Name: leseverstehen Aufgabe 1 I Blatt 1 insgesamt 90 Minuten 10 Punkte Lesen Sie zuerst den folgenden Text und lösen Sie dann die 5 Aufgaben auf Blatt 3. Verdammtes Misstrauen Wie viel Misstrauen herrscht in deutschen unternehmen? Wie viele Vorgesetzte spionieren heimlich ihren Mitarbeitern hinterher? Keine, wäre die Antwort wenn sich alle Unternehmen an das geltende Recht hielten Dann gäbe es zwar trotzdem Kameras und Kaufhausdetektive, aber keine Bespitzelung der Mitarbeiter Denn anders als etwa in Großbritannien oder den Vereinigten Staaten müssen die Beschäftigten in Deutschland prinzipiell informiert werden, wenn es ihr Vorgesetzter bei der Überwachung nicht auf verdächtige Kunden abgesehen haben sollte, sondern auf sie selbst, die Kollegen Heimliche Überwachung ist in deutschen Betrieben nicht erlaub) das ist, kurz gefasst, die Rechtslage Doch da sich langst nicht alle Unterneh-men in Deutschland an die Rechtslage halten, liegen blaue Mappen in drei hohen Stapeln auf Torsten Bebensees Schreibtisch Anders als die meisten Anwälte für Arbeitsrecht vertritt Hebensee ausschließlich Arbeitnehmer. Er sagt, er wolle, dass die Leute ihm ohne Scheu gegeiuibcrtrcten Er ist auf Arbeitsrecht spezialisiert und hat fast jeden Tag mit Leuten EU tun. die irgendwann ein Kuvert öffneten - und dann lag ihre Kündigung Begründung: Die Verkäuferin habe an der Kasse eine Packung Zigaretten falsch verbucht. Oder: Der Sachbearbeiter habe das Internet /u privaten Zwecken genutzt Sie alle haben also irgendeinen Fehler gemacht Und meistens fragen %\q sich dann Woher weiß mein Chef davon? Kontrollieren, inspizieren, spionieren -nach Ansicht des Hamburger Kamerebcra-ters Martin Wehrle steigt der Aufwand, den sich deutsche Unternehmen beim Überprüfen von Spesenabrechnungen oder Arbeitszeiten leisten, von Jahr zu Jahr Wehrle spricht taglich mit Filialleitern, EDV-Experten, kleinen Angestellten. Zu ihm kommen die Kontrollierten wie die Kontrolleure und alle erzählen sie aus ihrem Arbeitsleben. Immer öfter gehe es dabei um Verdächtigungen, immer seltener um moralische Bedenken In den deutschen Betrieben herrsche heute eine »Kultur des Misstrauens« Dieses Misstrauen hat aber möglicherweise auch damit zu tun, dass die deutschen Unternehmen in den vergangenen Jahren im großen Stil langjährige, gut bezahlte Stammkräfte durch billige Leiharbeiter und Minijobber ersetzt haben, die alle paar Monate wechseln Vertrauen entsteht eben auch durch Vertrautheit Und womöglich entsteht Misstrauen auch dann, wenn sich die Arbeitswclt wandelt, viele Arbeitgeber das aber nicht begreifen wollen, »weil sie zwar viel von Zahlen verstehen, aber nichts von Mitarbeiterfüh-rung«. wie es der Untcrnehinensberatcr und Buchautor Reinhard Sprenger ausdruckt. Was immer das Vertrauen bröckeln ließ. Tatsache ist, dass nach einer Untersuchung des Gallup-lnstituts für Unternchmensberatung nur noch zwölf Prozent der Beschäftigten in Deutschland irgendeine Form von emotionaler Bindung zu ihrem Arbeitsplatz veispuien Anders gesagt Den Mitarbeitern liegt nichts mehr an ihren Chefs Und wenn den Chefs auch nichts mehr an ihren Mitarbeitern liegt, gibt es fin die Bespitzelung nur noch eine Grenze: das technisch Machbare. CJ Wlrt»ch.ttMPrach« IHuttch I ModvIlMtz 1 © Ö % d ' r^ Narr*: Leseverstehen 1 I Blatt 2 insgesamt 90 Minuten 10 Punkte Diese Grenze aber verschiebt sich von Jahr zu Jahr weiter. Einer, der dafür sorgt, heißt Carsten Rau und hat vor sieben Jahren die Firma Protect -com gegründet; heute ist sie Marktführer in Deutschland. Protectcom verkauft Überwachungssoftware im Internet Ein paar Mausklicks, ein paar persönliche Angaben, eine Zahlung per Kreditkarte, und schon läuft etwa das Programm SpectorSofl auf dem fir-uieneigeneii Netzwerk. SpectorSoft funktioniert wie eine versteckte Kamera, nur dass diese Kamera keine Supermarktverkäuferinnen fotografiert, sondern den Arbeitstag eines Angestellten am Computer dokumentiert zum Beispiel L-Mails Internetseiten. Word-Dokumente, eben alles, was auf dem Bildschirm eines normalen Bu-roarbeiters so auftauchen mag Jcdei Tastendruck wird gespeichert Der Mitarbeiter bekommt davon nichts mit, sein Chef aber kann es sich anschauen Live Oder zeitversei/i wie er mag Er kann auch bestimmte Schlüsselwörter eingeben, das macht die Sache effizienter Ef muss dann keine E-Mails lesen, bei denen es tatsächlich um Arbeit geht Sondern nur die. in denen zum Beispiel sein Name oder »der Alte« vorkommt. So ist er immer informiert, was die Kollegen wirklich von ihm halten Es gibt noch andere Profitcure des Misstrauens. Manche sind weniger technisiert als Protectcom, aber kaum weniger erfolgreich Detektive /um Beispiel Deren Kundschalt besteht /um Großteil aus Untci nehmen Verrat von Betriebsgeheimnissen, Unterschlagung, Lohnfortzahlungsbetrug, spnch Krankfeiern für all diese Verdächtigungen sollen Detcktne die Beweise suchen Und oft genug auch für Dinge, die den Chef nichts angehen Angesichts alldessen könnte man glan vergessen, dass es da womöglich etwas gibt, das sich mehr rentiert als alle Überwaclumgspro-grainme. Detekteien und Lcbenslauffrisiercr zusammen: Vertrauen So berichten Armin Falk und Michael Kosfeld, zwei Professoren für Wirtschaftswissenschaften, in der Amen-can Economic Review über ihre Erkcnntiu in Sachen »Ökonomie des menschlichen Verhaltens«, eine junge Sparte ihrer Disziplin. in der derzeit viel geforscht wird immer mit ähnlichem Ergebnis: Misstrauen zahlt sich nicht aus.Falk und Kosfeld luden 150 Studenten der Universität Zürich zu einem Experiment, in dem typischer Arbeitsalltag simuliert wurde Die eine Hälfte der Studenten nahm die Rolle von Mitarbeitern ein, die andere jene der Chefs. Jeder »Vorgesetzte« sollte seinem »Mitarbeiter« nun ein Mindestmaß an Leistung diktieren. Oder still darauf vertrauen, dass sich der »Mitarbeiter« auch ohne strikte Vorgaben oder gar Überwachung engagierte. Den Lohn, den Falk und Kosfcld tatsächlich zahlten, konnten auch jene kassieren, die jegliche Leistung verweigerten. Wie viel Arbeitseinsatz wurden die »Mitarbeiter« zeigen9 Entspräche der Mensch dem Bild der Kontrolleure, so gäbe der »Angestellte« seinem »Chef« stets nur das geforderte Minimum an Arbeitsemsatz. Oder falls ihm nichts vorgeschrieben wurde noch weniger Die Studenten verhielten sieh jedoch völlig anders. Alle zeigten mehr Einsatz, als sie mussten Und die Motivation jener »Mitarbeiter", denen keine Leistun^svorgabcn gemacht wurden, war nochmals um ein Drittel größer. [aus em0r deutschen F»ct>z*it$chnff} C2 Wlrt*chjtt»*prich« D«ut»ch I Mod.llsati 1 © 3 s a