KETY QUADRINO, 31. Die Germanistin fand erst nach 160 Bewerbungen einen Job - im Bereich Medizintechnik. „Im Studium habe ich gelernt, selbständig zu arbeiten", sagt sie. Evelyn Tippe, Personalleiterin bei Hanser, „stellen aber meist nur zwischen 10 und 12 neue Mitarbeiter ein." Und die sind dann zum Teil nicht einmal Geisteswissenschaftler. Denn die Redaktcure, die die gut 20 meist technisch orientierten Fachzeitschriften betreuen, sind vor allem Ingenieure und Naturwissenschaftler. Ohne Praktikum, Volontariat oder Verlagslehre gibt es bei Hanser ohnehin keinen Job. Und die Gehälter sind nicht üppig. „Ein Hochschulabsolvent bekommt bei uns anfangs etwa 2000 Euro brutto im Monat", sagt Personalchefin Tippe. Nach ihrem Examen in Germanistik und Romanistik 2005 suchte etwa Kety Quad-rino, 31, lange vergebens nach einem Job. „Ich wusste, dass es mit diesen Fächern schwer wird", erzählt sie, „aber so heftig hatte ich es mir doch nicht vorgestellt." Quadrino schrieb rund 160 Bewerbungen, stieg immer wieder als Hospitantin in verschiedene Branchen ein. Eine Stelle fand sie erst Anfang Oktober - nach eineinhalb Jahren Suche, als Projektassistentin im Bereich Medizintechnik bei einer Landesgesellschaft, befristet auf ein Jahr. „Vielleicht wäre die Suche einfacher gewesen, wenn ich BWL als Nebenfach studiert hätte", sagt sie. Das wäre vermutlich aussichtsreicher, als auf den Traumjob vieler Geisteswissen- schaftler zu hoffen: „Irgendwas mit Medien" wollen viele Germanisten und Historiker am liebsten machen. Klingt einfach, ist es aber trotz anscheinend boomender Medienbranche meist nicht. Zwar verdienen knapp 50000 Menschen in Deutschland ihren Lebensunterhalt hauptberuflich im Journalismus, doch davon sind 12000 Freiberufler. Und nur Bewerber, die über „breite, nachweisbare Erfahrungen im journalistischen Umfeld" verfügen, haben echte Chancen, schreibt die Bundesagentur für Arbeit. So machen nicht umsonst etwa Politik- oder Geschichts-studenten überdurchschnittlich viele Praktika, wie die Absoi-ventenstudie zeigt. Laut Deutschem Journalisten-Verband waren 2005 rund 7000 Journalisten arbeitslos ge-I meidet. „Doch die Dunkelzif-I fer derjenigen, die sich freibe-I ruflich mehr schlecht als recht I über Wasser zu halten versu-I chen, aber de facto arbeitslos sind, ist hoch", weiß Verbandssprecher Hendrik Zörner. Denn nicht jeder hat so viel Erfolg beim Jobeinstieg wie Janek Schmidt, 28. Der Münchner studierte Politikwissenschaft in Oxford und Paris und machte Praktika bei der Umweltorganisation der Uno in Genf. Den Ausschlag für den Berufswunsch Journalist gab jedoch eine Hospitanz beim britischen „Independent". Nach Praktikumsstationen bei der Deutschen Presse-Agentur und einer nordhes- Bewerbungswege Bevorzugte Nutzung in Prozent" IMMIHfil Stellenanzeigen online Eigene Kontakte Stellenanzeigen Print Initiativbewerbung Jobbörsen Messen Netzwerke Auswahlseminare Personaiberatung Absolventenbuch Arbeitsamt Inserat aufgeben 140 i 37 sischen Regionalzeitung landete er in der Lokalredaktion der „Süddeutschen Zeitung" - und fiel dort so positiv auf, dass ihm die Münchner ein Volontariat anboten. Schmidt weiß sein Glück zu schätzen: „Volle Stellen im Journalismus sind rar." Auch wegen der schlechten Aussichten in der Medien- und PR-Branche hat sich Sandra Ohlig, 27, nach dem Abschluss in Germanistik, Medienwissenschaft und Psychologie im Jahr 2004 komplett umorientiert. „Selbst wenn man in dem Bereich einen der wenigen Volontariatspiätze bekommt, sieht es mit festen Stellen schlecht aus", erfuhr sie. Zwar hatte Ohlig rund zehn Jobangebote von Verlagen und PR-Agenturen, doch die boten meist viel Arbeit für wenig Geld. „Ich wollte einen Job, der mir wirklich gefällt", erinnert sich Ohüg, „auf eine Notlösung wollte ich mich nicht einlassen." Seit Anfang des Jahres ist Ohlig Perso-nalreferentin bei der Metro Group Buying International (MGBI) in Düsseldorf, der Jobeinstieg gelang über ein Praktikum beim Handelsunternehmen. Jetzt schreibt sie Texte fürs intranet und den Web-Auftritt der MGBI, sie organisiert Events und wählt inzwischen selbst Praktikanten aus. „Für mich hat sich die lange Suche absolut gelohnt", bilanziert Ohüg. „Ich hätte nicht damit gerechnet, dass es in der Handelssparte überhaupt Möglichkeiten für Geisteswissenschaftler gibt und dass ich ausgerechnet dort einen Job finde, bei dem wirklich alles stimmt - Aufgaben, Bezahlung und Karrieremöglichkeiten." Mediziner Michael Kranz, 28, hatte seinen Job dagegen schon drei Tage nach der letzten Prüfung in der Tasche. Nach dem Studium in Münster, München und im französischen Nantes fängt Kranz als Assistenzarzt an einer Münchner Klinik an, Fachrichtung Urologie. Die Stelle ist auf ein Jahr befristet, doch wenn alles glattgeht, hat Kranz danach Aussicht auf einen unbefristeten Vertrag bis zum Ende der fünfjährigen Facharzt-ausbüdung. „In beliebten Fächern wie Urologie oder Kinderheilkunde muss man schon mal länger nach einer Assistentenstelle suchen", sagt Kranz, „insgesamt ist es aber nicht allzu schwer, eine Stelle zu finden." Das bestätigt der Studentenspiegel: Nur sieben Prozent der Medizinabsolventen suchen länger als sechs Monate nach dem ersten Job; im Schnitt noch fixer sind nur die Informatiker. ™': -.............................. Dafür belegen die Jungärzte einen IBBBB928 Spitzenplatz bei den befristeten Stel- .:.:.:," ien und in der Rubrik Arbeitszeiten- ™ 13 90 Prozent starten mit Zeitvertragen in den Beruf, keine andere Fachgruppe verbringt so viel Zeit am Arbeitsplatz wie die Mediziner. Und weil Deutschlands Heilanstalten zwar reichlich Arbeit, aber ver- I "IS n 7 1/6 'Mehrfachnenniingen waren möglich Quelle: Studentenspiegel 2 DER SPIEGEL 5 0 / 2 0 0 6 1 '"«'"^'UJ.W