1 Fremdsprachendidaktik I Fremdsprachendidaktik als Theorie und Disziplin 1 Fremdsprachendidaktik Die Fremdsprachendidaktik befasst sich mit dem Lehren und Lernen von Fremdsprachen und der Erforschung dieser Prozesse, fhr Ziei ist die Erfassung, Erkiärung und Optimierung von Lehr- und Lernprozessen im Kontext des institutionaiisierten Fremdsprachenunterrichts. Sie gewinnt ihre Fragestellungen einerseits aus der Praxis des Fremdsprachenunterrichts, andererseits aus der Erforschung der fremdsprachlichen Vermittlungs- und Aneignungsprozesse und hat den Anspruch, daraus begründete Vorschläge für die Effektivierung des Fremdsprachenunterrichts abzuleiten. Entwicklung Bis in die 1970er Jahre kann die Fremdsprachendidaktik als eine überwiegend aus der Praxis erwachsene Rezeptologie verstanden werden. Einsichten in fremdsprachliches Lehren und Lernen basierten zu erheblichen Anteilen auf begründbarem und durchaus pfausibiem Erfahrungswissen, das jedoch wenig oder gar nicht empirisch basiert war. Die strukturelle Entwicklung der Fremdsprachendidaktik hat einen ihrer Ausgangspunkte in der Integration nicht selten mit Praktikern besetzter fremdsprachendidaktischer Lehrstühle an Pädagogischen Hochschulen. Mit der Integration dieser Professuren in die Universitäten wurde ein erster Schritt zur Weiterentwicklung des Faches getan. Ein zweiter und viel wesentlicherer Schritt ist in der Gründung und wissenschaftlichen wie strukturellen Fundierung der Sprachlehr- und -lernforschung zu sehen. Hatte die traditionelle Fremdsprachendidaktik fremdsprachliches Lernen überwiegend aus der Lehrperspektive gesehen und von dort aus versucht, fremdsprachliche Aneignungsprozesse (überwiegend aus der persönlichen Beobachtung und Erfahrung) zu modellieren, so trat mit der Sprachlehrforschung in mehrfacher Hinsicht ein radikaler Wechsel ein (vgl. auch Königs 2004): ► Angeregt durch psycholinguistische Arbeiten wurde der Fokus auf das gelegt, was in den Köpfen von Lernern vorgeht, wenn sie eine Fremdsprache lernen. Lernen wurde in der Konseguenz nicht mehr eindimensional auf Lehren zurückgeführt, sondern als ein komplexer, sich im Lernenden vollziehender Prozess betrachtet (-►Art. 3 und 72-74). ► Damit einher ging die stärkere Konzentration auf den Prozess der Aneignung, den man durch die bloße Konzentration auf die Sprachprodukte nicht hinreichend erklären kann {—> Kap. VII dieses Bandes sowie -+ Art. 72 und 73). 11 I Fremdsprachendidaktik als Theorie und Disziplin ► Die traditionelle Orientierung an den Erkenntnissen der Linguistik, die für die Erfassung des Lernens als ausschlaggebend angesehen wurden, erwies sich damit als nicht hinreichend. An ihre Stelle traten mit der Psycholinguistik und der Fremdspra-chenlernpsychologie andere wissenschaftliche Begründungszusammenhänge, von denen man sich Aufschluss darüber erhoffte, wie fremdsprachliche Aneignungsprozesse vonstatten gehen (-» Kap. III). In der Konsequenz führte dies u.a. zu einer Diskussion über das Konzept der Didaktischen Grammatik, die ihren wesentlichen Bezugspunkt nicht mehr in der linguistischen Beschreibung allein sah, sondern in dem Zusammenwirken unterschiedlicher Faktoren (vgl. dazu z.B. den Band von Bausch 1979). ► Auf der institutionellen Ebene bewirkte die Sprachlehrforschung die Entwicklung einschlägiger Studiengänge sowie die Schaffung von entsprechend denominierten Professuren und, verbunden damit, die Integration ihres Forschungsverständnisses in Ausbildungsgänge für angehende Fremdsprachenlehrer, sei es für die staatlichen Schulen oder - insbesondere im Bereich Deutsch als Fremdsprache - für Bildungsinstitutionen außerhalb des staatlichen Schulwesens. Diese Faktoren resultierten aus der Auffassung von Fremdsprachenunterricht als einem Ort, an dem unterschiedliche Faktoren unter je spezifischen Bedingungen ihre Wirkung entfalten und für das Zustandekommen fremdsprachlichen Lernens verantwortlich sind (vgl. Königs 1983). In der Konsequenz machte dies die Konzentration auf empirische Forschung notwendig. Zur Entwicklung einer dem Forschungsgegenstand angemessenen Forschungsmethodologie wurde daher der Blick auch stärker auf empirische Arbeiten und das ihnen zugrunde liegende methodologische Inventar aus den nunmehr gewonnenen zusätzlichen Bezugsdisziplinen gerichtet (-» Art. 81). Die Entwicklung einer neuen Disziplin, als welche sich die Sprachlehrforschung mit guten Gründen betrachtete, führt zu Abgrenzungsdiskussionen in zwei Richtungen: Zum einen wurde dagegen argumentiert, dass die Linguistik die Disziplin sei, aus der die grundlegenden Vorgaben und Erkenntnisse für die Erforschung des Lehrens und Lernens von Fremdsprachen (allein) kommen (können) (-> Art. 3). Gleichzeitig entwickelte sich aber auch eine Abgrenzung gegenüber den Formen der Zweit-sprachenerwerbsforschung, die mit universalistischem Anspruch reklamierten, durch Erforschung der ungesteuerten, außerhalb des Klassenzimmers und institutionalisierter Kontexte stattfindender Erwerbsprozesse gesicherte Aussagen über Lernvorgänge im Fremdsprachenunterricht machen zu können (-» Art. 72). Durch die skizzierten Entwicklungen vollzog sich ein grundlegender Wandel im Verständnis von Fremdsprachendidaktik, was sich exemplarisch am Handbuch Fremdsprachenunterricht ablesen lässt. In seiner ersten Auflage 1989 ging es noch von zwei unterscheidbaren Disziplinen aus, in den darauffolgenden Auflagen jedoch wurde zunächst implizit, schließlich auch explizit erkennbar gemacht, dass die Sprachlehrforschung das Wissenschafts- und Forschungsverständnis der Fremdsprachendidaktik transformiert hatte (vgl. Bausch/Christ/Krumm 2003), zugleich aber auch in ihr aufgegangen ist. Es dürfte heute schwerfallen, aktuelle Forschungen zum unterricht- 12 1 Fremdsprachendidaktik lieh gesteuerten Lehren und Lernen von Fremdsprachen entweder der Fremdsprachendidaktik oder der Sprachlehrforschung zuzuweisen. Insofern kann diese Phase der - seinerzeit berechtigten - begrifflichen Differenzierung als überwunden gelten. Ungeachtet der Tatsache, dass mit .Fremdsprachenforschung' und .Sprachlehrforschung' alternative Begriffe vorliegen, ist es allein schon aus dem Grund sinnvoll, von ,Fremdsprachendidaktik' zu sprechen, weil diese, über die Erforschung von Sprachlehr- und -lernprozessen hinaus, zahlreiche andere Theorie- und Empiriefelder als Gegenstandsbereiche und Forschungsfelder entwickelt hat. Die wichtigsten werden im Folgenden skizziert. Gegenstandsbereiche und Forschungsfelder Das unterrichtlich gesteuerte Lehren und Lernen von Fremdsprachen, verstanden als Ineinandergreifen und Sich-gegenseitiges-Beeinflussen zahlreicher, auch auf unterschiedlichen Ebenen angesiedelter Faktoren, hat zu einer Vielzahl von Forschungsthemen geführt, die sich systematisch den verschiedenen Funktionen der Fremdsprachendidaktik zuordnen lassen (vgl. Hallet 2006: 25 ff.). Sie ist ► erstens eine Theorie vom Lehren und Lernen fremder Sprachen in seinen unterschiedlichen Dimensionen und Faktoren, z.B. Lerner, Lehrer, Lernfaktoren, Evaluation von Lernerfolgen usw. (-» Kap. III bis V sowie VII, VIII und XII); ► zweitens eine Bildungstheorie, die die gesellschaftlichen, kulturellen und sprachlichen Rahmenbedingungen und Zielstellungen des Fremdsprachenlernens analysiert und entwirft. Sie interessiert sich für sprachen- und bildungspolitische Argumentationsstränge, z.B. für Mehrsprachigkeit als gesellschaftliche Ausgangslage und als Bildungsziel, und erforscht die institutionellen Bedingungen, unter denen Fremdsprachenunterricht optimiert werden kann (-► Kap. II, IX und XII); ► drittens eine Theorie für den Unterricht, die Konzepte für die Inhalte, die Vermittlung und die methodische Gestaltung von fremdsprachlichen Lehr-/Lernprozessen entwickelt. Sie beschreibt die literarisch-ästhetische und die kulturelle Dimension von Sprache und Texten ( » Kap. IV), analysiert und entwirft Methodiken (-► Kap. V) und entwickelt Konzepte für den Einsatz von Medien, Texten und Materialien sowie Lernarrangements (-» Kap. VIII); ► viertens eine Wissenschaft vom Lehrberuf, der Lehrerausbildung und den für eine professionelle Steuerung des Fremdsprachenlernens erforderlichen didaktischen Kompetenzen (vgl. Hallet 2006, 2008, Königs 2008 sowie --» Kap. XI). Themenfeld Lernprozesse und Methoden. Die Konzentration auf das Lernen führte zu einer Ausdifferenzierung des Lernbegriffs, der die Aneignung von Fremdsprachen aus ihrem traditionellen, behavioristisch anmutenden Lernverständnis löste und zu der Einsicht führte, dass Lernen ein kognitiv-konstruktiver Prozess und demzufolge in hohem Maße individualisiert ist. Das lernende Individuum trägt Verantwortung für die Strukturierung der fremdsprachlichen Aneignungsvorgänge und muss befähigt werden, den Lernprozess metakognitiv zu reflektieren, selbständig zu gestalten und zu 13 I Fremdsprachendidaktik als Theorie und Disziplin optimieren. In der Konsequenz führt dies zu Unterrichtsformen, in denen diese lerner-seitige Kompetenz entwickelt, unterstützt und verbessert wird (-► Art. 42-45 sowie 53, 57 und 58) und individuell differenzierende Lernangebote gemacht werden ( > Art. 35). Das Eingehen auf individuelle Sprachlerneignungen Art. 57, auch Art. 53) und -Voraussetzungen (--» Art. 54) macht flexible Unterrichtsgestaltungen notwendig, bei denen dem vorhandenen Sprachbesitz und den vorhandenen Sprach(lern)erfahrungen der Lernenden besondere Bedeutung zukommt, bis hin zur Mehrsprachigkeit als Lern-und Unterrichtsprinzip. Andererseits ist das Sprachenlernen immer auch ein interak-tionaler Prozess, der unterschiedliche Aktivitäten und Interaktionsangebote im Unterricht erfordert ( + Art. 32, 33 und 35 bis 45). Themenfeld Medien und Informationstechnologie. Fremdsprachliches Lernen ist seit jeher nicht losgelöst von gesellschaftlichen und kulturellen Entwicklungen zu sehen. Medientechnologische Entwicklungen und auf deren Grundlage entstandene neue Wege der Kommunikation und des Informationszugangs beeinflussen auch das fremdsprachliche Klassenzimmer (-» Kap. VIII). Der apodiktisch anmutende Gegensatz zwischen Medieneuphorie und -Skepsis ist dabei einer nüchterneren, auf die Lernerbedürfnisse gerichteten Betrachtungsweise gewichen, in der die Integration neuer Kommunikations- und Informationsbeschaffungswege in das fremdsprachliche Lernen vor allem als eine Möglichkeit begriffen wird, authentische Interaktionen mit Vertretern zielsprachlicher Gemeinschaften erfahrbar und durch Reflexion für die Förderung des eigenen Lernvorgangs nutzbar zu machen. Multimedialität wird nicht als bloße Instrumentalisierung, sondern als Erleben realistischer Kommunikationszusammenhänge aufgefasst. Die Ergebnisse spiegeln sich in lernbezogenen Chatrooms ebenso wie in E-Mail-Tandems oder unterrichtsbezogenen Internetforen ( -► Kap. VIII). Themenfeld Literalität - Interkulturalität - Transkulturalität. Der Umgang mit Texten jedweder Art, also auch Bildern, Grafiken usw., ist ein zentraler Bestandteil fremdsprachlichen Lernens. Dabei wurde und wird der ästhetisch-expressiven Qualität insbesondere literarischer Texte besondere Bedeutung zugemessen, weil sie einerseits diese Dimension menschlicher Kommunikation in besonderer Weise erfahrbar macht. Andererseits verweist sie aber auch darauf, dass der Umgang mit Texten aus einer anderen Sprach- und Kulturgemeinschaft die Lernenden dazu zwingt, die durch Texte sich aufdrängende Frage nach der subjektiven Verortung in der eigenen Gesellschaft und Kultur zu reflektieren. Zugleich wird den Lernenden durch fremdsprachige Texte ein wichtiger Zugang zu anderen kulturellen Prägungen ermöglicht (vgl. Hallet 2002). Aktuelle Entwicklungen ( » Art. 25-27) zeigen dabei auf, dass es eine wesentliche Aufgabe von Fremdsprachenunterricht ist, sich aus der möglichen Verengung auf eine instrumenteile Sprachbeherrschung zu lösen; (literarische, filmische, akustische) Texte können und müssen dazu genutzt werden, durch das Erfahren sprachlicher und literarischer Ausdrucksformen anderer Kulturen die transitorische, plurale Verfasstheit der eigenen Kultur und damit die Bedingtheit zu erkennen, denen ästhetisch-expressive Ausdrucksfor- 14 1 Fremdsprachendidaktik men und kulturelle Prägungen unterliegen. Fremdheit bedeutet damit nicht Gegensatz zum oder Bedrohung des Eigenen, sondern ist Potenzial für dessen Veränderung. Themenfeld Curriculumentwicklung, Standardisierung und Kompetenzentwicklung. Curriculare Entwicklungen haben zwei mögliche, sich potenziell entgegenstehende Ursachen: Sie können aus der fachlichen Perspektive auf der Grundlage von Forschungsergebnissen heraus entstehen und damit als Reaktion auf veränderte Erkenntnisse interpretiert werden. Sie können aber auch ,von außen' angestoßen und gefördert werden. Letzteres erlebt die Fremdsprachendidaktik derzeit im Kontext der Entwicklung und Implementierung von Bildungsstandards. Mit ihrer Propagierung versucht die Bildungspolitik, die Qualität des (Aus-)Bildungswesens zu steigern, indem Beschreibungen dessen erarbeitet werden sollen, was Schüler auf bestimmten Stufen ihres (in unserem Fall: fremdsprachlichen) Bildungsgangs können sollen. Mit dieser Vereinheitlichung verbunden ist die (auch curricular verortete) Beschreibung von standardisierten Kompetenzen. Dies macht die Entwicklung von Kompetenzmodellen und Könnensprofilen notwendig (-► Art. 10 und 84), mit deren Hilfe es möglich sein soll, den individuellen Lernvorgängen und -bedürfnissen ebenso Rechnung zu tragen wie den gesellschaftlichen Anforderungen an die Qualifikationen der Absolventen von Bildungsgängen. Dabei stellen sich zum einen Fragen nach der adäquaten Beschreibung von Niveaus, zum anderen aber auch nach der Implementierung und vor allem nach den Veränderungen, die daraus für die Gestaltung des Fremdsprachenunterrichts resultieren. Derzeit kann die Frage als noch nicht hinreichend geklärt gelten, welche Auswirkungen die Verlagerung von der Input- zur Output-Perspektive tatsächlich mit sich bringt. Unbestreitbar scheint, dass damit Lernvorgänge einer besonderen Beobachtung und Evaluation bedürfen um festzustellen, ob der erwünschte Output auch tatsächlich zustande kommt. Themenfeld Lehrer(aus)bildung. Die Fremdsprachenlehrerbildung steht derzeit vor mehreren Herausforderungen: Die Forschungsentwicklung der Fremdsprachendidaktik legt es nahe, bestehende Ausbildungsinhalte zu ergänzen oder zu ersetzen, und zwar in der ersten (Universität), der zweiten (Studienseminar) und in der dritten Phase (Fort- und Weiterbildung). Zweitens hat das Streben nach internationaler Vergleichbarkeit (Stichwort: gestufte Studiengänge) die partielle Einführung neuer Studienformate mit sich gebracht, die in den deutschen Bundesländern jedoch unterschiedlich stark ausgeprägt ist und bei denen zwischen strikter Ablehnung und unreflektiert anmutender Euphorie alle Reaktionen vertreten sind. Gleiches gilt für die veränderten Strukturen und die in der Diskussion befindlichen Fristen der Zweiten Ausbildungsphase. Ingesamt wird die Konkurrenz zwischen den einzelnen fachwissenschaftlichen, -didaktischen und bildungswissenschaftlichen Ausbildungssegmenten eher verschärft als gemildert (-» Art. 77). Drittens hat die Orientierung an zu erwerbenden Kompetenzen auch die Lehrer(aus)bildung erreicht und zumindest zur Umorientierung, im Glücksfall auch zur Verbesserung der Ausbildung im Kontext der Lehrerbildung ge- 15 I Fremdsprachendidaktik als Theorie und Disziplin führt (-» Art. 79). Dabei ist der Spagat zwischen fremdsprachendidaktischen Forschungsergebnissen und ihrer Umsetzung in entsprechende Ausbildungsstrukturen neuen Herausforderungen ausgesetzt (Königs 2008). Empirische Effektivitätsmessungen zur Qualität der Fremdsprachenlehrerbildung sind eher ein Desiderat als ein Faktum. Defizite und Perspektiven Der Fremdsprachendidaktik kann man wie jeder Wissenschaft nachweisen, welche Ergebnisse sie (noch) nicht erbracht hat. Daraus können aber auch Perspektiven für die weitere Forschung erwachsen. Exemplarisch seien genannt: ► Die weitgehende Vernachlässigung der Bezüge zur Allgemeinen Didaktik/ Schulpädagogik ist der Konzentration auf Abgrenzungsfragen zur Linguistik und auf die Erschließung psycholinguistischer Erkenntnisse für das fremdsprachliche Lernen geschuldet. Diese Vernachlässigung ist allerdings auch wechselseitig. In letzter Zeit gibt es verstärkt Bemühungen, von Seiten der Allgemeinen Didaktik dieses Defizit zu beheben. ► Im Gegensatz zur Fokussierung auf den Lerner steht die deutlich geringere Repräsentation von Forschungen zum Fremdsprachenlehrer. Auch hier kann die schulpädagogische Forschung Impulse für die Fremdsprachendidaktik liefern (—► Art. 78). ► Der Expertise im Bereich der fremdsprachlichen Lehrwerkforschung und -entwick-lung ( ■+ Art. 38, 69 und 82) steht ein weitgehendes Fehlen von Effektivitätsmessungen zur Wirkung fremdsprachlicher Lehr- und Lernmaterialien sowie didaktischmethodischer Lernarrangements gegenüber. ► Die gesellschaftliche Ausrichtung an den Kriterien der Messbarkeit und Qualitätssicherung hat eine Forcierung der Testentwicklung bewirkt, die allerdings auch die Gefahr des ,Übertestens' und eines teaching to the test beinhalten kann. Hier stellt sich vor allem die Frage nach der Evaluierbarkeit von nicht messbaren Lernerträgen, wie sie komplexere sprachlich-diskursive Äußerungen darstellen. ► Ähnliche Befürchtungen könnten angesichts der sprunghaft angestiegenen Verwendung des Kompetenzbegriffs entstehen, die durch die Entwicklung eines konsensuellen Kompetenzmodells entkräftet werden könnten (vgl. Zydatiß 2005 sowie Art. 10). Literatur Bausch, Karl-Richard (Hrsg.) (1979): Beiträge zur Didaktischen Grammatik. Probleme, Konzepte, Beispiele. Königstein. Bausch, Karl-Richard/Christ, Herbert/Krumm, Hans-Jürgen (42003): Fremdsprachendidaktik und Sprachlehrforschung. In: Karl-Richard Bausch/Herbert Christ/Hans-Jürgen Krumm (Hrsg.): Handbuch Fremdsprachenunterricht. Tübingen, 1 -9. Hallet, Wolfgang (2002): Fremdsprachenunterricht als Spiel der Texte und Kulturen. Intertextualität als Paradigma einer kulturwissenschaftlichen Didaktik. Trier. Hallet, Wolfgang (2006): Didaktische Kompetenzen. Lehr- und Lernprozesse erfolgreich gestalten. Stuttgart. 16 2 Geschichte der Fremdsprachendidaktik Hallet, Wolfgang (2008): Didaktische Kompetenzen: Konzepte und Modelle für die Professiona-lisierung der Lehrerausbildung. In: Eva Burwitz-Melzer/Wolfgang Hallet/Michael K. Legutke/ Franz-Joseph Meißner/Joybrato Mukherjee (Hrsg.): Sprachen lernen - Menschen bilden. Baltmannsweiler, 243-255. Königs, Frank G. (1983): Normenaspekte im Fremdsprachenunterricht. Ein konzeptorientierter Beitrag zur Erforschung des Fremdsprachenunterrichts. Tübingen. Königs, Frank G. (2004): Sprachlehrforschung: gestern, heute - und morgen? In: Informationen Deutsch als Fremdsprache 31/5, 513-532. Königs, Frank G. (2008): Fremdsprachenlehrerausbildung: Minenfeld oder Artenreichtum? In: Zeitschrift für Romanische Sprachen und ihre Didaktik 2/2, 9-32. Zydatiß, Wolfgang (2005): Bildungsstandards und Kompetenzentwicklung im Englischunterricht. Frankfurt a. M. Wolfgang Hallet, Frank G. Königs 2 Geschichte der Fremdsprachendidaktik Der sozialräumliche Rahmen des hier dargestellten Ausschnitts der Geschichte der Fremdsprachendidaktik sind die deutschsprachigen Länder, und der zeitliche Rahmen umfasst die Entwicklung seit 1830. Von diesem Zeitpunkt ab wurden die .neueren Sprachen' ordentliche Schulfächer in Gymnasien, Realschulen und höheren Mädchenschulen, und die Fremdsprachendidaktik wurde für mehr als ein Jahrhundert zu einer Theorie des Lehrens und Lernens von fremden Sprachen in höheren Schulen. Zwar wurden auch außerhalb dieser Schulen Fremdsprachen gelehrt und gelernt, aber das beachtete die Fremdsprachendidaktik anders als in den vorhergegangenen Jahrhunderten nicht. Eine erste Didaktik der neueren Sprachen für Schulen Karl Mager (1810-1856) - .Neuphilologe' und Lehrer für Deutsch (als Fremdsprache), Französisch und Englisch - entwickelte in dieser Situation unter dem Titel Moderne Humanitätsstudien (1840/1844, 1843 und 1846) ein bildungstheoretisches Konzept für Sprachstudien in Schulen, das man als die erste .geschlossene' Didaktik der neueren Sprachen bezeichnet hat (Flechsig 1962). Er handelte darin von der Bedeutung der modernen Philologie für die Schule, vom „schulmäßigen Studium der neueren Sprachen und Litteraturen" und von der „Genetischen Methode". „ Moderne Philologie" hat „ die Sprachen, Culturen und die Geschichte der neueuropäischen Culturvölker" zum Gegenstand (Mager 1840/44: 9). Dementsprechend ist das „schulmäßige Studium der neueren Sprachen und Litteraturen" mehr als Sprachstudium, es ist „Studium humanitatis" (Mager 1840/44: 26). Wer Sprachen lernt, beschäftigt sich zugleich mit einem „Reale". Als Unterrichtsmethode hat Mager die „genetisc entwickelt, die auf den analytischen und synthetischen Methoden der Spracl aufbaut. Sie arbeitet mit authentischen Texten und nicht mit isolierten Redety^n^iy^u^ % jNaigisn gl