Hier finden Sie die HINWEISE ZUM VERFASSEN VON ESSAYS, übersichtlichkeitshalber in stichwortartiger Form. Was macht den Essay zum Essay? Eine bestimmte Fragestellung (Thema). Jeder Essay muss ein Thema haben. Dieses Thema muss unter anderem auch in der Überschrift des Essays zum Ausdruck kommen. Ein Beispiel: Der Titel des Dramas „Der Besuch der alten Dame“ von Friedrich Dürrenmatt z.B. ist nicht ein Thema, und deshalb auch keine Überschrift Ihres Essays. „Der Besuch der alten Dame“ ist nur der Stoff, es ist die wichtigste Quelle Ihres Essays. Metaphorisch gesprochen ist es der Teich, aus dem Sie Argumente wie Fische holen, wenn Sie für einen Fischliebhaber ein Abendessen mit 7 Gängen bereiten wollen. Das heißt: Aus dem Roman oder dem Film schöpfen Sie Argumente, die Ihre Antwort auf die Fragestellung unterstützen. Der Stoff („Der Besuch der alten Dame“) bietet uns also Themen an, und Sie wählen ein bestimmtes, das Sie anspricht. Ein Thema (eine Fragestellung) wäre dann z.B. die Verdrängung der eigenen Schuld durch die „Mitläufer“[1], die Dürrenmatt in seinem Drama kritisiert. Der dieser Fragestellung entsprechende Titel des Essays wäre dann z. B. Vorläufer oder Mitläufer? Die Frage der (Mit-)Schuld in Dürrenmatts „Besuch der alten Dame“. Es tut übrigens immer gut, wenn die Überschrift den Leser nicht ganz kalt lässt. Sie ist sozusagen die Werbung für den ganzen Text. Ihr informativer Wert ist aber auch entscheidend: Sie sagt klipp und klar, womit man es zu tun hat. Es gibt aber fast unendlich viele Möglichkeiten für interessante Fragestellungen. Zumindest drei Sachen haben die guten Essay-Themen gemeinsam. a) Sie dürfen nicht auf den ersten Blick klar sein (z.B. Will sich die „alte Dame“ rächen? Freilich will sie das. Deshalb ist eine so gestellte Fragestellung falsch und langweilig.) b) Sie dürfen sich nicht Unerreichbares vornehmen (z.B. Biblische Parallelen in der „Blechtrommel“ von Grass. Das können Sie später in Ihrer Doktorarbeit erörtern). c) Sie müssen anhand vom „Beweismaterial“ zu beantworten sein, den Sie in Ihrem Stoff (im Text von Dürrenmatts `Alter Dame´) finden. Sie betreiben damit eine Analyse von Belletristik oder Film. Welches Arbeitsverfahren liegt dem Essay zugrunde? Eben das Verfahren der Text- bzw. Film-Analyse. Ihre Argumente holen Sie – sowie das Thema – größtenteils aus dem Text. Ein Beispiel: Ob Dürrenmatts „alte Dame“ vielleicht weniger grausam zu ihrem alten Liebhaber hätte sein können, kann zwar interessant sein, hat aber mit dem Text nichts mehr zu tun. Eine so gestellte Frage lässt sich aus dem Text heraus nicht beantworten. Sie hingegen arbeiten mit dem Text – Sie analysieren ihn – und beweisen (durch Zitate oder Beobachtungen), dass Ihre Antwort auf die Fragestellung stimmt. Die analytische Schreibweise schließt die „benachbarten“ Verfahren – die Nacherzählung der Handlung und das „Erlebnisbericht“ aus. Dass Sie kein Erlebnisbericht schreiben sollen heißt nicht, dass Ihre Meinung nicht wichtig sei. Ganz im Gegenteil: Ihre Perspektive ist an dem Essay das Wichtigste. Nur zeigt sie sich nicht darin, ob es geregnet oder geschneit hat, als sie das Buch gelesen haben usf. Auch ist wenig interessant, ob Ihnen der Film oder das Buch gefallen haben, wenn Sie nicht sagen, was genau Ihnen daran gefallen hat und welchen Bezug das zu dem Thema Ihres Essays hat. Ihre Perspektive zeigt sich aber durchaus in Ihrer Themenwahl, in der Beweisführung, in der Sprachgewandtheit, mit der Sie Ihre Gedanken zum Ausdruck bringen. Hier kann Sich Ihre Kreativität ausleben! Noch zwei Sätze zum Stichwort Nacherzählen: Setzen Sie einfach voraus, dass der Leser – ich also – die Handlung des Filmes bzw. des Romans kennt. Also interessiert sie ihn nicht. Er will eine interessante These sehen, die anhand des Film- oder Textmaterials bewiesen wird. Wie ist der Aufbau des Essays? Kinderwissen ist: Einleitung, Hauptteil, Schluss. Das stimmt: In der Einleitung sagen Sie, was Sie im Essay sagen werden, im Hauptteil sagen Sie das, und im Schlussteil sagen Sie, was sie gesagt haben. Aufgepasst aber vor allem in der Einleitung: Schon in der Einleitung muss unbedingt stehen, was Sie im Essay zum Ausdruck bringen wollen. Sie schreiben keinen Krimi, wo der Schluss den Leser womöglich überraschen muss. Sie hingegen sagen gleich in der Einleitung, welche Antwort Sie auf Ihre Fragestellung geben wollen. Diese Antwort nennt man These. Die Einleitung ist dazu da, dass Sie a) die Fragestellung vorstellen (nicht „mir hat der Text/Film gefallen“!, sondern „Meine Fragestellung bedeutet im Näheren das und das“ und „aus diesem oder jenem Grund ist es sinnvoll, sich hier eine solche Frage zu stellen“); und b) Sie stellen die These (Ihre Antwort auf die Fragestellung) vor. Der Hauptteil dient dann dazu, dass Sie den Leser davon überzeugen, dass Ihre These stimmt. Noch eine Warnung. Die Einleitung macht den Anfang des Essays aus. Deshalb können Sie nicht mit Demonstrativpronomina anfangen. Es ist sehr unlogisch, folgendermaßen zu beginnen: „Dieses Thema habe ich ausgewählt, weil mir dieser Film gefallen hat.“ Die Fehler dabei sind: a) von „gefallen“ soll keine Rede sein, das ist ganz subjektiv, und b) Sie können mit dem Pronomen „dieser“ nicht auf etwas hinweisen, dass Sie noch nicht erklärt haben. In der Einleitung sollen Sie die Fragestellung näher erklären (siehe oben), nicht sie mit einem Pronomen abtun und dann drum herum reden. Im Hauptteil sollen Sie Argumente, Beweise für Ihre These bringen. Sie sagen also: für meine Aussage (These) spricht das und das. Sie können auch sagen: Manche Kollegen könnten vielleicht so und so widersprechen, aber das stimmt nicht. Die Gründe sind so und so, und hier sind die Beweise dafür. All dies fügt sich folgendermaßen in meine Argumentation ein. Und siehe da! – Sie haben das Konzept des Essays fertig! Wichtig ist die Gliederung des Hauptteiles in Absätze. Hier gilt häufig die Gleichung ein Gedanke, ein Argument ist gleich ein Absatz. Ihre Argumente sind dann unanfechtbar, wenn Sie sie durch Zitate belegen können. Was ist das größte akademische Verbrechen? Plagiat. Wenn Sie Sätze oder Gedanken übernehmen ohne klar zu markieren, dass es nicht Ihre eigenen Sätze oder Gedanken sind, begehen das größte Verbrechen, dass es an der Uni gibt. Ihr Essay wird dann abgelehnt. Weitere Angaben zu Zitierregeln finden Sie im Moodle-Kurs RING (Rukověť informačně gramotného studenta) von Němec, Šedinová (speziell empfehlenswert ist die Powerpoint-Präsentation „Sumarizující osvětová prezentace“). Und die scheinbar kleinen, aber entscheidenden Geheimtipps fürs Schreiben? Benutzen Sie im MS-Word das deutsche Rechtschreibprogramm, sowie die deutsche Tastatur. Rechtschreib- und Satzbaufehler, die automatisch korrigiert werden können, sind in Essays nicht akzeptabel. Benutzen Sie kein Imperfekt, außer bei Hilfs- und Modalverben. Das Imperfekt ist ein Tempus für das Erzählen. Sie haben aber vor zu argumentieren. Benutzen Sie daher das Präsens als Tempus der „Erörterns“, des Referierens. Für die Vorzeitigkeit eignet sich dann das Perfekt vorzüglich. Ich wünsche viel Glück bei der Themenwahl und viel Spaß beim Nachdenken. JB ________________________________ [1] Die Bürger in Dürrenmatts Drama haben sich zum Mord an einem Menschen korrumpieren lassen, aber weil sie es „als ganze Gemeinde“ gemacht haben, hat sich keiner schuldig gefühlt. Das ist schon etwas, was eine Analyse verdient, nicht?!