Das Europäische Parlament Dem Europäischen Parlament gehören die gewählten Vertreter der EU-Bürger an. Es nimmt am Rechtsetzungsprozess teil. Seit 1979 werden die Mitglieder des Europäischen Parlaments (MdEP) alle fünf Jahre in allgemeiner Wahl direkt gewählt. Dem derzeitigen, 2004 gewählten Parlament gehören 732 Abgeordnete an. Das Parlament hält seine Plenarsitzungen in der Regel in Straßburg sowie weitere Sitzungen in Brüssel ab. Es verfügt über 17 Ausschüsse, die die vorbereitenden Arbeiten für ihre Plenarsitzungen leiten. Die politischen Fraktionen tagen meistens in Brüssel. Das Generalsekretariat ist in Luxemburg ansässig. Das Parlament und der Rat teilen sich die Legislativgewalt. Dabei werden drei verschiedene Verfahren zusätzlich zu der einfachen Konsultation angewandt. o Zunächst gibt es das Verfahren der Zusammenarbeit, das 1986 durch die Einheitliche Europäische Akte eingeführt wurde. Entsprechend diesem Verfahren nimmt das Parlament Stellung zu Rechtssetzungsentwürfen der Europäischen Kommission, die ihre Vorschläge im Lichte der Stellungnahme des Parlaments abändern kann. o Zweitens gibt es das Zustimmungsverfahren, das ebenfalls 1986 eingeführt wurde. Nach diesem Verfahren muss das Parlament internationalen Abkommen, die von der Kommission ausgehandelt wurden, einer vorgeschlagenen Erweiterung der Europäischen Union und einer Vielzahl anderer Angelegenheiten z.B. Änderungen der Wahlverfahren zustimmen. o Drittens gibt es das durch den Vertrag von Maastricht 1992 eingeführte Mitentscheidungsverfahren. Hierdurch verfügt das Parlament über eine Gleichberechtigung mit dem Rat bei der Rechtssetzung in vielen wichtigen Bereichen wie die Freizügigkeit der Arbeitnehmer, Binnenmarkt, Bildung, Forschung, Umweltschutz, transeuropäische Netze, Gesundheit, Kultur und Verbraucherschutz. Das Parlament ist befugt, Rechtssetzungsvorschläge in diesen Bereichen abzulehnen, wenn eine absolute Mehrheit der Mitglieder des Europäischen Parlaments sich gegen die gemeinsamen Positionen des Rates aussprechen. Allerdings kann die Angelegenheit vor einem Vermittlungsausschuss verhandelt werden. Durch den Vertrag von Amsterdam wurde das Mitentscheidungsverfahren auf weitere 23 und durch den Vertrag von Nizza auf weitere sieben Bereiche ausgedehnt. Parlament und Rat verfügen ebenfalls über die gleichen Befugnisse bei der Verabschiedung des EU-Haushalts. Die Europäische Kommission legt einen Haushaltsentwurf vor, der dann vom Parlament und vom Rat erörtert wird. Das Parlament kann den Haushaltsentwurf ablehnen und hat dies bereits mehrfach getan. In diesem Fall muss das gesamte Haushaltsverfahren neu beginnen. Das Parlament hat seine Haushaltsbefugnisse umfassend genutzt, um die EU-Politik zu beeinflussen. Allerdings unterliegt der größte Teil der EU-Ausgaben für die Landwirtschaft nicht der Kontrolle des Parlamentes. Das Parlament ist eine treibende Kraft in der Politik der Europäischen Union. Es ist der wichtigste Ort der Debatten. Ein Ort, wo die politischen und nationalen Standpunkte aller Mitgliedstaaten aufeinander treffen und erörtert werden. Somit wird das Parlament auf natürliche Weise zum Ausgangspunkt für viele politische Initiativen. Die Parlamentsdebatten werden dominiert von den Fraktionen. Die größten sind: o die Fraktion der Europäischen Volkspartei (Christdemokraten) und der Europäischen Demokraten (PPE-DE); o die Fraktion der Sozialdemokratischen Partei Europas (PSE). Das Parlament spielte eine wichtige Rolle bei der Erarbeitung der im Dezember 2000 verkündeten Charta der Grundrechte und bei der Gestaltung des Europäischen Konvents nach dem Europäischen Rat von Laeken (Belgien) im Dezember 2001. Zu guter Letzt ist das Parlament das Gremium, das die demokratische Kontrolle über die Union ausübt. Es ist befugt, die Kommission durch Verabschiedung eines Misstrauensvotums zum Rücktritt zu zwingen. Hierzu ist eine Zwei-Drittel-Mehrheit erforderlich. Sie kontrolliert, ob die EU-Politik ordentlich verwaltet und durchgeführt wird. Beispielsweise durch Überprüfung der Berichte des Rechnungshofes und durch mündliche und schriftliche Anfragen an die Kommission und den Rat. Der aktuelle Präsident des osteuropäischen Rates berichtet dem Parlament ebenfalls über die Entscheidungen der Staats- und Regierungschefs der EU. Josep Borrell Fontelles wurde 2004 zum Präsidenten des Europäischen Parlaments gewählt.