1. Fehlerbegriffsbestimmung

 

Gründlich haben sich mit dem Fehlerbegriff schon 1925 Helmut Weimer (Gründer der Fehlerkunde) und sein Schüler Arthur Kießling in ihrem gemeinsamen dreibändigen Werk „Psychologie der Fehler“, „Die Bedingungen der Fehlbarkeit“ und die „Fehlerbehandlung und Fehlerbewertung“ befasst. Weimer unterschied hierbei zwischen einem Fehler als Abweichung vom Richtigen und einem Irrtum, der auf der Unkenntnis einer Tatsache beruht. Aufgrunde der Analyse der Fehlerursachen hat er fünf Fehlertypen formuliert:

a) Geläufigkeitsfehler, die darauf beruhen, dass die weniger geläufigen Handlungen durch die meistwiederholten, d.h. gewohnheitsmäßigen Handlungen ersetzt werden. Aus heutiger Sicht würden in diese Kategorie Fehler wie „Ich“, „er is“, „English“, die die Lerner unter dem Einfluss des länger dauernden Englischunterrichts[1] machen, gehören.

b) Perseverationsfehler, die auf der sog. Tendenz zum Verharren ruhen. Unsere Schüler sind z.B. im Englischen gewöhnt, das Wort Republik als [rɪˈpʌblɪk] auszusprechen und beharren auf dieser Aussprache auch im Deutschen.

c) Ähnlichkeitsfehler, bei denen die Ähnlichkeit von ausschlaggebender Bedeutung ist, und bei denen sich eine andere Entstehungsursache nicht nachweisen lässt. Als Beispiel lässt sich das Verwechseln von „bekommen“ und dem englischen Wort „become“ nennen .

d)   Mischfehler, bei denen Vorstellungen im Bewusstsein zusammentreffen, die durch Ähnlichkeit, Bedeutungsverwandtschaft oder ein häufiges Nebeneinander in gegenseitiger Beziehung stehen.

e)   Gefühls- und willensbedingte Fehler, unter denen die suggerierten Fehler und die Fehler infolge Verdrängung eine besondere Rolle spielen (Kulič 1971:26-27, Wastlbauer 2002:7).

 

Ebenfalls bereits in der ersten Hälfte des 20. Jhs. hat man im Fremdsprachenunterricht angefangen, systematisch solche Fehler zu untersuchen, die aufgrund einer anderen Sprache entstanden sind. Fries (1945) und später auch Lado (1957), Vertreter der sog. kontrastiven Hypothese, betonten, dass die Muttersprache den Fremdsprachenerwerb systematisch beeinflusse, wobei identische Elemente und Regeln leicht und fehlerfrei zu erlernen sind (Huneke/ Steinig 1997:20), Abweichendes stelle eine Fehlerquelle dar und könne Interferenzen auslösen. Es müsse deshalb im Mittelpunkt des Lehrens stehen (Decke-Cornil/ Küster 2010:23). Bald hat sich jedoch gezeigt, dass die kontrastive Analyse der beteiligten Sprachen nicht fähig ist, Fehler und Lernschwierigkeiten vorherzusagen, denn nicht alle Kontraste verursachen tatsächlich Fehler. Juhász (1970) hat festgestellt und auch belegt, dass gerade ähnliche Strukturen sehr interferenzanfällig sind. Die Vertreter der kontrastiven Hypothese haben zugleich übersehen, dass Lerner spontan und oft unbewusst testen, inwieweit linguistische Einheiten der Muttersprache bzw. der ersten Fremdsprache für den Erwerb der neuen Fremdsprache hilfreich sein können.

 

 

[1]     Mit Englisch fängt man in der Tschechischen Republik in der Regel in der 3. Schulstufe, mit Deutsch erst in der 7. oder 8. Schulstufe an.

[2]    Eine Perseveration ist das beharrliche oft mechanische Wiederholen bzw. Haftenbleiben an zuvor verwendeten Denkinhalten, Worten oder Floskeln bzw. an zuvor gemachten Angaben, die im aktuellen Kontext keinen Sinn mehr ergeben (http://lexikon.stangl.eu/2399/perseveration/).