Der kopflose Jäger aus Nikolsburg Nirgendwo würdet ihr einem ähnlichen Gespenst begegnen wie dem, das in einem Forst bei Nikolsburg den Menschen Angst und Schrecken einflößte. Ein kopfloser Jäger - in einer Hand die Flinte, in der anderen seinen Kopf samt dem Hut mit einer langen Feder, ein rotes Wams und hohe Stiefel -, so kannten ihn die Nikolsburger lange Jahre und machten einen großen Bogen um den Forst, obwohl man gerade dort die meisten Pilze finden konnte und ebenso Himbeeren und Heidelbeeren oder dürres Feuerholz. Bisher hatte das Gespenst allerdings noch keinem ein Haar gekrümmt; es sauste nur so durch den Wald, ohne sich um irgendwen zu kümmern - im Winter, wenn die Bäume im Frost knackten, wie auch in der heißen Sommerglut, wenn die Luft auf den Lichtungen flimmerte. Das tat es angeblich nur, um endlich Ruhe und Frieden zu finden, die dem Kopflosen aber nicht vergönnt waren wegen der bösen Taten, die er zu Lebzeiten verübt hatte. Damals hatte der Jäger unbarmherzig jeden bestraft, der in seinem Forst vielleicht nur Tannenzapfen zum Einheizen sammelte. Solch einem Pechvogel verstellte er mit angelegter Flinte den Weg und ließ ihn erst gehen, wenn er die verlangte Buße bezahlt hatte. Doch wer von den armen Häuslern würde denn seine paar Kreuzer, geschweige denn Gulden in den Wald tragen? Und so trieb der Unbarmherzige alles mögliche als Buße ein: Dem einen nahm er die Säge, dem anderen das Beil, einem alten Mütterchen, das Pilze sammelte, wohl auch sein Tuch, und manche kamen sogar ohne Schuhe oder Hosen heim! War es da ein Wunder, daß meilenweit jeder diesen Ort mied und der Jäger schließlich, so eifrig er auch auf der Lauer lag, keinen mehr erwischte? Das machte ihn so fuchsteufelswild, daß er sich vor Wut am liebsten in die eigene Nase gebissen hätte. Einmal aber - es war ein bitterkalter Winter - wagte sich ein armer Schlucker doch in den Wald, um etwas dürres Reisig zu holen, damit sich seine Kinder daheim in der Hütte wenigstens ein bißchen aufwärmen konnten. Er brauchte nicht erst lange zu suchen, es lag genug davon herum. Und so raffte er schnell zwei Armvoll zusammen, um schleunigst wieder zu verschwinden. Doch kaum hatte er ein paar Schritte getan, tauchte vor ihm wie aus der Erde gewachsen der Jäger auf. Seine Augen flammten drohend unter dem Hutrand, und schon schrie er den Mann an: "Hab ich dich endlich, du verdammter Räuber! Leg das Holz sofort wieder hin, du Strauchdieb!" "Es sind doch nur ein paar dürre Reiser", wandte der Häusler ein, aber damit kam er übel an. "Du Lump hast mich wohl nicht verstanden?" schrie der Jäger, vor Wut ganz grün im Gesicht, und versetzte dem Armen mit dem Kolben seiner Flinte einen so heftigen Schlag, daß ihm für immer der Atem wegblieb. Doch in dem Augen- blick kam endlich auch der Teufel zu seinem Recht: Die Flinte ging bei dem heftigen Schlag von allein los und schoß dem bösen Jäger säuberlich den Kopf ab! Es weiß zwar niemand mehr genau, wo sich dies alles zugetragen hat, aber sicher ist, daß der Jäger seit damals seine ewige Ruhe sucht. Als kopfloses Gespenst geistert er durch seinen Forst, den man mit der Zeit Totenkopfleiten nannte.