Evaluieren durch die Lernenden Weiterhin werden in den meisten Sprachportfolios keine Möglichkeiten zur Evaluatio'" von Mehrsprachigkeitskompetenzen z.B. in Bezug auf Sprachmittlung und Interkompre-hension (Verstehen von Sprachen anhand von anderen Sprachen) zur Verfügung gestel : Deskriptoren zur Mehrsprachigkeitskompetenz finden Sie u.a. im Referenzrahmen für Plurale Ansätze zu Sprachen und Kulturen (RePA) (Candelier u.a. 2010). Formen der Selbstevaluation, die vor allem auf Selbstreflexion, Sprach(lern)bewusstheit, interkulturelle Bewusstheit und Autonomie zielen, finden sich mittlerweile in einer Vielzahl von Lernmaterialien. Vor allem für jüngere Lernende wird dabei die Interpretation der Skalen häufig mit Smileys verdeutlicht. Das folgende Beispiel findet sich in de-Fördermaterialien für Deutsch als Zweitsprache von Andreas u.a. (2011): Schätze deine Fähtql Aufgabe r— I \ Das fiel mir ... Das möchte ich noch fragen Das möchte ich mir merken o leicht □□□□□□ schwer © © © [www. Üi Zwei andere Instrumente zur Selbstevaluation, bei denen die Selbstreflexion jedoch nicht im Mittelpunkt steht, sind die kostenlosen Tests DIALANG (Diagnostic language assess-ment system) und Fit für den TestDaF: Im Fall des DIALANG erhält man Informationen über spezifische Stärken und Schwächen. Den DIALANG können Sie für 14 Sprachen und fünf Teilkompetenzen unter http://www lancs.ac.uk/researchenterprise/dialang/about.htm finden. Der DIALANG liefert zuderr eine Einstufung der Teilnehmenden auf den Niveauskalen des GER. Dies kann dann nützlich sein, wenn man z.B. an einem bestimmten Sprachkurs teilnehmen möchte und nicht genau weiß, ob der Kurs für einen geeignet ist, oder wenn man ein kostenpflichtiges Zertifikat ablegen möchte und zunächst abschätzen will, ob man hinreichende Chancen hat. Fit für den TestDaF (siehe http://www.testdaf.de/teilnehmer/tn-vorbereitung_test.php? id = 1) erlaubt anhand eines kurzen C-Tests eine erste annähernde Einschätzung der allgemeinen Sprachkompetenz. Man erhält auf diese Weise einen Hinweis auf die Chance, ein positives Ergebnis im TestDaF zu erreichen. So kann man Kosten sparen, wenn man möglicherweise noch nicht fit für den TestDaF ist. Die folgende Grafik zeigt zusammenfassend, unter welchen Bedingungen Selbstevaluation gelingen kann: im Kontext konkreter regelmäßig die Lernsituationen eigenen Leistungen durchführen reflektieren lassen Selbstevaluation ausreichend Zeit durch Hilfestellungen vorsehen unterstützen Arbeit mit Selbsteinschätzungsskalen aus Sprachenportfolios oder anderen Instrumenten in den Unterricht integrieren 144 Evaluieren durch die Lernenden 6.2 In Einheit 2 Wie lernt man die Fremdsprache Deutsch? von Deutsch Lehren Lernen (Ballweg u.a. 2013) finden Sie in einem umfangreichen Kapitel zum Thema „Wie lernt man Sprachen zu lernen?" weitere Hinweise zur Reflexion des eigenen Lernens (in Teilkapitel 3.2) und zur Selbstevaluation (in Teilkapitel 3.4.2). 6.2.2 Peer-Evaluation Sie haben in dieser Einheit schon mehrfach selbst Erfahrungen mit einer Peer-Prüfung gemacht und dabei vielleicht festgestellt, dass Sie sich in der Rolle einer Prüferin / eines Prüfers Gedanken dazu gemacht haben, was an dem Prüfungsstoff besonders relevant und schwierig war. Allein dieses Nachdenken führt zu einer vertieften Verarbeitung der Lerninhalte. Eine Peer-Evaluation kann damit auch Anlass zu einer Reflexion sein, und zwar sowohl aus der Perspektive der Beurteilenden als auch der Beurteilten. Dies kann beiden Seiten dabei helfen, die eigenen Kompetenzen weiterzuentwickeln. Wir möchten Ihnen eine Möglichkeit für eine Peer-Evaluation im Unterrichtskontext vorstellen: Bitten Sie einige Lernerinnen und Lerner, etwas zu präsentieren oder auch ein Rollenspiel durchzuführen. Die anderen Lernenden (Peers) sollen dann die Präsentation oder das Rollenspiel bewerten und ein sinnvolles Feedback geben, z.B. zum Umgang mit der Aufgabe oder auch zu den Ressourcen, die zur Bewältigung der Aufgabe noch notwendig waren. Eine Vorgabe, die die Lernenden zur Peer-Evaluation nutzen können, könnte z.B. so aussehen: Ich möchte dir/euch ein Kompliment machen: Hinweis zum Weiterlesen Ich möchte dir/euch etwas empfehlen: Mit dem Kompliment sollen die Peers bewerten, was ihnen besonders gefallen hat oder was die Mitlernenden bereits gut können. Mit den Empfehlungen können Defizite angesprochen werden, ohne zu kritisieren. Wenn Mitlernende auf Fehler eingehen, sollte allerdings vorher klar sein, dass alle Beteiligten grundsätzlich eine positive Einstellung zu Fehlern haben: Fehler sind normal, gehören zum Lernprozess und dienen in vielen Fällen dem Weiterlernen. Wenn Sie erreichen möchten, dass die Peers bei der Evaluation bestimmte Aspekte fokus-sieren, dann können Sie auch mit Beobachtungsbögen arbeiten, die Sie vorgeben oder die die Lernenden selbst entwickeln. Ein Beobachtungsbogen zu mündlichen Präsentationen der Lernenden im Unterricht könnte folgendermaßen aussehen: 145 6.2 Evaluieren durch die Lernenden □ Die Präsentation ... ist für mich verständlich. ist für mich interessant. hört sich korrekt an. erscheint mir flüssig gesprochen. wird mit Gestik und Mimik sinnvoll unterstützt. trifft voll zu trifft teilweise zu trifft überhaupt nicht zu Der Beobachtungsbogen dient als Grundlage für ein Feedback der Peers. Dabei müssen die Peers vorgegebene Regeln beachten, wie z.B.; • Beziehe dich bei der Evaluation auf deine Beobachtungen und nicht auf Vermutungen. • Formuliere das Feedback beschreibend und nicht bewertend. • Nenne die positiven Aspekte zuerst. • Drücke dich möglichst präzise aus und belege deine Aussagen mit konkreten Beispielen. • Achte darauf, dass dein Feedback für die Mitlernenden hilfreich ist. Speziell zum (Europäischen) Sprachenportfolio informieren Burwitz-Melzer (2010), Little (2009, 2010) und Schneider (2013). Zur Selbstevaluation können Sie sich weiter informieren bei Kleppin (2008) und Roche (2010). Weitere Hinweise zur Selbst- und Peer-Evaluation finden sich in dem Beitrag von Anderson in Coombe u.a. (2012, Kap. 22). Zur Evaluation plurilingualer und interkultureller Kompetenzen finden Sie Hinweise in Lenz/Berthele (2010). Sehr viele praxisrelevante Informationen und Aufgaben finden Sie auf der Internetseite des Projekts MACICC: http://www.unil.ch/magicc Zusammenfassung In Teilkapitel 6.2 haben Sie die Selbst- und die Peer-Evaluation als zwei wichtige Konzepte des Evaluierens durch die Lernenden kennengelernt. Die Selbstevaluation und die Evaluation durch Peers sind in vielen Lehr-/Lernkontexten noch nicht eingeführt und bedürfen der Übung. Man kann schon auf eine Reihe von Verfahren der Selbst- und Peer-Evaluation zurückgreifen, mit denen im unterrichtlichen Kontext Erfahrungen gemacht wurden. Dazu gehören z.B. das Europäische Sprachenportfolio als Lernbegleiter und Instrument der Selbstreflexion sowie Beobachtungsbögen zur Peer-Evaluation. Literatur zum Weiterlesen 146