Arbeitsblatt Phonetik 3 - Wort- und Satzakzent 1. Einfache deutsche Wörter In den meisten Wörtern wird das Stammmorphem akzentuiert, z .B. fangen, jimgenden, gefangen, die Gefangenschaft. In Wörtern mit den Affixen ur-, -ei, -ieren wird das Affix akzentuiert, z.B. Ursache, Fleischerei, marschieren. In Wörtern mit dem Präfix un- wird das Präfix akzentuiert, wenn es sich um die Abwandlung eines unter gleichen Bedingungen einsetzbaren Wortes handelt (Antonym), z.B. Untreue, Untiefe, ungekocht, aber: unsäglich, unaussprechlich (*säglich und *sprechlich werden als Wörter nicht gebraucht). In trennbaren Präfixverben wird das Präfix akzentuiert, z.B. ablaufen {es läuft ab), nachgeben {ich gebe nach). In untrennbaren Präfixverben wird das Stammmorphem akzentuiert, z.B. versuchen {ich versuche). Wenn Präfixbildungen mit dem gleichen Präfix trennbar und untrennbar auftreten, entsteht für das Deutsche der Ausnahmefall, dass der Wortakzent wortunterscheidend wirkt, z.B. übersetzen (ich übersetze den Text) - übersetzen (ich setze mit dem Boot über). 2. Fremde Wörter Die Akzentuierung von Fremdwörtern hängt von ihrer Herkunft und vom Grad der Eindeutschung ab. Zuverlässige Regeln gibt es kaum. Viele Fremdwörter werden auf der letzten Silbe akzentuiert, z.B. Garantie, Bibliothek. - Die Endung or wird nicht akzentuiert, die Pluralendung oren muss dagegen akzentuiert werden, z.B. Doktor - Doktoren. Die Endung -iker wird nicht akzentuiert, z.B. Techniker, Physiker. Die Suffixe -tion und -ieren werden immer akzentuiert, z.B. Gratulation, gratulieren. 3. Zusammensetzungen (Komposita) In zweigliedrigen Determinativkomposita (Bestimmungswort+Grundwort) liegt der Hauptakzent auf der Akzentsilbe des Bestimmungswortes, z.B. Sommermantel. In dreigliedrigen Komposita bilden die beiden letzten Wörter oft das Grundwort. Der Hauptakzent liegt auf dem ersten, dem Bestimmungswort. Die anderen haben einen Nebenakzent, z.B. Stadtrundfahrt. 4. Satzakzent 4.1 Bedeutung des Satzakzents - Hervorhebung wichtiger Aussagen Intonationsprofil: Die akzentuierten informationshaltigen Wörter ragen auffällig wie Berge aus der Ebene der informationsarmen Wörter heraus. Satzakzente sind in der Regel Verstärkungen des Wortakzents des hervorzuhebenden Wortes. - Die Äußerungsabsicht bestimmt den Satzakzent. 4.2 Formen des Satzakzents Das wichtigste Wort wird betont: Ich möchte ein Glas Wasser, (kein Bier) Ich möchte ein Glas Wasser, (keine Flasche) Ich möchte ein Glas Wasser, (nicht zwei) 4.3 Was kann akzentuiert werden akzentuierbar: Substantive, Adjektive, Adverbien, Verben. Nicht akzentuierbar: Artikel, Pronomen, Präpositionen, Konjunktionen Aber: Fragepronomen in der Nachfrage wird akzentuiert: Ich komme erst morgen. - Wann kommst du? - Wird ein Verb durch Objekte oder Adverbien ergänzt, muss diese Ergänzung akzentuiert werden, z.B. ein Brot kaufen I ich kaufe Brot und Butter, ich besuche meinen Vater I ich werde morgen meinen Vater besuchen. - Diese Regel gilt nicht, wenn die Ergänzung schon Thema der Rede war, z.B. Er begrüßt einen Gast, aber: Er begrüßt den Gast (von dem vorher schon die Rede war). - Wird ein Substantiv durch Objekte, Adjektive usw. ergänzt, so muss auf dem letzten akzentuierbaren Wort der stärkste Akzent dieser Wortgruppe liegen, z.B. das schöne Haus, das Haus meines Vaters, eine Menge bunter Kuse In. Beim Sprechen wird nicht jedes akzentuierbare Wort auch wirklich akzentuiert. Wichtig ist jeweils der letzte Akzent. Der Akzent hängt von der Sprecherabsicht ab und signalisiert Unterschiede in der Bedeutung, z.B. Frage oder Aussage.