Apokalypse (griech. „Enthüllung, Offenbarung“), religiöse Dichtungen, die sich mit der visionären Deutung der Weltgeschichte und der Prophezeiung des Weltendes als Anbruch des idealen Reiches der Gerechtigkeit befassen. Im allgem. Sprachgebrauch meint die Bezeichnung „A.“ die Offenbarung des Johannes, seine Identität mit dem Apostel und Ev. ist wachrscheinl., aber nicht unbestritten. Die Bildersprache der A. steht in der Tradition der Prophetien des AT. Motivquellen sind die Bücher Daniel, Hesekiel, Jesaja, die ihrerseits von iran.-zoroastr. und babylon. Vorstellungen beeinflusst sind. Als oberster Leiter der kleinasiat. Christengemeinden wurde Johannes vom röm. Kaiser Domitian (81-96) auf die Insel Patmos verbannt, wo er seine Schrift als leidenschaftl. Ermahnung und Ermutigung der durch die domitian. Verfolgung bedrohten Christen verfasste. (…) Die heidn. Römer werden als Verkörperung alles Bösen und Unmoralischen dargestellt, die das göttl. Strafgericht als Weltkatastrophe verschulden, die Christen dagegen als die Gerechten und letzendl. Sieger, die das neue Reich der ewigen Freiheit gewinnen. Neben der rätselvollen Kompliziertheit der ekstat. Darstellungsweise mag dieser konkret zeitgeschichtl. Gehalt voller sozialen Sprengstoffs dazu geführt haben, dass die Zugehörigkeit der A. zur Hl. Schrift immer wieder bestritten wurde. (…) Die Ereignisfolge der A. baut sich in 4 Hauptteilen auf 1. Erscheinung des thronenden Christus und Auftrag an Johannes. 2. Vision der Anbetung des himml. Herrschers, Beginn des Strafgerichts, Öffnung der 7 Siegel durch das Lamm; die katastrophenauslösenden 7 Posaunenengel. 3. Kampf der himml. und höll. Mächte: sonnenbekleidetes Weib, Kampf des Erzengel Michael mit dem Drachen, Vernichtung der babylon. Hure und des falschen Propheten, Hochzeit des Lammes, Auferstehung der gerechten, Tausendjähriges Reich, Weltgericht. 4. Vision des ewigen paradies. Leben, in dem sich neuer Himmel und neue Erde im „himml. Jerusalem“ vereinen. Die A ist eine der wichtigsten Motivquellen für die bild. Kunst im MA. 1. Apokalypt. Einzelmotive. Einzelne Metaphern der A. sind seit dem 4. Jh., der Exegese der Theologen folgend, als Bilder der Herrlichkeit Gottes und des Paradieses in die bild. Kunst fest eingegliedert: der thronende Christus mit den 4 Lebenden Wesen; die Auserwählten mit Kronen, Palmen und weißen Gewändern; das Lamm Gottes auf dem Berg Zion mit den Paradiesflüssen; Christus als Alpha und Omega. Eines der zentralen Themen der Bauskulptur und Wandmalerei v.a. des 12. und 13. Jh. wird die Maiestas Domini, der endzeitl. Weltherrscher Christus, umgeben von Evangelistensymbolen und den 24 Ältesten; in der Portalplastik der franz. Kathedralen verbindet sich diese Bildvorstellung mit der des Jüngsten Gerichts. In bes. komplexer Weise hat die Vision des „himml. Jerusalem“ das allegor. Verfahren der mittelalterl. Kunst befruchtet, bis in die Architektur und die Gerätkunst. Zahlreiche weitere Bilder der A. hatten eine begrenztere Wirkung in der Bildkunst: das „apokalypt. Weib“, die babylon. Hure, der Lebensbrunnen, der Antichrist, Michaels Kampf mit dem Drachen. Die 4 apokalypt. Reiter als Verkörperungen menschheitsbedrohender Katastrophen hatten noch im 19./20. Jh. Bedeutung. 2- Zyklische Darstellungen. (…)