. (2) Wird ein Titel /eine Berufsbezeichnung/ vor dem Eigennamen gebraucht, trägt dieser /diese/ ein Deklinationsmerkmal und wird dekliniert: der Beitrag des Dekans Müller, der Vortrag unseres Dekans Müller, die Vorlesung des Professors Kunze. (3) Bei mehreren Namen einer Person steht das Genitiv -s nur beim letzten Namen: die Werke Georg Wilhelm Friedrich Hegels, die Opern Carl Maria von Webers. (4)Vor dem Namen stehen mehrere Titel oder Berufsbezeichnungen mit einem Artikelwort: Nur der erste Titel / die erste Berufsbezeichnung erhält die Deklinationsendung: der Beitrag des Abgeordneten Professor Langmaier (5) Herr steht vor dem Titel und dem Namen: Herr wird dekliniert, die folgenden Titel können, müssen aber nicht dekliniert werden:die Rede des Herrn Studienrat / Studienrats Dr. Hoffmann (6)Vor dem Namen steht der Titel oder die Berufsbezeichnung ohne Artikel oder Pronomen: Der Name wird dekliniert, nicht der Titel oder die Berufsbezeichnung: die Vorlesung Professor Maiers, der Brief Direktor Schmidts (7)Herr und Titel stehen ohne Namen: Deklination von Herr und Titel: die Meinung des Herrn Professors (8)Steht ein Adjektiv beim Eigennamen, wird so dekliniert: die Rede des neuen Direktors Meyer (9)Der Titel Doktor (Dr.) bleibt vor einem Namen immer undekliniert, weil er als Teil des Namens gilt: das Referat des Doktor Werner. Aber! Ohne Namen wird er dekliniert: Er befolgt die Anweisungen des Doktors. 3.5.2 Deklination der geographischen Namen 3.5.2.1 Geographische Namen ohne Artikel Außer pluralischen Namen (die Niederlande, die Vereinigten Staaten) kommen geographische Namen nur im Singular vor. Normalerweise werden sie ohne Artikel verwendet. Die Ortsnamen, zahlreiche Ländernamen und Kontinentnamen sind meist Neutra und haben im Genitiv die Endung --s: Das ist Bayerns Besonderheit. Sie wohnen in Münchens schönster Lage. die Schönheit Afrikas, die Größe Asiens Steht ein Adjektiv vor dem geographischen Namen, kann das --s entfallen: die Kultur des heutigen Japan(s) der Wiederaufbau des zerstörten Dresden(s) Bei geographischen Namen, die auf -s, -ss, -ß, -z oder --x auslaufen, sind verschiedene Formen des Genitivs möglich: - Präpositionalgefüge mit von (gesprochene Sprache) das Theater von Graz, die Museen von Paris aber: die Weinberge des Elsass/Elsasses - Voranstellung und Apostroph (nur geschriebene Sprache) Paris` Bürgermeister, Florenz` Gemäldegalerie - Gattungsnamen vor dem Eigennamen: das Theater der steirischen Metropole Graz der Bürgermeister der französischen Hauptstadt Paris 3.5.2.2 Geographische Namen mit dem bestimmten Artikel Bei den deutschen Maskulina und Neutra steht fast immer --s: die Höhe des Brockens, des Matterhorns der Strom des Rhein(e)s Bei geographischen Namen aus anderen Sprachbereichen wird kein --s gesetzt: die Höhe des Montblanc der Strom des Mississippi Ausnahme: des Orients, des Pazifiks Er ist ein Botschafter des Vatikans. 3.5.3 Deklination der Völker- und Städtenamen Völkernamen werden normal dekliniert wie Gattungsnamen: Das ist der Franzose von gestern Abend. -- Ihr Mann ist (ein) Franzose. Deutsche gelten als pünktlich. der Deutsche /ein Deutscher -- substantiviertes Adjektiv Starke Deklination: der Amerikaner, Belgier, Engländer, Holländer, Berliner, Prager Schwache Deklination: der Bayer, Franzose, Tscheche, Slowake, Ungar, Chinese, Schotte Bei einigen Völker- und Städtenamen gibt es Veränderungen:Tokio -- der Tokioter, Venedig- der Venezianer, Neapel -- der Neapolitaner, Monaco -- der Monegasse (Siehe : Langenscheidts Großwörterbuch -- Deutsch als Fremdsprache -- Anhang 1) 3.6 Der Numerus des Substantivs 3.6.1 Singular und Plural Singular und Plural werden formal auf dreierlei Weise gekennzeichnet: - durch die Endung und/oder Veränderung des Stammlauts des Substantivs: Baum -- Bäume, Haus -- Häuser - durch den bestimmten Artikel: der Baum -- die Bäume, das Haus -- die Häuser - durch andere Artikelwörter oder Zahladjektive: ein Baum -- drei Bäume, mein Haus -- viele Häuser 3.6.2 Singulariatantum = Substantive, die nur im Singular vorkommen, also keinen Plural bilden: (1) Eigennamen - Personennamen: Johann Wolfgang von Goethe, Mark Twain - Titel von Büchern: "Professor Unrat" - Namen von Schiffen, Zügen: Europa, Vindobona - Fluß-, Länder-, Ortsnamen: der Rhein, Frankreich, New York (2) Stoffnamen: Bronze, Gold, Milch, Regen, Zucker usw. (3) Kollektiva: das Getreide, die Polizei, das Vieh (4) Maßangaben: Glas, Kilogramm, Dutzend Doppelformen sind möglich bei: drei Kaffee(s)/Kognak(s)/Whisky(s) (5) Abstrakta (wenn sie Allgemeinbegriffe beinhalten): Essen und Trinken waren einmalig. Nichts als Ärger hatten wir heute. 3.6.3 Pluraliatantum = Substantive, die ausschließlich im Plural vorkommen: (1) geographische Bezeichnungen: Länder (die Niederlande), Inseln (die Balearen), Gebirge (die Alpen) (2) Personengruppen: Eltern, Geschwister, Leute (3) Zeitnamen: Ferien, Flitterwochen (4) Bezeichnungen für Pflanzenarten: Nadelhölzer (5) Sammelnamen in Handel und Wirtschaft: Lebensmittel, Rauchwaren, Textilien (6) Rechtsbegriffe und Bankbegriffe: Alimente, Diäten, Passiva, Spesen (7) Krankheiten: Masern, Blattern; aber: die Grippe, der Keuchhusten 3.7 Das Genus des Substantivs 1) Das Genus (Plural: die Genera) bestimmt die formale Zugehörigkeit des jeweiligen Substantivs zu einer der drei Kategorien: - Maskulinum (Plural: die Maskulina) - das grammatisch männliche Geschlecht: der - Femininum (Plural: die Feminina) - das grammatisch weibliche Geschlecht: die - Neutrum (Plural: die Neutra) - das grammatische Geschlecht: das 2) Das Genus wird durch den jeweiligen bestimmten oder unbestimmten Artikel verdeutlicht. Die beim Substantiv stehenden Adjektive oder Artikelwörter werden vom Genus des Substantivs bestimmt: der kleine Mann, eine kleine Frau, mein kleines Haus 3) Jedes Substantiv der deutschen Sprache weist normalerweise ein Genus auf, das am Artikel deutlich wird: der Mann, die Frau, das Kind Jedoch gibt es eine Reihe von Substantiven, die mehrere Genera aufweisen: der/das Joghurt, der/das Curry, die/das Cola, der/die/das Dschungel 3.7.1 Grammatisches Geschlecht - natürliches Geschlecht Eine Entsprechung von grammatischem Geschlecht (Genus) und natürlichem Geschlecht (Sexus) gibt es nur bei den Personenbezeichnungen und Tiernamen. 3.7.1.1 Personenbezeichnungen Hier herrscht Parallelität von Genus und Sexus: der Vater - die Mutter, der Sohn - die Tochter, der Onkel - die Tante, der Opa - die Oma, der Bruder- die Schwester, der Enkel - die Enkelin Anmerkung: Bereits hier gibt es Besonderheiten, d. h. Nichtübereinstimmung von Genus und Sexus: das Weib, das Mannequin, das Fräulein, das Mädchen, das Schätzchen (jeweils weibliche Personen), die Wache, das Kasperle (jeweils männliche Personen) Einige Nomen sind maskulin, bezeichnen aber männliche und weibliche Personen: der Mensch, der Gast, der Liebling, der Lehrling, der Star Beide Geschlechter: die Geisel, das Mitglied, das Model/das Modell, die Waise Merke: - Ist bei Personengruppen das natürliche Geschlecht nicht bekannt, steht Neutrum, auch bei niemand/jemand: Jemand Neues ist dazugekommen. Niemand anderes hat noch dazu gesprochen. - Im Akkusativ dominiert Maskulinum: Ich habe jemand Großen gesehen. - Maskulinum dominiert - auch wenn es sich um weibliche Personen handelt - bei Artikelwörtern: Ich habe jemanden gesehen, der sehr groß war. Ich habe jemanden an seinem Hut erkannt. Nach wie vor gilt es in der Standardsprache als korrekt, wenn bei Berufsbezeichnungen oder Tätigkeitsangaben Maskulinum gebraucht wird und darunter Männer wie Frauen verstanden werden. Das Maskulinum hat dabei eine verallgemeinernde Funktion (generisches Maskulinum), schließt also weibliche Personen ein: Es gibt hier dreißig Mitarbeiter. Jeder kann bei uns gut verdienen. Alle Schüler sollen um 10 Uhr in der Aula sein. Inge will Redakteur werden. Gleichwohl ist eine Tendenz in der gesprochenen wie in der geschriebenen Sprache zu erkennen, das weibliche Geschlecht bei Berufsbezeichnungen bzw. Angaben über den Handelnden (Nomina agentis) deutlich zu kennzeichnen. Dies geschieht entweder durch Anfügen des Suffixes -in (Motionsbildung): der Lehrer- die Lehrerin, der Friseur - die Friseurin/Friseuse, der Ingenieur - die Ingenieurin, der Staatssekretär - die Staatssekretärin, der Kollege - die Kollegin oder durch Voranstellen des verdeutlichenden Artikels: der Abgeordnete - die Abgeordnete oder durch Anhängen des geschlechtsspezifischen -mann bzw. -frau der Kaufmann -- die Kauffrau der Landeshauptmann -- die Landeshauptfrau Weitgehend durchgesetzt hat sich auch die Trennung der natürlichen Geschlechter bei der Anrede - zumindest in sozial hoch bewerteten Berufen: Herr Präsident - Frau Präsidentin, Herr Staatssekretär - Frau Staatssekretärin, Herr Professor - Frau Professorin 3.7.1.2 Tiernamen 1) Häufig entspricht bei Tierbezeichnungen das grammatische Geschlecht dem natürlichen Geschlecht: der Bär - die Bärin, der Hund - die Hündin, der Löwe - die Löwin der Bulle/der Stier - die Kuh, der Eber - die Sau, der Hahn - die Henne, der Kater - die Katze 2) Keine Unterscheidung nach natürlichem Geschlecht erfolgt bei: das Pferd (der Hengst/ die Stute) das Rind (der Bulle/die Kuh) das Reh (der Bock/die Ricke) die Maus (der Mäuserich/die Maus) die Biene: eine Ausnahme! die Drohne -- männliche Biene / der Weisel -- Bienenkönigin) 3) Jungtiere sind meist Neutra: das Fohlen, das Küken, das Kalb, das Lamm, das Ferkel Mit Ausnahme dieser aufgeführten Personenbezeichnungen und Tiernamen lässt sich in der deutschen Sprache das Genus nicht am Substantiv erkennen. Es ist deshalb auch außerordentlich schwierig, im Rahmen einer Grammatik der Gegenwartssprache geeignete Regeln zur Genusbestimmung zu geben, weil sie normalerweise stets von einer Fülle von Ausnahmen begleitet sind. 3.7.2 Das Genus der Konkreta und Abstrakta Neben den Endungen, die das Genus kennzeichnen, sind aufgrund ihrer Bedeutung: 1) Maskulina: - Namen der Tage, Monate, Zeiten und Jahreszeiten: der Montag, der Mittwoch, der Februar, der Dezember, der Frühling aber: die Woche, das Jahr - Namen der Himmelsrichtungen, Winde und Niederschläge: der Norden, der Osten, der Mistral, der Monsun, der Passat, der Taifun, der Hagel, der Regen, der Schnee, der Schauer aber: die Bora, Namen der Hurrikane: die Alice, die Jenny - Namen der Mineralien und Gesteine: der Granit, der Kies, der Quarz, der Sand, der Sandstein, der Marmor aber: die Kreide, das Salz - Namen von Autos und Zügen: der BMW, der Mercedes, der Volkswagen, der "Vindobona" - Namen von Spirituosen: der Gin, der Kognak, der Rum, der Wodka - Namen zahlreicher Berge: der Ararat, der Brocken, der Montblanc, der Mount Everest, der Watzmann aber (Zusammensetzung): das Matterhorn, die Zugspitze, die Schneekoppe - Namen von Währungen: der Euro, der Dollar, der Franc, der Peso, der Rubel, der Zloty aber: die Drachme, die Krone, die Mark, das Pfund 2) Feminina: - Namen von Schiffen und Flugzeugen: die "Bremen", die "Europa", die "Queen Elizabeth", die Boeing, die DC 10 aber: (Zusammensetzung): der Airbus - Namen von Bäumen und vielen Blumenarten: die Eiche, die Fichte, die Kiefer, die Linde, die Birke, die Aster, die Orchidee aber: der Ahorn, das Veilchen, das Vergissmeinnicht - Namen substantivierter Zahlen: die Drei, die Dreihundert, die Million, die Milliarde, die Null - Namen zahlreicher deutscher Flüsse; außerdem die meisten ausländischen Flüsse auf -a oder -e: die Moldau, die Donau, die Elbe, die Saale, die Seine, die Themse, die Lena aber: der Rhein, der Inn, der Main, der Neckar, der Nil, der Mississippi, der Amazonas 3) Neutra: - Namen der meisten chemischen Elemente, der Metalle und Medikamente: das Brom, das Helium, das Neon, das Radon, das Aluminium, das Gold, das Kupfer, das Messing, das Uran, das Zink, das Zinn, das Aspirin, das Valium aber: der Phosphor, der Schwefel, der Sauerstoff, der Wasserstoff - Namen von Hotels, Gaststätten und Kinos: das "Adlon", das "Ritz", das "Waldorf Astoria", das "Bella Italia", das"Theatiner" aber: der "Bayerische Hof", der "Bär" - Namen von Buchstaben, Sprachen und technischen Größen: das A, das Ypsilon, das Arabische, das Deutsche, das Ohm, das Watt - Substantivierungen von Adjektiven, Verben und anderen Wortarten: das Blau, das Große, das Grün, das Schöne, das Lesen, das Schreiben, das Meine, das Wenn und Aber - Verkleinerungsformen auf -chen, -lein und -le: das Häuschen, das Fräulein, das Häusle, das Zuckerle - Namen von Kollektivbegriffen mit der Vorsilbe Ge-: das Gebirge, das Gelände, das Gewässer, das Gemüse 3.7.3 Das Genus der geographischen Namen 1. Unproblematisch sind die Pluraliatantum: die Alpen, die Anden, die Azoren, die Bahamas, die Dardanellen, die Niederlande 2. Die meisten Namen von Kontinenten, Ländern, Regionen, Inseln und Städten sind Neutra: das große Asien, das herrliche Österreich, das flache Niedersachsen, das klimatisch gesunde Bayern, das wieder aufgebaute Berlin Merke: Eine Reihe von Ländernamen sowie Namen von Regionen mit dem Suffix --a, -au, -e, -ei oder -ie sind Feminina: die Toskana, die Wachau, die Bretagne, die Provence, die Ukraine, die Slowakei, die Normandie, die Lausitz, die Steiermark, die Krim, die Pfalz, die Schweiz 3. Maskulina sind: - einige Ländernamen: der Irak, der Iran, der Libanon, der Sudan, der Vatikan - einige Gebirgsnamen: der Ätna, der Brocken, der Großglockner, der Harz, der Himalaya, der Jura, der Kaukasus, der Montblanc, der Mount Everest, der Olymp aber: die Eifel, die Rhön, die Sierra Nevada - Namen ausländischer Flüsse: der Amazonas, der Euphrat, der Ganges, der Mississippi, der Missouri der Nil aber: die Kama, die Lena, die Wolga (Suffix -a) die Elbe, die Loire, die Rhône, die Seine, die Themse (Suffix-e) die Donau, die Moldau (Suffix -au) Merke: Bei deutschen Flüssen ist häufig die Etymologie entscheidend, deshalb gibt es Maskulinum und Femininum in relativ gleicher Zahl nebeneinander: der Inn, der Kocher, der Lech, der Main, der Neckar, der Rhein die Amper, die Donau, die Elbe, die Werra, die Weser - alle Planeten mit Ausnahme von: die Erde und die Venus 3.7.4 Das Genus der Schiffs-, Flugzeug- und Kraftfahrzeugnamen 1) Schiffsnamen sind Feminina: die "Bremen", die "Europa", die "Hamburg" 2) Flugzeugnamen sind Feminina: die Boeing, die Iljuschin, die McDonnell Douglas, die Tupolew aber: der Airbus, der Clipper, der Starfighter 3) Kraftfahrzeuge sind Maskulina: der BMW, der Honda, der Mercedes 4) Bezeichnungen für Motorräder sind Feminina: die BMW, die Suzuki, die Yamaha 3.7.5 Das Genus der Kurz- und Abkürzungswörter Abkürzungswörter und Kurzwörter richten sich im Genus nach ihrem Grundwort bzw. der ungekürzten Vollform: das Abi (das Abitur), das Auto (das Automobil), die CSU (die Christlich-Soziale Union), der Prof (der Professor), die Lok (die Lokomotive), der OP (der Operationssaal), die SPD (Sozialdemokratische Partei Deutschlands), die Uni (die Universität), der Trafo (der Transformator) 3.7.6 Schwankendes Genus Es gibt eine Reihe von deutschen und fremden Substantiven, die im Laufe der Sprachentwicklung ihr Genus verändert haben oder schwankendes Genus aufweisen, also zwei - in Einzelfällen sogar drei - Genera zuzuordnen sind. Normalerweise behalten fremde Substantive bei der Übernahme in die deutsche Sprache ihr Genus bei: le champagne - der Champagner, le perron - der Perron, le quai - der Kai, la tante - die Tante Aber häufig wird das Genus auch geändert, üblicherweise in Analogie zu deutschen Wörtern bzw. der Endung wegen: le bagage - die Bagage, le bouillon - die Bouillon, le cigare - die Zigarre, la place de la Bastille - der Platz de la Bastille, le plateau - das Plateau Bei Substantiven aus dem Englischen/Amerikanischen, wo bekanntlich nur ein Artikel existiert, ist die Unsicherheit im Deutschen besonders groß: die/das Cola, der/das (auch: die) Dschungel, der/das Radar Wenn es möglich ist, behilft man sich bei der Übernahme aus anderen Sprachen mit Analogiebildungen: das Business / das Geschäft /, das Gate / das Tor / Daneben gibt es eine Vielzahl von Substantiven mit schwankendem Genus: A) Substantive mit gleicher Form, gleicher Bedeutung und unterschiedlichem Genus: der/die Abscheu der/das Bereich der/das Bonbon der/die/das Dschungel der /die Filter der/das Gulasch der/das Kompromiss der/das Lampion der/das Meteor der/das Meter^1 der/das Primat der/das Pyjama der/das Radar der/das Sakko der/das Teil^2 der/das Virus der/das Zölibat der/das Zubehör ^1 Maskulinum: der Geometer, der Gasometer Neutrum: das Barometer, das Thermometer aber: der/das Zentimeter, der/das Meter ^2 Maskulinum: der Anteil, der Erdteil, der Stadtteil, der Bestandteil, der Vorteil, der Nachteil Neutrum: das Abteil, das Gegenteil, das Urteil aber: der/das Erbteil, der/das Oberteil, der/das Ersatzteil Anmerkung: Bei -mut wird unterschieden: Maskulinum: der Edelmut, der Hochmut, der Unmut Femininum: die Anmut, die Armut, die Großmut, die Schwermut, die Wehmut B ) Substantive mit gleicher Form, verschiedener Bedeutung und unterschiedlichem Genus: der Band (Buch) das Band (etwas zum Binden; Beziehung) der Bauer (Landwirt) der/das Bauer (Käfig) der Bord (Schiffsrand) das Bord (Bücherbrett) der Erbe (Person, die erbt) das Erbe (Hinterlassenschaft) der Flur (Korridor) die Flur ( Felder) der Gehalt (Wert) das Gehalt (Lohn) der Junge (Knabe) das Junge (junges Tier) der Kaffee (Getränk) das Kaffee (Gaststätte) [Café] der Kiefer (Knochen am Kinn) die Kiefer (Nadelbaum) der Leiter (jd, der etw. leitet) die Leiter (zum Steigen) die Mark (Geldeinheit) das Mark ( Knocheninneres) der Mensch (Lebewesen) das Mensch (negativ für Frau) der Schild (Schutzwaffe) das Schild (Erkennungszeichen) der See (Binnengewässer) die See (Meer) das Steuer (zum Lenken) die Steuer (Abgabe an den Staat) der Tau (Niederschlag) das Tau (starkes Seil) der Tor (Narr) das Tor ( große Tür) der Verdienst (Gehalt) das Verdienst (Leistung) C ) Verwandte Wörter mit ähnlicher Form, verschiedenem Genus und unterschiedlicher oder gleicher Bedeutung: die Alp (Gebirgswiese) der Alb (Naturgeist) das Deck (Schiffsoberfläche) die Decke (obere Raumfläche; Steppdecke) der Gurt (Gürtel) die Gurte (fachsprachlich für Gurt) das Idyll (schöne Gegend) die Idylle (Gedichtgattung, schöne Gegend) der Kohl (Kraut) die Kohle (Brennstoff) der Rabatt (Preisnachlass) die Rabatte (schmales Beet) der Schurz (fachsprachlich für Schürze) die Schürze (Kleidungsstück) der Spalt (schmale Öffnung) die Spalte (Gletscherspalte; Zeitungsspalte) das Tablett (Geschirrbrett) die Tablette (Medikament) der Typ (Gattung; Besonderheit) die Type (auffälliger Mensch) die Zehe (Körperteil) der Zeh (Körperteil) 3.7.7 Erkennbarkeit des Genus Es gibt bestimmte formale Kriterien, an denen man das Genus der Substantive erkennen kann. Dies sind: 1) Maskulina: a) suffixlose Substantive, die von Verben abgeleitet sind : der Betrieb, der Gang, der Sprung, der Schritt, der Streit, der Zwang b) Suffixe: -and (lat.) der Doktorand, der Konfirmand -ant (lat.) der Brillant, der Fabrikant -är (frz.) der Aktionär, der Funktionär -at (lat.) der Bürokrat, der Magnat -ent (lat.) der Absolvent, der Referent aber: das Talent -er der Fehler, der Lehrer; aber: das Fenster, die Mutter -et (gr.-lat.) der Athlet, der Magnet -eur/ör (frz.) der Amateur, der Likör -ich der Bottich, der Teppich -ier [-i:r] (frz.) der Kavalier, der Offizier -ier [-ie:] (frz.) der Bankier, der Croupier -ig der König, der Pfennig -iker (gr.-lat.) der Elektriker, der Fanatiker -ist (gr.-lat.-frz.) der Terrorist, der Pianist -ling der Lehrling, der Zwilling -loge (gr.) der Geologe, der Sinologe -or (lat.) der Doktor, der Motor, der Rektor -s der Fuchs, der Knirps, der Schnaps -us (gr.) der Egoismus, der Zyklus, der Modus aber: das Tempus, das Genus 2) Feminina: a) suffixlose Substantive auf -t, die von Verben abgeleitet sind: die Fahrt, die Saat aber: der Dienst, der Durst b) Substantive auf -e (vor allem zweisilbige Wörter): die Blume, die Ecke, die Glocke aber: der Bote, das Ende c) Suffixe: -a (gr.-lat.) die Ballerina, die Kamera -ade (frz.) die Ballade, die Promenade -age (frz.) die Bagage, die Etage -ance (frz.) die Alliance (Allianz), die Renaissance -äne (frz.) die Fontäne, die Migräne -anz (lat.) die Ambulanz, die Brillanz -ät (lat.-frz.) die Fakultät, die Qualität -ei die Bäckerei, die Bücherei -enz (lat.) die Audienz, die Differenz -ette (frz.) die Doublette, die Toilette -euse (frz.) die Friseuse, die Masseuse -heit die Dunkelheit, die Trunkenheit -ie [-i:] (lat.-frz.) die Galerie, die Kolonie -ie [-ie] (lat.) die Folie, die Linie -iere (frz.) die Bonboniere, die Garderobiere -ik (gr.-lat.) die Klinik, die Kritik, die Mathematik, die Statistik -ion (lat.-frz.) die Pension, die Kalkulation, die Nation, die Station -isse (gr.-lat.-frz.) die Kulisse -ive (lat.-frz.) die Alternative, die Offensive -keit die Fähigkeit, die Schnelligkeit -schaft die Freundschaft, die Wirtschaft -ung die Werbung, die Widmung -ur (lat.) die Karikatur, die Zensur -üre (frz.) die Ouvertüre, die Broschüre 3) Neutra: a) Diminutive auf -lein, -chen, -le: das Büchlein, das Bäumchen, das Blümle b) Kollektiva mit der Vorsilbe Ge-: das Gebirge, das Gebüsch, das Gewässer c) Suffixe: -eau/o (frz.) das Tableau, das Büro -en -substantivierte Infinitive das Schwimmen, das Singen -ett (frz.) das Ballett, das Korsett -il (lat.-frz.) das Ventil -in (gr.-frz.) das Benzin, das Nikotin -ing (engl.) das Hearing, das Meeting, das Timing -ium (lat.) das Direktorium, das Gremium -ma (gr.) das Asthma, das Drama, das Klima, das Komma -(m)ent (gr.-lat.) das Dokument, das Talent, das Patent, aber: der Zement -ment [-ma] (frz.) das Abonnement, das Appartement -tel das Drittel, das Viertel -tum das Eigentum, das Königtum, aber: der Irrtum, der Reichtum 3.8 Bedeutungsgruppen des Substantivs 3.8.1 Konkreta und Abstrakta Substantive dienen zur Bezeichnung von Lebewesen, Gegenständen und abstrakten Phänomenen. Man kann aber auch so einteilen: 1) Konkreta (Singular: das Konkretum) bezeichnen Gegenständliches, sind also Gegenstandswörter: Mann, Frau, Tisch, München, Johann Wolfgang von Goethe Konkreta werden unterschieden in Gattungsnamen, Eigennamen, Stoffnamen und Sammel-namen. Dabei muss berücksichtigt werden, dass eine Unterscheidung häufig nicht so leicht möglich ist und z. B. bei Stoff- und Sammelnamen sowie bei Gattungs- und Eigennamen Überschneidungen vorkommen. Eine Einordnung ist letztlich stets nur aufgrund des Gebrauchs im Satz möglich. 2) Abstrakta (Singular: das Abstraktum) hingegen sind Substantive, die nicht Gegenständliches, sondern Ideen, Gedanken, Eigenschaften und Begriffe benennen. Sie heißen deshalb auch Begriffswörter: Geist, Philosophie, Mathematik (menschliche Ideen) Klugheit, Höhe, Würde (Eigenschaften) Ehe, Familie, Verwandtschaft (Beziehungen) Frieden, Krieg, Krankheit, Liebe (Zustände) Kilometer, Pfund, Jahr, Monat, Ohm (Maßangaben) Anmerkung: Eine Reihe von Substantiven kann sowohl Konkretes als auch Abstraktes bezeichnen, dabei ist der unterschiedliche Gebrauch die Ursache der jeweils verschiedenen Bedeutung: der Grund: 1. Grund und Boden (konkret) 2. Ursache (abstrakt) die Arbeit: 1. Arbeit eines Menschen(konkret) 2. Tätigkeit vieler Menschen (abstrakt) 3.8.2 Gattungsnamen Gattungsnamen oder Appellativa (Singular: das Appellativum) bezeichnen: - Personen, Tiere, Pflanzen oder Gegenstände als Gattung: der Mensch, der Bär, das Flugzeug - jedes einzelne Element dieser Gattung: zwei Frauen, vier Tische, zahlreiche Blumen Gattungsnamen sind damit die allgemeinste und umfassendste Gruppe der Substantive. Sie verfügen über alle Merkmale eines Substantivs, sind also gekennzeichnet durch Numerus (sie bilden Singular und Plural), Kasus (sie können in der Regel dekliniert werden) und Genus (sie gehören im Regelfall einem der drei Geschlechter an, was am Artikel deutlich wird). Eine weitere Klassifizierung innerhalb der Gattungen ist möglich (z. B.): - Dinge: Fortbewegungsmittel: Auto, Flugzeug, Rad, Schiff Sitzgelegenheiten: Bank, Sessel - Pflanzen: Bäume: Ahorn, Birke, Eiche, Tanne Blumen: Nelke, Rose, Tulpe Sträucher: Brombeere, Holunder, Weißdorn - Menschen: Altersgruppen: Erwachsene, Greise, Kinder Glaubensrichtungen: Buddhisten, Christen, Juden 3.8.3 Eigennamen Mit Eigennamen werden Lebewesen, Gegenstände oder Ideen bezeichnet, die nur einmal vorkommen und damit unverwechselbar sind, also bestimmte einzelne oder einmalige Menschen, Tiere, Pflanzen, Länder, Städte, Berge, Meere, Schiffe, Institutionen, geistige und kulturelle Schöpfungen. Mit dem Eigennamen werden sie aus der Menge anderer Individuen, Institutionen, Gegebenheiten oder Ideen herausgehoben. Sie werden individualisiert bzw. identifiziert. Unter den Eigennamen gibt es: - Personennamen: Rainer, Schulz, Lolita - Namen von Haustieren: Bello, Pucki, Rex - Namen von Schiffen bzw. Zügen: Titanic, Bremen - Namen von Büchern, Filmen oder technischen Apparaten: Faust, Hamlet, Concorde - Namen von Städten, Ländern, Kontinenten, Straßen, Gestirnen, Bergen, Gebirgen, Seen, Flüssen und Meeren: Hamburg, Hessen, Ungarn, Asien, Orion, Montblanc, Anden, Bodensee, Nil - Namen von Vereinen: Bayern München - Namen von Museen, Denkmälern, Hotels, Gaststätten, Betrieben, Firmen Auf der Grenze zu den Gattungsnamen liegen Kalendernamen (Sonntag, Silvester, Ostermontag, August, Winter) sowie Namen verschiedener Produkte (Mercedes, BMW, Persil, Calvados, Starfighter), weil zu jedem der Typen eine Vielzahl von einzelnen Exemplaren gehört. 3.8.4 Stoffnamen Stoffnamen dienen zur Bezeichnung von Materialien, von Gegebenheiten, die in der Natur vorkommen, oder von Produkten menschlicher Arbeit. Im Einzelnen unterscheiden wir: - Bezeichnungen von natürlichen Vorkommen: Erz, Gold, Kohle, Öl, Silber - Bezeichnungen von natürlichen Gegebenheiten: Hagel, Regen, Schnee, Tau, Wasser - Bezeichnungen von pflanzlichen und tierischen Produkten: Fleisch, Gummi, Milch, Wolle - Bezeichnungen von Materialien: Glas, Holz, Leder, Stahl, Zement - Bezeichnungen von Erzeugnissen menschlicher Arbeit: Bier, Butter, Kaffee, Schokolade, Seife, Waschpulver Stoffnamen stehen normalerweise im Singular, ohne Artikel und werden in dieser Eigenschaft nicht dekliniert: Butter, Hagel, Leder Ich hätte gern drei Bier. Bitte 100 Liter Öl. Merke: Steht hingegen der bestimmte Artikel vor dem Stoffnamen oder wird die Pluralform benutzt, sind es Gattungsbezeichnungen. Häufig handelt es sich dabei um fachsprachliche Wendungen. Die Erze liegen sehr tief unter der Oberfläche. Aus Finnland kommen die besten Hölzer. In Österreich werden ausgezeichnete Weine angebaut. 3.8.5 Sammelnamen 1) Sammelnamen oder Kollektiva (das Kollektivum) bezeichnen eine große Anzahl (Vielheit) von Personen, Tieren, Pflanzen oder Dingen, wobei die einzelnen Elemente dieser Vielheiten durch andere Wörter ausgedrückt werden. Sammelnamen können also keine einzelnen Vertreter (Individuen) benennen. Sammelnamen sind singularische Substantive, auch wenn einige formal im Plural stehen: Familie Kinder, Mutter, Oma, Opa, Vater Gebirge Almen, Berge, Felsen,Täler Mannschaft Libero, Stürmer, Torwart, Verteidiger Gewässer Fluss, Meer, Ozean, See Gemüse: Auberginen, Blumenkohl, Fenchel, Kohl 2) Zahlreiche Sammelnamen erkennt man an der Vorsilbe Ge-: Gebirge, Getreide, Gewässer, Gewitter 3) Sammelnamen werden meist ohne Artikel oder mit dem bestimmten Artikel gebildet, der unbestimmte Artikel ist selten. Dominierend sind Substantive im Neutrum (das Gebirge, das Gemüse, das Vieh, das Volk), seltener Maskulinum und Femininum. - Im Plural sind die Sammelnamen Gattungsbezeichnungen: die Angeln, die Bohrer, die Flotten, die Kräne, die Sägen, schwedische Stähle, chinesische Teppiche, französische Weine - Zahlreiche Sammelnamen sind nur im Singular möglich (Singulariatantum): Bevölkerung, Getreide, Marine, Obst, Polizei, Schmuck, Vieh - Soll die Vielzahl von Gruppen als Teil eines Sammelnamens betont werden, ist Plural möglich: die Mannschaften der Bundesländer, die Regierungen der Bundesstaaten, viele (verschmutzte) Gewässer, die (europäischen) Heere, alle (amerikanischen) Völker - Schließlich gibt es die Klasse der Sammelnamen, bei denen nur Plural möglich ist (Pluraliatantum): Ferien, Geschwister, Eltern, Naturalien, Spirituosen 4. Die Artikelwörter Die Artikelwörter (traditionell auch Geschlechtswörter) sind Wörter, die als Begleiter des Substantivs stehen und zusammen mit ihm eine Substantivphrase bilden können. Sie stimmen mit dem Substantiv in Genus, Numerus und Kasus überein = /die/ Kongruenz. Zwischen Artikelwort und Substantiv können andere Wörter (z. B. Adjektive) treten. Neben den Artikelwörtern, die im Satz erscheinen, gibt es noch solche, die nicht im Satz auftauchen: beim Substantiv steht also kein Artikelwort. Wir sprechen in diesem Fall vom Nullartikel. 4.1 Liste der Artikelwörter - der bestimmte Artikel -- der, die, das, die - der unbestimmte Artikel -- ein, eine, ein - der Nullartikel: 0 - das Demonstrativpronomen (hinweisendes Fürwort) dieser, diese, dieses, diese jener, jene, jenes, jene derjenige, diejenige, dasjenige derselbe, dieselbe, dasselbe solch ein, solch eine, solch ein ein solcher, eine solche, ein solch - das Possessivpronomen (besitzanzeigendes Fürwort) mein, meine, mein, meine Variante: dessen, deren - das Interrogativpronomen (Fragefürwort) welcher, welche, welches, welche welch ein, was für ein, was für - das Indefinitpronomen (unbestimmtes Fürwort) mancher, manche, manches manch ein, ... irgendein, ... irgendwelcher, ... einige (Pl.) etliche (Pl.) - aller, alle, alles, alle dazu Variante 1: alle die (diese, jene, meine) Variante 2: all der (dieser, jener, mein) - jeder, jede, jedes - kein, keine, kein, keine - mehrere (nur Plural) Besonderheiten der Deklination der Artikelwörter 1. Der unbestimmte Artikel sowie irgendein haben keine Pluralformen. Im Plural steht stattdessen der Nullartikel: ein Baum -- Bäume oder: irgendein Mann -- irgendwelche Männer 2. Mehrere kann nur im Plural verwendet werden 3. Einige, etliche und alle stehen im Plural 4. Bei welch ein / solch ein / manch ein / all der (Singular) wird der erste Teil des Gefüges nicht dekliniert: Welch eine Überraschung ist das! Solch ein Skandal! Der Plural lautet: welche, manche, solche, alle 5. Jeder wird im Plural durch alle ersetzt: jedes kleine Kind / alle kleinen Kinder 6. Die Artikelwörter dessen und deren werden nicht dekliniert, sie richten sich in Genus und Numerus nach dem Substantiv im übergeordneten Satz, nicht nach dem Substantiv, vor dem sie stehen: Das ist Martins Mutter. - Ich habe dessen Mutter noch nie gesehen. Das ist Inges Vater. - Ich habe deren Vater noch nicht gesehen. 4.2 Wichtige Funktionen des bestimmten, unbestimmten und des Nullartikels Da die deutschen Nomen mit geringen Ausnahmen keine Kasusmorpheme annehmen, um Funktionen und andere grammatische Abhängigkeitsverhältnisse zu kennzeichnen, müssen Wörter anderer Wortklassen als Träger der Kasusmorpheme eintreten. Mit der Zeit haben sich aus dem Bereich der Demonstrativpronomen der bestimmte Artikel und aus dem Bereich der Zahladjektive der unbestimmte Artikel als relativ inhaltsneutrale Träger von Kasusmorphemen abgesondert. Der bestimmte und der unbestimmte Artikel verdeutlichen Kasus, Numerus und Genus des nachfolgenden Substantivs. Die Artikel sind stets unbetont und schließen sich dem folgenden betonten Wort an (die Proklise). Grundsätzlich gilt: Jedes Substantiv ist jeweils nur mit einem Artikel verbunden. An diesem Artikel ist das Genus (grammatisches Geschlecht) zu erkennen. Anmerkung: Es gibt jedoch zahlreiche Substantive mit schwankendem Genus (der/die/das Dschungel, das/der Gulasch, der/das Keks, die/das Cola, der/das Sakko usw.) 1. Die Artikelwörter signalisieren besonders bei Homonymen unterschiedliche Bedeutung bei gleicher Schreibung der Wörter: der Band (das Buch) das Band (die Schnur) die Band (die Kapelle) 2. Die drei Artikelformen dienen zur Individualisierung (I) bzw. Generalisierung (G): Das Auto war sehr teuer. (I) Ein Auto kostet viel Geld. (G) Autos fahren immer schneller. (G) 3. Die drei Artikelformen sind Kennzeichen für die Substantivierung von Verben, Adjektiven, Adverbien usw. Das Lesen muss man üben. Die Fremde hatte einen komischen Akzent. Im Westen nichts Neues. 4. Bestimmter und unbestimmter Artikel dienen zur Unterscheidung von Bekanntem (Thema) und Unbekanntem (Rhema): Vor dem Haus steht ein Auto. Das Auto gehört unserem Nachbarn. 5. Der bestimmte und der unbestimmte Artikel können auch eine possessive Funktion haben: Gestern hat sich der Schifahrer das/ein/sein Bein gebrochen. 4.3 Funktionen des bestimmten Artikels 1. Der bestimmte Artikel steht vor Nomen, die identifizierte, also bekannte oder bereits erwähnte Personen, Sachen, Begriffe oder Sachverhalte nennen. Dort steht ein Mann. Der Mann wartet auf seine Frau. 2. Die Identifizierung kann durch geeignete Attribute, z. B. die Superlativform eines attributiven Adjektivs oder den Genitiv, unterstützt werden: Das war der schönste Tag meines Lebens. Der Sieg des Schifahrers wurde überall gefeiert. 3. Der bestimmte Artikel hat oft eine demonstrative Funktion: Ich meine die Frau da hinten. 4. Der bestimmte Artikel kann eine distributive Funktion haben (Angabe von Maßbezeichnungen): Die Äpfel kosten 2 Euro das Kilo. Das Flugzeug fliegt 800 km die Stunde. ( hier ist der Artikel mit pro austauschbar) 5. Der bestimmte Artikel wird vor allem aber dafür gebraucht, ein nachfolgendes Substantiv zu individualisieren, also von anderen zu unterscheiden und eindeutig zu machen: Siehst du das Auto dort? Der Lehrer unterrichtet Englisch. 6. Der bestimmte Artikel steht vor Nomen, die allgemein bekannte Begriffe benennen: Das Leben ist nicht leicht. Die Erde umkreist die Sonne. 7. Der bestimmte Artikel steht, wenn Personen oder Sachen im Singular als repräsentativ für die ganze Gattung genannt werden: Der Mensch ist sterblich. Der Italiener liebt Musik. Das Auto ist ein Transportmittel. Das Telefon ist für die Unternehmer unentbehrlich. Merke: Werden im gleichen Sinne Plurale gebraucht, entfällt der Artikel: Italiener lieben Musik. Autos sind Transportmittel. 8. Bekannte kollektive, religiöse und ethnische Begriffe: die Menschheit, die Regierung, das Christentum, die Nation, der Himmel, die Hölle, die Sünde, die Treue, die Liebe, der Glaube 9. Begriffe, die sich auf den Ablauf des menschlichen Lebens beziehen: die Geburt, die Kindheit, die Jugend, die Ehe, das Leben, der Tod, das Alter 10. Zur Verdeutlichung von grammatischen Beziehungen bei Nomen, die sonst ohne Artikel gebraucht werden: Ich ziehe Kaffee dem Tee vor. Er hat sich der Medizin verschrieben. 11. Der bestimmte Artikel steht auch vor Nomen, die als Prädikatsobjekte an der Beschreibung des Geschehens / Seins teilnehmen: Der Dieb hat die Flucht ergriffen. Er hatte nicht den Mut, sich der Polizei zu stellen. Er hat auf See den Tod gefunden. 4.3.1 Der bestimmte Artikel bei geographischen Bezeichnungen 1. Bei der Nennung von Gebirgen, Bergen, Seen, Flüssen, Meeren und Gestirnen wird der bestimmte Artikel verwendet: Die Alpen sind das höchste Gebirge Europas. Morgen fahren wir auf die Zugspitze. Viele Deutsche verbringen ihren Urlaub an der Ostsee. 2. Auch einige Ländernamen werden mit dem bestimmten Artikel verbunden: die Schweiz, die Türkei, die Slowakei, die Niederlande, die Vereinigten Staaten von Nordamerika (USA), der Irak, der Iran, der Libanon, der Jemen, der Sudan. Bei Angabe der Staatsform steht stets der bestimmte Artikel: die Bundesrepublik Deutschland, die Tschechische Republik, das Königreich Großbritannien, das Fürstentum Liechtenstein, der Freistaat Bayern 3. Landschaften, Inseln, Täler: der Balkan, der Peloponnes, die Normandie, die Bretagne, die Riviera, die Provence, die Lausitz, die Krim, die Steiermark, das Burgenland, das Elsass 4. Straßen, Gebäude und Schiffe: die Schillerstraße, das Rathaus, der Kölner Dom, die Titanic 4.3.2 Der bestimmte Artikel bei Personennamen Normalerweise werden Personennamen ohne Artikel gebraucht, es gibt jedoch ein paar Ausnahmen: - bei Werken der bildenden Kunst sowie bei Schauspielrollen: Alle möchten die "Mona Lisa" sehen. Der echte David wird im Museum in Florenz aufbewahrt. Wer hat den Hamlet gespielt? Merke: Bei Bühnenwerken fehlt der Artikel: Heute wird "Aida" gespielt. Morgen ist "Fidelio" auf dem Programm. - zur Angabe von Beruf, Tätigkeit oder Titel: der Dichter Novalis, der Präsident des Sportverbandes, der Direktor des Betriebs Merke: Gehört der Titel zum Namen, entfällt der Artikel: Dort steht Doktor Fuhrmann. Steht der Titel oder eine Verwandtschaftsbezeichnung als Apposition voran, entfällt der Artikel: Königin Silvia, Präsident Bush, Herr Adam Merke: In der gesprochenen Sprache ist mit dem bestimmten Artikel oft ein abschätziger (pejorativer) Sinn verbunden: Die Kunze quatscht den ganzen Tag! /Frau Kunze/ 4.4 Funktionen des unbestimmten Artikels 1. Der unbestimmte Artikel wird benutzt, wenn die Personen oder Dinge, die angesprochen werden, unbekannt sind und auch nicht identifiziert werden sollen. Weiter dient der unbestimmte Artikel zur Bezeichnung von Elementen einer Klasse (Klassifizierung). Schließlich steht der unbestimmte Artikel beim erstmaligen Erscheinen des Substantivs im Text. 2. Im Einzelnen handelt es sich um folgende Funktionen: - Generalisierende Funktion: Ein Delfin ist ein Säugetier. Ein Haus kostet viel Geld. Ein Hund sollte immer gut erzogen werden. - Charakterisierende Funktion, charakterisierende Eigenschaften: Er ist ein Feigling. Du bist ein Dummkopf. Er arbeitet wie ein Pferd. Du siehst wie eine Dame aus. Für einen Ausländer spricht er gut Deutsch. - Differenzierende Funktion bei Stoffnamen oder Abstrakta: Ein trockener Rotwein schmeckt mir besser als ein süßer Rotwein. - Vergleichende Funktion bei Eigennamen: Ein Sänger wie Pavarotti ist einmalig. - Bei Eigennamen, die eine Klasse bezeichnen: Das ist ein Rembrandt. / Das ist ein Bild von Rembrandt / - Bei Maßangaben in Verbindung mit dem Verb haben: New York City hat eine Nord-Süd-Ausdehnung von 50 km. - Bei Angabe der Abstammung: Er ist ein Kennedy. Er ist ein Sioux-Indianer. - Bei haben + Akkusativ: Er hat eine Tochter. Sie hat einen Mercedes. 4.5 Funktionen des Nullartikels Auf den Gebrauch des Artikels wird verzichtet, wenn ein anderes Wort als Träger der Kasusmorpheme auftritt oder wenn das mit dem Nomen Bezeichnete weder identifizierend noch klassifizierend gemeint ist. 1. Der Artikel entfällt, wenn Attribute das Kasusmorphem angenommen haben: Ich kenne deinen Bruder und seine Frau. Welches Kleid ziehst du an? Wir haben mit allen Leuten gesprochen, die wir getroffen haben. 2. Der Artikel entfällt, wenn das mit dem Nomen Bezeichnete als ganz allgemeiner Begriff verstanden werden soll: Arbeit ist die Grundlage des Erfolgs. Alle wollen Frieden. Wir brauchen Geld. 3. Nullartikel im Plural, wenn im Singular der unbestimmte Artikel steht: Im Garten spielt ein Kind. - Im Garten spielen Kinder. 4. Zur Bezeichnung der Gattung im Plural (Generalisierung): Wale sind Säugetiere. Blumen eignen sich als Geburtstagsgeschenk. 5. Zur Kennzeichnung des Berufs, der Funktion, der Religion oder der Nationalität: / sein, werden, bleiben, als / Er ist Techniker. Er wird Dekan der Pädagogischen Fakultät. Er wird als Direktor vorgeschlagen. Sie ist Engländerin. Er bleibt Präsident. Bei Appositionen: Herr Berger, Ingenieur in einer bekannten Fabrik. Herr Müller, Vorsitzender unseres Vereins. Aber: Wird ein voran- oder nachgestelltes Attribut hinzugefügt, stehen der oder ein: Er ist der jüngste Bürgermeister Bayerns. Sie ist eine Amerikanerin, wie ich sie mir vorstelle. Zu unterscheiden ist die Berufsangabe (Nullartikel) von der - häufig abschätzig gemeinten - Beurteilung oder einem Vergleich: Sie ist Schauspielerin. (Berufsangabe) Sie ist eine Schauspielerin. (Beurteilung: jemand, der täuscht) Sie spricht wie eine Schauspielerin. (Vergleich) 6. Angabe von Eigenschaften oder Zuständen (abstrakte Begriffe): Das Studium der Fremdsprachen erfordert Fleiß, Geduld und Ausdauer. Leider hatte er Pech. 7. Bei festen Verbindungen: Bald müssen wir Abschied nehmen. Der Autor ist in Vergessenheit geraten. 8. Bei festen Zwillingsformeln: Mann und Frau, Kind und Kegel, Haus und Hof, mit Glanz und Gloria, Satz für Satz 9. Bei Angaben von Wochentagen, Monatsnamen und Jahreszeiten: Heute ist Sonntag. Jetzt haben wir Mai. Bald ist Winter. Aber: am Sonntag, im Mai, im Winter 10. Bei Stoffnamen: Der Ring ist aus Gold. Der Ring ist aus reinem Gold. Am Nachmittag trinkt man immer Kaffee. Marmor ist sehr teuer. Man sucht dort nach Wasser. 11. Bei Titeln, die zum Namen gehören, sowie Anredeformen: Bald besucht uns Professor Wagner. Frau Doktor Adam leitet die Forschung. 12. In Buchtiteln, Überschriften in Zeitungen und in Bekanntmachungen: Deutsche Sprachlehre für Ausländer Große Streiks in Italien Eintritt verboten! Abfahrt: Montag 7 Uhr 13. In Prädikatsergänzungen: Hunger haben, Atem holen, Schritt fahren, Ski laufen, Tennis spielen 14. Nach Verben der Fortbewegung: nach Hause gehen, zu Bett gehen, zu Besuch kommen, zu Fuß gehen, zu Lande und zu Wasser reisen 15. Bei Eigennamen, bei Anreden und bei den Verwandtschaftsbezeichnungen Vater, Mutter, Großvater, Großmutter (Opa, Oma), Tante, Onkel, wenn sie im Gespräch mit Mitgliedern der eigenen Familie anstelle der Namen gebraucht werden: Peter wohnt in Berlin. Lieber Peter! Vater fährt morgen nach Wien, Mutter bleibt zu Hause. Wir schreiben an Onkel Heinz. Oma hat mir ein Fahrrad geschenkt. Aber: Wenn man zu Personen spricht, die nicht der eigenen Familie angehören, gebraucht man die Possessivpronomen: Mein Vater fährt morgen nach Wien. Hast du dich schon von deiner Mutter verabschiedet? Der Artikel entfällt immer, wenn ein Genitivattribut vor dem Nomen steht: Das ist Peters Buch. Ich habe gestern Karls Vater getroffen. Berlins Bürgermeister besucht unsere Hauptstadt. Mozarts Opern werden oft gespielt. Friedrich Schillers Gedichte gehören zum deutschen Kulturgut. Wessen Wagen ist das? Wenn Nomen mit einem vorangestellten Genitivattribut ein weiteres vorangestelltes Attribut hat, nimmt letzteres das Kasusmorphem an: Wessen alter Mantel hängt hier? Berlins ältestes Theater wird renoviert. Hier steht der Junge, mit dessen älterem Bruder wir neulich gespielt haben. 16. Bei vielen präpositionalen Ausdrücken (Prädikatsergänzungen, Angaben, Attributen), vor allem wenn ein attributives Adjektiv beim Nomen steht: vor Freude springen, vor Wut schreien, aus Sorge, aus Angst vor dem Hund, in freundlicher Weise, ein Haus mit schöner Aussicht, mit großem Optimismus, sie handelten auf Befehl Sehr häufig nach Präpositionen: ohne, ab, an, aus, außer, bis, vor Er geht nie ohne Schirm aus. Ab Morgen habe ich Urlaub. Er leidet an Krebs. Ein Kind aus erster Ehe. Der Kranke ist außer Lebensgefahr. Also auf Wiedersehen bis nächsten Sonntag! Sie zitterte vor Angst. 5. Das Adjektiv - Die Adjektive sind -- nach den Substantiven und Verben -- die drittgrößte Wortart im Deutschen. Die Adjektive sind deklinierbar (wie die Substantive) und die meisten auch komparierbar (im Unterschied zu den Substantiven). Syntaktisch stehen sie vor allem in prädikativer und attributiver Position. 5.1 Einteilung der Adjektive Einteilung nach morphologischen Kriterien Nach dem Vorhandensein von Deklinations- und Komparationsformen werden unterschieden: - Adjektive, die sowohl deklinierbar als auch komparierbar sind (klein, jung, teuer) - Adjektive, die deklinierbar, aber nicht komparierbar sind (lebendig, tot, fertig) - Adjektive, die weder deklinierbar noch komparierbar sind (lila, beige, rosa, schuld) Einteilung nach syntaktischen Kriterien 1) Nach ihrer syntaktischen Funktion werden unterschieden: - Adjektive, die prädikativ, attributiv und adverbial verwendet werden können (fleißig, schön, tüchtig, fest) Der Schüler ist fleißig. - Prädikat der fleißige Schüler - Attribut Er arbeitet fleißig. - Adverb - Adjektive, die prädikativ und attributiv verwendet werden können (klein, billig, blau, fertig, teilbar) - Adjektive, die attributiv und adverbial verwendet werden können (väterlich, gerichtlich, künftig, monatlich) - Adjektive, die nur attributiv verwendet werden können (golden, steinern, betrieblich, steuerlich) - Adjektive, die nur prädikativ verwendet werden können (schuld, schade, egal, feind, gram, los) 2) Im Hinblick auf das Verhältnis zum Substantiv (als notwendigem Bezugswort des Adjektivs) gibt es: - syntaktisch absolute Adjektive, die außer diesem Bezugswort keine weiteren Ergänzungen verlangen (schön, fleißig, gesund, berühmt, ausgezeichnet) - syntaktisch relative Adjektive, die außer diesem Bezugswort noch weitere Ergänzungen verlangen (Ich bin dir dankbar für deine Hilfe. Er ist seinem Vater ähnlich.) 3) Nach der Rektion des Adjektivs: - Adjektive, die den Akkusativ regieren (breit, lang, tief, wert, gewohnt, los) Die Tür ist einen Meter breit. Paris ist eine Reise wert. Endlich bin ich ihn los. - Adjektive, die den Dativ regieren (ähnlich, angenehm, willkommen, treu) Seine Stimme ist mir angenehm. Ihr seid uns immer willkommen. Sie ist ihm treu. - Adjektive, die den Genitiv regieren (bedürftig, bewusst, sicher, mächtig). Sie ist unserer Hilfe bedürftig. Ich bin mir dessen bewusst. Er war sich seines Erfolgs sicher. Sie ist der englischen Sprache mächtig. - Adjektive, die einen Präpositionalkasus regieren (interessiert an, eifersüchtig auf, empfindlich gegen, abhängig von, bekannt mit / durch / für, beteiligt an usw.) Einteilung nach semantischen Kriterien Die Adjektive werden eingeteilt in qualitative und (semantisch) relative Adjektive: - qualitative Adjektive drücken die Merkmale (Eigenschaften) eines Objekts der Realität direkt durch die eigentliche Bedeutung aus (das kleine Haus, die heilbare Krankheit, das rote Auto, die lila Bluse) - (semantisch) relative Adjektive drücken das Merkmal eines Objekts durch dessen Beziehung zu einem anderen Objekt aus (das väterliche Haus, französischer Wein, die ärztliche Behandlung, das heutige Wetter) 5.2 Die Deklination der Adjektive In prädikativer und adverbialer Funktion erscheinen die Adjektive in ihrer endungslosen Grundform: Prädikativ gebrauchte Adjektive: Der Schüler ist fleißig. Die Kinder sind gesund. Adverbiale Funktion: Der Schüler arbeitet fleißig. Du siehst müde aus. A) Attributiv gebrauchte Adjektive sind flektierbar und komparierbar: der fleißige Schüler der fleißigere Schüler ein fleißiger Schüler ein fleißigerer Schüler mit dem fleißigen Schüler mit dem fleißigeren Schüler Die Deklination der attributiven Adjektive ist abhängig: - vom Substantiv, das hinter ihnen steht - grammatische Kongruenz / Übereinstimmung / im Genus, Numerus und Kasus - vom Artikelwort, das vor ihnen steht: der bestimmte / unbestimmte / Nullartikel B) Attributiv gebrauchte Adjektive sind in einigen Fällen flektierbar, können jedoch nicht kompariert werden: das eigentliche Problem, die staatliche Arztpraxis, die schulische Einrichtung, der italienische Wein, die goldene Uhr, die linke Hand, die heutige Zeitung, der ausländische Gast C) nur attributiv, nicht flektierbar, nicht komparierbar sind die von Ortsnamen abgeleiteten Herkunftsbezeichnungen auf --er: die Berliner Mauer, die Dresdner Oper, die Prager Burg, die Schweizer Uhr Drei Deklinationstypen beim Adjektiv: 1. Starke Deklination, d. h. Deklination nach dem Nullartikel und auch nach einigen anderen Artikelwörtern (dessen, deren, wessen, manch, solch, welch) 2. Schwache Deklination, d. h. Deklination nach dem bestimmten Artikel und auch einigen anderen Artikelwörtern (dieser, jeder, jener, derjenige, derselbe, mancher, solcher, welcher, irgendwelcher, aller) 3. Gemischte Deklination, d. h. Deklination nach dem unbestimmten Artikel und auch nach den Possessivpronomen mein, dein..., und weiter nach irgendein, kein, manch ein, solch ein, welch ein) Gemischt deshalb, weil im Plural die Artikelwörter die grammatische Kennzeichnung für Genus, Numerus und Kasus enthalten (in diesen Fällen hat das Adjektiv die schwache Endung -en), in einigen endungslosen Formen des Singulars aber nicht (in diesen Fällen wird das Adjektiv stark dekliniert), z. B.: Pl. seine guten Freunde / Sg. sein guter Freund. alle, beide, keine guten Freunde drei, viele, einige, etliche, mehrere interessante Bücher folgende neue / neuen Zeitschriften 5.3 Die Komparation der Adjektive Die Komparation / Steigerung ist eine nur dem Adjektiv eigene Kategorie, die Gradunterschiede oder verschiedene Stufen eines Merkmals ausdrückt. Sie tritt bei prädikativem, attributivem und adverbialem Gebrauch auf. Es werden 3 grammatische Komparationsstufen unterschieden (der Positiv, Komparativ und Superlativ), die mit Hilfe von Suffixen gebildet werden. Graduierung ist jedoch auch mit Hilfe anderer Sprachmittel möglich. 1. Der Positiv bezeichnet die Grundstufe des Adjektivs, in der die Adjektive einfach genannt werden (jung, schlank, modern). Im Vergleich bezeichnet der Positiv die Gleichheit der verglichenen Objekte. Der Mann ist so alt wie seine Frau. 2. Der Komparativ als die erste Vergleichsstufe wird mit dem Suffix --er gebildet und bezeichnet die Ungleichheit zweier miteinander verglichener Objekte: Der Mann ist älter als seine Frau. In bestimmten Verbindungen steht der Komparativ auch ohne Vergleich, drückt dann aber nicht einen höheren, sondern einen geringeren Grad als der Positiv aus: Ein älterer Mann ist nicht älter, sondern jünger als ein alter Mann. 3. Der Superlativ als die zweite Vergleichsstufe wird mit dem Suffix -(e)st gebildet, bzw. in prädikativer Funktion auch mit am -- (e)sten. Er drückt die Höchststufe bei einem Vergleich von mehr als zwei miteinander verglichenen Größen aus: Jürgen war der schnellste Junge in der Klasse. Er war der schnellste von allen. Jürgen war in der Klasse der schnellste. Jürgen war in der Klasse am schnellsten. Wenn der Superlativ ohne Vergleich steht (Elativ oder absoluter Superlativ), bezeichnet er einen sehr hohen Grad: Gestern war das schönste Wetter. Gestern war es am schönsten. 4. Besonderheiten: Komparation mit Umlaut: alt -- älter -- der älteste, jung -- jünger -- der jüngste Komparation mit oder ohne Umlaut: blass -- blasser / blässer -- der blasseste / blässeste glatt -- glatter / glätter - der glatteste / glätteste auch bei: gesund, nass, schmal, rot, krumm Komparation mit Konsonantenwechsel und Umlaut: hoch -- höher -- der höchste, nah -- näher -- der nächste Unregelmäßige Komparation: mit Hilfe unterschiedlicher Wortstämme: gut -- besser -- der beste viel -- mehr - der meiste wenig - weniger / minder -- der wenigste / mindeste Graduierung mit Hilfe von Partikeln: eine mir mehr passende Tätigkeit besonders interessanter Film die überaus gute Arbeit Graduierung mit Hilfe von Wortbildungsmitteln: das nagelneue Haus, sein supermoderner Wagen, ein hochmodernes Flugzeug, mein uralter Computer Formen der Komparation +--------------------------------------------------------------------------------------------+ |Der Positiv |Der Komparativ |Der Superlativ |Der Superlativ | | | | | | |attributiv/adverbial/ |attributiv/adverbial/ |attributiv |adverbial/prädikativ | | | | | | |prädikativ |prädikativ | | | |--------------------------+----------------------+-------------------+----------------------| |Regelmäßig |-er |der -(e)ste |am -(e)sten | | | | | | | | | | | |--------------------------+----------------------+-------------------+----------------------| |billig |billiger |der billigste |am billigsten | | | | | | |dunkel |dunkler |der dunkelste |am dunkelsten | | | | | | |neu |neuer |der neueste |am neuesten | | | | | | |laut |lauter |der lauteste |am lautesten | | | | | | |leise |leiser |der leiseste |am leisesten | | | | | | |heiß |heißer |der heißeste |am heißesten | | | | | | |teuer |teurer |der teuerste |am teuersten | |--------------------------+----------------------+-------------------+----------------------| |Mit Umlaut | | | | | | | | | |alt |älter |der älteste |am ältesten | | | | | | |arm |ärmer |der ärmste |am ärmsten | | | | | | |dumm |dümmer |der dümmste |am dümmsten | | | | | | |groß |größer |der größte |am größten | | | | | | |hart |härter |der härteste |am härtesten | | | | | | |jung |jünger |der jüngste |am jüngsten | | | | | | |kalt |kälter |der kälteste |am kältesten | | | | | | |klug |klüger |der klügste |am klügsten | | | | | | |kurz |kürzer |der kürzeste |am kürzesten | | | | | | |lang |länger |der längste |am längsten | | | | | | |scharf |schärfer |der schärfste |am schärfsten | | | | | | |schwach |schwächer |der schwächste |am schwächsten | | | | | | |stark |stärker |der stärkste |am stärksten | | | | | | |warm |wärmer |der wärmste |am wärmsten | +--------------------------------------------------------------------------------------------+ +--------------------------------------------------------------------------------------------+ |unregelmäßig | | | | |-----------------------+--------------------+-----------------------+-----------------------| |gut |besser |der beste |am besten | | | | | | |viel |mehr |der meiste |am meisten | | | | | | |gern |lieber |der liebste |am liebsten | | | | | | |hoch |höher |der höchste |am höchsten | | | | | | |nah(e) |näher |der nächste |am nächsten | | | | | | |wenig |weniger |der wenigste |am wenigsten | | | | | | |wenig |minder |der mindeste |am mindesten | +--------------------------------------------------------------------------------------------+ Die Komparative mehr und weniger erhalten keine Deklinationsendung: Paul hat mehr Geld als Peter. Ich habe weniger Zeit als du. Mit mehr Fleiß schaffst du es. Die Beziehung zwischen zwei Komparativen wird durch die Konjunktionen je..... desto hergestellt: Je länger eine Reise ist, desto teurer ist sie. Je mehr ich arbeite, desto müder bin ich am Abend. Der absolute Superlativ bezeichnet einen sehr hohen Vergleichsgrad; er steht als Attribut meist ohne Artikel: Es wird höchste Zeit. Er ging in höchster Eile. Herzlichsten Dank für Ihre freundliche Einladung. Ich komme mit größtem Vergnügen. 5.4 Substantivierte Adjektive / Substantive mit Adjektivdeklination Adjektive und Partizipien können substantiviert und als Substantive verwendet werden. Sie behalten die Endungen der Adjektive / Partizipien und erscheinen mit dem bestimmten oder unbestimmten Artikel. Es können Maskulina, Feminina bzw. auch Neutra sein. +--------------------------------------------------------------------------------------------+ |Adjektiv / Partizip + Substantiv |Substantiviertes Adjektiv | |----------------------------------------------+---------------------------------------------| |der kranke Mensch |der Kranke | | | | |die kranken Menschen |die Kranken | | | | |ein kranker Mensch |ein Kranker | | | | |kranke Menschen |Kranke | |----------------------------------------------+---------------------------------------------| |die bekannte Frau |die Bekannte | | | | |die bekannten Frauen |die Bekannten | | | | |eine bekannte Frau |eine Bekannte | | | | |bekannte Frauen |Bekannte | +--------------------------------------------------------------------------------------------+ Personenbezeichnungen: der / die Abgeordnete ein Abgeordneter / eine Abgeordnete der / die Angehörige ein Angehöriger / eine Angehörige der / die Angeklagte ein Angeklagter / eine Angeklagte der / die Angestellte ein Angestellter / eine Angestellte der / die Bekannte ein Bekannter / eine Bekannte der / die Deutsche ein Deutscher / eine Deutsche der / die Erwachsene ein Erwachsener / eine Erwachsene der / die Gefangene ein Gefangener / eine Gefangene der / die Jugendliche ein Jugendlicher / eine Jugendliche der / die Reisende ein Reisender / eine Reisende der / die Tote ein Toter / eine Tote der / die Verletzte ein Verletzter / eine Verletzte der / die Verwandte ein Verwandter / eine Verwandte der / die Vorsitzende ein Vorsitzender / eine Vorsitzende Eine Ausnahme! Maskulinum: der Beamte - ein Beamter; Pl. die Beamten / Beamte Femininum: die Beamtin, -, nen -- eine Beamtin; Pl. die Beamtinnen! Sachbezeichnungen: die illustrierte Zeitschrift -- die Illustrierte Abstrakta: neutral: das Schöne, das Gute, das Wahre etwas / nichts / viel / wenig / genug Neues aber: Alles Gute! Endungsloses Indefinitpronomen + substantiviertes Adjektiv Nom. nichts Gutes viel Interessantes Akk. durch nichts Gutes ohne viel Interessantes Dat. von nichts Gutem mit viel Interessantem 5.5 Übersicht über die Rektion der Adjektive Adjektive mit einem Kasus - Akkusativ: alt, breit, dick, groß, hoch, lang, schwer, stark, weit, los, müde, wert Der Zaun ist einen Meter hoch. Endlich bin ich ihn los. Paris ist eine Reise wert. - Dativ: ähnlich, angemessen, angenehm, begreiflich, behilflich, bekannt, böse, dankbar, egal, fremd, gefährlich, gleich(gültig), günstig, klar, lieb, nützlich, peinlich, recht, schädlich,treu, verständlich, verwandt, wichtig, widerlich, willkommen usw. Sie ist ihrer Mutter ähnlich. Es war mir nicht bekannt. Sei mir bitte nicht böse! - Genitiv: bedürftig, bewusst, fähig, froh, gewiss, mächtig, müde, schuldig, sicher, würdig Sie sind unserer Hilfe bedürftig. Ich bin mir dessen bewusst. Adjektive mit Präpositionalkasus: An: + Akk. gebunden, gewöhnt + Dat. arm, interessiert, reich, schuld auf: + Akk. angewiesen, aufmerksam, böse, eifersüchtig, eingebildet, neugierig, stolz Dat. blind, lahm, taub aus: gebürtig aus Prag bei: behilflich, beliebt, verhasst für: bedeutungslos, charakteristisch, geeignet, genug, interessant, nötig, notwendig, zuständig gegen: empfindlich, gefühllosgleichgültig, hart, misstrauisch, streng in: Akk. verliebt, Dat. erfahren, geschickt, geübt, wohnhaft mit: befreundet, bekannt, einverstanden, fertig, verheiratet, verlobt, verwandt, zufrieden nach: ehrgeizig, gierig über: ärgerlich, aufgebracht, betroffen, entsetzt, erfreut, erstaunt, froh, glücklich, traurig um: besorgt von: abhängig, erschöpft, frei, krank, müde, schläfrig, überzeugt, verschieden, voll vor: bange, blass, bleich, sicher, starr, stumm zu: bereit, entschlossen, fähig, frech, freundlich, geeignet, geschaffen, grob, lieb Die Adjektive, die eine Nationalität bezeichnen, bilden zur Bezeichnung der Sprachen zwei Formen; a) mit der Endung --e: das Deutsche, das Italienische, das Tschechische. Das Adjektiv mit der Endung --e wird nur mit dem bestimmten Artikel gebraucht und bezieht sich auf das grammatische System der Sprache: Das Schwedische ist dem Deutschen verwandt. Wir übersetzen aus dem Deutschen ins Tschechische. Das Deutsche der Goethezeit war anders. b) Das Adjektiv ohne Endung steht entweder ohne Artikel oder mit einem Attribut: Zwischen Deutsch und Holländisch bestehen gewisse Unterschiede. In Paris spricht man das beste Französisch. Diese Form bezieht sich auf das Studium und die Kenntnisse einer Sprache: Heute haben wir Deutsch. Wie sagt man es auf Deutsch? Sein Deutsch ist nicht besonders gut. Seine Freundin ist gut in Deutsch. 5.6 Das Zahladjektiv Syntaktisch verhalten sich die traditionellen Zahlwörter wie attributiv gebrauchte Adjektive; sie werden deshalb zu den Adjektiven gerechnet. Unterschieden werden: 1. Kardinalzahlen / Grundzahlen: eins, zwei, zwanzig, hundert 2. Ordinalzahlen / Ordnungszahlen: der erste, zehnte, zweihundertste 3. Bruchzahlen: drittel, viertel, achtel 4. Gattungszahlen: zweierlei, dreierlei 5. Wiederholungszahlen: einmal, zweimal, zweifach 6. Einteilungszahlen: erstens, zweitens, drittens 7. unbestimmte Zahladjektive: einzeln, ein paar, viele, zahlreiche, wenig 5.6.1 Die Kardinalzahlen bezeichnen eine exakte und zählbare Menge oder Anzahl von Personen, anderen Lebewesen oder Gegenständen. Sie können absolut oder attributiv gebraucht werden. Zusammen mit der Nachsilbe --mal bilden sie Zahladverbien (einmal, zehnmal). Wir unterscheiden: einfache Kardinalzahlen: ein, acht, zwölf zusammengesetzte Kardinalzahlen: dreizehn, vierundzwanzig abgeleitete Kardinalzahlen: dreißig, achtzig Kombination von Kardinalzahlen: sechs Millionen, zwei Milliarden Die Kardinalzahlen können substantiviert werden: Heute hat er in Mathe eine Eins bekommen. Wir fahren zur Arbeit mit der Zwei. Die Sieben ist eine Glückszahl. Die Grundzahl ein wird wie der unbestimmte Artikel dekliniert: Es gibt nur eine Möglichkeit. Wir sind dort einen Tag geblieben. Sie hat ein Kind. Beim Zählen heißt es stets eins, zwei, drei usw. 5.6.2 Die Ordinalzahlen legen eine bestimmte Stelle oder einen genauen Fixpunkt in einer geordneten und zählbaren Reihe von Personen oder Gegenständen fest. Sie stehen zumeist vor einem Substantiv (der erste Tag, die zweite Klasse, das dritte Kind) oder werden substantiviert gebraucht (der Erste, die Vierte). Sie können dekliniert, aber nicht gesteigert werden. Man fragt nach ihnen mit der / die / das Wievielte? Man bildet die Ordinalzahlen durch Voranstellen eines Artikelworts (z. B. der/die/das) vor die entsprechende Kardinalzahl und das Anhängen von --t (bis 19) / -st (ab 20) + e: der zweite , der vierte, der neunzehnte -- der zwanzigste, der fünfunddreißigste unregelmäßig: der erste, der dritte, der sieb(en)te, der achte Er ist der Erste in der Klasse. Herrschernamen und Papstnamen schreibt man mit römischen Ziffern und Punkt: Otto I. / Deklination: Nom. Otto der Erste; Gen. Ottos des Ersten; Dat. Otto dem Ersten; Akk. Otto den Ersten / 5.6.3 Die Bruchzahlen bezeichnen Teile vom Ganzen. Sie bestehen aus Zähler und Nenner. Der Zähler ist eine Kardinalzahl, der Nenner eine Ordinalzahl mit der Endung --el. Sie werden attributiv verwendet und können substantiviert werden. Sie werden nicht flektiert: ein drittel Milch / ein Drittel ein viertel Liter / ein Viertel ein zehntel Bevölkerung / ein Zehntel aber: ein halbes Liter Wasser, eine halbe Stunde, die halbe Wahrheit die Hälfte der Bevölkerung Ich habe eineinhalb / anderthalb Stunde(n) gewartet. 5.6.4 Wiederholungszahlen und Vervielfältigungszahlen Wiederholungszahlen enden auf --malig (fünfmalig, achtmalig) und können dekliniert werden: der dreimalige Olympiasieger (der Sportler hat bei drei Olympischen Spielen nacheinander gesiegt) Das Adverb der Wiederholungszahl lautet einmal, zweimal, dreimal usw. Vervielfältigungszahlen bezeichnen die Anzahl der Lebewesen oder Gegenstände, die in einer bestimmten Ordnung oder Gesamtheit vorhanden sind. Sie werden durch Anhängen des Suffixes --fach an die entsprechende Kardinalzahl gebildet und können attributiv wie prädikativ verwendet werden. Die Substantivierung ist möglich. der zweifache Weltmeister; der dreifache Olympiasieger (der Sportler hat auf einer Olympiade in drei Disziplinen gesiegt) Das kostet heute das Zehnfache des gestrigen Preises. Neben zweifach gibt es auch doppelt, doch sind die Zahladjektive nicht immer identisch: Er wurde doppelt bestraft. (wegen des gleichen Verbrechens zweimal) Er wurde zweimal bestraft. (wegen zweier verschiedener Verbrechen) 5.6.5 Einteilungszahlen gliedern das Nacheinander von Einzelpunkten innerhalb einer Ordnung, zum Beispiel bei Kapiteln in einer wissenschaftlichen Arbeit oder bei der Gliederung einer Tagesordnung. Sie lauten erstens, zweitens, drittens usw. und werden gebildet durch das Anhängen von --ens an den Stamm der jeweiligen Ordinalzahl. Erstens bin ich dagegen und zweitens werde ich einen Alternativvorschlag machen. 5.6.6 Die unbestimmten Zahladjektive verhalten sich formal wie Adjektive, sie sind also deklinierbar und in der Regel attributiv wie prädikativ zu verwenden, können allerdings nicht gesteigert werden. ander-, einzeln-, ein bisschen, etwas, ganz, gesamt-, halb, ein paar, sämtlich-, sonstig- übrig-, verschieden-, viel-, wenig-, zahllos-, zahlreich- Am häufigsten werden viel und wenig verwendet. Beide Wörter sind attributiv wie prädikativ verwendbar, können gesteigert und dekliniert werden. die vielen / wenigen Schüler viele / wenige Schüler Die wenigsten wissen, dass ... Ich stimme mit ihm in vielem überein. Er kann mit wenig(em) auskommen. Unzählbare Begriffe: viel Zeit / Licht / Lärm / Mühe / Interesse Zählbare Begriffe: viele Bücher / Bäume / Leute / Kinder Kannst du mir etwas Geld leihen? Gib mir ein bisschen Geld! 6. Das Pronomen 6.1 Merkmale und Funktionen der Pronomina Pronomen sind Wörter, die an der Stelle von Substantiven, Wortgruppen oder Sätzen stehen (Stellvertreter) oder als ihre Begleiter auftreten. Sie beziehen sich auf Personen, Sachen, Begriffe und auf Sachverhalte. Sie werden daher als Satzglieder und als Attribute verwendet. Das Fachwort Pronomen ist lateinisch: "pro nomen" heißt, dass es für das Nomen steht. Die Pronomen sind Bezugswörter ohne eigenen Inhalt, sie verweisen indirekt auf andere Satzglieder. Nach der Art dessen, worauf sie verweisen, haben sie bestimmte allgemeine Grundbedeutungen. Die Untergruppen von Pronomen sind: - Personalpronomen - Reflexivpronomen - Fragepronomen / Interrogativpronomen - Demonstrativpronomen - Relativpronomen - Possessivpronomen - unbestimmte Pronomen / Indefinitpronomen 6.2 Personalpronomen Singular: ich, du, er, sie, es Plural: wir, ihr, sie, Sie Die Personalpronomen werden dekliniert, z. B. ich, meiner, mir, mich. Das Personalpronomen im Genitiv wird immer häufiger durch eine Präpositionalergänzung ersetzt: Ich erinnere mich deiner. -- Ich erinnere mich an dich. Er machte das statt meiner. - Er machte das für mich. Gebrauch des unpersönlichen Pronomens es Das Pronomen es tritt in der deutschen Sprache in folgenden Funktionen auf: - Es steht als Prowort (Stellvertreter) für ein Substantiv im Nominativ oder Akkusativ Neutrum. Es ist hier austauschbar, kann aber nicht weggelassen werden: Wo steht das Haus? -- Es steht gegenüber. - Es steht als Platzhalter (Korrelat). Es ist hier nicht austauschbar, kann aber manchmal weggelassen werden: Es haben sich mehrere Unfälle auf der Autobahn ereignet. Auf der Autobahn haben sich mehrere Unfälle ereignet. Es wird hier immer wieder eingebrochen. Hier wird immer wieder eingebrochen. - Es als Platzhalter bei Subjekt- oder Objektsätzen: Es ist anstrengend, dass du immer die gleichen Geschichten erzählst. (Subjektsatz) Anstrengend ist, dass du immer wieder die gleichen Geschichten erzählst. Ich begrüße es, dass sie studieren will. (Objektsatz) Dass sie studieren will, begrüße ich. - Es fungiert als formales Subjekt oder Objekt und kann weder ausgetauscht noch weggelassen werden. Es hat gestern geschneit. Heute schneit es nicht mehr. In zahlreichen festen (lexikalisierten) Verbverbindungen ist es formal ein Objekt: Ich habe es eilig. Sie hat es immer schwer gehabt. Wir meinen es aufrichtig. 6.3 Reflexivpronomen Reflexivpronomen stellen zusammen mit dem Verb eine Verbindung von der Ergänzung zum Subjekt her. Sie stimmen im Allgemeinen mit dem Subjekt des gleichen Satzes in Person und Numerus überein, nicht aber im Kasus. Das Reflexivpronomen hat nur in der 3. Pers. Akk. / Dat. eine eigene Form -- sich. Für das fehlende Reflexivpronomen der 1. und 2. Person stehen die entsprechenden Personalpronomina: Ich wasche mich und kämme mir die Haare. Du wäschst dich und kämmst dir die Haare. Er wäscht sich und kämmt sich die Haare. Das Reflexivpronomen steht auf dem Satzfeld so weit wie möglich links: Ich widme mich meinem Kind. -- Alle wissen, dass ich mich meinem Kind widme. Das Reflexivpronomen steht bei reflexiven Verben, bei reflexiven Konstruktionen und bei reflexiven Formen. /siehe das Kapitel "Reflexivverben"/ 6.4 Fragepronomen / Interrogativpronomen Interrogativpronomen weisen in einem Fragesatz auf eine unbekannte Person oder Sache hin. Sie nehmen in der Regel die erste Stelle im Fragesatz ein. Es sind zwei Gruppen zu unterscheiden: - wer, was: nur substantivisch, keine Pluralformen, im Singular Unterscheidung nach Person und Nicht-Person, nicht aber nach dem Genus; - was für ein, welcher: substantivisch und adjektivisch, mit Pluralformen, im Singular Unterscheidung nach dem Genus, aber nicht nach Person und Nicht-Person. +--------------------------------------------------------------------------------------------+ | |Person |Nicht - Person|Mask. |Fem. |Neutr. |Plural | |----------+------------+--------------+------------+--------------+------------+------------| |Nom. |wer |was |welcher |welche welcher|welches |welche | | | | | | | | | |Gen. |wessen |wessen |welches |welcher |welches |welcher | | | | | | | | | |Dat. |wem | - |welchem |welche |welchem |welchen | | | | | | | | | |Akk. |wen |was |welchen | |welches |welche | +--------------------------------------------------------------------------------------------+ Die Deklination von was für ein entspricht bei adjektivischer Verwendung der Deklination des unbestimmten Artikels ein; bei substantivischer Verwendung erscheinen im Nom. Mask. und im Nom. / Akk. Neutr. die vollen Endungen / was für einer; was für eines /. Im Plural gebraucht man die Form was für welche. Wer könnte das sein? Wessen Hund ist das? Wem vertraust du am meisten? Wen triffst du heute Abend? Eine Frage nach der Buchsorte: Was für ein Buch willst du ihr kaufen? -- Einen historischen Roman. Plural: Was für Bücher liest sie gern? -- Historische Romane. Eine Frage nach einem konkreten Buch: Welches Buch willst du ihr kaufen? -- " Buddenbrooks" von Thomas Mann. Weißt du, was für einen Wagen er fährt? -- Natürlich einen sehr schnellen. Weißt du, welchen Wagen er fährt? -- Natürlich einen Mercedes. Was für ein Mensch ist er eigentlich? -- Er ist sehr nett und zuverlässig. Was für Schuhe suchen Sie denn? -- Feste Bergschuhe. Sie mag alle Blumen, aber was für welche schenken wir ihr diesmal? 6.5 Demonstrativpronomen Die Demonstrativpronomina (der, derjenige, dieser, jener, solcher, derselbe, der eine -- der andere) stellen nicht nur einen allgemeinen Bezug auf das Besprochene her, sondern verbinden dies mit einem Hinweis als Zurückverweis oder Vorausverweis: Adjektivischer Gebrauch: Kennst du das Buch? -- Nein, dieses Buch kenne ich nicht. Ich habe es nicht gelesen. (zurückverweisendes Demonstrativpronomen) Wir schätzen vor allem solche Gäste, die uns auch in Zukunft besuchen werden. (vorausweisendes Demonstrativpronomen) Substantivischer Gebrauch: Kennst du das Buch? -- Nein, dieses kenne ich nicht. Wir schätzen solche, die uns auch in Zukunft besuchen werden. Das Demonstrativpronomen der unterscheidet sich von dem gleichlautenden bestimmten Artikel einerseits durch die stärkere Betonung, andererseits durch einige besondere Deklinationsformen: +--------------------------------------------------------------------------------------------+ | |Mask. |Fem. |Neutr. |Plural | |-----------------+------------------+-----------------+------------------+------------------| |Nom. |der |die |das |die | | | | | | | |Gen. |dessen |deren |dessen |deren/derer | | | | | | | |Dat. |dem |der |dem |denen | | | | | | | |Akk. |den |die |das |die | +--------------------------------------------------------------------------------------------+ Das Demonstrativpronomen steht für Personen oder Nicht-Personen. Wenn dieser und jener paarweise verwendet werden, bezeichnet dieser räumliche und zeitliche Nähe, jener räumliche oder zeitliche Ferne: Dieser Weg führt zur Stadt, jener zum Fluss. Derselbe verweist auf Identität, solcher auf Ähnlichkeit: Sie kommt aus derselben Stadt wie ich. In einer solchen Stadt möchte ich auch wohnen. Übereinstimmung (Identität des Exemplars): Sie hatte dasselbe Kleid wie gestern an. Ähnlichkeit (Identität der Art des Exemplars): Sie hatte das gleiche Kleid wie ihre Freundin an. 6.6 Relativpronomen Relativpronomen stehen im Nebensatz stellvertretend für Substantive oder substantivierte Verben, Adjektive usw. und leiten dadurch Relativsätze (Attributsätze) ein. Die am häufigsten gebrauchten Relativpronomen sind die Artikelwörter der, die das, seltener (und auf die geschriebene Sprache beschränkt) welcher, welche, welches und im Plural welche. Die Deklination von der, die, das ist mit dem Demonstrativpronomen identisch (siehe oben). Der Mann, der nach dir gefragt hat, verhielt sich irgendwie komisch. Der Mann, dessen Wagen hier steht, verhielt sich irgendwie komisch. Der Mann, mit dem sie verheiratet ist, verhielt sich irgendwie komisch. Das nachfolgende Adjektiv wird stark flektiert: Die Frau, deren jüngster Sohn bei unserer Firma arbeitet, lebt zurzeit im Ausland. Die Frau, mit deren jüngstem Sohn ich gesprochen habe, lebt zurzeit im Ausland. 6.7 Possessivpronomen Possessivpronomen signalisieren Zugehörigkeit bzw. Besitz: Das ist meine Tochter. Das ist mein Auto. Es gibt zu jedem Personalpronomen ein entsprechendes Possessivpronomen: ich -- mein, meine, mein Pl. meine; wir - unser du -- dein ihr -- euer, eure, euer er -- sein / sie -- ihr / es -- sein sie -- ihr / Sie -- Ihr 1.Sie erscheinen als Begleiter des Nomens und werden wie der unbestimmte Artikel dekliniert. 2. Sie können als Stellvertreter des Nomens vorkommen: Das ist mein Buch. Wo ist deins? Formunterschiede gibt es nur in drei Fällen: Maskulin Singular Nominativ: mein -- meiner Neutral Singular Nominativ: mein -- meins Neutral Singular Akkusativ: mein -- meins Wessen Mantel ist das? -- Das ist meiner. Wessen Tasche ist das? - Das ist doch meine. Wessen Handy liegt hier? -- Ist es nicht deins? 6.8 Unbestimmte Pronomen / Indefinitpronomen Indefinitpronomina sind unbestimmte Fürwörter. Sie bilden eine umfangreiche Klasse von Pronomina, die sich morphologisch und syntaktisch recht unterschiedlich verhalten. Es gibt: - Indefinitpronomina, die substantivisch und adjektivisch gebraucht werden (alle, einige, irgendeiner/irgendwelche, jeder, keiner, mancher, mehrere, etliche), die ein komplettes Deklinationssystem haben (mit Unterscheidung nach Kasus und Genus). Jeder kommt nur im Singular vor (jedes Kind -- alle Kinder), einige, etliche, mehrere im Plural. - Indefinitpronomina, die nur substantivisch verwendet werden (etwas, irgendetwas, jemand, irgendjemand, irgendwer, man, niemand, nichts) und über ein wenig ausgebildetes Formensystem verfügen (keine Genusunterscheidung, unvollständige Kasusformen), die aber deutlich zwischen Person (jemand, irgendwer, man, niemand) und Nicht-Person (etwas, nichts) unterscheiden.