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Klein, Wolfgang (1984): Zweitspracherwerb, Eine Einführung. Königstein/Ts. 70. Zweitsprachenerwerb als Lernaktivität II: Lernstrategien Ϫ Kommunikationsstrategien Ϫ Lerntechniken 1. Einleitung 2. Kategorisierungen 3. Konzepte und Definitionen 4. Strategien und Techniken und ihre Effektivität 5. Das Unterrichten von Strategien und Techniken 6. Literatur in Auswahl 1. Einleitung Über das Thema Lernstragien und Lerntechniken ist im letzten Jahrzehnt sehr viel publiziert worden. Trotzdem zeigen die Ergebnisse viele Merkmale eines Wissenschaftsbereichs in den Kinderschuhen. So herrscht Unklarheit und Uneinheitlichkeit in den Konzepten und Definitionen (vgl. 3.), und eine (gemeinsame) theoretische Basis fehlt. Dies zeigt sich auch in den verwendeten Forschungsmethoden und entsprechenden Typen von Ergebnissen. In der Mehrheit geht es um ,Black-Box‘Forschung. In der Regel wird durch crossNation, Paul; Ron Carter (Hg.) (1989): Vocabulary acquisition. AILA REVIEW-REVUE DE L’AILA 6. 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Ob das für gute Lerner kennzeichnende Verhalten auch tatsächlich für die besseren Lernergebnisse verantwortlich ist, bleibt ungeklärt, ebenso wie die Frage, in welcher Weise dieses Verhalten dazu beiträgt, was dabei der ,wirksame Bestandteil‘ wäre und, wie sich das erklären ließe. Die Validität der Datenerhebungsmethoden kann oft in Frage gestellt werden. Um das Verhalten der Lerner wahrnehmbar zu machen, werden Verfahren angewandt, die so unterschiedlich sind (wie z. B. ,Fragebogen ausfüllen lassen‘ vs. ,observieren‘), dass die Ergebnisse eigentlich nicht miteinander verglichen werden dürfen. Dabei ist bei den meisten Methoden unklar, inwieweit das wahrgenommene Verhalten dem zugrundeliegenden Prozess entspricht. Hinzu kommt noch, dass viele der dazu angewandten Methoden, wie ,laut denken lassen‘, oder Interviews, durch 68570. Zweitsprachenerwerb als Lernaktivität II ihre Anwendung bei den untersuchten Lernern zu einer Bewusstmachung führen, die unter nicht-experimentellen Bedingungen nicht stattgefunden hätte. Es gibt gute Gründe anzunehmen, dass diese Bewusstmachung an und für sich schon eine Lernstrategie ist (vgl. 5.3.), die dadurch, dass sie aufgerufen wird, die Ergebnisse erheblich beeinflusst. Schließlich lassen die Ergebnisse der verschiedenen Untersuchungen sich schlecht miteinander vergleichen, weil sie bei sehr unterschiedlichen Gruppen von Versuchspersonen ausgeführt worden sind. Ellis (1994, 555) weist zurecht darauf hin, dass es nicht sehr erstaunlich ist, dass gute erwachsene Lerner sich oft eher durch (meta)kognitive Verhaltensweisen auszeichnen, während gute junge Lerner öfter soziale Strategien anwenden. 2. Kategorisierungen 2.1. Lern-, Kommunikations- Produktionsstrategien Das Konzept ,Lernstrategie‘ wird in der Literatur unterschiedlich interpretiert und abgegrenzt. Rubin (1975; 1987) beschränkt sich ausdrücklich auf Strategien, die das Lernen direkt beeinflussen [,which (…) affect learning directly‘]. Eine vergleichbar enge Einschränkung finden wir bei u. a. O’Malley/ Chamot (1990); Rampillon (1985) und Wenden (1991). Dagegen beziehen Oxford (1990), Cohen (1998) und Bimmel/Rampillon (2000) auch sog. Kommunikationsstrategien mit ein, Strategien, die es Fremdsprachen-Benutzern erleichtern, trotz mangelhafter Sprachkenntnisse ihre kommunikativen Ziele zu erreichen. Sie werden deshalb oft ,Kompensationsstrategien‘ genannt. Es handelt sich dabei um Verfahren wie ,aus dem Kontext ableiten‘, ,zu der Muttersprache überwechseln‘, ,um Hilfe bitten‘, ,um nähere Erklärung bitten‘, ,mimen‘, ,umschreiben‘, ,neue Wörter erfinden‘, ,selber das Kommunikationsthema wählen‘ (worin man sich sprachlich auskennt), oder einfach ,Kommunikation aus dem Wege gehen‘. Eine vergleichbar breite Interpretation finden wir z. B. bei Bialystok (1990) und Richterich (1996). Manchmal werden Verfahren miteinbezogen, die Fremdsprachenbenutzern helfen sollen, ihre linguistischen Kenntnisse so effizient und praktisch wie möglich einzusetzen. Sie werden ,Produktionsstrategien‘ genannt. Beispiele wären: ,vorher üben‘, ,Vereinfachung der geplanten Äußerung‘, ,Planung der erwünschten Kommunikation‘, Eselsbrücken. u. ä. Tarone (1980, 419) weist schon darauf hin, dass es zwischen den beiden letzten Kategorien Überschneidungen gibt, und fasst die beiden unter dem Namen ,Sprachgebrauchsstrategien‘ zusammen. Im Nachfolgenden soll eine Beschränkung auf Strategien oder Techniken erfolgen, die das Lernen erleichtern sollen. Auf ,Produktionsstrategien‘ wird nicht weiter eingegangen. Die Kommunikationsstrategien bilden einen Zweiffelsfall: Dieser Kategorie werden Verfahren zugeordnet wie ,Bedeutung erfragen‘, ,Bedeutung ,aushandeln‘ [negotiation of meaning] oder ,aus dem Kontext ableiten‘, die zum Lernen in der Form von Speicherungen neuer Kenntnisse beitragen (nämlich die Bedeutung des Erfragten, Ausgehandelten oder Erratenen) oder jedenfalls notwendige Bedingungen zum Lernen schaffen. Das gilt namentlich für die rezeptiven Varianten dieser Kategorie. Deshalb sollen die produktiven Kommunikationsstrategien weiter außer acht gelassen und die rezeptiven unter dem Aspekt ihrer lernfördernden Funktion als ,indirekte‘, ,soziale‘ Strategien besprochen werden (siehe 2.2. und 4.1.). 2.2. Chronologie, Direktheit, Handlungsebene Lernstrategien werden in der Literatur unterschiedlich kategorisiert. Rampillon (1985) z. B. unterscheidet zwischen Verfahren, die vorbereiten (wie: ein Wörterbuch bereitstellen), steuern (wie: Notizen anfertigen oder Visualisierungstechniken) und kontrollieren (wie: das selbst Ausführen von Verständnisproben). Rubin (1981), Seliger (1984), Oxford (1990) und Bimmel/Rampillon (2000) unterscheiden zwischen direkten und indirekten Strategien. Bei ersteren werden (mentale) Handlungen mit den zu lernenden Sprachelementen ausgeführt. In die zweite Kategorie gehören alle Handlungen, die dafür die Bedingungen schaffen oder verbessern sollen. ,Wiederholen‘ oder ,Zuordnen‘ gehören zu der ersten, ,Gelegenheiten suchen, wo man die Fremdsprache verwenden kann‘, oder ,sich entspannen‘ zu der zweiten. In dieser zweiten Kategorie finden wir zwei Typen von Handlungen grundverschiedener Natur. Sie werden oft als soziale und affektive Strategien unterschieden. Beispiele ,sozialer Strategien‘ sind: ,Zusammenarbeit mit anderen Lernern suchen‘, ,um Erläuterung bitten‘, u. ä. ,Affektive‘ Strategien sind z. B. Entspannungsübungen, Selbstmotivierungstechniken, Angstreduziertechniken, usw. 686 IX. Lernen als didaktisch-methodischer Gegenstand II Oft wird auch nach Handlungsebenen unterschieden zwischen kognitiv und metakognitiv (oder regulativ). O’Malley/Chamot (1990, 229Ϫ231) definieren eine ,kognitive‘ Strategie als ,mentales Manipulieren oder Transformieren von Materialien oder Aufgaben mit dem Ziel die Verstehens-, Erwerbs- oder Behaltensleistung zu verbessern‘. Eine ,metakognitive‘ Strategie bezieht sich auf Denken oder Kenntnis in Bezug auf Lernprozesse, Lernplanung, Beaufsichtigung [,monitoring‘] des Lernens und dessen Auswertung nach Ausführung der Aufgabe. Es ist klar, dass sich die verschiedenen Kategorisierungen überschneiden. Es ist auch klar, dass innerhalb der vorgeschlagenen Kategorisierungen die Unterschiede oft diffus sind. In der Literatur scheint sich die von O’Malley/Chamot vorgeschlagene Dreiteilung durchzusetzen: (1) sozial/affektive, (2) kognitive und (3) metakognitive Strategien. Trotz der festgestellten verbleibenden Unklarheiten und der Kombination von zwei wesentlich unterschiedlichen Subkategorien in der ersten Kategorie soll im Nachfolgenden diese Dreiteilung als Orientierung gelten. 3. Konzepte und Definitionen 3.1. Strategien vs. Techniken Für die hier behandelten Handlungen werden mehrere Bezeichnungen verwendet, die unterschiedlich definiert werden. Nach Dickinson (1992, 19) z. B. ist eine „Strategie (…) eine Lerntechnik, die …“. Wenn Unterschiede gemacht werden, steht ,Strategie‘ oft für ein allgemeineres, höheres Abstraktions- oder Aggregationsniveau, während ,Technik‘ sich mehr auf konkretes, oft auch sichtbares, manchmal auch personengebundenes Lernerverhalten bezieht. Stern (1983) z. B. definiert Strategie als ,Methode‘ (,approach‘), wie z. B.: ,eine aktive Vorgehensweise beim Lösen von Problemen‘, während für ihn Techniken observierbare, spezifische Verhaltensweisen sind, wie ,Verwendung eines Wörterbuchs‘. Rampillon (1995) umschreibt Techniken als einzelne, bewusst angewandte Verfahren. Strategien sind für sie dagegen eine Folge von Operationen, bei denen verschiedene Lerntechniken zusammenwirken. In anderen Fällen aber, wie Oxford (1990); O’Malley/Chamot (1990) und Wenden (1991), wird Strategie genannt, was bei Rampillon und Stern ,Technik‘ heißen würde. Fast das Umgekehrte lässt sich bei Seliger (1984) feststellen, der den Terminus ,Strategie‘ reserviert für die Art und Weise, in der Sprachlerner Sprachkenntnisse aufbauen (wie z. B. über die Entwicklung einer ,Zwischensprache‘), während er für das, was wir hier Strategie nennen, die Bezeichnung ,Taktik‘ verwendet. 3.2. Aktivität vs. Plan Ein weiteres Problem besteht in der Unklarheit, ob eine Strategie eine wahrnehmbare Handlung ist oder ein Plan bzw. Verfahren. Bei Oxford (1990) sind es deutlich konkrete Aktivitäten [,behaviours or actions‘]. Bei O’Malley/Chamot (1990) wohl Verfahren [,ways of processing‘]. Oft bleibt diese Unterscheidung auch unklar: Rampillon (1995) und Cohen (1998) definieren Strategien als Verfahren, behandeln sie in den konkreten Beschreibungen jedoch eher als Aktivitäten. Rubin (1987) schreibt lakonisch: „Lernstrategien sind Strategien, die …“. Manchmal ist es beides zu gleicher Zeit, wie bei Weinstein/ Mayer (1986), nach denen Lernstrategien „Aktivitäten und Gedanken“ [,behaviours and thoughts‘] sind. Eindeutig ist Garner (1987), die auf die Herkunft des Wortes aus dem griechischen Altertum hinweist, wo eine Strategie definiert ist als ein ,Plan von Handlungen, um ein, meist militärisches, Ziel zu erreichen‘. Ihr folgen Westhoff (1991) und Bimmel (1993). Bimmel/Rampillon (2000) umschreiben Strategie als „Plan“, Technik als „Fertigkeit“. Die Wörterbücher sind ziemlich eindeutig. Duden, Collins Cobuilt, Larousse, wie the Dictionary of Language Teaching & Applied Linguistics (Richards/Platt/Platt 1992) umschreiben ,Strategie‘ als ,Plan‘ im Sinne Garners. Das Thema ist nicht unwichtig. Bei der Umschreibung als (observierbarer) Aktivität ist ein wesentlicher Nachteil, dass man bei einer wahrgenommenen Handlung oft nicht feststellen kann, welche Überlegungen oder welcher Plan ihr zu Grunde liegen. Was man sieht, kann Zufall sein oder planmäßig, es kann bewusst gesteuert oder automatisiert sein. Es ist nicht einmal sicher, ob derselben wahrgenommenen Aktivität bei derselben Person jedesmal derselbe Plan zugrunde liegt. ,Notizen anfertigen‘ z. B., kann eine Ausführung eines Abstrahierungsplans, aber genausogut ein Versuch sein, durch Assoziieren das Wahrgenommene einzuprägen, es zu strukturieren oder es in übersichtliche Kategorien einzuteilen; dabei geht es stets um Handlungen, die in der Literatur als unterschiedliche Strategie-Typen nebeneinander genannt wer- 68770. Zweitsprachenerwerb als Lernaktivität II den (vgl. 4.2.). Im Nachfolgenden soll Lernstrategie definiert werden als ,Plan von (mentalen) Handlungen, um ein Lernziel zu erreichen‘. Diese Definition hat noch einen weiteren Vorteil. Sie erleichtert es, den Unterschied zwischen kognitiv und metakognitiv zu klären. 3.3. Kognitiv vs. Metakognitiv Der Terminus ,metakognitiv‘ stammt von Flavell (1971). Nach seiner Definition bezieht sich ,Metakognition‘ auf „Kenntnisse über die eigenen kognitiven Prozesse, Produkte oder alles, was damit verbunden [,related‘] ist“ (Flavell 1976, 232). O’Malley/Chamot’s Umschreibung (siehe 2.2.) scheint davon nicht weit entfernt zu sein. Bei Oxford jedoch ist sie schon weniger klar: Erstens ordnet sie die metakognitiven Strategien auf gleicher Ebene mit den affektiven und sozialen bei den indirekten Strategien ein. Zweitens definiert sie metakognitive Strategien zwar als Handlungen [,actions‘], durch die Lerner „ihren eigenen Lernprozess koordinieren“ können, gibt als Beispiele dann aber auch an: ,sich konzentrieren‘ und ,Neues mit schon Bekanntem zu kombinieren‘ (nach ihrer eigenen Definition kognitive Handlungen) und ,Übungsmöglichkeiten suchen‘, was in den meisten anderen Quellen eindeutig zu den sozialen Strategien gerechnet wird (Oxford 1990, 136). Auch O’Malley/Chamot sind in ihren Konkretisierungen weniger eindeutig, als ihre Definition suggeriert: ,Metakognitiv‘ nennen sie z. B. „die Planung [was tatsächlich metakognitiv ist, Anm. GW] und Wiederholung [was m. E. nach der gegebenen Definition zum kognitiven Bereich gehört] von Sprachelementen …“ (O’Malley/Chamot 1990, 119). Sehr vielen Umschreibungen gemeinsam ist, dass beide Kategorien als nebengeordnet präsentiert werden, die als Alternative für einander gelten können. Das kompliziert die Sache, weil sie, wie in den Beispielen bei O’Malley/Chamot und Oxford klar wird, manchmal zu überlappen scheinen. Das scheint vor allem ein Problem, wenn das Konzept ,Strategie‘ als Aktivität definiert wird. Die Umschreibung als Plan, wie in 3.2. vorgeschlagen, erleichtert es, eine Lösung zu finden. Diese Definition unterstellt nämlich zwei Rollen: Die eine Rolle dessen, der den Plan ausführt (der wiederholt, zusammenfasst, kategorisiert, u. ä.). Die andere Rolle ist die des Planers, des ,Managers‘ dieses Prozesses, der die vier klassischen Managementfunktionen: ,Ziele bestimmen‘, ,Pläne erstellen‘, ,Ausführung beaufsichtigen‘ und ,Ergebnisse auswerten‘ erfüllt. Man könnte deshalb sagen, dass die Aktivitäten des Ausführenden im ,kognitiven Bereich‘ liegen, die des Managers im ,metakognitiven Bereich‘. Dies impliziert, dass metakognitive Handlungen nicht neben-, sondern übergeordnet sind und die kognitiven Strategien steuern. Anhand dieser Beschreibung kann auch ein konkreterer Unterschied zwischen Strategien und Techniken definiert werden. Aus ihr lassen sich zwei Kategorien Lernhandlungen ableiten: 1. Kognitive Handlungen, die ohne metakognitive Steuerung mehr oder weniger routinemäßig ausgeführt werden (keine zielorientierte Planung, usw.) 2. Kognitive Handlungen mit metakognitiver Steuerung, die bewusst, zielorientiert geplant, beaufsichtigt und ausgewertet werden. Die ersteren können wir jetzt als ,Techniken‘ bezeichnen, letztere als ,Stra- tegien‘. 4. Strategien und Techniken und ihre Effektivität 4.1. Affektive und soziale Strategien Nach Oxford (1990) gehört „die affektive Seite der Lerner wahrscheinlich zu den wichtigsten, Erfolg oder Misslingen bedingenden Einflüssen beim Lernen einer Fremdsprache“. „Gute Lerner sind oft die besseren Beherrscher [,control‘] ihrer Gefühle und Einstellungen [,attitudes‘] in Bezug auf Lernen“. Das ist wichtig, weil „negative Gefühle Fortschritte hemmen, auch wenn alle ,technischen Bedingungen‘ erfüllt sind“ (Oxford 1990, 149). Als Beispiele affektiver Handlungen (vgl. auch Art. 74) finden wir in der Literatur eine Vielzahl von (oft der Yoga-Praxis entliehenen) Lockerungs- und Entspannungsübungen, um hemmende Ängste besser in den Griff zu kriegen: Atemübungen, entspannende Musik, entspannendes Gelächter, rhythmische Wiederholungen von gewissen Bewegungen oder einsilbigen Wörtern (vgl. z. B. Schiller 1993). Zu dieser Subkategorie gehören auch die Strategien zur Selbstermutigung wie ,Selbstbelohnung‘, das Kultivieren und Verbalisieren positiver Erfahrungen, systematischer Vergleich von aktuellen mit früheren (etwa in einem Lerntagebuch festgehaltenen) Ergebnissen. Ellis (1995) bespricht die sparsamen Forschungsergebnisse in diesem Bereich und schlussfolgert, dass für die unter- 688 IX. Lernen als didaktisch-methodischer Gegenstand II stellten positiven Effekte bis jetzt nur schwache empirische Evidenz gefunden werden konnte. Die bezieht sich vor allem auf die bedeutende Rolle der Motivation (vgl. auch Oxford/Shearin 1994 und Dickinson 1995). Zu den sozialen Strategien rechnet man Handlungen wie ,Zusammenarbeit mit anderen Lernern suchen‘, ,Kontaktmöglichkeiten mit ,native speakers‘ suchen‘, ,um Erläuterung, Wiederholung, Beispiele bitten‘, ,Regelmässig nachfragen, ob man richtig verstanden hat‘, u. ä. Oxford (1990) rechnet dazu auch die Entwicklung und Anwendung eines interkulturellen Bewusstseins, das dazu beitragen kann, von dem Kontakt mit Muttersprachlern zu lernen. Zu der Effektivität dieser Strategien bietet die Forschung als Anhaltspunkt nur, dass gute Lerner solches Verhalten verhältnismäßig öfter zeigen als schwache und jüngere öfter als ältere. Dieser Zusammenhang braucht aber nicht unbedingt kausal zu sein. 4.2. Kognitive Strategien Bei Rampillon (1985; 1995), Weinstein/Mayer (1986), Ellis/Sindlair (1989), Müller/Wertenschlag/Wolff (1989), Prokopp (1989), Sperber (1989), O’Malley/Chamot (1990), Oxford (1990), Rug/Neumann/Tomaszewski (1991), Wenden (1991), Wenden/Rubin (1991), Wolff (1992), Ahrenholz/Ladenburger (1993), Sperber (1993) und Bimmel/Rampillon (2000) u. a. werden mehr oder weniger ausführliche Auflistungen von als ,Strategie‘ oder ,Technik‘ genannten Lernhandlungen aus diesem Bereich präsentiert, meistens mit praktischen Beispielen illustriert. Informativ ist namentlich Oxford (1990), deren Auflistungen sich durch fast erschöpfende Vollständigkeit wie auch durch oft schwer nachvollziehbare Einteilungssystematik auszeichnen. Ellis (1994) bespricht verschiedene Forschungsergebnisse und schließt, dass es einen Zusammenhang gibt zwischen bestimmten Strategie-Typen und (1) Unterrichtszielen (wie Einprägen vs. Anwenden können), (2) Aufgabentypen, oder (3) gewissen Persönlichkeitsmerkmalen (wie Alter); dass die Qualität der Ausführung, flexibler Einsatz und Zielgerechtheit wichtiger sind als Frequenz; und dass Strategien wahrscheinlich am effektivsten sind, wenn sie in Kombination miteinander angewandt werden. Aus forschungstechnischen Gründen steht allerdings die Kausalität der in den Experimenten gefundenen Zusammenhänge in sehr vielen Fällen keineswegs fest. Kopplung von Lernzielen mit geeigneten Strategien wird erschwert durch das Fehlen einer eindeutigen Typologie von Strategien. Manchmal sind die Typen heterogen (vgl. ,markieren‘ vs. ,reflektieren‘), überschneiden sie sich (vgl. ,strukturieren‘ und ,schematisieren‘), beziehen sich auf ein sehr unterschiedliches Aggregationsniveau (vgl. sehr spezifisch konkret: ,substituieren‘ vs. sehr allgemein: ,analysieren‘). Manchmal sind die Bezeichnungen auch mehrdeutig. Wie in 3.2. gezeigt wurde, kann sich z. B. ,Notizen machen‘ auf eine Vielfalt von verschiedenen Lernhandlungen beziehen. Westhoff (1996) sucht Anhaltspunkte für die Klärung der Beziehung zwischen Handlung und Effekt, indem er Handlungstypen nach Merkmalen ihrer unterliegenden mentalen Handlungsstruktur in Typen zusammenzufassen versucht. Er nimmt an, dass Lernergebnisse tiefer und anwendbarer sind, je intensiver und variierter an den Merkmalen des zu lernenden mentalen Objektes ,gehandelt‘ worden ist. Er kommt dabei zu Typologisierungen wie: Ϫ Wiederholen. (Technisch ausgedrückt: ein mentales Objekt, wie einen Begriff oder eine Vorstellung, aus dem Langzeitgedächtnis (wo alles, was wir wissen, gespeichert ist) in das Arbeitsgedächtnis holen (eine Art ,Werkstatt‘, wo Gedanken, Vorstellungen u. a. ,produziert‘ werden). Dadurch lernt man die spezifischen Merkmale des betreffenden Objektes besser kennen und übt den Weg zu dessen Speicherplatz. Ϫ Ordnen. (Irgendeine Reihenfolge nach einem selbstgewählten Kriterium festlegen, wie: alphabetisch, nach Länge, chronologisch, zahlenmäßig, nach Relevanz für ein bestimmtes Thema, usw. Bei ,ordnen‘ wird meistens nur an einem einzigen Merkmal der zu lernenden Objekte gehandelt. Ϫ Kategorisieren. (Elemente nach selbstgewählten Kennzeichen gruppieren.) So kann man z. B. die Vokabeln: Schlaf, hüpfen, Tischbein, rennen, Schein, schwarz, Kühlschrank, springen, Armleuchter, sprinten, schnell, leichter einprägen, wenn man sie gruppiert als: Schlaf, Schein, schwarz, schnell; rennen, springen, hüpfen, sprinten; Kühlschrank, Tischbein, Armleuchter. Bei vorgegebener Kategorisierung (wie im Beispiel) handeln Lernende an einer beschränkten Zahl vorgegebener Kriterien. Durch diese Art von Umschreiben kann hypothetisiert werden, dass selber eine Klassifizierung entwerfen (wie z. B. bei ,neuordnen‘) wahrscheinlich effektiver ist, weil in die- 68970. Zweitsprachenerwerb als Lernaktivität II sem Fall an mehr Merkmalen des mentalen Objektes gehandelt werden muss, um zum Kategorisieren brauchbare Merkmale zu se- lektieren. Ϫ Strukturieren. (Feststellen, aus was für Bestandteilen sich etwas zusammensetzt und welche Beziehung zwischen diesen Bestandteilen besteht.) Die Umschreibung bietet eine mögliche Erklärung für die relativ große Effektivität dieser Handlung: Es ist eine Doppelhandlung, die aus zwei jede für sich schon effektiven Handlungen (,Kategorisieren‘ und ,Beziehung bestimmen‘) besteht. Beide setzen ziemlich intensives und komplexes Handeln an Merkmalen des zu lernenden Objektes voraus. Ϫ Abstrahieren. (Spezifische Dinge auf ein allgemeineres Niveau heben.) Dazu muss bei mentalen Objekten identifiziert werden, welche ihrer Merkmale sie mit (Kategorien von) anderen Objekten gemeinsam haben, mit denen sie sich zu einer Kategorie höherer Ordnung zusammenfassen lassen. Das könnte z. T. den Lerneffekt von ,Notizen machen‘ erklären: Es bringt Leser oder Zuhörer dazu, zusammenzufassen und abzuwägen. Dasselbe gilt für ,Zusammenfassen‘ überhaupt. Den in dieser Weise nach ihren zu Grunde liegenden Handlungsmustern (und dadurch nach ihrem Lernpotenzial) unterschiedenen Handlungstypen lassen sich die meisten der in der Literatur erwähnten einzelnen Strategien zuordnen. 4.3. Metakognitive Strategien Metakognitive Strategien lassen sich nach den vier in 3.3. unterschiedenen Management-Funktionen gliedern. Strikt genommen gehören nur die Entscheidungen, Vorhaben und Kontrollen in diesen Bereich. Die Ausführung selber ist kognitiv. Die Beispiele in der Literatur (u. a. O’Malley/Chamot 1990; Oxford 1990; Dickinson 1992) sind darin nicht sehr konsequent (vgl. 2.2.). Zielsetzungsstrategien sind z. B.: Ϫ Das Ziel einer Aufgabe identifizieren. Ϫ Eigene Ziele mit Lernaufgaben formulie- ren. Ϫ Grobziele (etwa für ein Studienjahr) in Feinziele aufgliedern (etwa für eine Lektion oder Lernaufgabe). Ϫ Entscheiden, auf welche spezifischen Aspekte einer Lernaufgabe man sich konzentriert und welche man eventuell ignorieren kann. Planungsstrategien können sich beziehen auf: Ϫ Handlungsaspekte (Was mache ich in welcher Reihenfolge?). Dies beinhaltet u. a., dass der mentale Manager versucht, die beste Strategie zu wählen. Das ist nicht immer dieselbe. Für das Lösen eines affektiven Problems ist es eine andere als für eine Memorisieraufgabe oder das Lösen eines Grammatikproblems. Bei dieser Wahl ist das zu Grunde liegende Handlungsmuster der Strategie entscheidend. Es hilft, wenn Lerner davon einige Kenntnis haben. Die Ausführung jeder Strategie setzt bestimmte Kenntnisse und Fertigkeiten voraus. Der ,Manager‘ muss entscheiden, welche der in Betracht kommenden Strategien dem Kenntnisstand und der Fertigkeit der Lerner optimal entspricht. Ϫ Zeitaspekte (Wann und wie lange sollen die Handlungen ausgeführt werden) Ϫ Umgebungsaspekte (Einrichtung der Arbeitsumgebung, notwendige Hilfsmittel wie Wörterbücher, Geräte, usw.) Instrumente zur Beaufsichtigung sind z. B. regelmäßige Überprüfungen während der Ausführung der kognitiven Lernhandlungen, ob Ϫ die Planung zeitlich und inhaltlich noch stimmt oder gegebenenfalls besser angepasst werden kann, Ϫ richtig ist, was man tut, Ϫ die kognitive Handlung so zweckmäßig ist wie angenommen, u. ä. Für die Auswertung ist es wichtig, dass festgestellt wird, in welcher Weise und an Hand von welchen Kriterien kontrolliert werden kann, ob das Geplante erreicht ist. Um vorzubeugen, dass dies nachher nicht mehr feststellbar ist, weil die dazu notwendige Information unterwegs nicht eingesammelt worden ist, empfiehlt es sich, die Auswertung, inklusive der Gewinnung der dazu notwendigen Information (wie ,auf Tonband aufnehmen‘) vor Anfang der Ausführung zu planen. 5. Das Unterrichten von Strategien und Techniken 5.1. Affektive und Soziale Strategien und Techniken Über die Unterrichtbarkeit sozialer und namentlich affektiver Strategien ist sehr wenig bekannt. Diese Handlungen stehen oft im Konflikt mit der vorherrschenden Unterrichtskultur. Zusammenarbeit wird zwar oft 690 IX. Lernen als didaktisch-methodischer Gegenstand II als wertvoll gepredigt, aber Leistungen werden individuell gemessen. In dem Zusammenhang gilt Zusammenarbeit als Betrug. Schüler machen einen besseren Eindruck, wenn sie etwas wissen, als wenn sie durch dauerndes Nachfragen immer wieder zeigen, was sie nicht wissen. Dieser Umstand stimuliert nicht die Anwendung sozialer Strategien. Dasselbe gilt für viele affektive Lernhandlungen. Keine Fehler machen wird belohnt, Fehler machen bestraft, und dies alles in einem Klima dauernder formeller oder informeller Leistungsmessung. Da mag es nicht wundern, dass Chamot u. a. (1988) feststellen, dass affektive Strategien im regulären Unterricht selten wahrgenommen werden. Eine Ausnahme bildet die Suggestopädie, die methodisch größtenteils auf der Anwendung affektiver Techniken fußt. 5.2. Kognitive Strategien und Techniken Es ist in den letzten Jahren eine Flut von Trainings- und Übungsmaterialien erschienen. Erstaunlicherweise gibt es aber wenig Forschung zur Wirkung solcher Materialien. Die Ergebnisse der wenigen Studien (Cohen/ Aphek (1980) und Bialystok (1983) über Vokabel lernen, O’Malley u. a. (1985) und Cohen (1998) über eine breitere Skala von Strategien) sind diffus und wenig überzeugend. Weiter basiert so gut wie alles, was über die Didaktik kognitiver Strategien geschrieben worden ist, auf Erfahrung, Intuition, ,Common sense‘ oder auf allgemeineren lerntheoretischen Prinzipien. Zusammenfassend könnte man sagen: Man lernt solche Handlungen vor allem, indem man sie ausführt. Aufträge werden dabei als effektiver angesehen, wenn sie: 1. Inhaltsbezug haben. (Die Lernaktivität soll eine Bedeutung haben und der Lerner muss sich auch dieser Bedeutung bewusst sein.) 2. möglichst viele Ähnlichkeiten aufweisen mit der Situation, in der das Gelernte später angewandt werden soll. 3. den Lernenden das Gefühl vermitteln, dass die Anwendung der Strategie das Ausführen der Aufgabe erleichtert. Ziemlich allgemein wird angenommen, dass Lernhandlungen im kognitiven Bereich weniger effektiv gelernt werden, wenn sie als ,Technik‘ geübt werden. Üben mit ,Strategien‘ wird als vielversprechender angesehen. Aus diesem Grund ist die Verdeutlichung der metakognitiven Steuerung, z. B. in der Form einer Erklärung des Ziels, der Wirkung und des Sinnes der zu übenden Strategie wesentlicher Bestandteil vieler didaktischer Vorschläge (vgl. auch Bimmel 1993, 8). Weiter wird oft angenommen, dass Training effektiver ist, wenn es nicht isoliert, sondern im Fachunterricht integriert stattfindet. In der Literatur sind diverse Unterrichtsphasierungen zu finden. Eine Übersicht geben u. a. O’Malley/Chamot (1990). Resümierend lässt sich daraus folgende Phasierung ableiten: 1. Präsentation Ϫ Erzählen, wozu man die Strategie anwenden kann. Ϫ Erzählen, wozu das nützlich ist. Ϫ Ausführung beschreiben. 2. Darstellung eines Modells Ϫ Vormachen. Ϫ Dabei als Dozent die eigenen Denkschritte verbalisieren. 3. Üben lassen Ϫ Schüler führen kooperative Lernaufgaben aus. Ϫ Dozent leistet Hilfe, wenn es ohne nicht geht. 4. Erweiterung der Anwendungsmöglichkeiten Ϫ Extra Übungsstoff mit vergleichbaren Aufgaben anbieten. Ϫ Das Gelernte muss dabei erfolgreich angewendet werden können. 5. Auswertung Ϫ Lehrer gibt individuell und gruppenweise Feedback. 5.3. Metakognitive Strategien und Techniken Es scheint auf der Hand zu liegen, dass Lernende ihr Repertoire im metakognitiven Bereich durch Ausführung vielfältiger kognitiver Strategien entwickeln werden. Untersuchungen zeigen jedoch jedesmal, dass kognitive Lernstrategien, die an und für sich beherrscht werden, in neuen Situationen ohne ausdrückliche Anweisung des Lehrers selten angewandt werden (vgl. Bimmel/Westhoff 1995). Zu der Frage, ob und unter welchen Bedingungen Strategietraining Wirkung zeigt, finden wir in der Literatur widersprüchliche Ergebnisse. Mulder (1996) gibt eine ausführliche Übersicht. Ihr Vergleich der konkreten Lernaufgaben in den von ihr analysierten Trainingsprogrammen führt zu der Vermutung, dass entscheidend ist, ob der Lernende sich 69170. Zweitsprachenerwerb als Lernaktivität II während des Lernprozesses die angewandte Strategie bewusst gemacht hat. Mulders eigene experimentelle Ergebnisse bestätigen dies. Dabei fällt auf, dass Bewusstmachung in der Form von mehr oder weniger offener Reflexion (aufschreiben lassen, wie die Lerner ihre Aufgabe angepackt haben) effektiver zu sein scheint als das Schritt für Schritt einüben lassen von vorgefertigten Vorgehensanleitungen (Heuristiken). Eine solche Bewusstmachung kann implizit hervorgerufen werden z. B. durch ,zusammenarbeiten lassen‘ mit der Aufgabe, sich durch Argumentation auf eine gemeinsame Lösung zu einigen. Dieses Überlegenmüssen trägt wahrscheinlich mehr zum Lernergebnis bei als das Lösen der Aufgabe an und für sich. Eine andere Form impliziter Bewusstmachung ist ,Schülertutoring‘. Dabei lässt man Schüler, die im Stoff schon ein Stück weiter sind, weniger Fortgeschrittenen helfen. Der Tutor lernt durch sein Nachdenken darüber, wie er etwas erklären muss, wahrscheinlich mehr als sein Schüler, und zwar sowohl auf kognitivem als auch auf metakognitivem Ge- biet. Eine explizite Art, Bewusstmachung herzustellen, ist: ,Rechenschaft ablegen lassen‘, z. B. indem man erst gestattet, unzureichende Tests zu wiederholen, nachdem Lerner aufgeschrieben haben, wie sie den mangelhaft ausgeführten Test vorbereitet hatten, und was sie nun bei dem zweiten Versuch anders machen wollen. Eine explizite Form von ,Bewusstmachenlassen‘ ist auch das Führenlassen von ,Lerntagebüchern‘. In diesen ,Logbüchern‘ versuchen Lernende festzuhalten, wie sie ihre Unterrichtsstoffe angepackt haben und was dabei herauskam, z. B. an Hand der folgenden fünf Fragen: 1. Was wolltest du (wie) erreichen? 2. Ist es gelungen? 3. Woher weißst du das? 4. Kannst du das erklären? 5. Was lernst du daraus für das nächste Mal? In dieser Weise systematisch geführte Lerntagebücher können auch ,Supervision‘ strukturieren. Supervision beinhaltet, dass ein ,Supervisor‘, ohne den Inhalt des Lernprozesses zu steuern (das müssen die Lernenden selbst tun), hilft, systematisch Informationen über die Wirkungen, die das Handeln der Schüler hervorruft, zu sammeln und zu gebrauchen. Dabei muss sich der Supervisor Urteilen, Kommentaren oder Tipps enthalten. Er muss sich darauf beschränken, als ,Resonanzkörper‘ zu fungieren, mit dessen Hilfe Lernende ihre eigenen Urteile, Kommentare und Tipps formulieren lernen. Vorteil der obengenannten Fragen ist, dass sie immer gestellt werden können. Bei ihrer Beantwortung lernt man auch, wenn man keine Fehler gemacht hat. Der Erwerb von Fertigkeiten im Umgang mit metakognitiven Strategien verlangt Training von allen Beteiligten. Unterrichtende werden üben müssen, so viel wie möglich zurückzutreten und als Berater, die vor allem Möglichkeiten aufzeigen, dafür zu sorgen, dass dieser Bewusstmachungsprozess bei den Schülern so gut wie möglich verläuft. Die Lerner werden üben müssen, die ,Managementrollen‘ zu übernehmen. Das scheint schwierig, aber die Praxis auf vielen Montessori-Schulen zeigt, dass es zumindest bis zu einem bestimmten Grad möglich ist. 6. Literatur in Auswahl Ahrenholz, Bernd; Ursula Ladenburger (1993): Brief an unsere Studenten. Nützliche Tips zum Thema. In: Fremdsprache Deutsch. 8, 19Ϫ24. Bialystok, Ellen (1983): Inferencing: testing the ,hypothesis-testing‘ hypothesis. In: Herbert Seliger; J. Michael Long (Hg.): Classroom-oriented Research in Second Language Acquisition. Rowley, Mass. Ϫ (1990): Communication Strategies. Oxford. Bimmel, Peter (1993): Lernstrategien im Deutschunterricht. In: Fremdsprache Deutsch 8, 4Ϫ11. Ϫ; Ute Rampillon (2000): Lernerautonomie und Lernstrategien. Fernstudieneinheit. München: Goe- the-Institut. Ϫ; Gerard Westhoff (1995): Lesestrategien: Training im Muttersprachenunterricht Ϫ Transfer zum Fremdsprachenunterricht. 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