Zwischenmenschliches Zeät zum Flirten Koedukation benachteiligt angeblich Mädchen Ulla Hanselmann Die Koedukation, vor rund 90 Jahren noch eine revolutionäre Forderung der Frauenbewegung, hielt Milte der sechziger Jahre un-5 ter dem Banner der Chancen-gleichheil Einzug in bundesdeutschen Schulen. Heute aber stellen Lehrer und Erziehungswissen-schaftlei den gemeinsamen Un-io lerricht teilweise wieder in Frage. Gemeinsame Erziehung, sagen sie, verstärke die Rollenstereotype erst recht. Zwar will niemand die Koedukation vollständig ab-15 schaffen, doch gilt sie als reformbedürftig. An zahlreichen Schulen drücken deshalb die Schüler wieder, wie vor hundert Jahren, nach Geschlechtern getrennt die Schulau bank - zumindest in manchen Fächern. Von der Koedukation profitieren, jedenfalls nach Meinung der Kritiker, nur die männlichen 25 Schüler. Wissenschaftler haben nämlich herausgefunden: In gemischten Klassen werden Jungen häufiger aufgerufen, gelobt und getadelt als Mädchen, weil sie so sich oft aggressiv in den Vordergrund drängen. Den Schülerinnen schenken Lehrer dagegen nur ein Drittel ihrer Aufmerksamkeit. Sie kommen seltener zu Wort, werden 35 häufiger unterbrochen. Zudem werden sie von vielen Lehrern als „Sozialschmiere" mißbraucht: das heißt, besonders nette Mädchen werden neben rüpelhafte 40 Jungen gesetzt, um sie ruhigzuhalten. Vorallem im naturwissenschaftlich-mathematischen Bereich verlieren Mädchen schnell das Inter-45 esse und lassen sich durch die vermeintlich ausgeprägtere technische Begabung der Jungen ein- schüchtern. Statt Kurven und Konstanten zu so berechnen, büffeln sie lieber Französisch-Vokabeln. An nordrhein-westfälischen Schulen beispielsweise liegt 55 der Mädchenanteil in Physik-Leistungskursen gerade mal bei 12 Prozent, in Englisch dagegen bei 62 Pro- 60 zent. Dieses Ungleichgewicht setzt sich an der Universität und im Beruf fort. Inzwischen haben auch zahlreiche 65 Modellprojekte bewiesen, daß sich Mädchen in getrenntem Unterricht auch für..Jungenfächer" begeistern. Sie 70 lernen so. die eigenen Fähigkeiten zu entwickeln und ihnen zu vertrauen - befreit vom Klischee des stillen und 75 technisch unterbelichteten Schulmädchens. Auch beim Sport bringt die Geschlechtertrennung die Mädchen auf Trab: „Die Jungs haben uns so immer den Ball weggenommen und das Spiel beherrscht", berichtet eine Schülerin. Seit sie aber in der Mädchengruppe ist, läßt sie sich auch beim Ballspiel 85 mit den Jungs nichts mehr gefallen. Manche Bundesländer haben inzwischen festgelegt, daß „aus pädagogischen Gründen in ein-90 zelnen Fächern zeitweise getrennter Unterricht stattfinden" kann. Doch die Reformer haben auch Gegner, selbst unter progressiven Pädagogen. Diese sagen, getrenn- 95 ter Unterricht fördere „das Argument, daß Mädchen langsamer kapieren und einen Schonraum brauchen". Vielmehr sollten endlich in Schulbüchern und Lehrplänen die ioo Interessen und Bedürfnisse von Mädchen zum Tragen kommen. Die meisten Schülerinnen und Schüler bevorzugen ohnehin gemischten Unterricht - sie können los es sich schlicht nicht anders vorstellen. Insbesondere die Jungs sitzen lieber mit Mädchen zusammen im Klassenzimmer - jedem zweiten würde nach Aussage der ho Schüler „das Flirten fehlen". SPIEGEL special 9/1995 79 Lesen KS) Die beiden ersten Absätze aus dem Text im Materialienbuch auf S. 79 sind hier etwas anders formuliert. Arbeiten Sie in zwei Gruppen. Vergleichen Sie entweder den folgenden Text 1 oder 2 mit dem entsprechenden Absatz im Originaltext. 1 Die Koedukation war vor rund 90 Jahren eine revolutionäre Forderung der Frauenbewegung, Die Koedukation hielt Mitte der sechziger Jahre Einzug in deutschen Schulen. Die Koedukation stand unter dem Banner der Chancengleichheit. Lehrer und Erziehungswissenschaftlerstellen heute die Koedukation teilweise infrage. Sie sagen, dass die Koedukation die Rollenstereotype verstärkt. Niemand will die Koedukation vollständig abschaffen. Die Koedukation gilt als reformbedürftig. An zahlreichen Schulen gibt es in manchen Fächern keine Koedukation mehr. Vor hundert Jahren gab es an zahlreichen Schulen keine Koedukation. Kritiker meinen, dass von der Koedukation nur die männlichen Schuler profitieren. Wissenschaftler haben herausgefunden: Bei Koedukation werden Jungen häufiger aufgerufen, gelobt und getadelt als Mädchen. Jungen drängen sich oft aggressiv in den Vordergrund. Lehrer schenken den Schulerinnen nurein Drittel ihrer Aufmerksamkeit Schülerinnen kommen seltener zu Wort. Schülerinnen werden häufiger unterbrochen. Schülerinnen werden von vielen Lehrern als „Sozialschmiere" missbraucht. Besonders nette Schülerinnen werden neben rüpelhafte Jungen gesetzt, um die Jungen ruhig zu halten. 2. Worin unterscheidet steh diese Version jeweils vom Originaltext? Herten Sie für Ihren Absatz fest welche Merkmale der ursprünglichen Version hier fehlen. a) zusätzliche Ausdrücke: noch, aber, weil, zwar,... b) andere Ausdrücke: -für „Koedukation": der gemeinsame Unterricht, sie,... - für das. Gegenteil von Koedukation:... -für Sonstiges:... c) weitere Unterschiede:... 3. Sprechen Sie mit anderen Kursteilnehmern, die auch Ihren Abschnitt bearbeitet haben, über die Wirkung der von Ihnen gefundenen Textmerkmale im Originaltext. Vergleichen Sie Ihre Ergebnisse in der Kursgruppe. 4. Ordnen Sie die folgenden satzverbindenden Ausdrücke nach ihrer Bedeutung in die Tabelle ein. Ergänzen Sie weitere. außerdem, darüber hinaus, deshalb, doch, einerseits - andererseits, infolgedessen, insbesondere, jedoch, nämlich, schließlich, trotzdem, zum Beispiel. Folge Kontrast Addition Koedukation -»Benachteiligung Jungen ++ Mädchen Mathe + Physik + Deutsch deshalb zwar... aber ferner folglich dagegen erstens... zweitens aiso allerdings beispielsweise demnach bloß hinzu kommt >- MB, RM 3.3, S-163-164 > MB, GR 3.1, S. 133-13« ♦ 3.2, S. 135 + 3.3, S.136 5, Versuchen Sie, .Ihren" Abschnitt ohne Zuhilfenahme des Originaltextes so weit mit satzverbindenden Ausdrücken anzureichern, bis Sie Ihn für einen normal lesbaren Text halten. Vergleichen Sie Ihr Ergebnis mit dem eines anderen Kursmitglieds, das denselben Absatz bearbeitet hat, und zum Schluss mit dem Originaltext.