Der Rat der Europäischen Union Der Rat ist das wichtigste Entscheidungsgremium der EU. Wie das Europäische Parlament wurde der Rat in den 50er-Jahren durch die Gründungsverträge eingesetzt. Er vertritt die Mitgliedstaaten, und an seinen Tagungen nimmt je ein Minister aus den nationalen Regierungen der EU-Staaten teil. Die Zusammensetzung der Ratstagungen hängt von den zu behandelnden Themen ab. Wenn zum Beispiel Umweltfragen auf der Tagesordnung stehen, nehmen die Umweltminister aus allen EU-Staaten an der Tagung teil, die dann als Rat "Umwelt" bezeichnet wird. 1. Gesetzgebung Ein großer Teil der europäischen Rechtsvorschriften wird vom Rat und Parlament gemeinsam verabschiedet. In der Regel wird der Rat nur auf Vorschlag der Kommission tätig. Nach Annahme von europäischen Rechtsvorschriften ist normalerweise die Kommission dafür verantwortlich, dass sie korrekt angewandt werden.. 2. Koordinierung der Wirtschaftspolitik der Mitgliedstaaten Die EU-Staaten haben sich für eine allgemeine Wirtschaftspolitik ausgesprochen, die auf einer guten Abstimmung ihrer nationalen Wirtschaftspolitik beruht. Diese Koordinierung erfolgt durch die Wirtschafts- und Finanzminister, die zusammen den Rat "Wirtschaft und Finanzen" (ECOFIN) bilden. 3. Abschluss internationaler Übereinkünfte Jedes Jahr unterzeichnet der Rat mehrere Übereinkünfte zwischen der Europäischen Union und nicht zur EU gehörenden Staaten sowie internationalen Organisationen. Diese Übereinkünfte können sich auf große Bereiche wie Handel, Zusammenarbeit und Entwicklung erstrecken oder spezifische Themen betreffen wie Textilwaren, Fischerei, Wissenschaft und Technologie, Verkehr usw. Darüber hinaus kann der Rat Übereinkommen zwischen den Mitgliedstaaten der EU in Bereichen wie Besteuerung, Gesellschaftsrecht oder konsularischer Schutz abschließen. Außerdem kann die Zusammenarbeit im Bereich Justiz und Inneres Gegenstand von Übereinkünften sein. 4. Annahme des EU-Haushalts Der Haushaltsplan der EU wird jährlich vom Rat und vom Europäischen Parlament gemeinsam verabschiedet. Wenn sich die beiden Organe nicht einigen können, gestatten es die Regeln dem Rat, letztlich über "obligatorische" Ausgaben zu entscheiden (vor allem Aufwendungen für die Landwirtschaft und Ausgaben, die sich aus internationalen Übereinkommen mit Drittstaaten ergeben), während das Parlament das letzte Wort bei den "nicht-obligatorischen" Ausgaben und der endgültigen Annahme des gesamten Haushalts hat. 5. Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik Die Mitgliedstaaten entwickeln eine Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik (GASP). Allerdings behalten die einzelnen EU-Staaten die Kontrolle über ihre Außenpolitik, Sicherheit und Verteidigung. Sie haben die nationalen Hoheitsrechte in diesen Bereichen nicht abgegeben, so dass das Parlament und die Europäische Kommission hier nur eine beschränkte Rolle spielen. Die EU-Staaten können jedoch durch eine Kooperation in diesen Angelegenheiten stark profitieren, und der Rat bildet das wichtigste Forum, in dem diese "zwischenstaatliche Zusammenarbeit" stattfindet. Damit die EU effizienter auf internationale Krisen reagieren kann, beschloss der Europäische Rat (auf dem Gipfel von Helsinki im Dezember 1999), dass die EU eine "Schnelleingreiftruppe" von bis zu 60 000 Personen aufbauen soll, die innerhalb von 60 Tagen verlegt und deren Einsatz mindestens ein Jahr lang aufrecht erhalten werden kann. Dabei handelt es sich nicht um eine "europäische Armee". Die Soldaten bleiben Teil der nationalen Streitkräfte und stehen unter nationalem Kommando. Ihre Funktion beschränkt sich auf humanitäre Aufgaben und Rettungseinsätze, friedenserhaltende Maßnahmen und andere Aufgaben in der Krisenbewältigung. Der Europäische Rat hat (im Dezember 2000 in Nizza) beschlossen, im Rat der Europäischen Union neue ständige politische und militärische Strukturen für die politische Kontrolle und strategische Leitung bei Krisen zu schaffen. Dabei handelt es sich um folgende Gremien: o Das Politische und Sicherheitspolitische Komitee (PSK), o Den Militärausschuss der Europäischen Union (EUMC) und o den Militärstab der Europäischen Union (EUMS), der aus Militärsachverständigen besteht, die von den Mitgliedstaaten in das Ratssekretariat abgeordnet werden. Der EUMS steht unter der militärischen Leitung des EUMC, den er unterstützt. Siehe auch Abschnitt über Agenturen der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik. 6. Justiz und Inneres Drogen, Terrorismus, internationaler Betrug, Menschenhandel und die sexuelle Ausbeutung von Kindern sind Probleme, die den europäischen Bürgern ein großes Anliegen sind. Es handelt sich dabei um internationale Kriminalität, die nur in einer grenzüberschreitenden Zusammenarbeit wirksam bekämpft werden kann. Damit Europa dies auch tun kann und damit alle Bürger in der ganzen EU gleichen Zugang zur Zivilgerichtsbarkeit haben, müssen die nationalen Gerichte, Polizeikräfte, Zollbeamten und Einwanderungsbehörden aller EU-Staaten zusammenarbeiten. Sie müssen zum Beispiel sicherstellen, dass o ein Scheidungsurteil oder eine Entscheidung über das Sorgerecht für Kinder aus einem EU-Land in allen anderen Mitgliedstaaten anerkannt wird; o die Außengrenzen der EU wirkungsvoll gesichert werden; o Zollbeamte und Polizisten Informationen über die Bewegungen mutmaßlicher Drogenhändler oder Schleuser austauschen; o Asylbewerber in der ganzen EU gleich beurteilt und behandelt werden, um das "Asylshopping" zu verhindern. Diese und ähnliche Fragen werden von den Justiz- und Innenministern gemeinsam im Rat "Justiz und Inneres" behandelt.