110. Vermittlung der Schreibfertigkeit 991 110. Vermittlung der Schreib ertigkeit 3616 1. Was ist Schreibfertigkeit? 3617 2. Anforderungen beim Schreiben in DaF/DaZ 3618 3. Schreiblernziele 3619 4. Schreibdidaktische Ansätze 3620 5. Impulse für die Vermittlung der Schreibfertigkeit 3621 6. Literatur in Auswahl 3622 1. Was ist Schreib ertigkeit? 3623 Die Fertigkeit Schreiben wird als eine der vier „klassischen“ Fertigkeiten (vgl. Art. 106) 3624 im Sprachunterricht ausgebildet. Durch den Erwerb einer weiteren Sprache kann sich 3625 die soziale Praxis, die die Schreibfertigkeit als Teilkompetenz sprachlichen Handelns dar- 3626 stellt, für die Lernenden erweitern. Das Schreiben ist jedoch nicht für jeden in allen 3627 Domänen (im Privaten, auf Reisen, in Beruf/Ausbildung usw.) gleichermaßen wichtig. 3628 Schreiben ist eine komplexe kognitive Aktivität. Seit den 1980er Jahren erforscht die 3629 Psycholinguistik die mentalen Operationen, die Schreibprozesse steuern. Durch regelmä- 3630 ßiges Üben automatisieren Lernende bestimmte Momente des Schreibens (z. B. die Mo- 3631 torik der schreibenden Hand oder auch Schreibstrategien) und sie erweitern ihr Wissen 3632 um Schreibkonventionen (z. B. um Merkmale von Schriftsprache), was es ihnen möglich 3633 macht, sich auf andere Aspekte des komplexen Schreibprozesses zu konzentrieren. 3634 Schreibfertigkeit wird über einen langen Zeitraum und in verschiedenen Entwick- 3635 lungsphasen erworben (vgl. z. B. Bereiter 1980); diesen schenkten die muttersprachliche 3636 und die fremdsprachliche Schreibdidaktik in den letzten Jahren besondere Aufmerksam- 3637 keit. Diese Phasen sind bestimmt durch die Anforderungen, die die jeweiligen Schreibauf- 3638 gaben stellen; so müssen z. B. Textsortenmerkmale realisiert oder komplexere Texte ge- 3639 plant werden. Schreibkompetenz baut sich im Zuge solcher Problemlösungen in Schreib- 3640 prozessen auf. Der Erwerb der Schreibfertigkeit ist aber auch bestimmt durch 3641 individuelle Lesegewohnheiten und durch den Umgang mit Texten in verschiedenen 3642 Lernkontexten (vgl. Art. 124). 3643 Schreiben im Alltag wie im Unterricht umfasst meistens auch Hör-, Lese- und Sprech- 3644 aktivitäten und fördert damit ebenfalls die Entwicklung der anderen Fertigkeiten; es gibt 3645 zahlreiche sprachproduktive Aktivitäten wie z. B. das Lesen einer Nachricht, auf die wir 3646 schreibend reagieren, die eine integrierte Vermittlung der verschiedenen Fertigkeiten nahe 3647 legen (vgl. Art. 106). Außerdem weiß man, dass das menschliche Gehirn nicht über fest 3648 lokalisierte „Sprachzentren“ verfügt, die jeweils für die Ausübung einer einzelnen 3649 Sprachtätigkeit zuständig sind. Dem Sprachgebrauch liegen polysensorische Prozesse zu- 3650 grunde, die ständige, wenn auch unterschiedlich intensive Wechselwirkungen zwischen 3651 den Sprachtätigkeiten darstellen (Bohn 2001: 923). 3652 Wer schreibt tut dies in einem kulturellen Kontext. Lernende erwerben die Normen 3653 für den Gebrauch der Schriftsprache im Kontext einer Schriftkultur (Feilke 2005). Seit 3654 den frühen 1990er Jahren beschreibt eine kulturwissenschaftlich orientierte Textlinguistik 3655 Texte und ihre Muster als kulturell geprägt. Als Folge wurde die Auseinandersetzung mit 3656 kulturell geprägten Schreibformen und Textmustern auch zu einem Teil der Schreibver- 3657 mittlung (Eßer 1997; Hufeisen 2002). 3658 X. Sprachenlehren: Zielsetzungen und Methoden992 2. An orderungen beim Schreiben in DaF/DaZ3659 Schreiben in einer weiteren Sprache gilt gemeinhin als besonders schwierig und erfordert3660 besondere Aufmerksamkeit. Die zugrunde liegenden Prozesse verlaufen interaktiv und3661 rekursiv, d. h. sich ständig wiederholend und aufeinander beziehend. Der Schreibprozess3662 ist bestimmt durch die Schreibaufgabe, die die Bearbeitung des Themas (z. T. unter Rück-3663 griff auf differenziertes Wissen), die Adressaten und die Textsorte festlegt. Das Langzeit-3664 gedächtnis der Schreibenden, in dem Sach-, Sprach- und Textmusterwissen zusammen3665 wirken, bildet die interne Grundlage für das Schreiben. Der Prozess des Schreibens selbst3666 besteht aus dem Planen (z. B. der konkreten Anordnung der Inhalte in einem Text), aus3667 dem Formulieren und aus dem Prüfen des Geschriebenen bspw. hinsichtlich sprachlicher3668 und inhaltlich-logischer Angemessenheit. Modellierungen des Formulierungsprozesses3669 zeigen die Komplexität des Formulierens in einer fremden Sprache: Börner unterscheidet3670 hier Ausdruck (Umsetzung von Gedanken in propositionale Einheiten in der fremden3671 Sprache), fremdsprachliche Grammatik (Verknüpfung der propositionalen Einheiten zu3672 Sätzen und zu Texten) und graphische Kodierung, die Lernende aus anderen als der3673 lateinischen Schriftkultur zusätzlich herausfordert (vgl. Börner 1987).3674 Probleme beim Schreiben in einer anderen als der Erstsprache haben darüber hinaus3675 zumeist drei Ursachen:3676 1. Das deklarative Sprach- und Weltwissen der Schreibenden ist nicht ausreichend aus-3677 gebildet; das hat zur Folge, dass sie Planungs- und Formulierungsprozesse immer3678 wieder unterbrechen, um dieses Wissen zu aktivieren. Auch wenn in der Erstsprache3679 bereits Schreibroutine erworben wurde, ist der Schreibprozess aufgrund des fehlenden3680 schriftsprachlich geprägten lexikalischen und grammatischen Wissens schwierig.3681 2. Lernende können prozedurale, also problemlösende Strategien beim fremdsprachigen3682 Schreiben im Unterricht oft nicht abrufen oder wirkungsvoll einsetzen, auch wenn sie3683 für das Schreiben in ihrer Erstsprache über gut entwickelte Strategien verfügen (Wolff3684 1990). Grund dafür sind z. B. sprachliche Formulierungen, die beim Schreiben geübt3685 werden sollen, die die Schreibsituation jedoch „künstlich“ erscheinen lassen und kog-3686 nitive Kapazität binden.3687 3. Zusätzliche Probleme ergeben sich aus der kulturellen Geprägtheit des Schreibens als3688 Praxis und damit auch der Textmuster. So entwickeln manche Lernende erst im DaZ-3689 Unterricht Einsicht in die Bedeutung des geschriebenen Wortes in den Schriftspra-3690 chenländern im Unterschied zu der des gesprochenen Wortes in ihrer Herkunftskultur.3691 Daneben müssen sie explizites Wissen über Textmuster entwickeln; Funktion, Struk-3692 tur- und Stilmerkmale von Texten müssen Lernende zunächst erkennen lernen (Eßer3693 1997). Auf dieser Basis bilden sie dann mit Zeit und Übung die produktive Kompe-3694 tenz aus, die nötig ist, um den Gütekriterien entsprechende Texte schreiben zu kön-3695 nen.3696 3. Schreiblernziele3697 Das Schreiben hatte in der Fremdsprachenvermittlung lange Zeit einen eher geringen3698 Stellenwert, was sich aber mit den 1980er Jahren änderte: eine Trendwende setzte in3699 Forschung, Didaktik und Unterricht zugunsten des Schreibens ein (Bohn 2001: 924;3700 110. Vermittlung der Schreibfertigkeit 993 Art. 106) und die Vorschläge zur Förderung des Schreibens aus der Muttersprachen-, 3701 Zweitsprachen- und Fremdsprachendidaktik befruchteten einander. 3702 Die Ziele der Schreibvermittlung unterscheiden sich je nach Zielgruppe zum Teil er- 3703 heblich; sie sind verknüpft mit der Funktion, die das Schreiben für die Lernenden hat, 3704 und mit der Bedeutung, die dem Schreiben in ihrem konkreten Bildungszusammenhang, 3705 in ihrem sozialen und gesellschaftlichen Kontext zukommt. Für die meisten Lernenden 3706 ist schriftsprachliche Kommunikationsfähigkeit ein unmittelbares Lernziel. Im Unter- 3707 richt dominiert jedoch besonders auf den unteren Sprachniveaustufen häufig das Schrei- 3708 ben mit dem Ziel, Sprache zu lernen: Dieses instrumentale Schreiben ist Lernhilfe, es 3709 macht Lerninhalte und Lernergebnisse sichtbar; es erhöht bei den meisten Lernenden Ϫ 3710 vor allem bei den visuell und graphomotorisch angelegten Lernertypen Ϫ die Behaltens- 3711 leistung (Portmann 1991: 10). 3712 Im Weiteren wird zwischen Zielen der Schreibförderung im DaZ- und im DaF- Unter- 3713 richt unterschieden. 3714 Die Zielbeschreibungen im Rahmen der Integrationsvereinbarungen (vgl. Art. 121) fo- 3715 kussieren primär alltagssprachliche und mündliche Kompetenzen für DaZ-Lernende 3716 (z. B. Rahmencurriculum 2007); trotzdem sollen sich MigrantInnen entsprechend ihrem 3717 Alter und Bildungsstand auch schriftlich ausdrücken können. Als kommunikativ relevant 3718 beschriebene Handlungsfelder gelten hier z. B. das Schreiben „auf Ämtern und Behör- 3719 den“ oder das „Bitten um Unterstützung“ (Textsorte: Behördenformular, Brief). Schrei- 3720 ben müsse daneben aber auch den Prozess der Identitätsbildung im Kontext der Migra- 3721 tion unterstützen, so Balle und Damm (2008: 66); es ermöglicht individuelle Zugänge 3722 zur persönlichen Situation, schafft ein Bewusstsein für die Bedeutung des geschriebenen 3723 Wortes und gesellschaftliche Teilhabe an schriftsprachlicher Kommunikation. Freies 3724 Schreiben, auch kreativ-biographische Zugänge, Dialog-Journale zwischen Kursleiten- 3725 den und Lernenden, schreibbegleitendes Feedback und die Stützung erster Schreibpro- 3726 zesse durch die Vorgabe von chunks werden deshalb für den DaZ-Unterricht im Integrati- 3727 onskontext befürwortet (Balle/Damm 2008: 67Ϫ69). 3728 In der deutschsprachigen Schule gelten für Lernende mit anderen Erstsprachen als 3729 Deutsch dieselben Lernziele wie für diejenigen mit Deutsch als Muttersprache, sobald 3730 sie keinen außerordentlichen Schülerstatus mehr haben. Schreiben ist hier im Mutter- 3731 sprachenkontext funktional facettenreicher: es macht Ideen verfügbar und entwickelt 3732 diese, es ist sprachgestaltend, dient der Argumentation und Überzeugung u. v. m. Der 3733 Sprach- und der Fachunterricht fördern wissensentwickelndes Schreiben (vgl. Art. 124). 3734 Schreibförderung ist hier geprägt von dem Bemühen, die Entwicklung der Schriftsprache 3735 und den Aufbau von Wissen über Texte und ihre Konventionen zu stützen und gleichzei- 3736 tig die Motivierung zum Schreiben (Interesse wecken am Schreiben als Weg des Denkens 3737 und des Erkennens von Bedeutung) zu fördern. Die Richtlinien zur Leistungsbeurteilung 3738 mehrsprachiger Schülerinnen und Schüler in Österreich raten z. B. dazu, ihnen ausrei- 3739 chend Zeit für die Entwicklung ihrer schriftsprachlichen Fähigkeiten in der Zweitsprache 3740 einzuräumen; entsprechende Maßnahmen wären, das Sprechen zunächst in größerem 3741 Umfang als das Schreiben zu bewerten, dem Sprachstand der Schülerinnen angemessene 3742 schriftliche Schularbeiten zu entwickeln, individuellen Lernfortschritt und sprachliche 3743 Experimentierfreude bei der Bewertung zu berücksichtigen und bei Fehlerhäufungen 3744 Fehler Kategorien zuzuordnen und diese nur einmal zu zählen (vgl. Lehrplan Pflichtge- 3745 genstand Deutsch). 3746 X. Sprachenlehren: Zielsetzungen und Methoden994 Im DaF-Unterricht werden die geschriebene und gesprochene Sprache, das Schreiben und3747 das Sprechen, zumeist parallel zueinander gelernt. Neben der Funktion des Schreibens3748 als Medium des Sprachenlernens kommt dem funktional-kommunikativen Schreiben im3749 Fremdsprachenunterricht immer noch besondere Bedeutung zu. Lernende lernen im Un-3750 terricht, wie schriftliche Sprache (in Texten) verfasst ist und wie sie schriftsprachlich in3751 konkreten kommunikativen Zusammenhängen handeln können. Textformen des Fremd-3752 sprachenunterrichts sind Notizen, Mitteilungen, Briefe als Mischformen freier und stark3753 konventionalisierter Textformen, Berichte, Erzählungen, Zusammenfassungen, Kom-3754 mentare und argumentative Texte. Auch narrativ-fiktionale Texte finden sich als Pro-3755 dukte kreativer Schreibprozesse. Im beruflichen und im universitären Kontext wird das3756 Schreiben als kulturell geprägte sprachliche Handlung z. B. am Beispiel von Textsorten-3757 konventionen thematisiert.3758 Im Unterricht soll Schreiben möglichst in Kontexten geübt werden, die natürlichen3759 schriftsprachlichen Aktivitäten und damit den kommunikativen Bedürfnissen der Ler-3760 nenden entsprechen. Tatsächlich wird Schreiben in vielen DaF-Lehrwerken nach wie vor3761 separiert von den anderen Fertigkeiten geübt. Die Folge ist, dass Schreiben und auch3762 Lesen im Sprachunterricht oft „Lernaufgabe“ sind und dass sich immer noch zu selten3763 authentische kommunikative Aufgaben finden, deren Bearbeitung das Lesen und das3764 Schreiben erforderlich machen und damit Lernenden intensive sprachliche Verarbei-3765 tungsprozesse in schriftlichen Handlungssituationen ermöglichen (vgl. Thonhauser3766 2008: 93).3767 4. Schreibdidaktische Ansätze3768 Hier können im Folgenden lediglich zwei grundlegende Orientierungen der fremdsprachi-3769 gen Schreibdidaktik skizziert und anhand einiger aktueller Vermittlungsansätze im Un-3770 terricht verdeutlicht werden (für einen Überblick über schreibdidaktische Positionen vgl.3771 Portmann 1991: 373Ϫ387; für eine Typologie von Schreibübungen Kast 1999: 34Ϫ167).3772 Man kann im Großen und Ganzen produktorientierte und prozessorientierte Ansätze un-3773 terscheiden3774 In der produktorientierten Schreibvermittlung stehen der Text als Ergebnis des3775 Schreibprozesses und seine Form im Mittelpunkt. Reproduktiv-produktive und produk-3776 tive Schreibübungen bzw. -aufgaben, wie sie z. B. Bohn unterscheidet (2001: 928 f.), un-3777 terstützen Lernende dabei, Texten inhaltliche, textstrukturbezogene und sprachliche In-3778 formationen zu entnehmen und diese beim Schreiben eigener Texte zu verwenden. Repro-3779 duktiv-produktive Schreibübungen sind Ergänzungsübungen (fehlende Wörter, Sätze,3780 Absätze in Texten ergänzen), Umformungsübungen (einen Text in eine andere Textsorte3781 umschreiben), Verdichtungsübungen (eine Inhaltsangabe schreiben) oder Aufgaben zur3782 kriteriengeleiteten Textüberarbeitung. Produktive Aufgabentypen nehmen reale kommu-3783 nikativ-pragmatische Schreibsituationen und ihnen entsprechende Textsorten in den3784 Blick, ermöglichen aber auch freies Schreiben (Wahrnehmungen wiedergeben, erzählen3785 u. a.).3786 Die Prozessorientierung der Schreibforschung führte in den 1990er Jahren zu didakti-3787 schen Überlegungen, die die Anforderungen, die der komplexe Schreibprozess an die3788 Lernenden stellt, in den Mittelpunkt rücken. Entsprechend werden im Unterricht ein-3789 110. Vermittlung der Schreibfertigkeit 995 zelne Prozesse des Schreibens (wie z. B. das Überarbeiten von Textteilen) isoliert fokus- 3790 siert; es entstehen auch nicht immer ganze Texte als Ergebnis prozessorientierter Schreib- 3791 aufgaben, sondern bspw. nur Prätexte, die das Formulieren unmittelbar vorbereiten. Pro- 3792 zessorientierte Aufgaben machen Schreibenden Prozeduren bewusst, ermutigen sie dazu, 3793 sie zu bewerten und alternative Schreibstrategien auszuprobieren. Auf diese Weise kann 3794 deutlich werden, dass Schreiben ein komplexer Problemlöseprozess ist, für den aber Hil- 3795 fen zur Verfügung stehen (z. B. mind mapping für das Zusammentragen von themarele- 3796 vanten Ideen, Checklisten zu Textkriterien für den Überarbeitungsprozess). 3797 In aktuellen Vermittlungskonzepten wird die Differenzierung zwischen Produkt- und 3798 Prozessorientierung nicht mehr aufrechterhalten. Besonders in der schulischen Schreib- 3799 förderung nimmt man auch in prozessorientierten Vermittlungsansätzen auf Textmuster 3800 und -normen Bezug und nutzt damit die Chancen, die klare Vorgaben zum Textprodukt 3801 in Bezug auf Textmuster und Schreibnormen im Schreibprozess selbst bieten (Feilke 3802 2005: 45 f.). 3803 Ansätze wie das kooperative Schreiben zeigen hier positive Wirkung: Lernende 3804 verschriftlichen gemeinsam einen Text und profitieren dabei von dem gemeinsamen Wis- 3805 sen des Teams zu Sprache, zu Texten und zu Schreibprozeduren (vgl. Faistauer 1997). 3806 Auch der intensiven „Arbeit am Text“ kommt eine wichtige Rolle beim Schreiben lernen 3807 zu (Portmann-Tselikas 2005: 179). Ein weiteres didaktisches Grundverfahren ist die 3808 Schreibberatung mit dem Ziel, Schreibaufgaben für die Lernenden „überblickbar“ zu 3809 machen, Wissen über Texte bzw. deren Teiltexte aufzubauen und den Schreibprozess 3810 bewusst moderieren zu lernen. Die Arbeit mit Portfolios zum Schreibenlernen und die 3811 Schreibberatung durch peers geben sprachlichen und textbezogenen Problemen beim 3812 Schreiben Raum, daneben gelangen die Lernenden über die (fragengeleitete) Reflexion 3813 des eigenen Textes auch zu anderen Qualitätskriterien und lernen aus den Erkenntnissen 3814 zum eigenen Text Konsequenzen für spätere Schreibprozesse zu ziehen (vgl. Bräuer 3815 1998). 3816 Personale und kreative Schreibformen haben in der fremd- wie in der zweitsprachli- 3817 chen Schreibdidaktik ihren festen Platz. Ziel ist das Schreiben persönlich bedeutsamer 3818 und damit identitätsbildender Texte, die oft mit besonderer Motivation und dem Bemü- 3819 hen um sprachliche Klarheit entstehen (vgl. z. B. Schreiter 2002; in DaZ: Finke/Thums- 3820 Senft 2005). Es wären noch Vorschläge dazu wünschenswert, wie das Potenzial kreativer 3821 Schreibformen auch in stark analytisch-argumentativen Schreibaufgaben genutzt werden 3822 kann, die immer noch die Prüfungskontexte dominieren. 3823 5. Impulse ür die Vermittlung der Schreib ertigkeit 3824 Das Schreiben in elektronischen Umgebungen erweitert die Möglichkeiten, Schreiben 3825 durch Lernprogramme sowie durch das Internet als Kommunikations- und Publikations- 3826 medium (Email, Weblogs, Wikis u. a.) (vgl. Art. 138) zu üben. Elektronische Lernpro- 3827 gramme (z. B. deutsch-uni-online ab der Mittelstufe) geben Schreiblernmaterial und do- 3828 mänenspezifische Inhalte vor. Ihr Potenzial liegt in der Möglichkeit, selbstgesteuert auf 3829 fremdsprachliche Materialien und Kommunikationsangebote zuzugreifen, wie auch da- 3830 rin, mit anderen schreibend zu interagieren. Auf diese Weise haben Lernende an einer 3831 sich ständig verändernden medialen Schriftkultur teil (electronic literacy approach); das 3832 X. Sprachenlehren: Zielsetzungen und Methoden996 gewichtigere Argument für die Nutzung elektronischer Medien für das Schreiben lernen3833 ist jedoch, dass diese die schriftsprachliche Alltagspraxis vieler Lernender maßgeblich3834 prägen.3835 Impulse für das Schreiben lernen bewirken auch der fach- und sprachintegrierte Un-3836 terricht (vgl. Art. 116) und das Prinzip der Aufgabenorientierung beim Sprachenlernen.3837 Schreib- und Sprechaufgaben zielen in diesen Kontexten neben der Erweiterung des3838 sprach- und textbezogenen Wissens auch auf die rezeptive und produktive Erarbeitung3839 von Sachwissen ab; letzteres intensiviert die Schreibprozesse und erhöht dadurch die3840 Textqualität (vgl. auch Schmölzer-Eibinger 2008).3841 Überlegungen zu einem sprach- und fächerübergreifenden Schreibcurriculum mit dem3842 Ziel, das Schreibenlernen zu koordinieren, die verschiedenen (Fremd-)Sprachen übergrei-3843 fend sowie eingebettet in die thematischen Kontexte der Sprach- und Sachfächer zu för-3844 dern, existieren schon lange und sollten dringend vorangetrieben werden (vgl. Antos3845 1996). Für eine effektive Vermittlung der Schreibfertigkeit ist die Gesamtheit der Schreib-3846 lernziele und der Textfunktionen in der Erstsprache, Zweitsprache, Fremdsprache ent-3847 scheidend (Portmann 1991: 486).3848 6. Literatur in Auswahl3849 Antos, Gerd3850 19963851 Textproduktion. Überlegungen zu einem fächerübergreifenden Schreibcurriculum. In: Helmuth Feilke und Paul R. Portmann (Hg.), Schreiben im Umbruch. Schreibforschung3852 und schulisches Schreiben, 186Ϫ197. Stuttgart: Klett.3853 Balle, Ulrike und Verena Damm3854 20083855 Wenn’s nicht sein muss, schreib ich noch nicht mal ‘ne Postkarte … Schreiben als komplexe Fähigkeit und Anlass zur Reflexion. In: Deutsch als Zweitsprache (Sonderausgabe):3856 65Ϫ72.3857 Bereiter, Carl3858 19803859 Development in Writing. In: Lee W. Gregg, Erwin R. Steinberg (Hg.), Cognitive Processes in Writing, 73Ϫ93. Hillsdale N.J.: Lawrence Earlbaum.3860 Bohn, Rainer3861 20013862 Schriftliche Sprachproduktion. In: Gerhard Helbig, Lutz Götze, Gert Henrici, HansJürgen Krumm (Hg.), Deutsch als Fremdsprache. Ein internationales Handbuch, 921Ϫ931.3863 Bd. b. (Handbücher zur Sprach- und Kommunikationswissenschaft 19.1Ϫ2). Berlin.3864 Börner, Wolfgang3865 19873866 Schreiben im Fremdsprachenunterricht. Überlegungen zu einem Modell. In: Wolfgang Lörscher und Werner Hüllen (Hg.), Perspectives on language in performance, 1336Ϫ1349.3867 Tübingen: Narr.3868 Bräuer, Gerd3869 19983870 Schreibend lernen. Grundlagen einer theoretischen und praktischen Schreibpädagogik. Innsbruck: Studienverlag.3871 DUO. Deutsch Uni Online:3872 3873 http://www.deutsch-uni.com/duo_webshop/portal/index.jsp Eßer, Ruth3874 19973875 „Etwas ist mir geheim geblieben am deutschen Referat“. Kulturelle Geprägtheit wissenschaftlicher Textproduktion und ihre Konsequenzen für den universitären Unterricht von3876 Deutsch als Fremdsprache. München: Iudicium.3877 110. Vermittlung der Schreibfertigkeit 997 Feilke, Helmuth 3878 2005 3879Entwicklungsaspekte beim Schreiben. In: Ulf Abraham, Claudia Kupfer-Schreiner und Klaus Maiwald (Hg.), Schreibförderung und Schreiberziehung. Eine Einführung für Schule 3880 und Hochschule, 38Ϫ47. Donauwörth: Auer. 3881 Finke, Eva/Thums-Senft, Barbara 3882 2008 3883Begegnung in Texten. Kreativ-Biographisches Schreiben in der Interkulturellen Bildung und im Unterricht Deutsch als Fremdsprache oder Zweitsprache. Stuttgart: Schmetterling. 3884 Hufeisen, Britta 3885 2002 3886Ein deutsches Referat ist kein englischsprachiges Essay: theoretische und praktische Überlegungen zu einem verbesserten textsortenbezogenem Schreibunterricht in der Fremdsprache 3887 Deutsch an der Universität. Innsbruck/Wien: Studienverlag. 3888 Kast, Bernd 3889 1999 3890Fertigkeit Schreiben (ϭ Fernstudieneinheit 12.) Berlin u. a.: Langenscheidt. Lehrplan Pflichtgegenstand Deutsch: 3891 3892http://www.bmukk.gv.at/medienpool/886/hs22.pdf (31. 10. 2009) Portmann-Tselikas, Paul R. 3893 2005 3894Schreiben und Überarbeiten von Texten. In: Ulf Abraham/Claudia Kupfer-Schreiner/ Klaus Maiwald (Hrg.), Schreibförderung und Schreiberziehung. Eine Einführung für Schule 3895 und Hochschule, 174Ϫ186. Donauwörth: Auer. 3896 Portmann, Paul R. 3897 1991 3898Schreiben und Lernen. Grundlagen der fremdsprachlichen Schreibdidaktik. Tübingen: Niemeyer. 3899 Rahmencurriculum für Integrationskurse Deutsch als Zweitsprache 3900 2007 3901Goethe-Institut (Hg.) im Auftrag des Bundesministeriums des Innern und des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge. München. 3902 Schmölzer-Eibinger, Sabine 3903 2008 3904Lernen in der Zweitsprache. Tübingen: Gunter Narr. Schreiter, Ina 3905 2002 3906Schreibversuche. Kreatives Schreiben bei Lernern des Deutschen als Fremdsprache. München: iudicium. 3907 Thonhauser, Ingo 3908 2008 3909Konzeptualisierungen von Textkompetenz im Fremdsprachenunterricht mit besonderer Berücksichtigung des GeR. In: Christian Fandrych und Ingo Thonhauser (Hg.), Fertig- 3910 keiten Ϫ integriert oder separiert? 87Ϫ106. Wien: Praesens. 3911 Wolff, Dieter 3912 1990 3913Zur Bedeutung des prozeduralen Wissens bei Verstehens- und Lernprozessen im schulischen Fremdsprachenunterricht. In: Die Neueren Sprachen 89/6: 610Ϫ625. 3914 Imke Mohr, München (Deutschland) 3915