93. Lern(er)strategien und Lerntechniken 841 Tomasello, Michael 2008 Origins of Human Communication. Cambridge, MA: MIT Press. Vogel, Klaus 1990 Lernersprache, Linguistische und psycholinguistische Grundfragen zu ihrer Erforschung. Tübingen: Narr. Wray, Alison 2002 Formulaic Language and the Lexicon. Cambridge: Cambridge University Press. Wray, Alison 2008 Formulaic Language: Pushing the Boundaries. Oxford: Oxford University Press. Ernst Apeltauer, Flensburg (Deutschland) 93. Lern(er)strategien und Lerntechniken 1. Einleitung 2. Forschungsergebnisse 3. Theoretische Einbettung 4. Lernerautonomie und Lernstrategien 5. Förderung der lernstrategischen Kompetenz 6. Ausblick 7. Literaturverzeichnis 1. Einleitung In den vergangenen dreiβig Jahren hat sich die Spracherwerbsforschung intensiv mit dem Thema Lern(er)strategien auseinandergesetzt. Das Interesse am Thema erklärt sich sowohl aus wissenschaftlich-theoretischen als auch aus unterrichtspraktischen Gründen. Während die Forschung sich vom Studium des Sprachlernverhaltens wertvolle Einblicke in Spracherwerbsprozesse verspricht, geht das didaktische Interesse ursprünglich auf die Annahme zurück, dass es sinnvoll und möglich sei, Vorgehensweisen „guter“ Fremdsprachenlernender weniger erfolgreichen Lernenden zur Verfügung zu stellen, mit dem Ziel ihnen zu helfen, bessere Sprachlerner zu werden. Diese Annahme geht ursprünglich auf Studien aus den siebziger Jahren zum „good language learner“ (u. a. Rubin 1975; Naiman et al. 1978) zurück. 2. Forschungsergebnisse Vor etwa zwanzig Jahren erschienen kurz nach einander drei Bücher zum Thema Lernstrategien, die seitdem Klassikerstatus erworben haben: Wenden und Rubin (1987), Oxford (1990) und O’Malley und Chamot (1990). Die Forschungsergebnisse, die hier sowie in Veröffentlichungen jüngeren Datums (bes. Cohen und Macaro 2007) festgehalten sind, lassen sich folgendermaßen zusammenfassen: IX. Sprachenlernen: spezifische Variablen und Faktoren842 Ϫ Die Forschung verfügt über diverse Methoden, mit denen erforscht wird, wie Lernende beim Spracherwerb und -gebrauch vorgehen: Lautes Denken, Interviews, Fragebögen, Beobachtungen, retrospektive Berichte (oft mit Videomitschnitten als Impuls), Lerntagebücher oder computer-tracking. Ein trianguläres Vorgehen (Denzin 1978) beim Gebrauch dieser Methoden empfiehlt sich, um methodologische Probleme bei der Ermittlung strategischer Lernhandlungen (White, Schramm und Chamot 2007) zu reduzieren. Ϫ Der Einsatz dieser Ermittlungsmethoden hat Dutzende von strategischen Lernhandlungen, bezogen auf unterschiedliche Fertigkeitsbereiche, ans Licht gebracht (McDonough 1999; Cohen und Macaro 2007). Ϫ Das strategische Handeln von Sprachlernern hängt mit dem Lernerfolg in unterschiedlichen Bereichen (u. a. Wortschatzerwerb, Leseverstehen, Schreibfertigkeit) zusammen. Ungeklärt ist allerdings, inwiefern es sich dabei um kausale Zusammenhänge handelt. Ϫ Das strategische Handeln von Sprachlernern hängt sowohl mit individuellen Variablen (wie z. B. Motivation, Lernstil, Stufe des Spracherwerbs) als auch mit dem Lernkontext zusammen. Ϫ Unter bestimmten Voraussetzungen lässt sich die lernstrategische Kompetenz erfolgreich fördern. 3. Theoretische Einbettung Seit Ende der achtziger Jahre häufen sich die Hinweise auf eine unzulängliche theoretische Einbettung des Lernstrategiekonzepts. Die theoretische Basis, auf die sich die Strategienforschung im Bereich des Fremdsprachenlernens spätestens seit O’Malley und Chamot (1990) bezieht, ist die kognitive Lernpsychologie. Theoretische Schwächen entstehen in Bezug auf zahlreiche Fragen (Dörnyei und Skehan 2003; Macaro 2006), machen sich aber besonders in definitorischen Unstimmigkeiten und Klassifizierungsproblemen be- merkbar. 3.1. De inition Veröffentlichungen zum Thema Lernstrategien zeichnen sich durch eine Vielfalt von Versuchen aus, den Strategiebegriff zu definieren (Friedrich & Mandl 1992; Zimmermann 1997; Grenfell & Macaro 2007). Unstimmigkeiten entstehen besonders bezüglich der Frage, ob Strategien als (beobachtbares) Verhalten oder als mentale Handlungen aufzufassen sind und inwiefern Strategien bewusst sind. Westhoff (2001: 687) schlägt folgende Definition vor: Eine Lernstrategie ist ein „Plan von (mentalen) Handlungen, um ein Lernziel zu erreichen“. Dieser Definitionsversuch hat gegenüber anderen den Vorteil, dass er Ϫ implizit Ϫ zwischen einer Lernstrategie (i.e. einem Handlungsplan, um das Lernziel zu erreichen) und der Ausführung einer strategischen Lernhandlung unterscheidet (Bimmel 2006). Eine weitere Implikation der Westhoffschen Definition betrifft zwei unterschiedliche Rollen Ϫ die des „Managers“ von Lernprozessen bzw. die des Ausführ- 93. Lern(er)strategien und Lerntechniken 843 enden strategischer Lernhandlungen. Das mentale Management von Lernprozessen ist Bestandteil des metakognitiven Bereichs (Dechert 1997; Götz 2006). Der im deutschsprachigen Kontext oft verwendete Begriff „Lerntechniken“ deckt sich anscheinend weitgehend mit dem hier vorgeschlagenen Konstrukt der strategischen Lernhandlung (Rampillon 2007). 3.2. Klassi izierung In der Fachliteratur finden sich zahlreiche Versuche, Lernstrategien bzw. strategische Lernhandlungen zu klassifizieren (vgl. Tönshoff 2007: 332). Tab. 93.1 zeigt eine Taxonomie metakognitiver und kognitiver strategischer Lernhandlungen. Die Taxonomie klassifiziert diese nach ihrer Funktion für den Lernprozess. Kurze Erläuterungen zu den einzelnen strategischen Lernhandlungen finden sich in Bimmel und Rampillon (2000). Soziale und affektive Handlungen, die in den Taxonomien von O’Malley und Chamot (1990), Oxford (1990) oder Bimmel (2006) als gleichrangig mit den (meta)kognitiven Lernhandlungen aufgefasst werden, sind hier ausgelassen worden, da sie weder zur hier vorgeschlagenen Strategiedefinition, noch zur Einbettung von Lernstrategien in die kognitive Lerntheorie einen eindeutigen Bezug haben. Gegen das Auslassen dieser Handlungen spricht allerdings das Argument, dass der Erwerb einer Fremdsprache keineswegs eine ausschließlich (meta)kognitive Angelegenheit ist. Tab. 93.1: Strategische Lernhandlungen Metakognitive Ziele (Selbststeuerung) Ϫ Das eigene Lernen planen und einrichten; Ϫ Das eigene Lernen überwachen; Ϫ Das eigene Lernen auswerten und reflektieren; Ϫ … Kognitive Ziele Gedächtnis Sprachverarbeitung Sprachgebrauch Ϫ Wortgruppen bilden Ϫ Sich Notizen machen; Ϫ Textinhalte vorhersagen / (kategorisieren); Ϫ Markieren; Hypothesen bilden und Ϫ Kontexte erfinden; Ϫ Wörter und Ausdrücke überprüfen; Ϫ Neue Kombinationen analysieren; Ϫ Bedeutungen aufgrund machen; Ϫ Sprachen miteinander sprachlicher Hinweise Ϫ Visualisieren; vergleichen; erraten; Ϫ Rhythmus verwenden; Ϫ Kenntnisse der Mutter- Ϫ Bedeutungen aus dem Ϫ Reim verwenden; sprache übertragen; Kontext ableiten; Ϫ Assoziogramm / Ϫ Regelmäßigkeiten ermitteln; Ϫ Mit allen Mitteln wuchern Semantisches Netz; Ϫ Regeln anwenden; (z. B. um Hilfe bitten, Ϫ Eselsbrücken verwenden; Ϫ Hilfsmittel anwenden; Mimik/Gestik, Thema Ϫ Wiederholen; Ϫ … wechseln, etwas Ϫ Vokabelkartei; umschreiben, …); Ϫ … Ϫ Formelhafte Wendungen verwenden; Ϫ … IX. Sprachenlernen: spezifische Variablen und Faktoren844 Selbststeuerung Dies ist der metakognitive Bereich des mentalen Managements kognitiver Prozesse. Die bzw. der Lernende orientiert sich auf eine Aufgabe, setzt sich Ziele, generiert dazu passende Lernstrategien, beaufsichtigt die Ausführung lernstrategischer Handlungen und wertet den gesamten Prozessablauf aus. Kognitive Lernhandlungen Lernhandlungen dieser Kategorie beinhalten, dass Lernende sich direkt mit dem Lernstoff auseinandersetzen. Sie erzeugen in der Regel ein beobachtbares Ergebnis: Wörter sind eingeprägt worden und können reproduziert werden, ein Satz ist schriftlich analysiert worden usw. Die Aufnahme von Sprachgebrauchsstrategien in eine Taxonomie der Sprachlernstrategien geht auf Oxford (1990) zurück. Sie begründet diese Entscheidung mit dem Argument, dass Fremdsprachenlernende die Sprache erwerben, indem sie diese für kommunikative Zwecke gebrauchen. Als Oberbegriff für Sprachgebrauchs- und -lernstrategien wird häufig der Begriff Lernerstrategien vorgeschlagen (z. B. Wenden und Rubin 1987; Cohen und Macaro 2007). Problematisch bei der hier vorgeschlagenen Klassifizierung strategischer Lernhandlungen nach ihrer Funktion ist allerdings die Tatsache, dass ein und dieselbe Handlung für das Erreichen sehr unterschiedlicher Ziele brauchbar sein kann. In Bezug auf die in Tab. 93.1 verzeichneten strategischen Lernhandlungen ist abschließend zu bemerken, dass sie oft als „Lernstrategien“ bezeichnet werden Ϫ auch in Studien, in denen eindeutig nicht erforscht wurde, inwiefern Lernende ihre Lernprozesse selbst steuern, sondern lediglich der Frage nachgegangen wurde, welche strategischen Lernhandlungen sie ausführen. 4. Lernerautonomie und Lernstrategien Besondere Relevanz erhält die Lernstrategienforschung im Kontext des autonomen Lernens. Lernerautonomie im Sinne einer „Selbststeuerung und Eigenverantwortlichkeit des Lerners im Rahmen eines Fremdsprachenunterrichts, der dies bewusst zulässt und fördert“ (Tönshoff 2007: 333) ist seit den achtziger Jahren zum programmatischen Schlüsselbegriff der Fremdsprachendidaktik geworden. Dabei wird die lernstrategische Kompetenz der Lernenden Ϫ neben anderen Bausteinen wie Selbstmotivation und der Bereitschaft und Fähigkeit zur Selbstregulierung und zur Zusammenarbeit Ϫ allgemein als unentbehrlichen Baustein der Lernerautonomie aufgefasst (so z. B. bei Wenden 1991; Wolff 2007). Autonome Lernende sind nicht nur fähig, sich selbst Lernziele zu setzen, sie sind auch im Stande dazu passende Lernstrategien zu generieren. Überlegungen zur Förderung der lernstrategischen Kompetenz spielen deshalb im Diskurs zum Thema Lernerautonomie eine Hauptrolle. Gleichzeitig warnen manche Experten (so z. B. (Chan 2004; Martinez 2005) davor, die Förderung der Lernerautonomie nicht auf ein rein „technizistisches“ Training von Lernstrategien zu reduzieren. 93. Lern(er)strategien und Lerntechniken 845 5. Förderung der lernstrategischen Kompetenz Obwohl eindeutige empirische Nachweise, dass Interventionen zur Förderung der lernstrategischen Kompetenz zu einer dauerhaften Verbesserung der Lernergebnisse oder zur Förderung der Lernerautonomie beitragen, ausstehen, haben zahlreiche empirische Studien inzwischen ausgewiesen, dass es grundsätzlich möglich ist, die lernstrategische Kompetenz zu fördern (Chamot 2004; Cohen und Macaro 2007). Es kommt allerdings stark darauf an, was man genau fördern möchte und wie man dabei vorgeht. Ist das übergreifende Ziel die Förderung der Lernerautonomie, dann reicht es nicht, nur auf die Fähigkeit zur angemessenen Ausführung strategischer Lernhandlungen abzuzielen; dann sollte der Unterricht sich auch auf die Bereitschaft und Fähigkeit zur Selbststeuerung von Lernprozessen richten. Drei Fragen sind nun zu beantworten. Erstens welche Lernstrategien zu vermitteln sind, zweitens in welchem Kontext Strategievermittlung stattfinden soll und drittens welche Vermittlungsmethode die besten Erfolgschancen verspricht. Die erste Frage lässt sich kurz beantworten. Hier scheint es sinnvoll, Lernende, die über längere Zeit eine oder mehrere Fremdsprachen lernen, mit einem breiten Repertoire von Lernstrategien bekannt zu machen. Lehrerinnen und Lehrer sollten sich allerdings bewusst sein, dass nicht jede Lernstrategie für jeden individuellen Lernenden gleichermaßen geeignet ist. Strategievermittlung sollte deshalb immer ein Angebot an die Lernenden beinhalten. Sie sollten angeregt werden, entsprechend ihren persönlichen Präferenzen ihre eigene Auswahl aus einem reichen Angebot zu treffen. Die zweite Frage bezieht sich auf den Kontext der Strategievermittlung Ϫ in eigenständigen Kursen, losgelöst vom Fremdsprachenunterricht (learner training) oder in den Sprachunterricht integriert. Erfahrungen mit learner training haben gezeigt, dass Lernstrategien zwar im Kontext solcher Programme erlernt werden, dass jedoch oft Transferprobleme bei der Anwendung dieser Strategien auftreten. In zunehmendem Maße lässt sich denn auch feststellen, dass die Vermittlung von Lernstrategien zum integralen Bestandteil des Fremdsprachenunterrichts gemacht wird. Dies ist im schulischen Kontext nur dann möglich, wenn auch in den Lehrplänen eine neue Bilanz zwischen dem „Was“ (Fremdsprachen lernen) und dem „Wie“ (Lernen, wie man Fremdsprachen lernt) gefunden wird. Lebensechte Aufgabenstellungen im Rahmen eines aufgabenorientierten Unterrichts (Ellis 2003; Willis und Willis 2007) bieten grundsätzlich mehr Anknüpfungspunkte für Strategieangebote als das kleinschrittige Vorgehen, das die meisten Lehrwerke kenn- zeichnet. Die dritte Frage bezieht sich auf die Vermittlungsmethode. In den meisten Interventionen zur Förderung der lernstrategischen Kompetenz lassen sich vier Komponenten unterscheiden (Rubin et al. 2007: 142): Ϫ Bewusstmachung vorhandener Lernstrategien Ausgangspunkt bei der Vermittlung von Lernstrategien ist immer ein Austausch über bereits vorhandene Lernstrategien der Lernenden, z. B. anhand eines Fragebogens. Die Lehrerin bzw. der Lehrer bekommt dabei Einblicke in die Ausgangslage der Lernenden und diese werden für eine Beschäftigung mit neuen Strategien sensibilisiert. Ϫ Orientierung auf die Anwendung einer Strategie Diese Komponente zielt auf den Erwerb metakognitiven Wissens ab. Die Lernenden machen sich mit neuen Informationen in Bezug auf Lernziele, Lernprozesse und stra- IX. Sprachenlernen: spezifische Variablen und Faktoren846 tegische Lernhandlungen bekannt. Unterschiedliche didaktische Verfahren werden zu diesem Zweck eingesetzt, u. a. selbstentdeckendes Lernen (bezogen auf konkrete Beispiele strategischen Vorgehens), direkte Erklärungen, oder das beispielhafte „Modellieren“, wobei die Lehrerin oder der Lehrer laut denkend demonstriert, wie sie oder er bei der Erledigung von (Lern-) Aufgaben strategisch vorgeht. Ϫ Erprobung und Übung Hier geht es um das vom Lehrer bzw. von der Lehrerin angeregte, betreute und beaufsichtigte Erproben strategischer Lernhandlungen bei der Erledigung von Aufgaben. Daneben können speziell auf die Ausführung einzelner strategischer Lernhandlungen abzielende Übungen durchgeführt werden (für konkrete Vorschläge vgl. Chamot et al. 1999 oder Bimmel und Rampillon 2000). Ziel dabei ist die Entwicklung der Fähigkeit, strategische Lernhandlungen angemessen auszuführen. Ϫ Bewusstmachung Die Bewusstmachungskomponente beinhaltet, dass die oder der Lernende sich fragt, inwiefern Lernhandlungen zu einer erfolgreichen Erledigung einer Aufgabe geführt haben. Theorien über die Entwicklung metakognitiver Kompetenz gehen durchweg davon aus, dass Bewusstmachung (oft als Reflexion bezeichnet) der Schlüsselfaktor beim Erwerb metakognitiven Wissens und bei der Entwicklung der Fähigkeit zur Selbststeuerung kognitiver Prozesse ist. Beim aktuellen Forschungsstand empfiehlt es sich, bei der Förderung der lernstrategischen Kompetenz Trainingssequenzen einzusetzen, in denen alle vier Komponenten vertreten sind. Die Reihenfolge, in der diese Komponenten jeweils eingesetzt werden, lässt sich variieren. 6. Ausblick In einem Fremdsprachenunterricht der nicht nur auf Spracherwerb, sondern auch auf den Erwerb lernstrategischer Kompetenz und/oder auf die Förderung der Lernerautonomie abzielt, ändert sich sowohl die Rolle der Lernenden als auch die der Lehrerin bzw. des Lehrers. Manche Autoren (z. B. Martinez 2005: 76) reden in diesem Zusammenhang von einem „Paradigmenwechsel“. In ihrer neuen Rolle Ϫ oft angedeutet mit Schlagwörtern wie facilitator oder coach Ϫ brauchen Fremdsprachenlehrer(innen) entsprechende Qualifikationen. Dazu gehört u. a. die Vertrautheit mit Instrumenten der Lernberatung (Mehlhorn und Kleppin 2006) sowie mit Methoden und konkreten Ideen zur Förderung der lernstrategischen Kompetenz bzw. der Lernerautonomie. Der Erwerb solcher Qualifikationen steht bis auf den heutigen Tag höchstens ansatzweise auf dem Programm der meisten Lehrerausbildungen. Auch im Fortbildungsbereich gibt es hier weltweit Nachhol- bedarf. Im Bereich der Lernstrategienforschung ist die Entwicklung eines kohärenten Modells erwünscht, das es erlaubt, das Konstrukt Lernstrategien abzusichern und die Ergebnisse der Lernstrategienforschung der letzten dreißig Jahre theoretisch einzubetten. Vergleichende Studien wären wünschenswert zu Strategieanwendungen von Lernenden in unterschiedlichen Fertigkeitsbereichen und Lernkontexten. In Bezug auf die Förderung der lernstrategischen Kompetenz sind viele Fragen noch unbeantwortet. Weitere Interventionsstudien zur Effektivität unterschiedlicher Vermittlungsmethoden bei unterschiedli- 93. Lern(er)strategien und Lerntechniken 847 chen Lernenden bezüglich unterschiedlicher Aufgabenstellungen wären hier notwendig. Wo immer nur möglich empfehlen sich hier Formen der Aktionsforschung, um Lehrerinnen und Lehrer stärker als bisher mit einzubeziehen. In allen Forschungsbereichen wären stärker als bisher individuelle Variablen zu berücksichtigen. 7. 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Zur Problematik der Terminologie und der Abgrenzung zwischen verwandten Konzepten 3. Zur Problematik der Forschungsmethodik 4. Lernstildimensionen und Lern(er)typen 5. Praxisrelevanz 6. Literatur in Auswahl 1. Einleitung Warum sind einige Lernende hinsichtlich ihres Fremdsprachenerwerbs erfolgreicher als andere? Um diese Frage beantworten und Fremdsprachenlehr- und -lernprozesse optimieren zu können, müssen diejenigen Faktoren näher betrachtet werden, hinsichtlich derer sich Individuen voneinander unterscheiden (vgl. auch Art. 95Ϫ99). Mit der Erweiterung traditioneller Methodenansätze um die Lernerperspektive und mit der Forderung nach zunehmender Eigenverantwortung der Lernenden für ihren Lernprozess ging eine zunehmende Fokussierung auf interne Lernerfaktoren einher. Dazu zählen sowohl kognitive wie auch metakognitive Faktoren, wie z. B. die im Folgenden behandelten Individuenvariablen Lern(er)typ und Lernstil. Lernende kommen nicht als tabula rasa in den Fremdsprachenunterricht, sie bringen vielmehr ihren Lernertyp, ihren Lernstil, ihre Lernerfahrungen und damit auch ihre Lernstrategien in den Lernprozess ein. Inwiefern die Beschäftigung mit z. B. dem Lernstil tatsächlich unterrichtsrelevant ist, ist nach wie vor umstritten. Während Dörnyei und Skehan (2003) eher skeptisch sind und höchstens einen indirekten Einfluss auf den Sprachlernerfolg annehmen, betrachteten gut 20 Jahre früher Knapp-Potthoff und Knapp (1982) den kognitiven Stil in Bezug auf den L2-Erwerb als die „entscheidende Determinante für typspezifische Unterschiede der Verarbeitung zweitsprachlicher Daten“ (Knapp-Potthoff und Knapp 1982: 111); und auch Ehrman (1996: 50) geht davon aus, dass Lernstile wichtige Einfluss- und damit