2/20C8 Soracheckí Sprachecke 2/2008 „Habe nun, ach! Philosophie, Juristerei und Medizin, Und leider auch Theologie Durchaus studiert, mit heißem Bemiihn. Da steh ich nun, ich armer Tor! Und bin so klug als wie zuvor;..." Vielen Deutschlehrerinnen und -lehrern geht es ebenso wie Faust: Hunderte von Regein haben sie während des Studiums gelernt, aber bei der Verwendung der beiden Vergangenheitsformen sind sie sich nach wie vor nicht sicher. Aber auch Muttersprachler sind oft unsicher, wenn man sie fragt, warum sie gerade die eine und nicht die andere Zeitform benutzt haben. Schauen wir uns das Zitat von Faust aber noch einmal genauer an: Ist es wirklich nur eine Frage des Stils - oder gar des Rhythmus, ob er „studiert hat" oder „studierte"? Fühlen Sie da einen Unterschied? Wie halten Sie's mit dem Perfekt? ich kann Ihnen versichern, dass die Frage nach den Vergangenheitsformen keine Gretchenfrage ist. Bei den meisten Verben können Sie nämlich -je nachdem, welchen Verbaspekt sie gerade betonen wollen - beide Formen benutzen. Aber gerade weil Präteritum und Perfekt jeweils andere Aspekte des Verbs ausdrücken, klingt die eine Form in bestimmten Kontexten oft ganz ungewöhnlich, - wenn nicht sogar falsch. Zurück zu Faust: In diesem Zitat stellt er heraus, dass er trotz seines umfangreichen, universellen Studiums nichts für sein Leben gelernt hat. Er spricht über das (für ihn sehr unbefriedigende!) Ergebnis seines Studiums, er ist jetzt „so klug als wie zuvor". Und dazu benutzt er das Perfekt „habe studiert''. Immer, wenn wir das Ergebnis einer Aktion betonen wollen, brauchen wir im Deutschen dafür das Perfekt. Faust möchte uns nichts über den Verlauf seines langjährigen Studiums erzählen, nichts darüber, wie er nächtelang bei Kerzenschein über seinen Büchern brütete und tagsüber abwesend seinen tiefsinnigen Gedanken nachhing. Nein! Für ihn ist in diesem Moment wichtig, dass die ganze Studiererei ihm nichts gebracht hat. Deshalb das Perfekt. - Haben Sie etwas gemerkt? Hätte er den Verlauf seines Studiums beschreiben wollen, hätte er das Präteritum benutzt. Etwa so: „ich studierte mit heißem Autorin: Friderike Komärek Bemühen, saß Nacht für Nacht bei Kerzenschein am Tisch, las in meinen dicken Büchern und machte Notizen, bis ich schon fast nichts mehr sah. Und doch schlief ich nicht darüber ein, denn meine Gedanken lebten in mir weiter, so dass ich ihnen mit geröteten Augen auch tagsüber nachhing..." - Sehen Sie jetzt auch den armen Faust, den „Studioholic", vor sich? Mit dem Präteritum malen wir uns die Handlungen aus, sehen sie in unserer Phantasie buchstäblich vor uns. Und alles nur, weil das Präteritum den Verlauf der Handlung beschreibt. Das Perfekt dagegen betont das Ergebnis. Klingt gar nicht so kompliziert, oder? Ist es auch nicht. Merken Sie sich den Unterschied einfach an den lateinischen Begriffen: • Präteritum - praeter-ire = vorübergehen, verfließen > der Verlauf der Handlung wird betont bzw. der Zustand, eine Situation oder auch die Atmosphäre wird beschrieben • Perfekt = vollendet > das Ende der Handlung, das Ergebnis wird betont Hier noch ein Beispiel: Wenn ich sage „Ich ging zur Tür.", sehen Sie mich, wie ich vom Tisch zur Tür gehe. (Natürlich wissen Sie auch, dass das irgendwann in der Vergangenheit war.) Sage ich dagegen „Ich bin zur Tür gegangen.", sehen Sie mich an der Tür stehen und wissen, dass ich den Weg vom Tisch zur Tür hinter mir habe. Mit dem Präteritum beschreiben wir also Flandlungen wie in einem laufenden Film, während wir mit dem Perfekt stehende Bilder ausdrücken, aus denen zu erkennen ist, was vorher passiert war. Dadurch, dass das Perfekt die Ergebnisse einzelner Handlungen betont, entsteht eine gewisse Distanz zu dem Erzählten: Der Hörer stellt sich wie in einem Diavortrag einzelne stehende Bilder vor, erlebt die Geschichte aber nicht- wie in einem Film - selbst mit. Die (übrigens nicht von Faust stammende) „Faustregel" - Präteritum im Schriftlichen und Perfekt im Mündlichen -hilft zwar, aber man darf sie nicht allzu wörtlich nehmen. Denn die oben beschriebene unterschiedliche Bedeutung der beiden Vergangenheitsformen hat eine direkte Konsequenz für deren Gebrauch, so dass man sehr wohl auch Präteritum in der mündlichen und Perfekt in der geschriebenen Sprache verwendet. Im Folgenden möchte ich gerne den Gebrauch der beiden Vergangenheitsformen näher beschreiben und erklären: Präteritum in der Literatur Da das Präteritum den Verlauf einer Handlung oder einen länger andauernden Zustand beschreibt, hat es die gleiche Wirkung wie das Präsens: Der Leser (bzw. bei Hörbüchern der Hörer) erlebt die ganze Geschichte, alle einzelnen Handlungen, die Stimmungen und damit die Spannung wie in einem Film direkt mit. Und das ist der Grund, warum Romane, Erzählungen und Märchen im Präteritum geschrieben sind: Der Leser soll ja gerade die Spannung miterleben, ganz so, als ob er selbst dabei wäre. Stellen Sie sich jetzt einmal einen. Roman im Perfekt vor: Das wäre wie eine Fotoserie, wo immer nur vollendete Tatsachen präsentiert werden. Der Leser wäre nicht mehr direkt bei den Handlungen dabei, die Spannung wäre verloren und die Erzählung langweilig. Perfekt im mündlichen Bericht Ganz anders dagegen der mündliche Bericht: Hier geht es nicht darum, den genauen Verlauf einer Handlung darzustellen. Ich möchte erzählen, was passiert ist, was ich gemacht habe und wen ich kennen gelernt habe. Zum Beispiel erzähle ich: „Ich bin heute in die Stadt gefahren, und - stellen Sie sich vor, wen ich da im Zug kennen gelernt habe!..." Ich möchte nicht erzählen, wie ich in den Zug einstieg, mich auf einen Platz setzte, wie der Schaffner meine Fahrkarte kontrollierte und wie mir gegenüber ein netter älterer Herr saß und mich anguckte... Nein, das ist alles nicht wichtig. Ich möchte vielmehr erzählen, welche bekannte Person ich kennen gelernt habe, das Ergebnis meiner heutigen Reise! Im Mündlichen haben wir meist keine Zeit - und vor allem kein Interesse daran, die Handlungsabläufe zu schildern. Und das ist der Grund, warum wir im Mündlichen bei den Aktionsverben hauptsächlich das Perfekt benutzen, - bei den Verben, die wirklich eine Aktion ausdrücken. Wie z.B.: „Ich bin heute zu spät aufgestanden, habe schnell gefrühstückt, bin zum Zug gerannt und bin dann gerade noch rechtzeitig zur Arbeit gekommen." Es gibt aber auch Verben, die schon in sich selbst die Bedeutung einer abgeschlossenen Handlung tragen. Diese Verben werden fast immer im Perfekt benutzt und in Romanen stehen sie oft im Plusquamperfekt (lateinisch: „mehr als Perfekt"). Z.B. das Verb „vergessen": Niemanden wird der Prozess interessieren, wie ich vergaß. Wichtig ist allein, dass ich bei der Hektik am Morgen vergessen habe, die Zähne zu putzen, dass ich die Hausaufgaben vergessen habe oder auch einen Namen. Auch die folgenden Sätze würden Sie hauptsächlich im Perfekt sagen: . Ich habe den Schülern verboten, ein Wörterbuch zu benutzen, (nicht „verbot") . Letzte Woche habe ich meinen Schlüssel verloren, (nicht „verlor") . Ich habe den Zug gerade noch geschafft, (nicht „schaffte") • IchhabediePrüfungfcstanzfen! (nicht„bestand") . Was ist passiert? (nicht „passierte") Bestimmt fallen Ihnen noch weitere Verben ein, mit denen man das Ergebnis einer Handlung ausdrückt und die man daher hauptsächlich im Perfekt benutzt. Bei diesen Verben kennen muttersprachliche Kinder oft gar nicht die Präteritumsformen, weil sie sie noch nie gehört haben. Außerdem gibt es eine ganze Reihe von Verben, bei denen der Kontext das Perfekt erfordert, weil ja gerade das Ergebnis betont werden soll. Hierein paar Beispiele: . Gestern habe ich den Schlüssel endlich wiedergefunden. (nicht „fand ich wieder") . Wie viele Leute hast du eingeladen'! (nicht „ludst du ein") . Dieses Buch habe ich auch schongelesen, (nicht „las") ,. Den Film habeich noch nichtgesehen. (nicht„sah") » Alles ist weiß! Es hat die ganze Nacht geschneitl (nicht „schneite") Perfekt im Schriftlichen Die modernen Textsorten E-Mail, Chat oder SMS entsprechen der schnellen mündlichen Kommunikation: Man will Ergebnisse mitteilen, so dass auch hier das Perfekt vorherrscht. Sie meinen, bei einer SMS könnte man Zeichen sparen, wenn man im Präteritum z.B. „Kaufte Brötchen" anstatt „Habe Brötchen gekauft." schreibt? Auf diese Idee würde aber kein Muttersprachler kommen. Wir sparen anders Zeichen: „ Brötchen geka u ft". Auch in persönlichen Briefen, in denen wir nicht ausführlich - wie in einem Tagebuch - über unseren Urlaub berichten, benutzen wir das Perfekt, um kurz mitzuteilen, was passiert ist. Z.B. „Weißt du, dass Martin Schauspieler geworden ist'!" (nicht „wurde"). Ebenso passt in formellen Briefen oft das Präteritum nicht. Stellen Sie sich z.B. eine Mahnung im Präteritum vor: „Wir weisen Sie darauf hin, dass Sie die Rechnung Nr. 12345 immer noch nicht bezahlten." Klingt komisch, oder? - „...bezahlt haben" wäre richtig, denn wir wollen ja gerade betonen, dass die Rechnung bis jetzt noch nicht bezahlt ist. Auch ist das Ergebnis wichtig, daher das Perfekt. ___Präteritum im mündlichen Bericht__ Wenn Sie sich jetzt den Unterschied zwischen Präteritum (= Verlauf, Zustand, Situation) und Perfekt (= Ergebnis) bewusst gemacht haben, werden Sie verstehen, warum wir auch im Mündlichen - im hochdeutschen Sprachraum - die Verben „sein" und „haben" und die Modalverben hauptsächlich im Präteritum benutzen. Der ) iracnecke Sprächet Satz „Ich war heute in der Schule." drückt einen Zustand aus, der länger anhält. Ebenso bezieht sich der Satz „ich hatte Hunger." auf einen länger andauernden Zeitraum. Auch die Modalverben beschreiben einen Zustand, der nicht abgeschlossen ist. Mit dem Satz „Ich musste das einfach sagen." drücke ich eine Notwendigkeit aus. die ich längere Zeit gefühlt habe. Ebenso: „Ich konnte einfach nicht anders." „Ich wollte dir doch nur helfen." usw. Es gibt auch noch andere Verben, mit denen wir hauptsächlich einen Zustand ausdrücken, die wir deshalb hauptsächlich - und eben auch im Mündlichen - im Präteritum benutzen: . Der Mann hieß Meyer, (nicht „hat geheißen") . Beim Bäcker gab es heute Nachmittag keine Brötchen mehr, (nicht „hat gegeben") . Das Buch lag doch vorhin noch auf dem Tisch, (nicht „hat gelegen") . Herr Meyer saß dick und breit in seinem Sessel, (nicht ,j hat gesessen") . Auf der Kreuzung stand ein Polizist, (nicht „hat gestanden") . Das Bild hing immer hier an dieser Wand." (nicht „hat gehangen") . Wie Jan dest du den Film? (nicht „hast gefunden" - aber: „Wie hat dir der Film gefallen?") Foto: Goethe-Zentrum E1CJU Wenn wir bei einer mündlichen Erzählung wirklich den Verlauf betonen wollen, können wir auch bei Aktionsverben das Präteritum benutzen: „Als ich zum Auto kam, stand da ein Polizist." - Damit drücke ich aus, dass ich den Polizisten schon von weitem gesehen habe, und dann die ganze Zeit, während ich auf das Auto zuging. Wenn ich allerdings erklären möchte, wie es zu der unangenehmen Begegnung mit dem Polizisten gekommen war. benutze ich wiederum das Perfekt: „Ich musste sehr lange an der Kasse warten und bin deshalb erst nach einer halben Stunde zum Auto zurückgekommen.'' __Verwirrende Lehrbucherklärungen_______ In verschiedenen Lehrbüchern begegnen einem immer wieder abstruse Erklärungen, wann welche Zeitform benutzt wird. Einige möchte ich hier gerne in Frage steilen: 1. „In einer zusammenhängenden Erzählung benutzt man das Präteritum." - Dies stimmt so nur bei schriftlichen Aufzeichnungen, wie etwa einem Unfallbericht für die Versicherung oder auch bei detaillierten Tagebuchaufzeichnungen. Ziel dieser beiden Textsorten ist es ja, dass der Leser sich den Ablauf der aufeinanderfolgenden Handlungen genau vorstellen kann: Der Versicherungsagent muss den genauen Hergang des Unfalls nachvollziehen können. Und wenn ich in 3 Jahren mein Tagebuch wieder lese, möchte ich gerne noch einmal erleben, was ich heute erlebt, gefühlt und aufgeschrieben habe. Daher das Präteritum, das den Verlauf der Handlung betont. Wenn ich Ihnen aber mündlich von meinem Aufenthalt in Peru berichte, könnte ich mindestens eine halbe Stunde zusammenhängend erzählen - und im Perfekt! Ich möchte Ihnen nämlich berichten, was ich alles erlebt, welche Leute ich kennen gelernt und was für interessante Erfahrungen icli gemacht habe. In meinem mündlichen Bericht will ich Ergebnisse betonen, auch wenn ich zusammenhängend erzähle. Daher das Perfekt, 2. „Das Perfekt wird benutzt, wenn etwas noch aktuell Ist, wenn ein Bezug zur Gegenwart besteht." - Das stimmt so nicht immer! Z.B. sage ich wahrheitsgetreu: „Vor i 4 Jahren bin ich nach Süddeutschland umgezogen." - im Perfekt. Aber dort wohne ich schon lange nicht mehr, denn wie Sie wissen, lebe ich in Tschechien. Nein, wenn ich sage, dass ich vor 14 Jahren nach Süddeutschland umgezogen bin, gebe ich. keine aktuelle Information und stelle keinen Bezug zur Gegenwart her! Vielmehr will ich das Ergebnis betonen, nämlich, dass ich anschließend dort gewohnt habe. 3. „Das Präteritum berichtet aus einer Distanz heraus und hat keinen Bezug zur Gegenwart." - Das verstehe ich nicht. Wenn ich eine Erzählung oder einen Roman (im Präteritum) lese, werde ich quasi in die Vergangenheit entführt und erlebe ich die Erzählung und die Spannung direkt mit. Es besteht also gerade keine Distanz. Eine Distanz entsteht im Gegenteil, wenn etwas im Perfekt erzählt wird. Und der fehlende Bezug zur Gegenwart? Ich ineine, wenn es beim Bäcker keine Brötchen mehr gab, hat das zur Folge, dass wir heute Abend Brot essen müssen. -Also doch ein Bezug, oder? Das Kriterium „Bezug zur Gegenwart" hilft uns also auch hier nicht unbedingt weiter. 4. „Die Hilfsverben „sein", „haben" und „werden" benutzt man im Präteritum." - Hier ist der Begriff „Hilfsverb" irreführend. Denn „sein" und „haben" als Hilfsverben brauche ichja gerade fürdas Perfekt! Nein, nur wenn „sein" und „haben" im Satz als Vollverben gebraucht werden, verwendet man sie im Hochdeutschen im Präteritum. - Und das Hilfsverb „werden"? Das brauche ich für das Passiv. Aber doch nicht unbedingt im Präteritum! Wenn es um das Thema Einbruch geht, würde ich immer ganz erleichtert sagen: „Zum Glück ist bei uns noch nie eingebrochen worden]" - im Perfekt, weil ichja gerade das Resultat betonen möchte, nicht den Verlauf. Ebenso renne ich zur Polizei, wenn mir etwas passiert ist und ich sage: „Ich bin überfallen worden'." Und der Polizist würde fragen: „Ist Ihnen etwas gestohlen worden''!" - denn er möchte ja gerade das „Ergebnis" des Überfalls erfahren. Das Hilfsverb „werden" wird nur im Präteritum benutzt, wenn wir wirklich die Dauer einer bestimmten Handlung betonen wollen, z.B. „Er wurde 5 Stunden lang operiert." Und im Schriftlichen, wie z.B. im handgeschriebenen ausführlichen Lebenslauf („ich wurde am... in... geboren.") oder in der Stadtgeschichte („Die Karlsuniversität wurde 1348 gegründet.") - Was das Vollverb „werden" betrifft, stimmt die Regel ebenso wenig. „Werden" bedeutet eine Zustandsveränderung, z.B. krank werden, das Wetter wird schön, er wiil Lehrer werden usw. Wenn ich nicht zur Arbeit kommen kann und mich telefonisch entschuldige, sage ich: „Es tut mir Leid, aber ich bin krank geworden, ich kann nicht kommen." (Und hier stimmt der Bezug zur Gegenwart!) Ich sage nicht „ich wurde krank" - das interessiert niemanden! Allein das Resultat, dass ich jetzt krank bin und nicht arbeiten kann, ist wichtig. Nur wenn ich wirklich den langsamen Verlauf einer Veränderung betonen möchte, brauche ich das Präteritum, z.B. in dem Satz: „Wir haben lange beim Feuer gesessen, und als es dunkel wurde, kamen auch die Mücken." Und was ist mit den Süddeutschen, mit __den Österreichern und den Schweizern? Ja, im süddeutschen Sprachraum überwiegt wirklich das Perfekt im mündlichen Sprachgebrauch. Selbst die Verben „sein", „haben", die Modalverben, und auch die Positionsverben „liegen", „sitzen", „stehen" und „hängen" im Perfekt (und dazu noch mit dem Hilfsverb „sein") werden im Perfekt benutzt. - Es könnte so aussehen, als ob der süddeutsche Sprachgebrauch sich beim Berichten mehr auf die Ergebnisse konzentriert als das Hochdeutsche. Eine solche Theorie möchte ich aber nicht weiterführen, denn auch Autoren aus dem süddeutschen Sprachgebiet schreiben ihre Romane im Präteritum. Perfekt und Präteritum im Unterricht Die ganze Theorie über den Gebrauch von Präteritum und Perfekt sollten wir unseren Lernern nicht zumuten, zumindest nicht in der Grundstufe. Es reicht, wenn sie auf dem Niveau Al kurz zu ihrer Person berichten können, was sie studiert haben, wo sie gearbeitet undgewohnt haben und vielleicht auch, wann sie geheiratet haben. Erst auf dem Niveau A2 müssen sie auch von ihrem Wochenende oder vom Urlaub berichten können. Und dafür brauchen sie hauptsächlich das Perfekt! N ur die Formen „ich war, hatte, wollte, konnte, musste, durfte und sollte" brauchen'sie im Präteritum. Die Präteritumsformen von anderen Verben sollten sie wirklich erst später lernen, und zunächst auch Berichtelesen. Wenn Sie Ihren Schülern zuerst das Präteritum beibringen (wie es die Progression in älteren Lehrbüchern vorgibt), sollten Sie wissen, dass Sie nicht nach den Anforderungen des Referenzrahmens unterrichten. Das wäre aber nicht das Schlimmste. Weitaus schlimmer ist, dass Ihre Schüler das Präteritum als „die Vergangenheitsform" auffassen, und wenn sie später das Perfekt kennen lernen, werden sie es nicht benutzen, weil ihnen die Satzklammer zu kompliziert erscheint. Und da den meisten Schülern der Unterschied zwischen Perfekt und Präteritum nicht klar ist, oder sogar falsch beigebracht wird (z.B. zusammenhängendes Erzählen im Präteritum), benutzen sie hauptsächlich das Präteritum. Schade! Um den Unterschied aber „fühlen" zu lernen, müssen unsere Lernerdas Perfekt - und später auch das Präteritum - in typischen Kontexten kennen lernen und benutzen. Dies können sie abernichtm.it künstlichen Lehrbuchsätzen und schon gar nicht mit den klassischen Drill-Übungen „Sagen Sie folgende Sätze im Präteritum und im Perfekt:...". Ihnen wird suggeriert, dass man beides sagen kann und genau hier hat die Unsicherheitim Gebrauch ihren Ursprung. Sind Sie inzwischen doch ein bisschen klüger als zuvor? - Zumindest, was den Unterschied zwischen Präteritum und Perfekt betrifft? Ich möchte Sie anregen, bewusster auf den lebendigen Sprachgebrauch zu achten, vielleicht auch mehr deutsches Fernsehen zu sehen und mehr auf Deutsch zu lesen. Schöpfen Sie Ihre Kenntnisse nicht nur aus Lehrbüchern, sondern nutzen Sie alle Kontakte zu Menschen in Deutschland, in Österreich oder der Schweiz. Achten Sie darauf, wie Muttersprachler sprechen und schreiben, und erforschen Sie selbst den Sprachgebrauch.