Kapitel i Gallien, an denen hunnische Hilfstruppen beteiligtwaren. Der Hunnenkönig Attila (in der Nibelungensage Etzel), der 445 seinen Bruder ermordet hatte und seitdem allein regierte, führte sein Reich zürn Höhepunkt seiner Geltung. Als er jedoch, nachdem er sich mit Westrom verfeindet hatte, 451 Gallien verwüstete, trat seinem hunnisch-germanischen Heer auf den Katalaunischen Feldern (in der Gegend von Troyes) Aerius ebenfalls mit zahlreichen Germanen, darunter Franken, Burgunder und besonders Rekonstruktion eines in einem Grab bei Mundolsheim im Eisass gefundenen Sattels, wie ihn in der Mitte des 5.//1. hunnische und ostgermanische Reiter verwendeten (Straßburg, Archäologisches Museum) Westgoten, entgegen und besiegte den Hunnenkönig. 452 fiel Attila in Italien ein, doch einer kaiserlichen Gesandtschaft unter Führung von Papst Leo I., dem Großen, gelang es, ihn zum Rückzug zu bewegen. Nach dem überraschenden Tod Attilas 453 in der Hochzeitsnacht mit einer ostgermanischen Königstochter (Ursprung der Kriemhildsage) zerfiel das Hunnenreich rasch; die seiner Herrschaft unterworfenen Germanen lösten sich wieder aus der Abhängigkeit. Die Ostgoten hatten nach ihrer Befreiung von der hunnischen Herrschaft Wohnsitze in Pan-nonien zugewiesen bekommen, zogen aber bald südwärts bis nach Makedonien und Westthrakien. Der oströmische Kaiser Zenon sah sich 483 gezwungen, den mächtigen Ostgoten- führer Theoderich aus dem Fürstengeschlecht der Aanaler als Magister Militum (Heermeister) anzuerkennen. Theoderich, etwa 4^3 geboren, war als Geisel in Konstantinopel aufgewachsen ' und nach seiner Rückkehr 471 schon zu Lebzei- » ten seines Vaters zum König erhoben worden. .• 488 sandte Zenon Theoderich nach Italien, um die Herrschaft Odoakers zu zerschlagen, der ebenfalls in kaiserlichem Dienst gestanden hatte, aber 476 als Führer germanischer Söldnertruppen den letzten weströmischen Kaiser Romulus Augustuius abgesetzt hatte. Nach jahrelangen Kämpfen, u.a. um Odoakers Hauptstadt Ravenna (die »Rabenschlacht« der Sage um Dietrich von Bern), einigte sich der Ostgotenkönig zum Schein mit seinem Rivalen auf eine gemeinsame Herrschaft, doch kurz darauf ermordete er Odoaker (493) und war nunmehr alleiniger Herrscher in Italien, nominell freilich : unter der Oberhoheit des Kaisers, dessen Stell- : Vertreter er für die romanische Bevölkerung : seines Reiches war. Theoderich behielt die spätantike römische Verwaltung im Wesentlichen bei und zog zum Teil römische Ratgeber an seinen Hof in Ravenna, darunter die Gelehrten Cassiodor (er schrieb u.a. eine Geschichte der Goten) und Boethius, der allerdings 524 als angeblicher Verschwörer gegen die Ostgotenherrschaft hingerichtet wurde (im Gefängnis verfasste er das im Mittelalter weitverbreitete »Trostbuch der Philosophie«). Romanen und Goten blieben im -Übrigen durch ein Heiratsverbot sowie durch die unterschiedlichen Glaubensrichtungen und , Rechtsstellungen getrennt; der Kriegsdienst oblag nur den Goten. Außenpolitisch verstand es Theoderich, offene Konflikte mit dem Kaiser zu vermeiden und zu den anderen germanischen Fürsten freundschaftliche Beziehungen anzuknüpfen, die er durch Heiratsverbindungen mit den Herrscherfamilien der Westgoten, Vandalen, Burgunder und Franken zu festigen suchte; er selbst nahm eine Schwester des Frankenkönigs Chlodwig zur Frau. Bei seiner Bündnispolitik erlebte er jedoch auch Rückschläge, vor allem infolge des fränkischen Expansionsstrebens auf Kosten der Westgoten, der Burgunder und der unter ostgotischem Schutz stehenden Alemannen. Als Theoderich 526 starb, blieb seine Herrschaft den Menschen als eine Zeit des Friedens und der Gerechtigkeit in Erinnerung, doch sein Lebenswerk hatte keinen Bestand. Seine Tochter . .V,..ii:,:.untha (Amaiaswintha), Regentin für ili-' .n'U],numdigen Sohn, fiel 535 einem Mordan-'chlai? ihres Vetters und Mitregenten Theodard zum Opfer. Die letzten Ostgotenkömge, VViügis .'5*6-540). Totila (54I-552) und Teja (55?.-"cc''.''- unterlagen den Feldherren Kaiser iv«dn5->r.'. Beiisar und Narses. Die Reste der Gt Ribbon, Wo 1,-cel. ••« SotaOM° c Vwdi.n "=■'■ 486 ~7o„ . "äims ° "Mt* tr!u'f 531 Rouen Sogensbyrg .A, es-. *»«*c Autor.;; Ostmark. 1. ti-ÜO-C-3-5 -s •-: o g n e 3 hvT Toriow >sAae, v Saragossa ö. yS &,m '-Al*» tie" • oRavenna Kirchen- - *- . , Staat . Korsika Rom "' Herzo9fum ; Benevent ,Spii> 26 27 Kapitel i römisch-germanische UND fränkische zeit deutscher Sprache abgefassten Straßburger Eide von 842 {► 1.23). Geboren um 466, wurde der Merowinger Chlodwig wohl 482 Nachfolger seines Vaters Childerich als Teilkönig der salischen Franken. Zentrum seines Herrschaftsbereichs war Tour-riai. Im Laufe seiner Regierung unterwarf und beseitigte er durch List und Gewalt alle anderen fränkischen Gaukönige (zuletzt um 510 den in Köln residierenden rheinfränkischen König), nachdem er bereits 486/487 durch seinen Sieg über den letzten römischen Statthalter in Gallien, Syagrius, bei Soissons den noch römischen Teil Galliens zwischen Somme und Loire gewonnen hatte. Zwischen 496 und 507 eroberte er den südwestgallischen Teil des Westgotenreichs (Aquitanien) bis auf Septimanien (um Narbonne), dazu das linksrheinische Gebiet der Alemannen. Nur das Eingreifen Theoderichs des Großen hinderte ihn an noch weiter gehender Expansion. Mit seiner Eroberungspolitik durchkreuzte Chlodwig das Konzept des Ostgotenkönigs, das auf eine Verständigung der germanischen Reiche mit gemeinsamer Gegnerschaft gegen Byzanz zielte. Dem Kaiser hingegen kam der fränkisch-ostgotische Gegensatz gelegen; 508 ließ er Chlodwig einen Königsor-nat überreichen und ehrte ihn mit dem Konsultitel. Wohl 498 hatte der Frankenkönig in Reims durch Bischof Remigius die Taufe empfangen. Diese Entscheidung für das katholische Christentum, an der Chlodwigs burgundische Ge-""" L1in Chlothilde (Chrodechilde) bedeuten- den Anteil hatte, erwies sich als zukunftweisender Entschluss. Außenpolitisch wurde dadurch der Gegensatz zu den arianischen Germanenreichen vertieft, doch im Innern gewann Chlodwig die Unterstützung der galloromani-schen Geistlichkeit, vor allem der Bischöfe, bei' der Konsolidierung seiner Herrschaft in den neu eroberten Gebieten. Die allmählich entstehende fränkische Reichskirche wurde zu einer der wichtigsten Klammern der Reichseinheit. Der inneren Ordnung dienten auch einerseits die Übernahme des römischen Verwaltungssystems und andererseits die erste Aufzeichnung des fränkischen Volksrechts, der Lex Sa-lica. 511 starb Chlodwig in seiner neuen Residenzstadt Paris. Das Königsgeschlecht der Merowinger stammte der Uberlieferung zufolge von einem Kleinkönig der salischen Franken mit Namen Merowech ab. Die Sage führte Merowechs Herkunft auf ein Meerungeheuer und damit auf halbgöttlichen Ursprung zurück. Wurden der Königssippe schon von daher magische Kräfte zugeschrieben, so steigerte sich ihr Ansehen noch, als Chlodwig (►1.11) durch erfolgreiche Kriegszüge ein fränkisches Großreich errichtete und damit das »Heil« seiner Sippe glänzend bestätigte. Trotz der Taufe Chlodwigs blieben diese heidnischen Vorstellungen das tragende Element des merowingischen Königtums. Die »Gebiütsheiligkeit« des Königsgeschlechts, die das Bestehen und Wohlergehen des Volkes sicherte, kam bei den Merowingern auch äußer -lich zum Ausdruck, z.B. durch das lange h*3ar; ndw • J-'r-'/'-i^ wurde die Absetzung des xi mjiz '"i d«>rcli die symbolische (pur," de- f--'a -rhesus vollzogen 1. , 1,,:—g.r«.jd<( aich auf alle Iragei konigli-. nl fr, -i.re'b.'j, vuen beim Tode Chlod-r -, eine vier Sehn- ohne Unterschied ,f0roe! . ;-hag;. Das bedeutete, dass das iki'* r>~ *-irh geteilt werden musste, was r,.cl t '.ifibediiigc eine getrennte Ent-J>jr.n der f cichute"de zur Folge hatte. Tat-hif 1 ;.m iuf dem Erbweg ruehuiials zu r Ke* zr-t'-migmig Außerdem setzten ;dv"tg" "'''13'P zijri'ir.hsi die Marhfpolitik 1 außer, fort, indem sie unter anderem 531 Thurnt*p-'reich und bis 534 das ßurgunder-icich erober.eii Allerdings uberwogen auf die Dauet d'-" Nachteile der Teihmgspraxis beträchtlich, denn die Herrschaftsteilungen wa-ien eine üuebV ständiger Streitigkeiten. Nach dem Todr Dagoberts I. 638/639 verlot das me-rowingJsc1ir Königtum, in blutigen Familienfehden geschwächt, seine Macht mehr und mehr an den Adel, an dessen Spitze die Haussier traten. Aus den Teilungen gingen zwei weitgehend selbstständige Reichsteile hervor: im Westen Neustrien mit dem Zentrum Paris, das meist mit Burgund zusammen regiert wurde, und im Osten Austrien mit dem Königssitz Reims bzw. später Metz. Die Herausbildung eines westlichen und eines östlichen Schwerpunkts kam bei der endgültigen Teilung des Fränkischen Reiches unter den Karolingern erneut zur Geltung. Trotz der Machtlosigkeit der Merowinger war die Grundlage ihres Königtums Mitte des 8. Jahrhunderts noch so stark, dass die Karolinger nur dadurch das Königtum von ihnen übernehmen konnten, dass sie an die Stelle des ererbten Kömgsheils den christlich geprägten Amtsgedanken setzten. Die Missionierung der noch heidnischen Germanen im fränkischen Reichsverband machte im 6 und 7. Jahrhunde/t nur mühsame Fortschritte. Das begann sich um 700 zu ändern, als mit Unterstützung der karolingischen Hausmeier eine Reihe von Missionaren zu den Hessen, Thüringern, Alemannen und Baiern, aber auch zu den Friesen und Sachsen gingen. Sie kamen zum Teil aus dem Fränkischen Reich, zum Teil v/iiran sie Angelsachsen wie dei Friesen- missionar Willibrord und dessen Schüler Win-frid (Wynfrith), der später als »Apostel der Deutschen« bezeichnet wurde. Der 672/673 in Wessex geborene Mönch Win--frid verließ 716, iroschottischer und angelsächsischer Tradition folgend, England, um sich in der Form der »peregrinatio«, der Heimatlosigkeit um Christi willen, der Mission zu widmen. Bei seinem ersten Romaufenthalt beauftragte ihn der Papst am 15. Mai 719 mit der Germanen-mission und verlieh ihm den Namen des Heiligen dieses Tages: Bonifatius. Bonifatius wirkte zunächst in Thüringen und Friesland, dann auch in Hessen, wo er 723/724 die berühmte ■Mi * Buchmalerei aus der Zeit um 1000, die oben links Bonifatius hei der Taufe von Friesen zeigt, rechts daneben den Märtyrertod des Missionars (Göttingen, Universitätsbibliothek) Donareiche von Geismar fällte. Er gründete nicht nur Klöster, darunter Fritzlar und Fulda, sondern machte sich auch um die Bistumsorganisation in Bayern (Passau, Regensburg, Freising, Eichstätt), Hessen (Büraburg bzw. Fritzlar) und Thüringen (Erfurt) verdient. 722 wurde 28 29 K a, pixel i ei vorn Papst zum Bischof geweiht, 732 erhielt samtreich. 732 schlug er mit einem funkischen er das Pallium als Zeichen der Erzbischofs- Heer die Araber, die das Westgotenre>-t'i verwinde. Wohl 746 übernahm er das Bistum nichtet hatten und nach Südgallien vorgcdrun-Mainz (das eigentliche Erzbistum Mainz be- gen waren, bei Poitiers und drängte sie endgvji-gründete jedoch erst sein Schüler und Nachfol- tig über die Pyrenäen, zurück. Dieser Sieg hatte ger Lullus). Im Alter von 3o Jahren kehrte Boni- für die weitere Geschichte Europas er.se^hei-fatins zur Friesenmission zurück, während der dende Bedeutung. Man hat Karl später den Bei-t-r am 5. Juni 754 bei Dokkum den Märtyrertod namen Martell (Hammer) gegeben. In z.thlrei-fand. Seine Gebeine ruhen Im Dom von Fulda. chen Kämpfen stellte er - mit unterschiedlichem Erfolg - die Autorität der Reichsgewalt in .- ■ • . ... . . . ..... den sich verselbstständigenden Reichweiten (Aquitanien, Burgund, Provence, Alemaanien, Die * t ■hag.jr s pH 3 is eine: Verbindung der Thüringen, Bayern, Friesland) wieder her Aach austrlschen Adelsgeschlechter der Arnulfinger unterstützte er die angelsächsische Mission und der Pippiniden hervorgegangen. Sie waren (►1.13), in der er ebenfalls eine Stärkung der im Maas-Mosel-Raum begütert. Die Vormacht- Reichsgewalt sah. Ais 737 der Merowmger Stellung begründete der austrische Hausmeier Theuderich IV. starb, setzte Karl Martell keinen Pippin (der Mittlere), der 687 durch seinen Sieg neuen König ein, nahm selber jedoch nicht den über den neustrischen Hausmeier bei Tertry das Königstitel an. Wie ein König aber teilte ei bei Fränkische Reich wieder vereinte und anstelle seinem Tod 741 das Fränkische Reich anter des schwachen Merowingerkönigs, der weiter- seine Söhne und ließ sich in Saint-Denis. der hin in Neustrlen residierte, die Regierung Grabiege der Merowinger, beisetzen, führte. Pippins Sohn Karl erkämpfte sich nach Karls Söhne Karlmann und Pippin (der Jüngere) seinem Tod (714) die Regentschaft über das Ge- regierten in Austrien und Neustrien, wobei Aquitanien und Bayern relativ selbstständige Herzogtümer blieben. 743 setzten sie wieder' einen merowingischen König, Childerich III.,' ein. Bereits 747 zog sich Karlmann ins Kloster zurück, während sein Bruder als Alleinherrscher eine höchst bedeutsame politische Neuorientierung vollzog: 750 ließ er Papst Zacharias die Frage vorlegen, ob es gut sei, dass es im. Fränkischen Reich Könige ohne königliche Ge-. wait gebe. Als der Papst antwortete, es sei besser, der tatsächliche Herrscher heiße König, »damit die naturgemäße Ordnung nicht gestört werde«, verbannte Pippin 751 Childerich III. ins Kloster und ließ sich von den fränkischen Großen in Soissons zum König erheben. Hinzukam jedoch eine kirchliche Salbung, die dem neuen karolingi sehen Königtum eine dem germanisch geprägten Königtum der Merowmger bewusst entgegengesetzte christliche Legitimation verlieh und das für das ganze Mittelalter folgenreiche Bündnis zwischen dem Papsttum und dem fränkischen Königtum (bzw. später dem auf die deutschen Könige übergehenden Kaisertum) begründete. Für den Papst bedeutete die neue Konstellation zunächst in erster. Linie einen Rückhalt gegen die Langobarden (►1.15), die Pippin erfolgreich bekämpfte. Die den Langobarden abgenommenen Gebiete übertrug er dem Papst als Besitz der Kirche. Diese Darstellung alttestamentarischer Krieger im »Goldenen Psalter« aus dem 9. Jh. (Sankt Gallen, Stiftsbibliothek) spiegelt das Aussehen fränkischer Panzerreiter des S./9.//1. in karolingischer Zeit. Zur fortschrittlichen Ausrüstung der Truppen gehören die Rüstung in Form des Schuppenpanzers, Sattel, Steigbügel und Zaumzeug. römisch -germanische und fränkische zeit enannte Pippinsche Schenkung indete den Kirchenstaat. rer Überliefe-.and oder Schonen stammten, hat-insitze lange Zeit an der unteren i'!t>e F.s~'"= ■ von ihnen gründete in Pannonien j~,*[llt° 7--"n di£ Langobarden das bisherige •"Vi.ier 1" f rgier nördlich von Noricum (Ost-eiteten sich später nach Südosten. , irrjts eines entscheidenden Sieges über die f eplden i -hf) überließen sie ihr pannonisches Siedtun?äg-' iet den Awaren, zogen 568 unter ihrem König Alboin nach Oberitalien und •-minderer, ein Reich mit der Hauptstadt Pavia (in der ru cd ihnen benannten Lombardei). Dieses konnte sich für zwei Jahrhunderte konsolidieren, nicht zuletzt infolge des Übertritts der jrianiscbeü Langobarden zum Katholizismus (um 600). Die noch verbliebenen byzantinischen Her s'haftsgebiete gingen allmählich bis auf Reste n 1 [Strien und Venetien, an der Südspitze Itaii-ns sowie das Gebiet um Rom und den Exarcbar Ravenna in langobardischen Besitz über. Unter den Königen Liutprand (712-744) -;nd Aistulf (749-756) erreichte das iangobaideureich seine größte Ausdehnung. Nach der F.oberung Ravennas 751 sah sich der Papst in Rom unmittelbar bedroht, sodass er den Frankenkönig Pippin zu Hilfe rief, der den langobardischen Ausdehnungsdrang stoppte (►t.16). Ejneute Übergriffe der Langobarden auf päpstliches Gebiet beendete Pippins Sohn und Nachfolger Karl der Große (► 1.17) endgültig, indem er 774 die Langobarden unterwarf und sich selbst ihre Königskrone aufsetzte. Nur die langotjidischen Herzogtümer Benevent and Spolera in Süditalien konnten ihre Selbstständigkeit bis ins 11. Jahrhundert bewahren. Das duich die kirchliche Sanktionierung der Königserheoung Pippins 751 angebahnte Bündnis zwischen dem Papsttum und dem Fränkischen Rei'-h (► i.t4) festigte sich, als Papst Stephan II. nach seinem Hilfeersuchen gegen den Langoba'der.könlg Aistulf auf Einladung Pip- pins ins Frankenreich reiste und 754 ein feierliches Schutzversprechen des Königs erhielt. Er salbte Pippin und seine Söhne erneut und verlieh ihnen den Titel »patricius Romanorum«, während der Frankenkönig die Übergabe der von den Langobarden eroberten Gebiete in Mittelitalien an den Papst versprach. Der Umfang dieser so genannten Pippinschen Schenkung ist umstritten; nach zwei erfolgreichen Feldzügen gegen Aistulf erhielt der Papst 756 jedenfalls den Dukat von Rom und den Exarchat von Ravenna, ferner die so genannte Pentapolis, ein Gebiet in Mittelitalien um fünf Städte zwischen Rimini und Ancona. Aus diesen im Einzelnen nicht genau abgrenzbaren Gebieten ist der Kirchenstaat entstanden. Die formale Oberhoheit des byzantinischen Kaisers blieb zunächst noch bestehen, doch als tatsächlicher Schutzherr des Papsttums war der fränkische König an dessen Stelle getreten. Karl der Große (►1.17) hat die Schenkung seines Vaters 774 ausdrücklich bestätigt und den Kirchenstaat unter fränkischen Schutz gestellt. Diese Schutzverpflichtung hat die Politik der deutschen Kaiser und Könige im Mittelalter, die sich als Nachfolger des Frankenkaisers betrachteten und den Schutz des Kirchenstaates, des »Patrimonium Petrin, zu ihren vornehmsten Aufgaben zählten, entscheidend geprägt. Die Italienpolitik der deutschen Könige (► 2.7) führte jedoch im Mittelalter auch zum Zusammenstoß zwischen den beiden höchsten Gewalten der damaligen Welt, dem Kaisertum und dem Papsttum, um die Vorherrschaft in der Weltordnung. Karl wurde als Sohn des fränkischen Hausmeiers und späteren Königs Pippin des Jüngeren (►1.14) im Jahre 747 geboren. Nach dem Tode seines Vaters (768) teilte er die Herrschaft mit seinem jüngeren Bruder Karlmann. Karl isolierte seinen Bruder politisch durch ein Bündnis mit dem Langobardenkönig Desiderius und stellte, als Karlmann 771 starb, die Reichseinheit wieder her. Erst als Desiderius Papst Hadrian I. zwingen wollte, die mit ihrer Mutter an den langobardischen Hof geflohenen Söhne Karlmanns zu fränkischen Königen zu salben, unternahm Karl auf Ersuchen des Papstes eine Heerfahrt nach Italien, besiegte 774 Desiderius und setzte sich selbst die Königskrone der Lan- 30 31 Kapitel i RÖMISCH -GERMANISCHE UND FRÄNKISCHE ZEIT 4. Reiterstatuette Karls des Großen aus dem 9. Jh. (Paris, Louvre) gobarden auf. Seitdem nannte er sich »rex Fran-corum et Langobardorum«. 778 gliederte er auch das bis dahin weitgehend selbstständige Bayern in sein Reich ein und verbannte den Stammesherzog Tassilo III. 788 in ein Kloster. Die Sachsen hingegen konnten erst in einem über dreißig Jahre dauernden Krieg unterworfen werden (►1.18). Auch in andere Richtungen sicherte und erweiterte Karl sein Reich. Anlässlich eines Aufenthaltes in Rom wurde er am Weihnachtstage 800 von Papst Leo III. zum Kaiser der Römer gekrönt (►1.19). Dieser Schritt bedeutete eine Herausforderung für das byzantinische Kaisertum, dem gegenüber Karl von Anfang an die Gleichberechtigung beanspruchte. Im Innern seines riesigen Reiches bemühte sich Karl um die Vereinheitlichung der Reichsverwaltung, die nach der Abschaffung der Stammesherzogtümer weitgehend einem Dienst- adel, den Grafen, übertragen wurde. Unter diesen haben die mit Sonderrechten als raili. tärische Befehlshaber und Gerichtsherren gestatteten Markgrafen besondere Bedeutung erlangt, die in den neu eingerichteten, gefähr, deten Grenzmarken eingesetzt wurden. Ojs rechtliche Eigenständigkeit der Stämme blieb jedoch erhalten; Karl ordnete die Aufzeichnung der Stammesrechte an. Er schuf aber mit i Kapitularien auch eine einheitliche Rei< setzgebung (► 1.20). Die führenden Adelsfamilien gewann er durcli die Übertragung von Ämtern und (►1.22), sodass man schon in dieser Zeit v ner Reichsaristokratie sprechen kann. Ei'.v; auf lange Sicht zuverlässigere Verfechterin des Reichsgedankens aber wurde die Reichs!:'.'che. die Karl durch den Ausbau der Bistumsorgnni-sation, durch Schenkungen, Festigung des Zehntgebots und durch seine Sorge für innere Reformen des kirchlichen und klösterlich bens förderte, aber auch stärker in den I des Reiches stellte. An seinem Hof versammelte Karl die bec.eu-tendsten Gelehrten der Zeit. Die von d'osem Kreis ausgehenden geistigen Impulse ftthrtcs zu einem Aufschwung von Bildung, Wissenschaft und Kunstpflege; wegen der Rückgriffe auf antike und spätantik-christliche Traditionen wurde hierfür der Begriff »karolmj.-^sche Renaissance« geprägt. Karl führte auf vielen Gebieten ältere Ansätze fort. Schon seine Zeltgenossen verliehen ihm zu Recht den ehrenden Beinamen »der Großes. Seine Nachfolge regelte er 806 altem fränkischem Brauch gemäß im Sinne einer .- ierr-schaftsteilung. Da die beiden älteren Söhne jedoch vorzeitig starben, erhob er 813 in Aachen seinen einzigen legitimen Erben Ludwig (den Frommen) zum Mitkaiser. Am 28. Januar :.. starb Karl der Große in seiner Liebimgspfalz Aachen (► 1.21). Über dreißig Jahre, von 772 bis 804, dav.cr.er. die kriegerischen, nach kurzen Friedenszeiten immer wieder neu ausbrechenden, blu.;gen Auseinandersetzungen Karls des G (►1.17) mit den heidnischen Sachsen, die das weite Gebiet zwischen Nordsee und Harz, zwischen Rhein und Elbe bewohnten. Dem S kirchlich geprägten Mittelalters entsprechend ,,, ,, ~ tri sen als Angehörige des Frän-->-- Christen werden. Dass sie je- i;,„crien - -h?-t~ gc> Holzstamm, der wohl die das ; i'imme'"-'"* 0 tragende Weltsäule darstel-1 -,r sollt' -, "'-' '2 den erbitterten Widerstand (tesfan/ r 'o'i 's hervor. An ihrer Spitze stand c[er westfälische Adlige WIdukind. Während nach und nach Teile des sächsischen Adels auf die fränkische Seite überwechselten und sich trafen ließen, setzte Widukind den Wider-srand fort. Selbst so drakonische Strafmaßnahmen Karls wie die Hinrichtung einer großen Zahl Aufständischer 782 bei Verden an der Aller vermochten den Widerstand der Sachsen nicht zu brechen. Während Widukind 785 aufgab und zum christlichen Glauben übertrat, kam es noch bis 804 zu immer wieder aufflackernden Unruhen. Trotz aller Brutalität des Vorgehens in der kriegerischen Auseinandersetzung suchte Karl die Versöhnung zwischen Franken und Sachsen, die in dem 802 aufgezeichneten sächsischen Volksrecht (Lex Saxonum) zum Ausdruck kam. Der Aufbau einer kirchlichen Organisation mit der Einrichtung von Bistümern in Bremen, Minden, Verden, Münster, Osnabrück und Paderborn festigte und vertiefte allmählich auch die Christianisierung des sächsischen Volkes. Wenig mehr als ein Jahrhundert später ging aus dem Stamm der Sachsen die Dynastie hervor, unter deren Herrschaft das ostfränkische Reich sich zum deutschen Reich entwickelte. Den Anstoß zur Begründung des Kaisertums Karls des Großen gaben innerrömische Wirren, die den Frankenkönig zum Eingreifen zwangen: Papst Leo III. wurde 799 von einer Adelsapposition in Rom abgesetzt, doch er floh zu Karl nach Paderborn und erbat seinen Schutz. Aber auch Leos Gegner wandten sich an den König, sodass dieser in eine schwierige Lage geriet: Durfte er als Patricius Romanorum in dem Konflikt entscheiden, obwohl der daran beteiligte Papst keiner weltlichen Gerichtsbarkeit unterlag? Da Byzanz als Ordnungsmacht in Italien längst ausgefallen war und zudem Kaiserin Irene, die ihren eigenen Sohn beseitigt hatte, im Westen nicht als rechtmäßige Herrscherin galt, dürfte der Gedanke an ein neues Kaisertum nahe gelegen haben, aber wann er sich zu einem konkreten Plan verdichtete, lässt sich nicht entscheiden. Im Herbst 800 reiste Karl nach Rom. Nachdem sich der Papst durch einen Reinigungseid von den Anklagen seiner Gegner befreit hatte, setzte er Karl während des Weihnachtsgottesdienstes in der Basilika von Sankt Peter eine Krone auf und erwies ihm nach römisch-byzantinischem Brauch die Proskynese (Kniefall), während das anwesende römische Volk durch Akklamation (Zuruf) den Krönungsakt bestätigte. Damit wurde bewusst an die römische Tradition angeknüpft (»renovatio imperii«), die Karl jedoch in einem christlich-universalen Sinne verstand. Der fränkische Adlige Einhard, Lehrer an der Hofschule in Aachen, hat in seinem Werk über _...... .. . ._, machten 800 in Rom von Papst Leo III. zum Kaiser gekrönt. Französische Darstellung aus der Mitte des 15. Jh. im Stil der damaligen Zeit das Leben Karls des Großen, »Vita Caroli Magni« - es ist die erste überlieferte Biografie eines mittelalterlichen Herrschers -, die Krönungsszene beschrieben und dazu bemerkt, Karl hätte die Kirche nicht betreten, wenn er gewusst hätte, was Papst Leo beabsichtigte. Hierüber sind viele Vermutungen angestellt worden. Die einleuchtendste Interpretation ist 32 33 Kapitel ■ wohl die, dass Karl die zentrale Rolle, die sich der Papst selbst bei der Krönung zugewiesen hatte, und das Auftreten der Römer als »Reichsvolk« nicht akzeptieren wollte. Nach der Kaiserkrönung kehrte Karl ins Frankenreich zurück. Der Titel »Imperator« musste auf den Widerstand des byzantinischen Kaisers treffen, der sich als einziger legitimer Kaiser verstand. Karl betonte hingegen stets seine Ranggleichheit mit dem byzantinischen Kaiser, mit dem es erst 812 zum Ausgleich kam. römisch-germanische und FRÄNKISCHE Zl Als Karl der Große (►1.17) im Jahre 814 starb, hinterließ er seinem Nachfolger ein riesiges, weitgehend gefestigtes Reich; dessen gefährdete Grenzen waren durch so genannte Grenzmarken gegen Einfälle der benachbarten kriegerischen Völker militärisch abgesichert, in denen die Markgrafen mit Sonderbefugnissen ausge- stattet waren.. Im Südwesten des fränki Herrschaftsgebietes, im Süden der Pyenäen war als Schutzwall gegen die Araber die »Spanische Mark« eingerichtet worden, im Suc hatte Karl nach Siegen über die asiati Awaren die »Pamionische Mark« ! Raab und Donau geschaffen, der sich sud lieh die bis nach Dalmatien reichende »Mark Friauk anschloss. Weiter nördlich bjlii.ii.en nach der Unterwerfung der Sachsen Elbe und Saale die Ostgrenze des Reiches gegenüb« Slawenvölkern. Hier wurde als östliches Vorfeld die »Sorbische Mark« errichtet. Gees immer häufiger die Küstengebiete an :vord-und Ostsee verheerenden Wikingerrau ).'ügc-(►2.4) entstand an der Eidergrenze die »Dänische Mark«. Eine ähnliche Schutzfut.l-tion übernahm an der Nordwestgrenze die »Bretonische Mark«. Um das Riesenreich überhaupt einiger m;.;Sen verwalten zu können, wurden die schon a 1; der merowingischen Zeit stammenden Grafschaften auch auf die nichtfränkischen Gebiete aus- adlige ^r:. Ratgeber ■ Mundschenk! Kämmerer A König Der Hof war Lebensmittelpunkt und Regierungsinstrument des Königs. Die Geistlichkeit dort bildete unter Aufsicht des Erz-kaplans die Hofkapelle, welche teilweise als Kanzlei fungierte, ^-rggggj.j^ wjr^e der ls königlicher Beisitzer 'ertreter. königliche ''0 Familie -:.-'.:.'x'.;'%. Hofkapelle (Erzkaplan und Kanzler) Marschall - Scneschs Königsgericht (Pfalzgraf) , ____ Aufga (z.B. < - Hee r Hof weitete sich Zeiten zur Reichs-sammlung, dem ftag. sboten ■ ntrolle ionalen alten Die Verwaltung des Reichs wird als erweiterte Hofverwaltung verstanden. Karl voi teure, <ä schon u sich das Die Der Hof Karls des Großen t -1 als vom König umgesetzte , militärische E. hlshaber (.., - Ii ttten die Polizei '/alt und 11 .as Verkehrswe u und die -de erhoben Abgaben und B imbußen -tert die Königsgesetze, die genann-:t.tilarien, aus. Ihre Amtsfi 4i > ung ließ Zeit zu Zeit durch königlicl ' Kontrolle »Königsboten«, überpruf i. Doch 3ter Ludwig dem Fromm« n vandelte Grafenamt zu einem her 1 (►1.22), >ar erblich wurde, sodat 1 ar gräfii-del sich zu einem Geburtsadel -1 *■ . .rVeite and die Grafschaften der unmitte l/> p> n i<öi"g-' 'errschaft entglitten. Die Rivalint ■'er greifen idelsfamilien untereinander iwt cfgenühei J=m Königtum, der die Karolim<-r selbst ihren Aufstieg verdankten, konnte a' i.iij von st..rh;n Herrscherpersönlichkeiten■> >P t-'arl dem C 'oßen vorübergehend zurückgedrängt veid-n, doch sie blieb ein beherrschen des Element der mittelalterlichen Geschichte. Das Zentrum von Königsherrschaft und P eicfisverwd tung bildete der umherziehende königliche Hof, an dem es seit langem feste [ lofämtei ga'i, vor allem die vier Hausämter Truchsess üeneschall), Marschall, Kämmerer und Mundsrhenk, denen die Versorgung des Hofes, die Verwaltung der Domänen und des königlicheij Schatzes sowie militärische und sonstige Aufgaben oblagen. Der Pfalzgraf war Beisitzer, J.ir.n auch Stellvertreter des Königs im Königsge.icht. Die am Hof tätigen Geistlichen bildeten seit Pippin dem Jüngeren die Hofkapelle die nicht nur religiöse, sondern auch diplomatische Aufgaben wahrnahm und die Reichstaiizlei führte. Daneben hatte der König pers c 1 liehe Freunde und Ratgeber in seiner Umgebung, die er auch mit politischen und diplomatischen Missionen betrauen konnte. Die Ausstrahlung und Wirksamkeit dieses Zentrums Vag jedoch dem personenbezogenen Charakter der mittelalterlichen Herrschaft entsprechen;; von der Autorität des Königs ab. Karl der Große (►1.17) besaß, wie alle mittelalterlichen Herrscher, keine feste Residenz. Er zog mit semem Gefolge, zu dem auch die Familie gehölte, /on Pfalz zu Pfalz, um seine herr-scherliclien Amtshandlungen auszuführen. Diese Pfdb-ec waren große und leistungsstarke jag: HB? Die Ende des 8. Jh. von Baumeister Odo von Metz errichtete Pfalzkapelle in Aachen, im Obergeschoss der Herrscherthron Karls des Großen bäuerliche Güter, königliche Musterhöfe, die den König bzw. Kaiser mit seinem gesamten Gefolge während eines kürzeren oder längeren Aufenthaltes wirtschaftlich versorgten, beherbergten und den Raum für seine Amtshandlungen, auch für Festlichkeiten und für Versammlungen der weltlichen und kirchlichen Würdenträger des Reiches zur Verfügung stellten. Hier stellte er Urkunden aus und hielt Gerichtstage ab, hier empfing er auch Gesandte fremder Mächte. Karls Lieblingspfalz wurde Aachen. Dort war in der Mitte des 8. Jahrhunderts ein königliches Hofgut entstanden, das Karl, der seit 794/95 mit kurzen Unterbrechungen fast ständig in Aachen weilte - nicht zuletzt wegen der warmen Quellen - mit prachtvollen Bauten ausstatten, zur Kaiserpfalz ausbauen ließ. Die weitläufige Anlage umfasste auch Wohnräume für die kaiserliche Familie und den Hofstaat sowie Versammlungsräume. Die nach dem Vorbild byzantinischer Zentralbauten gestaltete achteckige Pfalzkapelle mit dem aus Marmorplatten bestehenden Thronsitz des Kaisers im Obergeschoss bildet noch heute den Mittelpunkt des 34 35