Jeden Monat sterben zwei Sprachen (Konjunktiv I, Futur II) Forscher beklagt Desinteresse der Öffentlichkeit Von den 6000 Sprachen der Welt werden in 100 Jahren die meisten verschwunden sein. Der niederländische Sprachwissenschaftler Frederik Kortlandt dringt auf eine rasche Dokumentation bedrohter Sprachen: Denn mit jeder Sprache verschwindet ein einzigartiger Wissens- und Kulturschatz. Die Bedeutung ausgestorbener Sprachen wie Ägyptisch, Sumerisch oder Phönizisch ist heute nur noch einigen Wissenschaftlern bekannt. Mehr als 1000 Sprachen sind allein in den vergangenen 400 Jahren verschwunden. „Dass Sprachen aussterben, ist eine normale Entwicklung, die an sich nicht besorgniserregend ist“, sagt Frederik Kortlandt, Professor für die vergleichende Sprachwissenschaft an der Universität Leiden. „Aber in 100 Jahren werden rund 90 Prozent der 6000 noch existierenden Sprachen ausgestorben sein. Mit den Sprachen verschwinden nicht nur Worte, sondern auch das Wissen um viele Dinge.“ Als Beispiel nennt er den Regenwald, dessen Pflanzen ohne die einheimischen Indianersprachen nur schwer zu nutzen seien: „Die Kenntnis um die Wirkung von Pflanzen, Früchten und Wurzeln ist oft nur an die Sprache gebunden.“ Kolonialisierung, Landflucht, die modernen Massenmedien, die Benachteiligung, oder Verfolgung von Minderheiten haben in den vergangenen Jahrzehnten das Sprachsterben beschleunigt. Alle 14 Tage verschwindet weltweit eine Sprache. Mehr als Hälfte der Menschen spricht eine der großen elf Sprachen der Erde wie Chinesisch, Hindi, Englisch oder Spanisch. 90 Prozent aller Sprachen werden von weniger als 100 000 Menschen gesprochen. „Manchmal sind es gerade noch zwei, drei Menschen, die einer Sprache mächtig sind“, berichtet Kortlandt: Besonders die rund 2 400 Indianersprachen seien bedroht. Oft sei es verständlich, dass Volksgruppen eine stärker verbreitete Sprache übernehmen: „Leute erschließen sich damit ihre Umgebung, verbessern ihre Karrieremöglichkeiten.“ Doch mit der Sprache gehe ein Teil der Identität verloren: „Vor allem für Ältere ist das Verschwinden einer Sprache auch eine persönliche Katastrophe. Manchmal können Großeltern ihre Enkel nicht verstehen.“ Aufzuhalten ist die Entwicklung nach Ansicht von Kortlandt kaum. Doch der 52jährige mahnt zur Eile, so viel wie möglich die bedrohten Sprachen zumindest zu dokumentieren und zu erforschen, weil die Geschichte der Sprachen und ihre Beziehungen zueinander auch die Entwicklung von Zivilisationen erkläre. Der „Erfolg“ einer Sprache habe immer politische oder ökonomische Ursachen: Sprachen könne man weder fühlen noch sehen, so erklärt der Niederländer das mangelnde öffentliche Interesse an Sprachenschutz: „Überreste von Tieren und Pflanzen kann man sammeln, Akustik hingegen verfliegt. Wenn eine undokumentierte Sprache stirbt, ist sie für immer weg.“ Thomas Roser - Frankfurter Rundschau 9.4.1999 Wenn die Zeit rückwärts liefe (Konjunktiv II, Konditional) Wenn die Zeit rückwärts liefe, wäre Herr Schneider, der eben in den Kanal gefallen ist, nicht ertrunken. Wenn die Zeit rückwärts liefe, würde Herr Schneider wieder auftauchen, aus dem Wasser fliegen, und im Bruchteil einer Sekunde in der Dunkelheit am Ende der Gasse stehen, die direkt zum Kanal führt. Wenn die Zeit rückwärts liefe, würde Herr Schneider die Gasse zurückgehen und dem Polizisten eine runterhauen, der ihm den falschen Weg gezeigt hatte. Den nämlich, der direkt zum Kanal führt. Wenn die Zeit rückwärts liefe, würde Herr Schneider sich überlegen, ob es nicht viel zu teuer ist, ganz bis nach Venedig zu fahren!