Gertraude Heyd für den Fremdsprachen- (DaF) Ein Arbeitsbuch 1 Neuere Lerntheorien In den 70-er und 80-er Jahren wurden die Vorstellungen, die die meisten Fachdidaktiker von der Aneignung einer Fremdsprache hatten, durch Zweit-sprachenerwerbstheorien bestimmt. Wir haben die bekanntesten, die die damalige Diskussion weitgehend beherrschten, in Deutsch lehren vorgestellt und dabei auch auf die Einwände hingewiesen, die gegen diese Theorien erhoben wurden (vgl. Heyd 1991: I4ff.) Einer der grundlegenden Einwände war der, dass mit der Übernahme dieser für den ungesteuerten Fremdsprachenerwerz» aufgestellten Hypothesen für das gesteuerte Fremdsprachenlernen1 die besonderen Bedingungen des Letzteren nicht berücksichtigt werden. In der Zwischenzeit sind nun in der Fremdsprachendidaktik Zerrctheorien in das Zentrum des Interesses gerückt. Im Folgenden sollen zwei Ansätze dargestellt werden, die die augenblickliche Diskussion beeinflussen: die Lerntheorie der kognitiven Psychologie sowie lerntheoretische Überlegungen auf der Basis des radikalen Konstruktivismus. Sie basieren auf Veränderungen erkenntnistheoretischer Art in Philosophie (radikaler Konstruktivismus) und Psychologie (Entwicklungspsychologie, Kognitionspsychologie), Biologie und der kognitiven Wissenschaft (cognitive science). Diese Neuansätze waren wohl schon Ende der 70-er Jahre bekannt, konnten sich jedoch zunächst gegenüber den Fremdsprachenerwerbstheorien nicht durchsetzen. Die Grundhypothese der kognitiven Wissenschaft ist ganz allgemein folgende: "Wahrnehmung, Verstehen und Lernen müssen in hohem Maße als konstruktivistische Operationen verstanden werden, die der Mensch selbstständig auf der Grundlage seines jeweils vorhandenen individuellen Erfahrungswissens vollzieht. Die Ergebnisse der ständigen Auseinandersetzung mit der Umwelt sind deshalb für jeden Menschen verschieden: wir entwickeln und konstruieren, unabhängig und auf der Basis unseres sich beständig verändernden Erfahrungswissens, unsere eigene Theorie von der Umwelt, die selbst wieder kontinuierlich Veränderungen ausgesetzt ist" (Wolff 1994: 408). Die kognitiv orientierte Psychologie geht davon aus, dass das Verstehen ein komplexer mentaler Prozess und der entscheidende erste Schritt für das Lernen ist. Es handelt sich dabei um einen Erschließungsprozess, bei dem die eingehenden Informationen aufgrund des vorhandenen Wissens interpretiert wer- 1 Diese umstrittene Unterscheidung geht auf Krashen (vgl. Krashen/Terrell 1983) zurück. Die Psycholinguistik betrachtet Lernen eher als bewussten Einsatz von Strategien, der zum Erwerb führt (vgl. Channell 1988: 84). Das bedeutet, sie betrachtet Lernen als den Prozess und Erwerb als das Ergebnis. 14 Neuere Lerntheorien den. Dabei ist Informationsverarbeitung gleichzeitig daten- und wissensgeleitet (vgl. Kap. 6, Seite 85-88). Verstehen ist demnach ein Problemlösungsprozess, der durch mentale Operationen gesteuert wird. Die Informationsverarbeitung beeinflusst das vorhandene Wissen dahingehend, dass dieses ständig umstrukturiert wird. Man spricht von Restrukturierung. Das Wissen muss aber gleichzeitig so aufbereitet und gespeichert werden, dass es jederzeit situationsangemessen abrufbar wird, da sonst die Informationsverarbeitung nicht funktioniert. Der Informationsverarbeitungsprozess wird vom Informationsverarbeiter durch komplexe Strategien gesteuert, die als prozedurales Wissen bezeichnet werden. Zum prozeduralen Wissen gehören mentale Operationen, bei denen man zwischen unbewusst ablaufenden Prozessen und bewusst eingesetztenJitrategien^ die Prozesse wissen wir wenig, das sie nicht direkt beobachtbar sin»;tänHpn oder auch Löschen von Informationen. Diese kognitiven Operationen werden vom Lernenden selbsttätig ausgeführt; das bedeutet, dass er nicht nur wahrnimmt und versteht, sondern auch das Lernen eigenständig organisiert. Da die menta-len Operationen, das_yorwissen und die eingesetzten Strategien bei den einzelnen Individuen verschieden sind, kann es zu unterschiedlichen Lernergebnissen kommen. 109). In die osteuropäische Didaktik fanden sie dagegen schon viel früher Eingang (vgl. Heyd 1991: 14-16 Die Lerntheorie Galperins). 16 Neuere Lerntheorien 1.2 Der radikale Konstruktivismus als Wahrnehmungs- und Erkenntnistheorie3 Für unsere Überlegungen sind vor allem die vier folgenden Postulate des radikalen Konstruktivismus wichtig: 1. Menschen sind autonome und rekursiv organisierte Systeme, deren Verhalten gegenüber der Umwelt dahin ausgerichtet ist, das eigene Überleben zu sichern, nicht etwa, die objektive Realität zu erkennen. 2. Menschen sind informationell geschlossene Systeme, die nicht etwa der Außenwelt Informationen entnehmen, die sie kognitiven Strukturen und Symbolen zuordnen und die im Geist weiterverarbeitet werden können, wie das die kognitive Psychologie behauptet. Das Nervensystem kann vielmehr von außen nicht gesteuert werden, sondern nur perturbiert (gestört, beunruhigt, verwirrt). Es kommt nur zu Zustandsver-änderungen, die im Sinne der Strukturdeterminiertheit erlaubt sind. Das heißt, die Wahrnehmung ist in das Innere des Menschen verlagert, sie weist den bedeutungsfreien neuronalen Prozessen Bedeutung zu, etwa wie das Licht in unserem Nervensystem chemische Veränderungen bewirkt, die dieses in Linien, Hell-Dunkel-Kon-trasten usw. organisiert, die wiederum von unserem kognitiven System interpretiert und zu Bildern konstruiert werden. 3. Lebende Organismen sind sich selbst erzeugende, selbst erhaltende und selbst organisierende Systeme, die nur überleben können, wenn sie sich in die Umwelt einpassen und dabei nicht ihre eigene strukturelle Organisation aufgeben. Die Organisation des Systems bestimmt, woran es gekoppelt werden kann. 3 Die konstruktivistische Theoriebildung hat bereits in den späten sechziger/frühen siebziger Jahren mit der so genannten Rezeptionsästhetik und Überlegungen der Textlinguistik zu Textkonstitution und psycholinguistischen Verstehenstheorien die Literaturwissenschaft beeinflusst. Danach erschafft der Leser bei jeder Lektüre den literarischen Text quasi neu, indem er auf dem Hintergrund seiner persönlichen Erfahrungen, seines Vorwissens, seiner jeweiligen Gemütslage u.a. die Bedeutung eines Textes für sich neu konstruiert, weshalb sein individuelles Textverständnis sich vom Verständnis jedes anderen Lesers unterscheidet. Auch die Textlinguistik der siebziger Jahre vertrat den Standpunkt, dass der Text erst im Leseakt konstituiert wird, bei dem der Leser anscheinend inkohärente Zeichen zu einem zusammenhängenden Ganzen macht. Die kognitive Psychologie der 70-er und 80-er Jahre geht davon aus, dass die menschliche Wahrnehmung die Wirklichkeit nicht objektiv abbildet, sondern dass jene vom Menschen aufgrund individueller Erfahrungen subjektiv konstruiert wird. Sprachliches Verstehen wird als ein Interaktionsprozess zwischen eingehenden sprachlichen Stimuli und bereits vorhandenen Wissensschemata verstanden. Diese Vorstellungen decken sich mit dem rezeptionsästhetischen Ansatz der Literaturwissenschaft. Die verschiedenen sprachlichen Verstehensmodelle lassen sich danach unterscheiden, welchen Stellenwert sie den eingehenden sprachlichen Stimuli im Verhältnis zu dem bereits vorhandenen Wissen beim Verstehen jeweils zuweisen. Die Tendenz geht dahin, den vorhandenen Wissensbeständen eine größere Bedeutung zuzumessen als den eingehenden Stimuli (vgl. Wolff 1994: 408-409). Lerntheoretische Überlegungen auf der Basis des radikalen Konstruktivismus 17 4. Menschen sind beobachtende Systeme, die mit Wörtern und Systemen die Umwelt beschreiben, die dem Beobachteten ein konzeptuelles System überstülpen und dadurch die Welt hervorbringen, die diese Phänomene enthält. Durch die Sprache kann Konsens erzeugt und können Strukturen gekoppelt werden. Durch sprachliche Interaktion werden keine Informationen übertragen, sondern nur Zustandsverände-rungen in der Kognition ausgelöst. Gemeinsame Vorstellungen über die Umwelt entstehen durch Sozialisationsprozesse und Konventionen. Unsere Modelle der Wirklichkeit sind deshalb nicht objektiv, sondern durch die Sprache wesentlich mitbestimmte "gesellschaftlich normierte" Wirklichkeitsmodelle (vgl. Wolff 1994:412). Entscheidend für unsere Überlegungen sind nach Wolff "der konstruktivistische und damit subjektbezogene Charakter menschlicher Wahrnehmung und Erkenntnis, die informationelle Geschlossenheit menschlicher Organismen und ihre Fähigkeit zur Selbstorganisation und schließlich die Unmöglichkeit, die Wahrnehmung und das Erkennen steuernd von außen zu beeinflussen" (Wolff 1994:412). 1.3 Lerntheoretische Überlegungen auf der Basis des radikalen Konstruktivismus Das konstaiktivistische Grundprinzip lässt sich ausdrücken durch die Formel Lernen = Wissenserwerb = Konstruktion. | Wissen ist nur gelernt, wenn es vom Lerner konstruiert worden ist. Wissen ist damit vom Lerner persönlich konstruierte, auf seiner Lebenserfahrung basierende Bedeutung und nicht irgendeine objektiv gegebene Wirklichkeit. Das Prinzip der Selbstorganisation spielt dabei eine entscheidende Rolle. Der Mensch als in sich geschlossenes System organisiert sich selbst und damit für sich die Welt, um sein Überleben als System zu sichern. Damit verbindet sich die Eigenverantwortlichkeit für das eigene Lernen, das das Überleben als selbst organisiertes System sichert. Immer, wenn es zu einer Perturbation kommt, weil die eingesetzten Wissensschemata nicht das gewünschte und erwartete Ergebnis zeigen oder der Lerner in einer neuen, komplexen Umgebung Überlebensstrategien entwickeln muss, findet Lernen statt. Die Perturbation macht eine Akkomodation (Angleichung) notwendig, um ein neues Gleichgewicht herzustellen. Zu solchen Perturbationen kommt es vor allem durch die Interaktion mit anderen. Obwohl Lernen durch Selbstorganisation zustande kommt und der eigentliche Lernprozess vom Lernenden ausgeht, nicht von außen in Gang gesetzt wird, benötigt der Lerner die Interaktion mit anderen, denn ohne sie kann er seine Konstruktionen nicht überprüfen. Der äußere Einfluss beschränkt sich darauf, dem Lerner bei der Suche nach dem eigenen Lernweg zu helfen. Von besonderer Bedeutung ist also der soziale Kontext, in dem das Lernen 18 Neuere Lerntheorien stattfindet, die soziale Interaktion. Wissen gilt als sozial vermittelt. (Dieser letzte Punkt spielt in den kognitiven Lerntheorien keine Rolle.) Gemäßigtere Positionen nähern sich den kognitiven Lerntheorien. Sie weisen vor allem auf die Bedeutung vorhandenen Wissens für die Aufnahme neuer Informationen hin (vgl. Wolff 1994: 413-416). Aus diesen lerntheoretischen Überlegungen kann man die folgenden Schlussfolgerungen ziehen: Wenn Lernen bedeutet, neues Wissen auf der Basis subjektiven Erfahrungswissens zu konstruieren, dann sind von einer außen stehenden Instanz bestimmte, im Voraus präzise definierte, systematisch strukturierte und in einer festen Progression dargebotene Lerninhalte abzulehnen, da nie als sicher angenommen werden kann, dass die angebotenen Leminhalte und das Vorwissen des Lerners sich miteinander verbinden lassen. Natürlich setzt auch aus konstruktivistischer Sicht eine angemessene Beschäftigung mit Wissensinhalten voraus, dass Kerninhalte eines Lehrplans festgelegt werden, aber aus einem inhaltlichen Gebiet dürfen nicht Teilinhalte von vornherein festgelegt werden, sondern das ganze Gebiet muss repräsentiert sein. Dazu erforderlich ist authentisches Material, das einen Lerninhalt aus verschiedenen Perspektiven zeigt und dem Lerner ermöglicht, auf sein Erfahrungswissen zur Konstruktion des Lerninhalts zurückzugreifen. Lernziele dürfen nicht genauestens definiert und akribisch in Teilkomponenten zerlegt werden, da die Gefahr besteht, dass der Lerner den Sinn der Lernziele dann nicht mehr erkennen kann. Vielmehr sollte man sich von dem Grundprinzip leiten lassen, dass die zu erwerbenden Fähigkeiten und Wissenskomponenten in der Lebenswirklichkeit brauchbar sein sollten. Ein solches Lernziel wirkt auch für den Lerner überzeugend. Die Lernumgebung sollte authentisch und im Sinne der Lebenswirklichkeit komplex sein. Sie soll dem Lerner ermöglichen, ausgehend von seinem Wissensstand seine Konstruktionsprozesse durchzuführen und das Gelernte in ihr konkret zu verwenden. Entsprechend der kognitiven Psychologie wie auch nach dem radikalen Konstruktivismus wird das Wissen aufgrund von Verarbeitungs- und Lernstrategien konstruiert. Diese Wissenskonstruktionsprozesse gehen unbewusst vor sich. Deshalb müssen sie dem Lerner zunächst bewusst werden, damit er ihre Effizienz für den eigenen Lernprozess beurteilen kann. Erst danach können sie gefördert und verbessert werden. Aus konstruktivistischer Sicht genügt es also nicht, die Lerner mit Lern- und Arbeitstechniken bekannt zu machen, vielmehr ist eine vorausgehende Bewusstma-chung und Reflexion notwendig.4 4 Wolff empfiehlt unter Bezug auf Kommers (1992: V-VI) hier als kognitives Werkzeug vor allem den Computer, um das Lernen für die Lerner transparent zu machen. Durch den Aufbau von semantischen Netzwerken, von Expertensystemen durch die Lerner selbst, dank der Flexibilität von Hypertext-Systemen u.a. lassen sich Wissenskonstaiktions-prozesse beispielhaft darstellen, durch Simulationen erproben und das Zusammenwirken komplexer Faktoren bei Problemlösungsprozessen aufzeigen. Vorstrukturierte leere Lerntheoretische Überlegungen auf der Basis des radikalen Konstruktivismus 19 Aufgrund der Betonung des sozialen Kontextes für das Lernen sollte kooperatives Lernen in den Vordergrund treten. Nur im Kontakt mit den anderen kann der Lerner seine Hypothesen über die Umwelt überprüfen und revidieren5. Nach konstruktivistischen Vorstellungen soll das Klassenzimmer zur Lernwerkstatt werden, wo die Lerner selbstständig Wissen zusammentragen, analysieren und bearbeiten (vgl. auch Wolff 1995: 52). Im Fremdsprachenunterricht gibt es bereits eine Reihe von Konzepten, die jeweils zumindest einen Teil konstruktivistischer Lernprinzipien verwirklichen, so das aufgabenorientierte Fremdsprachenlernen, das vor allem als Projektunterricht realisiert wird, sowie das inhaltsorientierte Fremdsprachenlernen, wenn zum Beispiel an einer höheren Schule bestimmte Sachfächer in einer Fremdsprache unterrichtet werden, in sog. bilingualen Zweigen. Für beide Konzepte gilt • das konstruktivistische Prinzip des Bezugs zur Wirklichkeit (auch wenn dies beim 1 inhaltsorientierten Fremdsprachenlernen nur die Wirklichkeit des jeweiligen Sach- I faches ist) und I • das Prinzip der Komplexität von Lerninhalten; I das kognitive Fremdsprachenlernen, bei dem das bewusste aktive Erforschen z.B. grammatischer Zusammenhänge den eigenen sprachlichen (Re)Konstruk-tionsprozess fördern soll, oder das prozessorientierte Lernen, bei dem sich der Lerner über den eigenen sprachlichen Lernprozess bewusst werden soll, bei dem er zur Reflexion über Rezeptions- und Produktionsstrategien sowie über Lern- und Arbeitstechniken angehalten wird. Bei beiden Konzepten ist als konstruktivistisches Prinzip zu erkennen, dass Lernen ein individueller Konstruktionsprozess ist, der von außen nur durch das Aufzeigen möglicher Lernwege zu beeinflussen ist. Das Konzept, das fast alle konstruktivistischen Lernprinzipien realisiert, ist das des autonomen Lernens, das auf den französischen Reformpädagogen Celestin Masken (templates) ermöglichen dem Lerner die Aufbereitung von Wissensbereichen. Der Computer leistet dabei doppelte Hilfestellung: er fördert Wissenskonstruktionsprozesse durch ihre Bewusstmachung und stellt darüber hinaus Ordnungshilfen zur Verfügung, die die Verarbeitung von Wissen erleichtern. Unabhängig vom Computer können Wissenskonstruktionsprozesse aber auch durch Introspektion und Diskursivität - vor allem in Gruppenarbeit - gefördert werden (vgl. Wolff 1994: 420-421; Rüschoff 1995: 555-569). 5 Hier verbindet sich konstruktivistisches Denken mit den reformpädagogischen Überlegungen Dewys (1963) und der Freinet-Pädagogik, die Gruppenarbeit in den Vordergrund rücken bzw. allein zulassen. 20 Neuere Lerntheorien Freinet (erste Hälfte des 20. Jahrhunderts) zurückgeht und die Barrieren zwischen Lernen und Leben abbauen möchte. Der Lerner wird dazu angeleitet, das eigene Lernen verantwortungsbewusst in die Hand zu nehmen, was bedeutet, dass er Lernziele, Inhalte, die Lernprogression selbst zu bestimmen imstande ist, dass er Lemmethoden auswählen und das Gelernte bewerten kann. Für das Fremdsprachenlernen bedeutet dies, dass Sprachwissen in das individuelle Wissen des Lerners eingebettet wird, indem es gleichzeitig als Handlungswissen und als analytisches Wissen über Sprache erworben wird (Wolff 1994: 426-427). Das autonome Lernen realisiert durch das konstruktivistische Lernprinzip des/der den Einsatz von authentischem Material Berücksichtigung komplexer Lerninhalte die Förderung authentischer Interaktion authentischen Lernumgebung, wo die Lerninhalte konkret gebraucht werden können, die Bewusstheit von Verarbeitungs- und Lernprozessen Wissensverarbeitung die Sozialform der Gruppenarbeit kooperativen Lernens. Für die eher praxisorientierten Überlegungen der Reformpädagogik, der Freinet-Pädagogik und - neueren Datums - der Vertreter der Lernerautonomie liefert der Konstruktivismus ein Lernmodell, das auf einer empirisch abgesicherten Wahrnehmungs- und Verstehenstheorie basiert, die wiederum durch philosophische und biologische Erkenntnisse abgesichert ist. Und wie langjährige Erfahrungen in anderen Ländern zeigen, funktioniert selbst bestimmtes, autonomes Lernen. Die Schlussfolgerung, die wir mit D. Wolff daraus ziehen können, ist, dass "auch im Fremdsprachenunterricht Instruktion (Lehren als mitgeteiltes Wissen) durch Konstruktion durch den Lemer selbst (Lernen als selbst verantwortetes Denken und Handeln) abgelöst werden sollte (vgl. Wolff 1994: 427-428). Zusammenfassend können wir feststellen: • Fremdsprachenerwerb hängt wie jedes Lernen zum größten Teil vom Lerner selbst ab, der als informationell geschlossenes System von außen in seinem Lernprozess nur soweit beeinflusst werden kann, dass ihm Hilfe beim Auffinden seines Lernwegs geleistet wird. Seinen Lernprozess muss er jedoch selbstverantwortlich gestalten. • Fremdsprachenerwerb ist ein aktiver Vorgang, bei dem der Lerner die Gliederung, Bedeutung und die Struktur des sprachlichen Inputs sowie die Prinzipien entdeckt, die die Sprecher zur Erreichung ihrer Ziele einsetzen. Dazu benötigt der Lerner kognitive Strategien und Fähigkeiten sowie gesellschaftliches Wissen. 2 Kognitive Methoden und konstruktivistische Überlegungen im Vergleich 2.1 Kognitive Methoden Ende der 80-er Jahre konnte sich endlich eine Lerntheorie größere Bedeutung verschaffen, die schon Mitte der siebziger Jahre existierte, die Lerntheorie der kognitiven Psychologie.'Durch die fast ausschließliche Konzentration von Psycholinguistik und auch Fremdsprachendidaktik auf die Chomsky'sche Theorie der angeborenen Universalien6 war sie lange Zeit übersehen worden. Diese Lerntheorie hat in der Praxis nicht die kommunikativ-pragmatische Methode verdrängt, sondern ergänzt. ■ Psycholinguistische Grundlage An die Stelle der Linguistik als wichtigste Bezugswissenschaft der Didaktik tritt die Psycholinguistik. Nicht mehr Funktion und Bedeutung von Sprache stehen, wie bei der kommunikativ-pragmatischen Methode, im Vordergrund, sondern die informationsverarbeitenden Prozesse, die im Gehirn des Menschen vor sich gehen. ■ Lerntheorie Sie postuliert, dass Sprachlernprozesse wie alle anderen Lernprozesse auf Informati()nsveraiiieitimg.sprOzesseh befülien, die nur stattfinden können, ~wehn HeFLerner sprachliche Informationen verarbeitet und in Kommunikationssituationen überprüfen kann. Jjrundlage des Sprachlernens ist damit der Sprachgebrauch. Zum Sprachgebrauch tritt jedochjdie Kognition hinzu. Lernen " und Sprachlernen müssen reflektiert werden. Das Verstehen ist die Voraussetzving des Sprachlernens, ohne Verstehen kann Sprache nicht gefestigt und für den Gebrauch bereitgestellt werden. Die Sprachproduktion tritt hinter das Verstehen zurück, ist zum Verstehen nur von sekundärer Bedeutung. Sprachproduktion trägt vor allem zur Automatisierung und zur Strukturierung bei, weniger zum Lernzuwachs. 6 the learner's language acquisition device - LAD; dabei handelt es sich nach Chomsky um einen mentalen Spracherwerbsmechanismus, mit dem alle Menschen bei der Geburt ausgestattet sind. Er steuert den Lernprozess automatisch und ist von außen nur sehr schwer zu beeinflussen, da er dem Menschen unbewusst ist. Konstruktivistische Überlegu ngen 23 ■ Pädagogische Theorie Der Sprachgebrauch soll authentisch und zweckgerichtet sein, (wie schon die kommunikativ-pragmatisch orientierte Methode forderte). Die Lerner sollen auf der Metaebene über sprachliche Phänomene und ihre Ausdrucksfunktionen refTeTctieren^Abgelehnt Wird die Vermittlung fertigen Wissens und nur noch zu lernender Becdetttungen. Im Mittelpunkt steht die Reflexion und Aneignung von Informationsstrategien. """" Didaktische und methodische Prinzipien Sie schließen an die der kommunikativ-pragmatischen Methode an und führen über sie hinaus. Reflexion und Gruppengespräch über Strategien und sprachli-. cheFonnen/Sinikto deren Funktion gehen dem Sprachhandeln in "Kommunikationssituationen voraus. Im Vordergrund stehen die Vermittlung prozeduralenj^isseris, d.h. des Wissens überLern- und Verarbeitungsstrategien sowie von Lern- und Arbeitstechniken. Die Lerner sollen daneben sprachliche Gesetzmäßigkeiten entdecken, analysieren, verarbeiten und in der realen KommunlRatJönssituatiöh überprüfen. Wichtig ist deshalb, dass der Unterricht möglichst authentische Kommunikationssituationen bietet. Texte sollten den Einsatz von Ers^ließun^sprpzessen begünstigen. Dazu geeignet sind be- "sonclers Jiteraris^h^_jr^xte^_da sie sehr viel häufiger "Leerstellen", ("Unbestimmtheitsstellen", "semantische Offenheit") aufweisen als Sachtexte. ■ Übungsformen Die Übungsformen der kommunikativ-pragmatischen Methode (vgl. Heyd 1991: Kapitel 8.6 und 8.7) werdenjerweit^j^d_ei^n^um Aufgaben zur selbstständigen Texterschließung, Informationsentnahme und ^Verarbeitung -SOWie zülT^eTTexion.jujf^er_Metaebene über sprachliche, kulturspezifische, prozedujale Fragen, aber auch zum Lernprozess selbst, die oft in Gruppenarbeit zu lösen sind. " '* * 2.2 Konstruktivistische Überlegungen (vgl. auch Kapitel 1.2 'Der radikale Konstruktivismus'...) Konstruktivistische Prinzipien treten bereits Ende der 60Ver, Anfang der 70-er Jahre in der Literaturwissenschaft in der sog. 'Rezeptionsästhetik' auf, beeinflussen die Textlinguistik in den 70-er Jahren und werden in den 80-er Jahren durch neue Erkenntnisse der kognitiven Psychologie, Philosophie und der Naturwissenschaften erweitert. In der Fremdsprachendidaktik sind sie noch kaum zur Kenntnis genommen worden, obwohl sie einer Reihe von fremdsprachendidaktischen Ansätzen (vgl. Seite 19-20) die theoretische Grundlage bieten könnten. Man kann also TjncicH)"nicht von einer konstruktivistischen 24 Kognitive Methoden und konstruktivistische Überlegungen im Vergleich Methode sprechen, sondern vorerst nur von konstruktivistischen Überlegungen. ■ Lerntheoretische Überlegungen Eine Sprache zu lernen ist wie alles Lernen ein Konstruktionsprozess, der vom Lerner selbst gesteuert und_ organisiert wird und auf seinen persönlichen Lebenserfahrungen aufbaut. Da Lernen selbstorganisiert ist, kann es nur in Selbstverantwortung durchgeführt und nur in sehr geringem Maße von außen beeinflusst ..wer4e&.-Für das Lernen ist der soziale Kontext, die Interaktion mit anderen von sehr großer Bedeutung. ■ Pädagogische Überlegungen Lerninhalte müssen in ihrer ganzen Komplexität repräsentiert und in einer authentischen und komplexen Lernumgebung angeboten werden, die den Lernern gestattet, auf der Grundlage ihrer unterschiedlichen Wissensstände Konstruktionsprozesse durchzuführen, sie in die Lernumgebung einzubetten und darin konkret zu gebrauchen. Die Lernergebnisse müssen im Kontakt mit den anderen überprüft werden, um einen Konsens mit der Umwelt herzustellen. Die den Lernern unbewussten Lern- und Verarbeitungsstrategien müssen ihnen zunächst bewusst werden, damit sie anschließend gefördert und verbessert werden können. ■ Didaktische und methodische Prinzipien In der 'Lernwerkstatt Klassenzimmer' organisieren und bearbeiten die Lerner ihre Lernmaterialien selbst, werten sie aus, lösen realitätsbezogene Aufgaben. Sie erkennen die Effektivität ihrer Verfahren und wissen das Ergebnis einzuschätzen. Lernen findet immer im Kontakt mit den anderen statt (z.B. vorwiegend in Gruppenarbeit). Der Lehrer vermittelt kein Wissen, auch nicht Strategien oder Lern- und Arbeitstechniken, sondern hilft den Lernern nur, ihren eigenen Lernweg zu finden. ■ Übungsformen Es gibt keine speziell konstruktivistischen Übungen. Die Aufgaben richten sich immer nach den Erfordernissen der Wirklichkeit, sind authentische Aufgaben. Das könnte z.B. die gemeinsame Erarbeitung einer Erschließungsstrategie oder auch die Planung und Durchführung eines Projekts sein (etwa die Vorstellung der eigenen Stadt in einem Videofilm). Die einzelnen Aspekte der beiden Ansätze sollen für einen besseren Überblick noch einmal nebeneinander gestellt werden, ergänzt um das Lernziel 'Interkulturelle Kompetenz' (vgl. auch Kapitel 4): Konstruktivistische Üherlegu ngen 25 Lernziel 'Interkulturelle Kompetenz'7 Kognitive Methoden Konstruktivistische Überlegungen Psycholinguistische Grundlagen: Die Psycholinguistik verdrängt die Linguistik als wichtigste Bezugswissenschaft; Betonung auf den Informationsverarbeitungsprozessen im Gehirn des Menschen dito Lerntheoretische Über tegungen: Informationsverarbeitungs-"pTözesse = Basis von Sprach-Temprözessen; Kognition und Sprachgebrauch = Basis des Sprachelernens; besondere Bedeutung erlangt das Verstehen. Lernen =_ selbstorganisierter Konstruktionsprozess, aufbauend auf Lebenserfahrungen des Lerners; Lernen in Selbstverantwortung und im sozialen Kontext (Interaktion mit anderen) Pädagogische Theorie: Sprachgebrauch = authentisch und zweckgerichteti__ Voraussetzung für Konstruktionsprozesse ist Darbietung der Lerninhalte in ihrer gan- Reflexion auf Metaebene über Sprache und ihre Äüsdrücks-formen sowie Aneignung von Informationsverarbeitungs -Strategien im Mittelpunkt -'U zenT^rnplexitat; Lern- und 'Verarbeitungsstrategien müs-seTTtsewIiSsT weräeri; Überprüfung der Lernergebnisse ."durch Aushandeln mit and©' ren 7 Wir sind mit Thimme der Meinung, dass man nicht von einem "Interkulturellen Ansatz" sprechen kann, sondern dass es sich bei Interkultureller Kompetenz um ein Lernziel handelt, und zwar um ein übergeordnetes Lernziel, wenn man mit S.B. Robinsohn (1970) Lernziele in die Ebenen Kenntnisse, Einsichten, .Fertigkeiten und^ Haltungen\ unterteilt (vgl. Thimme 1995: 134-135). 26 Kognitive Metboden und konstruktivistische Überlegungen im Vergleich Didaktische und methodische Prinzipien Vergleichen der eigenen Welt mit der des Zielsprachenlandes durch Reflexion, lerner-bezogen, im Gespräch, anknüpfend an elementare Daseinsfragen des Menschen; bewusster Einbezug von schöngeistiger Literatur und Berücksichtigung eigenkultureller Traditionen im Sprechen zur Sache/zum Thema; Lernprozess = Gegenstand der Reflexion (Lemstrategien, -verfahren, -techniken und Lernergebnisse) Vermittlung prozeduralen ^issens^Eritdeckung sprachlicher Gesetzmäßigkeiten durch Lerner und Überprüfung in kommunikativen Situationen; Bevorzugung literarischer Texte ('UriBestimmt-heitsstellen') 'Lernwerkstatt Klassenzimmer'; Lehrer = Lernberater; Lerner lösen selbstständig realitätsbezogene Aufgaben, entdecken Lernstrategien/ Lerntechniken selbstständig; hinterfragen, bewerten, erwerben sie in der Interaktion mit anderen Landeskunde bewusster Vergleich der eigenen und fremden Gesellschaft und Kultur (in Gegenwart und Vergangenheit); Vergleich der Funktion von Begriffen; Funktionsäquivalenzen als Mittel des Vergleichs von Kulturen; Betonung der Gleichwertigkeit von Kulturen; Entwicklung regionaler Lehrmaterialien Übungsformen der kommunikativ-pragmatischen Methode, ergänzt um Aufgaben z^rselbstständigen Teldlsrschneßung und -Verarbeitung (Partner- und Grup-penärbeit bevorzugte Arbeitsformen) authentische Aufgaben nach den Erf6?3ern7ssen' der, Wirklichkeit Lektürehinweise Neuner/Hunfeld 1993-Wolff 1994: 103-123 (a). Wolff 1994: 407-429 (b). 3 Lernziele 3.1 Kognition und Konstruktion Unter dem Einfluss kognitiver Lerntheorien wurde das Lernziel 'Kommunikative Kompetenz durch Sprachhandlungsorientierung' durch den Begriff der Kognition (bewusstes Erkennen, Untersuchen) erweitert. Lernziele werden nicht mehr vorrangig von außerlinguistischen Faktoren (wie Sprechintention, Situation, Rollenverteilung) abgeleitet, denen dann grammatische Strukturen zugeordnet werden. Sprechakte werden als untaugliches Ordnungskriterium abgelehnt. Kommunikation und Kognition werden miteinander verbunden: der Unterricht soTTspontan, aber gleichzeitig reflektiert sein. Kognitiv bedeutet jedoch nicht etwa einen Rückfall in grammäTikälisTeTencIenUnterricht; vielmehr soll der Lerner eigene Einsichten in die Strukturen der Sprache finden, wozu ihm Strukturierungshilfen auf allen Ebenen der Sprachverwendung zur Verfügung gestellt werden müssen. Das Lehrmaterial wird (z.B. in Deutsch aktiv Neu, das diesem Ansatz verpflichtet ist) nach Verständigungsbereichen, Notionen8 (nicht mehr Verständigungsabsichten) organisiert (die bestimmten Wortschatz und bestimmte Strukturen nach sich ziehen). Dabei werden syntaktisch unterschiedliche, aber inhaltlich zusammengehörige sprachliche Elemente gemeinsam, nach den Grundaussagen der jeweiligen Bedeutungsebene gruppiert und nicht mehr isoliert vermittelt. Ein Beispiel: ■ Zugehörigkeit/Besitz Diese Tasche gehört Peter. Das ist die Tasche von Peter. Das ist Peters Tasche. Das ist seine Tasche. (Neuner et al. 1986: 120) Es gilt als genauso kommunikativ und handlungsorientiert, wenn Lerner gemeinsam Ausdrucksformen der Sprache entdecken als wenn sie z.B. sprach- Dieser Koffer gehört mir. Das ist der Koffer von mir. Das ist mein Koffer. 8 Als Notionen bezeichnet man (vgl. Wilkins 1976) die allen Sprechintentionen, Themen, Situationen zugrunde liegenden allgemeineren Konzepte - semantische Grundkategorien wie 'Existenz', 'Raum', 'Zeit', 'Quantität', 'Eigenschaften', 'Relationen', in die der Mensch mit Hilfe seines intuitiven Weltwissens eigene oder fremde Äußerungen einordnet. Dieser ersten Schicht der notionalen Bedeutung "entnehmen wir Aussagen über den Zeitpunkt oder die Dauer von Ereignissen, ob sie gegenwärtig oder zukünftig sind ...; wir erhalten Angaben über Größe, Lage oder Bewegung und Richtung sowie Mengenangaben. Solche Aussagen werden verwirklicht durch bestimmte formale Strukturen in der Oberflächengrammatik". (Candlin 1978: 32-33, zitiert nach Neuner et al. 1988: 15) 28 Lernziele liehe Möglichkeiten in einem Spiel erproben. Nicht handlungsorientiert ist demnach traditioneller (grammatik-/lexik-/pattern-orientierter) Unterricht, aber auch Unterricht, der nur rollen- und situationsangepasstes Verhalten einübt und auf Sprachreflexion verzichtet, denn beide Unterrichtsformen setzen fertige, nur noch zu lernende Bedeutungen voraus (vgl. Neuner et al. 1988:12-18). Lernziel ist jetzt die Verwirklichung eines Sprachhandlungs-konzepts auf verschiedenen Ebenen und Metaebenen "in offenen kommunikativen Handlungsspielen, im Erarbeiten sprachlicher Mittel und ihrer Ausdrucksfunktionen, in der Reflexion ihrer Anwendungsmöglichkeiten und Gebrauchsnormen, allgemein im Gespräch über Texte, Bilder, Situationen, im Austausch über landeskundliche Erfahrungen und nicht zuletzt in Beobachtungen und Überlegungen zu Unterricht und Lernen" (van Eunen et al. 1991: 8). FDer letzte Punkt des Zitats weist bereits darauf hin: Nicht etwa nur grammati-\ sehe Phänomene sollen reflektiert und gemeinsam erarbeitet werden, sondern ' auch Unterricht und Lernenjyerdenjjegenstand_dex-Reflexiofir In den Mittel-"pünkt tritt dabei das "stHtegische Verhalten des Lerners. Es soll ihm bewusst werden, dass prozeduMe^^ steuern und er soll lernen, diese Strategien auf das Fremdsprachenlernen zu übertragen und zu nutzen. ~~~~ 3.2 Strategien Kognitive Methoden wie auch Überlegungen des radikalen Konstruktivismus weisen Strategien eine sehr große Bedeutung zu. Was ist darunter zu verstehen und was für Strategien sollte sich der Lerner aneignen? Wir wollen mit Bimmel definieren: "Strategien sind (mentale) Handlungspläne, um ein Ziel zu erreichend (Bimmel 1993: 5). Strategien sind zunächst bewusste Pläne, die durch" Häufige Anwendung später unbewusst werden können, sie sind zielgerichtet (damit erklärbar und einsehbar) und man kann zwischen Strategien und ihrer Ausführung unerscheiden, was bedeutet, dass man strategisches Handeln gut in unterscheidbare Schritte aufteilen kann: • Der Lerner muss zunächst eine Lernaufgabe analysieren,*5 um ein Ziel möglichst genau bestimmen zu können. (Je genauer ihm das gelingt, desto effektiver wird das strategische Handeln sein). • Dann entwickelt der Lerner einen Handlungsplan, eine Strategie (oder wendet eine bereits in seinem Gedächtnis gespeicherte an. Vielleicht muss er diese auch abwandeln, um zu seinem Ziel zu gelangen). • Schließlich führt er den Handlungsplan aus, wobei er kontrollieren muss, ob er damit das gewünschte Ziel erreicht. Andernfalls muss er seine Strategie ändern und anpassen. • Danach evaluiert er den gesamten Prozess - Aufgabenanalyse, Planung und Ausführung. Strategien 29 Diese Aufteilung lässt den Erwerb von Strategien komplizierter erscheinen als er ist. Denn durch Anwendung und Übung werden Strategien weitgehend automatisiert, sodass der geübte Strategieanwender ohne lange Überlegungen an den Merkmalen eines Problems erkennt, welche Strategie er zu seiner Lösung einsetzen sollte. Erweist sich die gewählte Strategie trotzdem als wenig effizient, stellt er dies schnell fest und entscheidet sich für eine effektivere. Man kann die Strategien, die im Fremdsprachenlernprozess wichtig sind, in zwei Gruppen einteilen: in • Lernstrategien (zu den Sprachlernstrategien gehören z.B. Gedächtnisstrategien, die dem Behalten und Wiedererinnern dienen und kognitive Strategien, die Analysieren und Strukturieren des Lernstoffs bezwecken sowie effektives Üben) und • Gebrauchsstrategien ( Hör- und Lesestrategien, Gesprächs- und Schreibstrategien (vgl. Kapitel 6 und 7) sowie sog. Kompensationsstrategien, die man z.B. anwendet, um die Kommunikation aufrechtzuerhalten, wenn die Sprachkompetenz noch sehr gering ist) (vgl. dazu Kapitel 7.1 und 7.2). Lernstrategien In der Fachliteratur werden drei Arten von Lernstrategien unterschieden: • kognitive Strategien (Sie richten sich auf die direkte Arbeit mit dem Sprachmaterial: z^TWolWTiäcrrbesTimmten Kriterien zu ordnen, um sie besser behalten zu können (vgl. Beispiel 1), eine Grammatikregel aus Beispielen induktiv ableiten (vgl. Beispiel 2), aufgrund der Kenntnis von Internationalismen eine Wortbedeutung erraten oder Mnemotechniken (vgl. Sperber 1989) anwenden, um die Behaltensleistung zu erhöhen), • soziale (z.B. sich entscheiden, mit anderen zusammenzuarbeiten, um eine Aufgabe zu lösen) und affektive Strategien (etwa: sich entspannen, wenn ein Teillernziel erreicht ist, sich für einen Lernerfolg belohnen, indem man sich ein Eis kauft), • metakognitive Strategien. (Der Lerner bestimmt selbstständig ein Lernziel, plant das eigene Lernen und kontrolliert den Erfolg bzw. stellt Lernschwierigkeiten fest und evaluiert die Ergebnisse. Metakognitive Strategien sind indirekt, nicht direkt auf die Verarbeitung von Fremdsprache gerichtet wie kognitive Strategien. Daher sind sie auch für andere Lernaufgaben - die nichts mit Fremdsprachenlernen zu tun haben -geeignet. 30 Lernziele ■ Beispiel 1 1. Was gehört zusammen? Ordnen Sie zu! e Philosophie/ e Theologie/ e Zulassung/ e Universität/ e Astronomie/ e Qualifikation/ e Studienkontrolle/ e Rechtswissenschaften/ e Hochschule/ e Immatrikulation/ e Fachhochschule/ e Technik s Studienfach e Studienorganisation s Studienzentrum Heyd 1995: 7 (b) ■ Beispiel 2 5. Im Folgenden finden Sie Beispiele für Nominalisierungen von Hauptsätzen. Suchen Sie selbst die Regeln für die Nominalisierung. Tragen Sie die gefundenen Regeln in die rechte Spalte ein. Überprüfen Sie Ihr Ergebnis anschließend im Schlüssel. Satz Nominalisierung Regel 1. Die Rückkehrer reaaierten sofort auf den Reizentzug. Die Rückkehrer reagierten kaum/nicht auf den Reizentzug. Die sofortrae Reaktion der Rückkehrer auf den Reizentzug Die fehlende/mangelnde/ ausbleibende/schwache Reaktion der Rückkehrer auf den Reizentzug ... Die VP des Satzes Das Subjekt wird...... Die PP des Satzes........... Ein Adverb (sofort) wird falls........... andernfalls (z.B. bei kaum, nicht)....................... 2. Sie bemüht sich um eine Lösung des Problems. Ihr Bemühen um eine Lösung des Problems ... (Ihre Bemühung um...) Ist das Subjekt des Satzes ein Personalpronomen, 3. 0 Leistung wird in dem Bemühen um Statuserhöhung eingesetzt. Der Einsatz vgn Leistung in dem Bemühen um Statuserhöhung ... Hat das Subjekt den Nullartikel....... usw. usw. usw. (Heyd 1995: 75 (b)) Strategien 31 Gebrauchsstrategien Zu den Gebrauchsstrategien zählen ffof^&cJfU