Universität Regensburg Institut für Germanistik Deutsch als Fremdsprachenphilologie Theorie und Praxis des DaF Unterrichts Dozent. Dr. Harald Tanzer Sommersemester 07 Anne Rosenthal-Drew Vaclava Kroneberg 30. 04. 2007 Wortschatz und Landeskunde Ø Wort = Ein Begriff, der kulturspezifische Verhältnisse, Gewohnheiten und Verbindungen zum Ausdruck bringt. Begriffe spiegeln Komplexe von konventionalisierten Vorstellungen wieder. Ø Beim Erwerb einer Fremdsprache sind für den Lerner zuerst die denotativen Aspekte eines Gegenstandes (seine materielle Erscheinung) interessant. Der Gebrauch von Begriffen ist aber stark konventionalisiert (konventionalisierte begriffliche Kenntnis: was versteht ein Deutscher unter weit/nah, freundlich/aggressiv, Sonntagsspaziergang, Kuchen), und hat damit einen konnotativen Aspekt. Dieser Aspekt soll für den Lerner immer mehr an Bedeutung gewinnen, um eine landeskundliche Perspektive zu entwickeln. Ø Der Erwerb einer Fremdsprache ist gleichzeitig ein Prozess der Sensibilisierung für die eigene und andere Kultur, d.h. Sprache und Kultur gehören zusammen. Somit wird nicht nur die rein lexikalische Bedeutung gegeben, sondern auch die konnotativen Aspekte im Vergleich zur Muttersprache verdeutlicht. Ø Unterschiedliche Wortassoziationen in verschiedenen Kulturen beruhen auf unterschiedlichen gesellschaftlichen Erfahrungen, Gewohnheiten und Bewertungen (Sie bilden Bedeutungsnetzwerke, die auch Bewertungen beinhalten). Ø Die Bedeutung von Begriffen (z.B. Zeitung) liegt nicht in der Summe ihrer Komponenten (z.B. welche Auflage die Zeitung hat, aus welchen Bestandteilen sie besteht, wie viel sie kostet), sondern in ihrem Gebrauch in konventionalisierten Situationen (z.B. was bedeutet für einen Deutschen die Zeitung am Frühstückstisch, wie ändert sich diese Bedeutung im Verlauf des Tages, welches Image hat welche Zeitung). Ø Von besonderem Interesse sind dabei weniger die quantitativen Unterschiede (wie groß sind die Familien in Deutschland im Vergleich zu China), sondern die damit verbundenen qualitativen Wertvorstellungen, Beziehungsnetze zur Umgebung (FamilieçèÖffentlichkeit), ihre Organisation. Ø Einzelbegriffe stellen Bezüge zu allgemeinen landeskundlichen Gegebenheiten her. Damit kann eine fremde Umgebung überhaupt erst verstanden werden. Es entstehen Assoziationsketten zwischen zuvor Gelerntem und neu erworbenem Wissen. Für Fremdsprachenlerner sind damit Assoziogramme hilfreich, um ihr Vorwissen zu aktivieren. Didaktische Aufgaben: Vermittlung der für Deutschland spezifischen konventionalisierten Vorstellungen und der landeskundlich relevanten Aspekte der Begriffe. Jahresplanung: Auswahl von wichtigen Begriffen und ihren landeskundliche Aspekte. Stufen der Vermittlung innerhalb einer Themeneinheit: 1. Bezüge innerhalb des Textes feststellen, 2. weitergehende Begriffskontexte erörtern, 3. Bezüge zu bereits erarbeiteten Schlüsselbegriffen festhalten, 4. Veränderungen des Begriffs in historischer Sicht verfolgen, 5. Vergleiche mit der eigenen Kultur (Funktionsäquivalenzen) aufstellen. Techniken der Verständniskontrolle: 1. Textbezug verdeutlichen (Begriff als ein Bestandteil des Textes) 2. Umfang des Begriffs erklären (Aufzählung der Begriffsmerkmale) 3. Veränderung erfragen 4. Relativität eines Begriffs auf einer Skala festlegen 5. Kulturspezifisches Bedeutungsfeld erarbeiten 6. Spontane Assoziationen vom Lerner erfragen 7. Funktionen des beschriebenen Gegenstandes erfragen (im kulturellen Vergleich) 8. Kulturelle Gegenbegriffe/Gegenthemen erfragen è Erwünschtes Resultat von einer landeskundlich orientierten Wortschatzvermittlung: Vom Lerner wird eine Lernhaltung erwünscht, und muss auch gefordert und gefördert werden, bei der der Lerner versucht, die kulturellen Hintergründe und Inhalte von sprachlichen Ausdrücken oder fremdkulturellen Wahrnehmungen zu erarbeiten, sie im fremden Kontext einzuordnen und in Beziehung zur eigenen Kultur zu setzen. Quelle: Müller, Bernd-Dietrich: Wortschatzarbeit und Bedeutungsvermittlung. (=Fernstudieneinheit 8), Langenscheidt: Berlin 1994. Universität Regensburg SS 2007 Institut für Germanistik 30.04.2007 Deutsch als Fremdsprachenphilologie Seminar: „Theorie und Praxis des DaF Unterrichts“ Dozent: Dr. Harald Tanzer Referentinnen: Vaclava Kroneberg, Anne Rosenthal-Drew Stundenkonzept Thema: Landeskundliche Wortschatzerweiterung am Beispiel Wald und Umweltschutz, Lernerniveau Anfang Mittelstufe, nordamerikanische Studenten, homogene Gruppe Zeit Lernphasen/ Lernziele Interaktionen L-L-L- Medien Sozialformen Didaktischer Kommentar 10 min Vorentlastung mit Bild und Assoziogramm (AG) als Einführung in das Thema Folie auflegen; Lerner beschreiben, was sie auf dem Bild sehen, und was ihnen zum Thema „Wald“, „deutscher Wald“ und „Umweltschutz“ einfällt. Kurzes Gespräch über die Ergebnisse OHP, Folie, Bild einer Familie beim Spaziergang im Wald Plenum Lehrer: Wissensstand der Lerner einschätzen Lerner: eigenes Wissen abrufen 10 min Leseverstehen literarischer Texte, neuer Wortschatz, Sprechen Lerner lesen und vergleichen zwei Waldgedichte aus verschiedenen Zeitepochen, Lehrer als Hilfestellung, Lerner besprechen inwiefern die Texte sie die Wörter im AG besser oder anders verstehen lässt Textmaterial, Kopien Einzelarbeit lesen, neue Wörter unterstreichen, im Plenum vorlesen und besprechen Lerner: Erschließung von neuem Wortschatz und landeskundlicher Einblick in deutsches Waldverständnis, Thema Waldsterben und Umweltschutz wird angesprochen 20 min Leseverstehen Sachtext und Umfragen, neuer Wortschatz, Sprechen Lerner lesen Sachtext und Umfragen, Lehrer als Hilfestellung, Lerner besprechen inwiefern die Texte sie die Wörter im AG besser oder anders verstehen lässt Textmaterial, Kopien Einzelarbeit lesen, neue Wörter unterstreichen, im Plenum vorlesen und besprechen Lerner: Erschließung von neuem Wortschatz und landeskundlicher Einblick in deutsches Waldsterben und deutschen Umweltschutz 15 min Wortschatz Lückentext bearbeiten, Wortdefinitionen zuordnen Komposita finden und dem Partner erklären, Textmaterial, Kopien Einzel- und Partnerarbeit, im Plenum besprechen Einprägung des Wortschatzes 15 min Sprechen Diskussion Waldsterben und Umweltschutz als Diskussionsthema im interkulturellen Vergleich, Lehrer als Moderator und Wortschatzvermittler Tafel für Wortschatz Partnerarbeit, dann im Plenum vortragen und besprechen Interkultureller Vergleich, Sensibilisierung und Selbstreflexion 15 min Sprechen Rollenspiel Gesprächssituation: Mitbewohner in einer internationalen WG zum Umweltschutz überzeugen, Rollen einteilen, Lehrer steht für Fragen zur Verfügung und macht sich Notizen zur anschließenden Besprechung, Vorführung der einzelnen Gruppen. Stimme max. fünf Personen pro Gruppe Freies Sprechen, angemessenes Handeln in einer interkulturellen Situation 5 min Unterrichtsbesprechung und Hausaufgabenverteilung Besprechen von Unklarheiten Arbeitsblätter Plenum Rückblick auf das Gelernte und Festigung des Wortschatzes und der kommunikativen Kompetenz Universität Regensburg SS 2007 Institut für Germanistik 30.04.2007 Deutsch als Fremdsprachenphilologie Seminar: „Theorie und Praxis des DaF Unterrichts“ Dozent: Dr. Harald Tanzer Referentinnen: Vaclava Kroneberg, Anne Rosenthal-Drew Unterrichtsmaterial I. Assoziogramm 1. Gibt es bei Ihnen einen Wald? Wie sieht er aus? Wie wird er bezeichnet? 2. Notieren Sie bitte, was Ihnen spontan zu den drei Stichwörtern einfällt. 3. Erinnern Sie sich an literarische Texte, in denen Wald vorkommt – vielleicht Gedichte, Erzählungen, Märchen? [modifiziert aus Fernstudieneinheit 3, 26] II. Leseverstehen – literarische Texte zum Thema Wald Vergleichen Sie die beiden Gedichte. Unterstreichen Sie die neuen Wörter und besprechen Sie diese mit ihrem Partner. Wie hat sich die Bedeutung der Wörter im Assoziogramm für sie verändert? Wie unterscheiden sich die beiden Gedichte in ihrer Aussage und Stimmung? III. Leseverstehen – Sachtext zum Thema Waldsterben und Umfragen zum Thema Umweltschutz Waldsterben Jedes Jahr verschwinden weltweit 0,4 Prozent aller Wälder. Während der Regenwald durch Kahlschlag und Brandrodung zur Holzgewinnung und Rinderzucht (Fleischerzeugung) vernichtet wird, sind die Wälder in Europa und Nordamerika durch die vom Menschen verursachten Umweltbelastungen krank. In Deutschland waren 2001 64% des Waldes sichtbar geschädigt, davon hatten 22% starke Schäden. Fast alle Nadel- und Laubbaumarten sind betroffen. Hauptursache des Waldsterbens ist der so genannte "saure Regen". Zum besseren Verständnis sollte jedoch immer die Störung des gesamten Ökosystems (Baum - Boden - Luft) betrachtet werden. Saurer Regen Ursache für den sauren Regen ist die Luftverschmutzung durch Industrie, Kraftwerke, Kraftfahrzeugverkehr und Haushalte. Bei der Verbrennung von Kohle, Öl oder Gas entstehen die Schadstoffe Schwefeldioxid und Stickoxid, die mit Luftsauerstoff und Wasser zu Säuren (Schwefel- und Salpetersäure) reagieren. Die Schadstoffe können in den Wolken über weite Strecken mit transportiert werden und dann mit Regen, Schnee, Nebel oder an Schwebstaub gebunden auf Pflanzen und in den Boden gelangen. [http://www.freudenhain.de/fachschaften/erdkundehomepage/index.html] „Umweltschutz geht jeden etwas an“ Frage: „Wie spart ihr und eure Familie Energie, und was tut ihr für die Umwelt?“ „Meine Eltern fahren auf der Autobahn langsamer. Sie sparen Benzin. Ich bin umweltbewusst erzogen worden. Wenn ich aus dem Zimmer gehe, mach ich immer das Licht aus. Im Winter drehe ich die Heizung ab, sobald ich das Haus verlasse. Beim Einkaufen achte ich auf die Verpackung. Joghurt zum Beispiel kaufe ich im Glas, nicht in Pappbechern.“ Christoph „Ich bade nicht in der Badewanne, sondern dusche. Dabei verbrauche ich weniger Wasser. Papier und Glas schmeiße ich nur in Spezialcontainer, die stehen in jedem Stadtteil. Dafür laufe ich gern ein paar Meter. Meine Mutter denkt auch an die Umwelt. Im Supermarkt macht sie zum Beispiel die Verpackungen ab und lässt sie einfach liegen. Meine Schwester und mein Vater interessieren sich wenig für den Umweltschutz. Sie sind zu bequem.“ Ines „Wir haben versucht, die Coladosen in der Schule durch Glasflaschen zu ersetzen. Aber Cola in Glasflaschen ist teuer. Deshalb blieb alles, wie es war. Wir bringen Pappe zu Sammelstellen, und im Fotokopierer benutzen wir nur Recyclingpapier. Aber auf die wirklich wichtigen Sachen haben wir keinen Einfluss: die Zerstörung des Regenwaldes in der ganzen Welt, das Ozonloch usw.“ Anne [aus Kaleidoskop, 226] Unterstreichen Sie die neuen Wörter und besprechen Sie diese mit ihrem Partner. Wie hat sich die Bedeutung der Wörter im Assoziogramm für sie verändert? Arbeiten Sie zunächst am Wortschatz (IV. Wortschatzarbeit) und diskutieren Sie dann in der Klasse über den Inhalt der Texte (V. Diskussion). IV. Wortschatzarbeit Lückentext Setzen Sie die fehlenden Wörter ein. Lesen Sie sich dabei den Sachtext und die Umfragen nochmals aufmerksam durch. 1. Luftverschmutzung wird hauptsächlich durch Industrie, Kraftwerke, Kraftfahrzeugverkehr und _______________ _________________. 2. Die Wälder in Europa und Nordamerika werden durch die vom Menschen verursachten __________________________ ____________. 3. Heute werden immer mehr Kinder und Jugendliche umweltbewusst ______________. 4. Viele kaufen Produkte wie Joghurt im Glas, nicht in __________________________. 5. Und die ___________________ von Produkten wie zum Beispiel Zahnpasta lassen die Kunden im Supermarkt liegen. 6. Denn Pappe und Papier tragen auch zur ________________________ der Umwelt bei. 7. Als Beitrag zum _____________________ kann man die Heizung abdrehen, wenn man das Haus ____________________. 8. Wenn man etwas für die Umwelt tun möchte, kann man Pappe zu ____________________ bringen, und _____________________ im Fotokopierer benutzen. Definitionen Ordnen Sie die Begriffe den Definitionen zu. 1. Schadstoff a. bewahren, Schlimmes abwehren 2. Strecke b. Einwirkung auf eine Situation, Macht 3. schützen c. eine Substanz, die die Umwelt zerstört 4. Einfluss d. Auslöser, Grund 5. Ursache e. ein Abstand zwischen zwei Punkten Komposita Erklären Sie ihrem Partner die folgenden Komposita. Finden Sie noch weitere Komposita in den Texten. Besprechen Sie die Wörter in der Klasse. 1. Regentag 6. Ökosystem 2. weltweit 7. umweltbewusst 3. Holzgewinnung 8. Glasflasche 4. Laubbaumarten 9. Ozonloch 5. Waldsterben 10. Brandrodung V. Diskussion Vergleichen Sie mit Ihrem Partner, welche Rolle der Wald, das Waldsterben und der Umweltschutz in Deutschland und Ihrem Land einnehmen. Tragen Sie dann der Klasse Ihre Ergebnisse vor. VI. Rollenspiel Simulieren Sie in der Gruppe folgende Situation und diskutieren Sie: Sie leben in einer internationalen Wohngemeinschaft, und während einige Mitbewohner für den Umweltschutz im Haushalt und im näheren Umfeld sind, sehen andere keinen Grund dafür. Was gibt es für Argumente dafür und dagegen? Wie einigen Sie sich? Tragen Sie dann der Klasse Ihre Ergebnisse vor. Quellen: Bischof, Monika und Viola Kessling, Rüdiger Krechel: Landeskunde und Literaturdidaktik. (Fernstudieneinheit 3). Berlin: Langenscheidt 1999. Moeller, Jack et al.: Kaleidoskop: Kultur, Literatur und Grammatik. Boston: Houghton Mifflin Company 2002. http://www.freudenhain.de/fachschaften/erdkundehomepage/index.html