Praxiserkundungsprojekte planen 5 5 Praxiserkundungsprojekte planen Abschließend möchten wir Sie darin unterstützen, ein Praxiserkundungsprojekt zu planen und durchzuführen. Das Praxiserkundungsprojekt ist ein wichtiges Instrument für Ihre Professionalisierung als Lehrkraft. Mit dem Praxiserkundungsprojekt können Sie einen für Sie persönlich wichtigen oder interessanten Aspekt Ihrer eigenen Praxis erkunden. Das Projekt wird in der Regel durch einen Impuls, z.B. eine neue Idee, einen Vorschlag, etwas zu verändern oder durch einen Mitschnitt von einer Unterrichtsstunde angestoßen und von einer Erkundungsfrage bestimmt. Auf diese Frage suchen Sie entweder allein oder gemeinsam mit Kolleginnen und Kollegen Antworten in Ihrem Unterricht. Sie sammeln Daten (z.B. Lernertexte, Aufgaben/Übungen, Beobachtungen in Form von Notizen), die Ihnen dabei helfen zu verstehen, was im Unterricht geschieht, und Ihr eigenes Handeln zu bewerten und möglicherweise zu verändern. Ziel der Praxiserkundung ist, dass Sie • sich diejenigen Fragen, die Sie mit Blick auf das Sprachenlernen Ihrer Lernerinnen und Lerner besonders beschäftigt haben, bewusst machen, » durch die Erkundung einer dieser Fragen neue Wege und Ideen für die Unterstützung Ihrer Lernenden im Sprachlernprozess und für die Planung Ihres Unterrichts entwickeln können. In dieser Einheit haben Sie sicher vieles kennengelernt, was Folgen für Ihre Unterrichtsgestaltung haben wird. Sie haben erfahren, wie das Lernen von Sprachen erklärt wird, welche individuellen Faktoren beim Lernen eine Rolle spielen und wie Sie ein lernförderliches Klima im Unterricht schaffen können. Außerdem haben Sie sich mit dem Konzept des selbstständigen Lernens befasst und erfahren, dass jede und jeder von uns eigene Lernwege geht und deshalb auch individuell ausgewählte Lernstrategien einsetzen sollte. Um diese Individualität auch im Unterricht zu berücksichtigen, sind verschiedene Konzepte der Binnendifferenzierung und Individualisierung vorgestellt worden. Schließ haben Sie auch erfahren, dass in jedem Klassenzimmer und in jedem Kursraum eine sprachliche Vielfalt zu finden ist und dass man die vorhandenen Sprachenkenntnisse und die Erfahrungen der Lernenden mit Sprachunterricht sehr gut beim Lehren unc Le—e-der zweiten Fremdsprache Deutsch nutzen kann. Bevor wir Ihnen einige Vorschläge für Praxiserkundungsprojekte machen, überlegen S e doch noch einmal, welche Fragestellungen dieser Fortbildungseinheit für Sie besonders interessant waren. Aufgabe 121 Sehen Sie sich noch einmal Ihre Notizen und Arbeitsblätter an und erinnern Sie sich an die Gespräche mit Ihren Kolleginnen und Kollegen. Notieren Sie. Für mich war in dieser Einheit neu: Besonders interessant finde ich: Nicht zustimmen kann ich: — 5 Praxiserkundungsprojekte planen Ich möchte mehr wissen über: Impulse für Praxis-erkundungsprojekte Wir möchten Ihnen noch einige Vorschläge für Praxiserkundungsprojekte machen, mit denen Sie Neues in Ihrem Unterricht ausprobieren können. Mit diesen Vorschlägen wollen wir Ihre eigenen Ideen für ein Praxiserkundungsprojekt jedoch nicht einschränken. Da Sie von diesem Projekt profitieren sollen, versteht es sich von selbst, dass Ihre Entscheidung für ein Thema oder eine Fragestellung Priorität hat. Denken Sie vor allem daran: Klein, aber fein sollte Ihr Projekt sein. Nehmen Sie sich nicht zu viel vor. Entscheiden Sie sich für ein Projekt, das sich im Rahmen Ihres Unterrichtsalltags gut planen und durchführen lässt. Fehler untersuchen (siehe Kapitel 2.3) Möchten Sie sich intensiver mit den Fehlern Ihrer Lernenden beschäftigen und dabei herausfinden, welches typische und immer wieder auftretende Fehler sind? Möchten Sie verstehen, welche Gründe dazu führen, dass Ihre Lernenden zu einem bestimmten Zeitpunkt bestimmte Fehler immer wieder machen? Ist es Ihnen nach der Bearbeitung dieser Einheit ein Anliegen, dass sich Ihre Lernenden diese Fehler bewusst machen und sie vielleicht sogar erklären können? Dann planen Sie ein Praxiserkundungsprojekt zu diesem Thema. Sie könnten z.B. mit einer Zusammenstellung von Fehlern aus den Texten Ihrer Lernenden beginnen und sie mit Blick auf die vorhandenen Sprachen in Ihrem Klassenzimmer erklären. Jede/r lernt anders (siehe Kapitel 2.4). Sie stellen als Lehrkraft sicher fest, welch unterschiedliche Persönlichkeiten und Lernertypen in Ihrem Unterricht zusammenkommen. Haben Sie da vielleicht manchmal das Gefühl, mit den Arbeits- und Sozialformen und Lernmaterialien, die Sie auswählen, nicht allen Lernenden gerecht werden zu können? Erkunden Sie doch einmal mithilfe eines Fragebogens die Meinung Ihrer Lernenden zu verschiedenen Lernaktivitäten, die Sie bereitstellen; befragen Sie sie zu ihrer Einstellung zu ihren Sprachen, zum Fremdsprachenunterricht allgemein und vielleicht auch zu Ihrem Unterricht. Vielleicht sind Ihre Lernenden im Anschluss auch offen dafür, einen Fragebogen zu ihrem Lerntyp auszufüllen und in der Gruppe über die Ergebnisse zu sprechen. beim Lernen selbstständiger werden (siehe Kapitel 3.3) Wenn Sie die Inhalte von Kapitel 3 angesprochen haben und Sie die Selbstständigkeit Ihrer Lernenden stärker fördern möchten, dann planen Sie eine Unterrichtseinheit, in der Sie Elemente selbstständigen Lernens einbauen. Informieren und befragen Sie Ihre Lernenden im Anschluss daran, wie sie die Arbeitsweise empfunden haben. Vermutlich wird eine Unterrichtseinheit das Lernverhalten Ihrer Lernenden nicht völlig verändern, aber vielleicht kommen Sie und Ihre Lernenden zu dem Ergebnis, dass Sie die Angebote, die Ihr Lehrwerk mit Blick auf strategisches und selbstständiges Lernen macht, in Zukunft stärker nutzen möchten. über Lernstrategien sprechen (siehe Kapitel 3.4) Wenn Sie Ihre Lernenden darin unterstützen möchten, ihr Sprachenlernen besser zu steuern, könnten Sie ihnen Strategien an die Hand geben. Planen Sie ein Gespräch mit Ihren Lernenden darüber, wie sie bei der Bearbeitung von Aufgaben vorgehen, wie sie sich selbst beim Lernen motivieren oder darüber, auf welche Weise sie ihre Lernergebnisse selbst bewerten. Führen Sie ein oder zwei solche Gespräche und setzen Sie Beobachterinnen oder Beobachter ein, die Ihnen danach berichten, wie sie diese Gespräche wahrgenommen haben. Befragen Sie danach alle in der Lerngruppe dazu. Eine solche Erkundung könnte eine Basis dafür sein, wie solche Gespräche in Zukunft geführt werden können. sprachliche Vielfalt erkennen (siehe Kapitel 4.2) Sie gehen davon aus, dass Ihre Lerngruppe sprachlich homogen ist? Erarbeiten Sie mit der Gruppe Sprachenporträts, wie wir sie in Kapitel 4.2 nach einem Vorschlag von Krumm (2001) gezeigt haben. Lassen Sie Ihre Lernenden ihre Porträts ausstellen und kommentieren. Vielleicht entdecken Sie, dass es doch mehr Sprachen in Ihrem Klassenzimmer/Kursraum gibt, als Sie dachten. Sie können die Erkundung noch ergänzen, indem sie Ihre Lernenden einladen, die Migrationsbiografie der Familie zu recherchieren: Woher stammen -"2 Praxiserkundungsprojekte planen 5 die Eltern und Großeltern? Welche Sprachen haben sie gesprochen oder auch nur gehört? Welchen Einfluss hat das auf die Kinder/Enkel und ihre Einstellung zu Sprachen? Sprachliche Vielfalt wird über diese Geschichten sicher bewusst. Überlegen Sie dann, wie Sie mit diesen Ergebnissen im Unterricht weiterarbeiten können. Sie wissen, dass Ihre Lernenden über verschiedene Sprachen verfügen, und möchten, dass sie diese Kenntnisse stärker für Sprachvergleiche nutzen? In Kapitel 4 haben Sie verschiedene Beispiele gesehen, wie Sie dabei vorgehen können. Integrieren Sie den Sprachvergleich in Ihre nächste Wortschatzarbeit und ermutigen Sie Ihre Lernenden beim Vergleichen dazu, laut zu sprechen. Sprechen Sie mit Ihrer Lerngruppe auch über die Lernstrategie: Wie schätzen Ihre Lernenden den Sprachvergleich ein, möchten sie die Strategie noch einmal ausprobieren? Formulieren Sie eine Leitfrage zu Ihrer Praxiserkundung und notieren Sie Ihre Aktivitäten zur Erkundung der Frage. Was ich erkunden möchte ist: Dies weiß ich bereits zu dieser Frage: Ich möchte dabei so vorgehen: Meine Ergebnisse sammle ich so: Die Ergebnisse meiner Erkundung stelle ich so dar: Wir hoffen, dass Sie beim Lesen viele Anregungen dafür erhalten haben, neuen und spannenden Fragen in Ihrem Unterricht nachzugehen, und dass Sie Lust bekommen haben, weiter über das Sprachenlernen nachzudenken. Vielleicht haben Sie nun Interesse, auch in Zukunft immer mal wieder kleinere Praxiserkundungsprojekte durchzuführen, um Dinge rund ums Sprachenlernen selbst herauszufinden. Stehen Sie zu Bewährtem und behalten Sie es bei. Bleiben Sie aber zugleich neugierig und offen für neue Verfahren und testen Sie diese in kleinen Praxiserkundungsprojekten. Das wird dazu beitragen, dass die Qualität Ihres Unterrichts zunimmt und Sie sich in Ihrem professionellen Selbstverständnis weiterentwickeln. 173