Es kann der Frömmste nicht in Frieden leben, wenn es dem bösen Nachbarn nicht gefällt. #3 a Lesen Sie den Text und ordnen Sie die folgenden Überschriften den^ • >, Abschnitten 1 bis 5 zu. Drei Überschriften passen nicht. Warum? „ A Fehlende Toleranz _ *__' B Kriminalität unter Nachbarn C Vorschriften regeln Zusammenleben__ D Sehnsucht nach Leben auf dem Lande__ £ Soziale Probleme und Nachbarschaft____ F Wie ist das möglich? Ärger über Gehgeräusche _____ H Lärm gibt Richtern zu tun ______________ Nirgends gibt es so viel Streit wie in der Nachbarschaft Die deutschen Gerichte kommen mit den Klagen gar nicht mehr hinterher 1____________________________________ einmal aufs Land zu ziehen (wo er dann vielleicht jahrelang gegen den Nachbarn klagt, dessen Baum zu nah an der Grenze 35 steht). 3___ Dabei sind Mieter, die im Übermaß Lärm verursachen, klar im Unrecht. Wenn der lärmende Mitmensch trotz Aufforderung die Quelle des Lärms nicht abstellt, können die 40 gepeinigten Nachbarn die Polizei anrücken lassen, denn Lärmbelästigung ist eine Ordnungswidrigkeit. In den meisten Hausordnungen sind außerdem allgemeine Ruhezeiten festgelegt, die die 45 ganze Nacht über gelten (22 bis 7 Uhr) und - heute nur noch wenig bekannt - auch die Mittagsstunden von 13 bis 15 Uhr einschließen. Während dieser Zeit ist Zimmerlautstärke angesagt, und das heißt eigentlich: Alle 50 Geräusche, die man verursacht, dürfen nur in der eigenen Wohnung zu hören sein. Wer in diesen Stunden die anderen Mitbewohner durch laut aufgedrehte Musikanlagen oder anderen Lärm nervt, ist klar im Unrecht. 55 Außerhalb der allgemeinen Ruhezeiten ist der Gebrauch normaler Haushaltsgeräte wie zum Beispiel Waschmaschine, Hammer, Bohrer oder Mixer gestattet - auch über Stunden. Ebenso müssen Kinderlärm, Geh- 60 geräusche, Loilettenspülungen, ja selbst lebhafte Liebesschreie als „sozialadäquat" hingenommen werden. Hilfreiche Regelungen, die das nachbarschaftliche Miteinander eigentlich einfach machen sollten. 65 Der Fall erschütterte die ganze Republik: Ein Schlüsseldienst öffnete die linke Erdgeschosswohnung eines Mietshauses. Die dienstlichen Besucher empfing Mieter Wolfgang D. auf 5 dem Sofa im Wohnzimmer sitzend. Er rührte sich nicht, denn er war tot. Wahrscheinlich seit sehr langer Zeit, denn die aufgeschlagene Fernsehzeitung war schon 5 Jahre alt. Der deutsche Blätterwald rauschte gemäß 10 der Melodie „Wie konnte das passieren?". Doch bald war der vollständig mumifizierte Wolfgang D., diese „Moorleiche der Informationsgesellschaft" („Die Zeit"), schon wieder vergessen. Die Deutschen machen 15 sich wohl lieber Gedanken um ihre lebenden Nachbarn. 2_______ Allein im vergangenen Jahr wurden nach Angaben des Bundesjustizministeriums über 400.000 Prozesse von zerstrittenen 20 Nachbarn geführt. In den meisten Fällen lag der Streitwert unter 250 Euro. Meist geht es um Bausachen, die Eigenheimbesitzer beim Nachbarn nicht wünschen. Doch auch zwischen Mietern in Mehrfamilienhäusern wird 25 munter gestritten und geklagt. Häufigster Grund: gegenseitige Lärmbelästigung. So gab bei einer Umfrage der Fachzeitschrift „Das Haus" fast die Hälfte aller Befragten an, dass ihre Mitmenschen zu laut seien. 14 30 Prozent sagten sogar, die Nachbarn wären viel schlimmer als die Außengeräusche. Und jeder vierte Stadtbewohner träumt davon, neue Sachverhalte und Informationen verstehen; Standpunkte verstehen MBM———.................................. 4 Allerdings nützten diese Regelungen nur eingeschränkt, denn das grundsätzliche Problem liegt für Wilfried Lehmpfuhl, Jurist beim Deutschen Mieterbund in Hamburg, 70 noch ganz woanders. Häufig sei der Lärmgestörte nicht tolerant genug gegenüber anderen Lebensformen und -erscheinungen. Bei jungen Leuten gehe eben nicht um Punkt 22 Uhr das Licht aus, und es gebe nun mal 75 Tagmenschen und Nachtmenschen und die lebten unglücklicherweise manchmal unter einem Dach. Hinzu komme die bedauerlich niedrige Toleranzschwelle der Betroffenen: „Viele Menschen haben heute schlechte Ner- 80 ven und Schlafstörungen. Die wachen von Geräuschen auf, die andere nie bemerken würden!" Politikern und Experten aus der Wohnungswirtschaft machen diese täglichen, 85 allzu menschlichen Nachbarschaftsstreitigkeiten keine großen Sorgen. Es sind andere Phänomene, die sie beunruhigen. Auf dem Kongress des Bundesverbandes deutscher Wohnungsunternehmen (GdW) - die im Verband zusammengeschlossenen deut- 90 sehen Unternehmen verwalten über sieben Millionen Wohnungen, meist Sozialwohnungen - warnte Präsident Jürgen Steinert vor der „sozialen Erosion" in vielen Wohnsiedlungen. Steinert, früher Wirtschaftsse- 95 nator in Hamburg, bezeichnete die Unternehmen des GdW als eine „Art gesellschaftliches Frühwarnsystem". Er beobachte in Deutschland zunehmend ein „soziales Zerbrechen von Wohnquartieren". Dieser 100 zunehmende Verfall guter Nachbarschaft sei ausgelöst durch die Konzentration sozialer Problemfälle in bestimmten Vierteln. Immer mehr Wohngebiete gälten im Branchenjargon als „verbrannt", da sich 105 in ihnen Vandalismus, Drogenkonsum und wachsende Kriminalität breit machten. Dafür macht Steinert in erster Linie die Massen- und Dauerarbeitslosigkeit verantwortlich und das „Scheitern der Integrati- 110 on ausländischer Mitbürger". Lesen b Lesen Sie den Text noch einmal und stellen Sie fest, wie folgende Aspekte beurteilt werden: zustimmend (z), ablehnend (a) oder neutral (n). 1. ein Mann lag fünf Jahre tot in seiner Wohnung 2. die Streitsucht der Deutschen 3. die gesetzlichen Regelungen gegen die Lärmbelästigung 4. die realen Bedingungen, um gegen Lärmbelästigung vorzugehen 5. die Toleranzschwelle der Betroffenen 6. die Entwicklung in vielen Wohngebieten Sprechen Lesen •..nre; ~« C Tauschen Sie sich nun in Kleingruppen über Ihre Ergebnisse in Aufgabenteil b aus und begründen Sie Ihre Antworten. -* d Besprechen Sie in der Kleingruppe, was die folgenden Ausdrücke bedeuten. Notieren Sie Ihre Erklärung und besprechen Sie sie dann im Kurs. 1. Zeile 1: Der Fall erschüttert die ganze Republik. 6. Zeile 49/50: Zimmerlautstärke 2. Zeile 9: Der Blätterwald rauschte. 7. Zeile 62: sozialadäquat 3. Zeile 20/21: Der Streitwert lag unter 250 Euro. 8. Zeile 78: Toleranzschwelle 4. Zeile 37: im Übermaß 9. Zeile 94: soziale Erosion 5. Zeile 42/43: Ordnungswidrigkeit 10. Zeile 109: Massen- und Dauerarbeits- losigkeit 1. die Deutschen warm schockiert über den Fall, und überall wurde darüber gesprochen. Sprechen —;-• e Besprechen Sie, welche Aspekte des Textes Sie besonders bzw. gar nicht interessant fanden und warum. | 35