Philosophieprotessor Peter Kampits una besunaneitssozioioge woirgang uur im Streitgespräch über (Rauch-)Verbote und den Nichtraucher Hitler, •fr VON DUYGU ÖZKAN Seit es das Tabakgesetz gibt, gibt es auch den „Rauchersrieriff". Angeblich geht ein Großteil der bisher eingebrachten Anzeigen auf diese eine Person zurück. Peter Kampits: Das ist eine Art Denunziantentum, das mir missfallt. Woifgang Dür: Wenn jemand mehrere tausend Anzeigen einbringt, dann ist das ein psychiatrisches Phänomen und klinisch zu untersuchen/Grundsätzlich aber muss ein Nichtraucher den für ihn gesetzlich garantierten Schutz einklagen können. Die Schwachstelle des Gesetzes ist aber, dass ein Konfliktfeld eröffnet wird, weil der Gesetzgeber nicht mutig genug war, ein generelles Rauchverbot in der Gastronorgie zu.lbestim-men. Das ist ein schlechtes Geseför Kampits: Dieser Kompromiss hat schon einiges für sich. Das Grundrecht, dass ich in unserer Gesellschaft immer mehr beeinträchtigt sehe, ist das Recht auf Autonomie und Freiheit. Wir werden immer mehr zu einem Überwachungsstaat. Videokameras nehmen jede unserer Bewegungen auf, der Gang zum Bankomaten wird registriert. Der gläserne Mensch ist im Anrollen. Das Gesetz ist sicher nicht vollkommen, aber eine ganz gute Kompromisslösung. Die Durchführung des Gesetzes weist Mängel auf, viele Lokale halten sich nicht an die Vorgaben und kein Stammgast würde das Lieblingslokal anzeigen. Dür: Der erste Fehler des Gesetzes ist, dass der Wirt unter bestimmten Bedingungen entscheiden kann, ob er ein Raucher- oder Nichtraucherlokal führt. Der zweite Fehler ist die Umsetzung. Man sieht es an den hilflosen Versuchen der Wirte, mit Schiebeglastüren die Raucherzone abzugrenzen. Das wäre so, wie in einem Schwimmbecken eine Urinier- und eine Nichturinierzo-ne zu definieren. Das ist nicht umsetzbar und der Staat selbst müsste sämtliche Gastwirte anzeigen. Zudem ist festgestellt worden, dass die Feinstaubbelastung und die Belastung mit Rauchinhaltsstoffen in Nichtraucherabteilen dieselbe ist wie im Raucherabteil. Kampits: Ich halte die Schiebetüren schon für problematisch, aber das ist ein technisches Problem. Ich habe bei einer Fahrt mit der „Westbahn" zufällig erfahren, dass die Technik so ausgereift ist, dass mit Hilfe von Messgeräten keine Belastung feststellbar war. Ich sehe aber schon ein, dass nicht jeder Wirt das installieren kann. Meinen Sie, Herr Kampits, dass ein generelles Rauchverbot - auch in der Gastronomie - eine Einschränkung der Freiheit ist? Kampits: Dass die Freiheit zum Rauchen ihre Grenze an der Freiheit anderer findet, ist eine Selbstverständlichkeit. Der Nichtraucherschutz soll dort gewährleistet sein, wo er von den anderen gefordert wird. Ich würde mich nie in ein Restaurant setzen, wo „Nichtraucher" steht, und mir dort eine Zigarette anzünden. Diese Toleranz erwarte ich auch von den Nichtrauchern. Dür: Es setzen sich meistens die Raucher durch, Kinder werden nicht gehört. Der rauchende Vater wird mit der gesamten Familie dort sitzen, wo er rauchen^iik^oncÄ'Wenn man das Raucherproblem - nämlich, dass Rauchen zu Krankheiten führt - ernst nimmt, dann müsste man sagen: in der Gastronomie darf nicht geraucht werden. Kampits: Ich sehe das nicht so scharf. Wenn man sich durch Rauch belästigt fühlt, geht man in ein Nichtraucherlokal und die Raucher rauchen, draußen - was kein Problem ist, es sei jißm, es ist Winter öderes regnet. Die amerikanische Gesetzgebung tendiert dazu, das Rauchen auf den Straßen irri Freien überhaupt zu verbieten, das öffnet wiederum dem Denunziantentum Tür und Tor. Und das halte ich für eine Ent-mündigun&clp Menschen. In Ländern wie Irland und Frankreich, wo ein generelles Rauchverbot in der Gastronomie herrscht, ist bei der Verbotsdiskussion vermutlich nicht über die Entmündigung des Menschen debattiert worden. Dür: Ganz im Gegenteil. Reden sie mit Rauchern in Italien und Irland, sie werden Ihnen sagen, dass sie froh sind über das Rauchverbot. Dort war es eine klare Entscheidung, die demokratisch getroffen und legitimiert wurde. Kampits: Es ist ein Diskriminierungseffekt mit dabei. Ich finde es fast jämmerlich und bedauernswert, wenn bei uns auf der Uni die Studenten in Trauben vor dem Tor stehen und Zigaretten rauchen. Ich halte die Regelung für vernünftig, dass man in Büroräumen, in denen man alleine sitzt, rauchen darf. Sitzt man zu zweit oder zu dritt, und der Nichtraucher fühlt sich belästigt, ■ dann wird nicht geraucht, ganz klar. Wie realistisch oder wünschenswert ist ein generelles Rauchverbot an öffentlichen Plätzen? Dir: Das sehe ich nicht kommen. Ein allgemeines Rauchverbot am Arbeitsplatz ist was anderes. Kampits: Ich weiß schon, das ist meine alte Leier, aber mir fallen wieder diese Verbotssituationen ein. Wenn ich an das Dritte Reich denke - damals hieß es: Die deutsche Frau raucht nicht, die Peter Kampits ist seit 2004 Dekantier Fakultät für Philosophie und Bildungswissenschaft der Universität Wien. Wolfgang Dür ist Direktor des 2008 gegründeten Lüdwig-Boltzmann> Instituts für Health Promotion Research. deutsche Frau schminkt sich nicht, sondern bringt für den Führer anständige Söhne auf die Welt. Hitler war ja selber militanter Nichtraucher. Dur: Das ist so unfair, diese Nazigeschichten. Das wird von der Tabakindustrie systematisch ausgenutzt. Es gab in den 1980er-Jahren von der Tabakindustrie lancierte Comics, in denen immer wieder gesagt wurde: Hitler war ein Nichtraucher - und alle Nichtraucher werden in diese Ecke gedrängt. Kampits: Sie haben schon recht. Ich bin natürlich nach wie vor der Auffassung, dass diktatorische Maßnahmen einfach unangebracht sind. Abgesehen vom Tabakgesetz, was halten Sie von Verboten, die harte Drogen betreffen? Heroin oder Kokain? Inwieweit kann hier gesagt werden, dass ein Drogenverbot ein Eingriff in unsere Freiheit ist? Kampits: Ich meine, dass man es bei diesen Verboten belassen sollte - aber nicht, was Marihuana betrifft. Die Drogen sind schwer gesundheitsschädigend, das ist ja klar. Auf der anderen Seite sieht man auch, dass diese Verbote eine Schattenwirtschaft hervorrufen. Das Kokain wird ja gehandelt, Sie können Ecstasy in den U-Bahnen kaufen. Die Verbotsgeschichte ist immer eine sehr delikate. Aber ich bin inkonsequent, mir ist schon klar, dass Rauchen nicht gesundheitsfördernd ist. Verbieten - nicht verbieten: Wo hat das seine Grenzen? Können Sie das definieren? Kampits: Unsere Freiheit findet eine Grenze am Respektieren der Freiheit des anderen. Sagt sich leicht, da kommen Fragen hinein, die für die Philosophen auch nicht so einfach zu beantworten sind: Wie gehe ich mit Intoleranz um, wenn ich selber tolerant bin? Dür: Man sieht heute Mütter und Väter im Auto rauchen, und hinten sitzen die Kinder. In so einem Fall bin ich dafür, dass die Eltern das Rauchen zu unterlassen haben - per Gesetz, wenn es nicht anders geht. Ich darf auf der Autobahn auch dann nicht 200 fahren, wenn nur wenige Autos auf den Straßen sind. Natürlich ist das eine Einschränkung meiner Willkür, aber nicht meiner Freiheit. Kampits: Eine Einschränkung, die ich mir selbst auferlege, wähle ich ja frei. Ich bin der Meinung, dass wir nicht alles gesetzlich geregelt haben müssen. Dür: Aber das ist demokratisch entschieden, es wird ihnen nicht aufgezwungen. Zurück zum Rauchverbot in der Gastronomie: Was bringt eigentlich ein Verbot? Dür: Die Raucherprävalenzen gehen runter. Ein Drittel der Raucher in Österreich sind dissonante Raucher, das heißt, sie würden aufhören, wenn sie könnten. Es würde ihnen helfen, wenn das Rauchen an Orten wie Arbeitsplatz, und Gastronomie verboten wird. im