Projektorientiertes Lernen

Die Projektidee ist nicht neu, umgekehrt – über 100 Jahre alt. Sie wurde jedoch erst Mitte der 70er Jahre des 20. Jahrhunderts als Perspektive einer inneren Schulreform wieder entdeckt und belebt seitdem den Schulunterricht.

Projektunterricht - Begriffsbestimmung
In der Schulpädagogik kennt man die Begriffe “Projektunterricht”, “projektartiger” oder “projektorientierter Unterricht” oder schlicht “Projekt”. Man kann Projektunterricht als
"ganzheitliche, integrative Lernform, der ein Höchstmaß an curricularer Offenheit zukommt und die den bestmöglichen Raum für Lernermitbestimmung und Schülerorientierung bei Themenfindung und Lernzielfestlegung, für Binnendifferenzierung und kooperatives Verhalten bereitstellt." (vgl. Legutke, Michael)

Projekt:

„Ein Projekt im Rahmen schulischen Unterrichts ist ein Vorhaben, das von Lehrern und Schülern gemeinsam getragen und verantwortet wird und das sich auszeichnet durch eine begrenzte Bezogenheit auf die Gesellschaft. Dieser Gesellschaftsbezug wird vor allem deutlich im Ergebnis des gemeinsamen Vorgehens, das irgendwie gesellschaftlich relevant, also ´einsetzbar´und ´benutzbar´sein soll“.
(Twellmann 1982)

Die Ursprünge des Projektunterrichts bei John Dewey
Die Ursprünge des Projektgedankens für den Unterricht in der Schule lassen sich auf John Dewey (1859-1952) und seinen Schüler W.H. Kilpatrick (1871-1965) zurückführen. Diese Pädagogik des sogenannten "amerikanischen Pragmatismus" sucht danach, welche Erfahrungen, welches Handeln notwendig sind, um identitätsbildende Prozesse, die der Selbstverwirklichung des Heranwachsenden dienen, zu ermöglichen (Bastian).



Projektmethode und projektorientierter Unterricht

Projekte bzw. projektorientiertes Arbeiten zeichnet sich durch folgende Merkmale aus:

Herbert Gudjons macht die Projektmethode an 10 Merkmalen fest, die im folgenden genannt werden:
1. Situationsbezug und Lebensweltorientierung an Schülern
2. Orientierung an den Interessen und Wünschen der Beteiligten
3. Selbstorganisation und Selbstverantwortung – Förderung der Schülerautonomie
4. Gesellschaftliche Praxisrelevanz: Die Schüler schaffen ein Stück gesellschaftlicher Wirklichkeit (nach Dewey)
5. Zielgerichtete Projektplanung
6. Produktorientierung
7. Ganzheitlichkeit und Einbeziehen vieler Sinne
8. Soziales Lernen findet statt
9. Interdisziplinarität
10. Grenzen werden beachtet, d.h. nicht jedes Thema eignet sich für ein Projekt

Hinsichtlich eines zeitgemäßen Projektverständnisses generiert Herbert Gudjons (1986: S. 58-68) zehn sich gegenseitig beeinflussende Merkmale des Projektunterrichts, die er eher als „einkreisende Umschreibungen" denn als ausschließliche Definition verstanden haben will. Diese bündeln und ergänzen das Vorangestellte in zeitgemäßer Weise und bedürfen einer kurzen Darstellung:
1) Situations- und Umweltorientierung
Dieses Merkmal umfasst die Abkehr von der Wissenschaftssystematik und die Hinwendung zur Bewältigung realer Lebenssituationen. Wesentlich ist nicht nur der Bildungsgehalt der Themenstellungen, sondern auch die diskursive Auseinandersetzung der Beteiligten in der Projektinitiative, dem „freien Projektvertrag" zwischen Lernenden und Lehrenden (ebd. S. 58f).
2) Orientierung an den Interessen der Lernenden
Projektunterricht nimmt die Interessen von Schülerinnen und Schülern ernst und greift verstärkt ihre Erfahrungen aus dem Alltag auf.
Die Bedürfnisse der Lernenden sind in den Lehr-/Lernprozess (Projektinitiative, methodischen Entscheidungen) einzubringen und zu berücksichtigen. Dabei vermag der Projektunterricht den dialektischen Zusammenhang zwischen objektiven und subjektiven Interessen nicht so aufzulösen, dass er „alle subjektiven Interessenartikulationen didaktisch unter das Postulat einer ´objektiven Gerichtetheit´ ... zwängt." Interessen bilden sich als Ergebnisse von Erfahrungen und entwickeln sich im Prozess der Reorganisation von Erfahrungen, auch durch Handlungserfahrungen in einem Projekt, was Unterricht zum interessenvermittelnden Prozess werden lässt (ebd. S. 59f).
3) Selbstorganisation und Selbstverantwortung
Der Projektprozess konstituiert sich im Zusammenwirken von Lehrenden und Lernenden, deren Planungs- und Verantwortungsfähigkeit integriert werden. Hier entscheidet es sich ob der Projektunterricht seinen eigentlichen Ansprüchen gerecht wird (ebd. S. 60f) oder ob er zu einer bloßen Methode zusammenschrumpft, die sich „reibungslos in einen traditionellen Unterricht einverleiben lässt" (ebd. S. 60f).
4) Gesellschaftliche Praxisrelevanz
Realitätsbezug und gesellschaftliche Praxisrelevanz: Die Aufgabenstellung eines Projektes steht in einer Wechselwirkung mit der Realität, schulische Themen werden mit der Lebenswirklichkeit verbunden. Dies alles impliziert meist auch ein Verlassen des Klassenzimmers ("Das Leben wieder am Leben zu lernen").
Dieses Projektmerkmal schützt den Projektgegenstand vor dem Diktat der Zufälligkeit und Beliebigkeit. Es kennzeichnet den gesellschaftlichen Bezug des schulischen Lernens und bildet oftmals ein Spannungsverhältnis zum zweiten Projektmerkmal (Orientierung am Interesse der Lernenden). Gesellschaftliche Praxisrelevanz orientiert sich an lokalen, regionalen oder globalen Situationen und integriert motivationale und strategische Aspekte. Durch das realisierte Produkt wird die Ebene der Simulation von Wirklichkeit überschritten (Gudjons 1986, S. 61f).
5) Zielgerichtete Projektplanung
Dieses Merkmal definiert den Projektunterricht als plangeleiteten und zielgerichteten Lehr-/Lernprozess, der keinesfalls nur beliebige, offene Lernsituationen mit zufälligem Ausgang bereitstellt. Wesentliche Voraussetzung bildet die Beantwortung der Frage, wie die Handlungssituation der Projektarbeit didaktisch zu organisieren ist. Dabei sind Festlegung und Operationalisierung von Lernzielen von untergeordneter Bedeutung. Bei der Definition der angestrebten Ziele und der zur Zielerreichung erforderlichen Qualifikationen verfügen die Lernenden über Selbst- und Mitbestimmungsrechte (ebd. 62f).
6) Produktorientierung
Projektlernen orientiert sich an dem zu erschaffenden Produkt, worunter nicht nur manuelle Handlungsergebnisse zu verstehen sind. Ebenso sind es "persönlich tiefgreifende Erfahrungen, Veränderungen von Haltungen und Einstellungen" und deren Präsentationen (Produkte mit Mitteilungswert) im Sinne Kilpatricks. (ebd. 63f). Ein zeitgemäßes und für sozialwissenschaftliche Anwendungen brauchbares Produktverständnis verdeutlichen L. Dunker und B. Götz anhand der nachstehenden Matrix.
Innere/interne Produkte Äußere/externe Produkte
Abgeschlossene Produkte 1. Wissen und Fertigkeiten als abrufbares Repertoire, personenunabhängig (Erste-Hilfe-Kurs, Säuglingspflege, Mofa-Führer schein, Tanzen, ...) 2.Vorzeigbare Gegenstände und Aktionen (Töpfern, Bastelei, Collage, Schaubild Ganzheitliche Darstellungen, Ausstellung, Aufführung
Offene Produkte 3. Identitätsfördernde und persönlichkeitsbildende Erkenntnisse, Einsichten, Fähigkeiten, Einstellungen (im Rollstuhl, Wehrdienst oder Zivildienst, Amnesty International, Schöpfung am Abgrund: Die Kirche und der Umweltschutz, ...) 4.Verbesserungen von Situationen, Handelnde Beeinflussung von Arbeits-, Lern- und Lebensbedingungen (Klassenzimmergestaltung, Schulordnung, ausländische Mitschüler in der Stadt)
Matrix möglicher Produkte nach Dunker/Götz, 1984, S.137 (geänderte Darstellung)
7) Einbeziehung möglichst vieler Sinne
Projektunterricht versucht in der Tradition Pestalozzis ("mit Kopf, Herz und Hand") die übliche Trennung von geistiger und körperlicher Arbeit und sinnlicher Erfahrung integrativ zu überwinden. "Lernen und Arbeiten, Denken und Handeln, Schule und Leben, Konsumtion und Produktion, Verstand und Sinnlichkeit, Arbeiten und Genießen, Theorie und Praxis rücken wieder näher zusammen und werden im Idealfall ganzheitlich erlebt" (ebd. S. 65)
8) Soziales Lernen
Nach dem Wegfall der Interaktionssteuerung durch Kommandos vom Lehrerpult erlangt das Merkmal soziales Lernen eine besondere Qualität. Es kann nun miteinander und voneinander gelernt werden. Die Interaktion ist zum gleichberechtigten Lernfeld geworden, in dem soziale Ziele und Sachziele nicht miteinander kongruieren. Ein gelungenes Produkt setzt planungs-, kooperations- und handlungsfähige Lernende voraus. Die gegenseitige Rücksichtnahme wird vor dem Hintergrund des selbst entwickelten organisatorischen Rahmens ebenso zur Notwendigkeit wie die Kooperation im gemeinsamen Handeln (ebd. 65f).
9) Interdisziplinarität
Das Merkmal erfordert, eine Aufgabe oder Problemstellung in ihren komplexen Lebenszusammenhang zu begreifen, wobei unterschiedliche Fachwissenschaften tangiert werden. Das mögliche Projektspektrum reicht von eindeutigen fachwissenschaftlichen Dominanzen bis zur Vielzahl gleichberechtigter Fachwissenschaften. Auch ist der Projektunterricht im Rahmen eines Faches keinesfalls ausgeschlossen (ebd. S.66).
10) Schlüsselqualifikationen
Innerhalb eines Projektes können wichtige Schlüsselqualifikationen eingeübt und trainiert werden (z.B. Kommunikative Kompetenz, Teamfähigkeit, Methodenkompetenz, Verantwortungsbewusstsein).
11) Grenzen des Projektunterrichts
Da im schulischen Lernen das lehrgangsorientierte Lernen dominiert, muss das in der Projektarbeit Gelernte auf die Systematik eines Unterrichtsfaches oder einer Fachwissenschaft beziehbar sein. Ebenfalls sind Projekte mit Lehrgangssequenzen zu ergänzen, um z.B. eigene Erfahrungen in systematische Zusammenhänge einzuordnen oder mit vorliegenden Erkenntnissen und Forschungsergebnissen zu vergleichen oder gar an den vom Lehrplan vorgegebenen Kanon von Fachinhalten Anschluss zu halten (ebd. 66f).
Die Relation Lehrer-Schüler [Bearbeiten]
Eine Auseinandersetzung mit den oben aufgeführten Konstituenten der Projektarbeit verdeutlicht, dass auf Lehrer sowie Schüler völlig neue Aufgaben zukommen, die sich wesentlich vom traditionellen Unterricht unterscheiden. Gleichzeitig wachsen mit dem Projektunterricht auf beiden Seiten wesentliche Potentiale und Möglichkeiten des Kompetenzerwerbs. Für den Lehrer bedeutet der Projektunterricht zunächst einmal die Aufgabe seines Organisationsmonopols, was ihm aber die Möglichkeit verschafft, als Lernpartner für die Schüler seine pädagogische und fachliche Kompetenz wirklich ins Spiel zu bringen. Allerdings muss berücksichtigt werden, dass die Schüler mithilfe moderner Kommunikationsmittel, besonders des Internets, in der Lage sind, auf ein unglaublich breites Spektrum an Wissen und Information zugreifen zu können. Für den Fremdsprachenunterricht bedeutet dies, dass sich die Lehrerrolle vom Sprachvermittler zum Human Resource Manager entwickelt. Dennoch behält er als pädagogischer, fachlich professioneller und didaktischer Experte die Koordination im Überblick, muss erspüren, wann Interventionen notwendig sind und wann selbstbestimmtes Lernen gefragt ist. Legutke fasst diese Rolle im Term "der Lehrer als teilnehmender Leiter" zusammen.
Bezogen auf die Schülerperspektive verwendet Legutke den Begriff "leitender Teilnehmer" und verdeutlicht somit, dass der Schüler aus seiner passiv-rezeptiven Haltung heraus aufgefordert ist, selbst aktiv zu werden, verschiedene Kompetenzen zu erwerben und diese dann auch einzusetzen. Die für und durch den Projektunterricht zu entfaltende Projektkompetenz ist als Überbegriff zu werten und schließt folgende Teilkompetenzen mit ein:
• Kooperationskompentenz in Verbindung mit der Arbeit in Teams und Gruppen
• Kommunikationskompetenz zum Herstellen und Pflegen von Kontakten, zur gemeinsamen Reflexion und Arbeit im Projekt
• Organisationskompetenz schon im Planungsprozess
• Produktionskompetenz hinsichtlich der zu erstellenden Produkte wie Texte, Videos, Photos, Reportagen, Websites usw.
• Self-Access-Kompetenz, d.h. Fähigkeit zur Selbstbestimmung, Selbstreflexion und die Selbstständigkeit der Schüler
• didaktische Kompetenz, die letztendlich darauf abzielt, dass Lernende selbst als Lehrende tätig werden, wenn sie ihre Produkte im Plenum oder sogar in der Öffentlichkeit präsentieren.

Fertigkeiten, Arbeitstechniken, Kompetenzen:

- Planen
- Auswählen
- Entscheiden
- Diskutieren
- Argumentieren
- Kooperieren
- Recherchieren
- Forschen
- Entdecken
- Produzieren, Gestalten,Präsentieren, Auswerten, Dokumentieren

Diese Leistungen müssen durch kleinschrittige Verfahren – unter anderem mittels einer breiten Palette an Aufgaben, Übungen, Betätigungen und Hilfen – im gewöhnlichen Unterricht gebracht werden. Die Durchführung von Miniprojekten im Regelunterricht nimmt den größeren Projekten den Charakter des Ungewohnten und Ungewöhnlichen ab.
Phasen des Projekts [Bearbeiten]
Nach Emer/Lenzen (2002) gliedert sich der Ablauf eines schulischen Projektunterrichts in folgende Phasen:
• Initiierung - Der Projektunterricht wird initiiert und Ideen für Projekte gefunden.
• Einstieg - Die Projekte werden eingeleitet und geplant.
• Durchführung - Die Projekte werden durchgeführt und begleitet.
• Präsentation - Die Projektergebnisse werden präsentiert.
• Auswertung - Die Projekte werden ausgewertet und u. U. weitergeführt.




UNTERRICHTSPROJEKTE IM FREMDSPRACHENUNTERRICHT

Noch im Jahre 1991 hat Hans-Jürgen Krumm in der Zeitschrift „Fremdsprache Deutsch“ folgendes geschrieben:
„Im Fremdsprachennterricht führen Projekte ein Schattendasein. Während andere Fächer es hier scheinbar leichter haben, Erfahrungen der Umwelt einzubeziehen und mit dem Unterricht auch aus der Klasse hinauszugehen, wird das durch die begrenzten sprachlichen Fähigkeiten der Schüler gerade im Anfangsunterricht scheinbar unmöglich gemacht. Die Notwendigkeit ständiger Korektur von Schülerfehlern durch den Lehrer, die Gefahr, dass bei sebstständiger Arbeit die Muttersprache benutzt wird, schließlich auch die Prüfungen werden als Argumente genannt, die gegen projektorientierten Unterricht sprechen. Wenn es dann soweit ist, wenn die Sprachfähigkeiten der Schüler für freies sprachliches Handlen ausreicht, haben allerdings viele die Lust verloren, sie haben es verlernt, die Sprache aktiv selhat zu gebrauchen. Schüler kapieren schnell, dass wir Lehrer nur grammatisch richtige Antworten hören wollen und es uns gar nicht darauf ankommt, dass die Schüler nd in der Fremdsprache etwas erzählen, Erfahrungen in den Unterricht mitbringen.“

(Hans-Jürgen Krumm: Unterrichtsprojekte – praktisches Lernen im Deutschunterricht. In Fremdsprache Deutsch 4/1991, 4-8)

Wenn wir hier für die Einbeziehung von Projektarbeit in den Deutschunterricht plädieren, so ist damit gemeint, dass solche Unterrichtsprojekte fester, integrierter Bestandteil des Sprachunterrichts sein sollten – nicht als Alternative zu allem, was sonst im Unterricht passiert, sondern als Unterrichtsprinzip, das sich durchaus mit den Lehrplänen und Lehrbüchern verbinden lässt. Weshalb ist es so wichtig?

1. Der Sprachunterricht ist für unsere Schüler in der Regel die enzige kommunikative Situation, in der sie erfahren können, wofür man die Sprache lernt und wofür man sie gebrauchen kann; der Sprachunterricht muss also für die Schüler zum „kommunikativen Ernstfall“ werden, damit die Motivation nicht verschwindet. Und dazu sind eben Projekte gut geeignet.

2. Sprachunterricht hängt enger als andere Unterrichtsfächer mit der Entwicklung von Selbstbewußtsein zusammen; im Deutschunterricht werden unsere Schüler oft so behandelt, als wüßsten sie nicht, wie man einkauft, zur Post geht usw. Dabei wissen und können sie das alles schon, sie müssen nur noch lernen, dies auch im Medium der Fremdsprache zu tun.
Bei Unterrichtsprojekten, bei denen neben den sprachlichen und auch handwerkliche Fähigkeiten zum Tragen kommen, können die Schüler schnell erfahren, dass sie selhat schon nach kurzer Zeit etwas können, denn nur „wenn der Umgang mit der Fremdsprache als kommunikative Tätigkeit aufgefaßt wird und der Schüler durch sein Sprachhandeln sich selhat in seinem Verhältnis zu anderen Menschen verwirklicht, gewinnt er dadurch an geistiger und sozialer Erfahrung“ (Heuer 1976, 28)


3. Unter dem Gesichtspunkt der Lernmotivation ist die Neugier, die Möglichkeit, im Rahmen des Erlernens einer Fremdsprache Fremdes zu erkunden ein wichtiger Faktor: Landeskunde wird so zu einem interessanten Erfahrungsfeld, das nicht über trockenes angelerntes Wissen, sondern über eigene Erfahrungen erschlossen wird.

4. Damit sind wir bei den lernspsychologischen Argumenten: Begreifen durch Handlen, die Einbeziehung ganzheitlicher Lernerefahrungen (indem wir auch die rechte Gehirnhälfte, nicht nur die verbalgrammatische linke) aktivieren, führt zu wirkungsvollerem Lernen als das reine Buchlernen (List 1982).

5. Und schließlich gilt auch für den Sprachlernerfolg, dass das Erlernen von Mitbestimmung wichtig ist. Nur wer begreift, dass er für sein Sprachenlernen selbst mitverantwortlich ist, wird eine Sprache erfolgreich lernen, eigene Sprachlernstrategien entwickeln und in der Lage sein, über die Unterrichtszeit hinaus die Sprache weiter zu lernen.

Damit ist nun nicht gemeint, dass der Deutschunterricht nur noch in Form von Projekten ablaufen soll: Sprache und Handeln, Sprache in Situationen – das ist nur die eine, allerdings vielfach zu kurz gekommene Seite des Sprachenlernens.

Wie funktionieren die Unterrichtsprojekte?

Damit es nicht schnell zu frustrierenden Enttäuschungen kommt (wenn man mit Projekten anfängt), müssen die Einschränkungen, denen projektorientiertes Arbeiten im Deutschunterricht unterliegt, klar gesehen werden. Eine „Kummerliste“ (nach Puchta/Schratz 1984) kann folgenderweise aussehen:
- Lärmpegel in der Klasse
- zu viel Muttersprache
- fehlende Hilfsmittel
- fehlende „Projektkompetenz der Schüler“
- fehlende „Projektkompetenz der Lehrer“
- …..
Von daher empfiehlt es sich, Schritt für Schritt vorzugehen und zunächst mit kleineren projektähnlichen Aufgaben anzufangen, bevor man sich mit den Schülern auf das Abenteuer größerer Projekte einlässt.

Projektähnliche Aufgaben:

- Aufgaben, in denen die Schüler eigene Erfahrungen und Meinungen zur Sprache bringen können, selbstständig (mindestens in kleinen Phasen) arbeiten können, etwas in und mit der Fremdsprache tun können.

● Lernspiele
● Meinungsumfrage in der Klasse
● Aufgaben zu Verstehenshilfen
● Recherchieren
● Sammeln

- Aufgaben, mit denen sich die Schüler an der Unterrichtsplanung beteiligen können. Dadurch werden ihre organisatorischen Kompetenzen angesprochen und gleichzeitig werden Selbstständigkeit und Mitverantwortung für den Unterricht eingeübt. Siehe LDL-Methode (J.P.Martin), in der die Schüler im Fremdsprachenunterricht die Lehrerrolle übernehmen.

● Die Schüler wählen für die Klasse einen Text aus.
● Die Schüler bereiten für die Klasse eine Übung vor.
● Die Schüler bereiten eine Präsentation vor.

„Miniprojekte“

Sie brechen oft das Ritual des fremdsprachlichen Lehrbuchunterrichts auf, indem eine
schülerzentriertere Themenauswahl und eine stärkere Betonung eines handlungsorientiertes
Ansatzes in den Unterricht einfließen.
Sie sind meistens relativ leicht mit den Lehrbuchthemen zu verbinden.


Grössere Projekte

- Die Klasse als Werkstatt: Textprojekte

● Produzieren (Fortsetzen, Umschreiben, …) schülergeigneter Texte. Wichtig: Orientierung des Schreibens an einem (zu veröffentlichenden) Produkt:
- Klassenszeitung
- Poster
- Leserbrief

● Schreiben zu Stimuli
● „landeskundliche“ Projekte
● Theater
● deutschsprachige Schülerzeitung
● deutschsprachige Wandzeitung
● Tag der deutschen Küche

- „Heraus aus der Klasse“

● e-mail – Projekte
● Internet – Projekte
● „internationale“ grenzüberschreitende Projekte (z.B. mit einer Partnerschule)

Erst wenn man uns so arbeiten lässt,
kann man merken, was in uns steckt.

Unterrichtsprojekte im FSU sind gekennzeichnet durch:
- ein konkretes Ziel, das es erlaubt, Sprache in kommunikativer Funktion zu verwenden, Neues, Fremdes zu entdecken und zu erfahren;
- gemeinsame Planung und Ausführung durch Lehrer und Schüler, wobei zunächst einmal die Schüler versuchen, mit ihren vorhandenen Sprachkenntnissen zurechtzukommen. Der Lehrer ist der sprachliche und sachliche Helfer, der Sprachunterricht liefert diejenigen sprachlichen Mittel, die zur Bewältigung der Aufgabe gebraucht werden;
- die Hereinnahme der Außenwelt in den Unterricht bzw. die Ausweitung des Unterrichts in die Außenwelt hinein, wobei die Einheit von Sprache und Handeln, von Sprache und Situation konkret erfahrbar wird;
- selbstständige Recherche und Aktion der Schüler unter Benutzung aller verfügbaren Hilfsmittel (z. B. Wörterbücher, Grammatiken, Internet, Kamera etc.);
- ein präsentables Ergebnis, das auch über das Klassenzimmer hinaus als Poster, Zeitung, Korrespondenz, Aufführung etc. vorgezeigt werden kann und im günstigsten Fall (z.B. bei der Korrespondenz) weitere Aktionen nach sich zieht. Spracharbeit (d.h. Fehlerkorrektur, Grammatikarbeit, Schreiben) vollzieht sich dabei in Form von Überarbeitung und Verbesserung des Produktes, d.h. die Klasse wird, wie von Freinet gefordert, zur „Werkstatt“ (vgl. Krumm 1991, 6).