Franz Werfel (1890-1945) Die Welt hat über der alten und öden Parlamentsgeographie von Rechts und Links vergessen, daß es ein Oben und Unten gibt. (Zwischen oben und unten). Können wir ohne Gottesglauben leben? (1932, eine Rede) •Unsere Seelen wollen nicht mehr an die Unzerstörbarkeit glauben und damit an ihre ewige Verantwortung. Der veruntreute Himmel ist der große Fehlbetrag unserer Zeit. Seinetwegen kann die Rechnung nicht in Ordnung kommen, weder in der Politik noch in der Wirtschaft, denn alles Menschliche entspringt derselben Quelle. Eine konsequent gottlose Welt ist wie ein Bild ohne Perspektive. Ein Bild ohne Perspektive ist die Flachheit an sich. Ohne sie ist alles sinnlos. In der totalen Sinnlosigkeit sind aber auch unsere natürlichen Menschenrechte sinnlos, selbst das Recht, nicht getötet zu werden. Folglich gibt es heute nur ein einziges Recht, nämlich die sogenante Macht der Tatsachen oder das Gesetz des Dschungels. Es wird unbesiegbar so lange herrschen, als der Teitgenosse das bleibt, was er ist. • Warum haben Sie Prag verlassen? •diente von 1911 bis 1912 bei den Prager Hradschin, um daraufhin das Prager Ghetto zu verlassen und als Lektor im Leipziger Kurt Wollf Verlag zu arbeiten. •Prager Tagblatt (4. Juni 1922) Fata Morgana •Mein Lebensinstinkt wehrte sich gegen Prag. Für den Nichttschechen, so scheint es mir, hat diese Stadt keine Wirklichkeit, sie ist ihm ein Tagtraum, der kein Erlebnis gibt, ein lähmendes Getto, ohne auch nur die armen Lebensbeziehungen des Getto zu haben, eine dumpfe Welt, aus der keine oder falsche Aktivität herkommt. Prag kann man nur als einen Drogenrausch, als eine Fata Morgana des Lebens ertragen, und das ist der Grund, warum so viele Künstler nicht geflohen sind. Der deutsche Prager, der zur Zeit fortging, ist schnell und radikal expatriiert, und doch liebt er seine Heimat, deren Leben ihm wie ein ferner Wahn vorkommt; er liebt sie mit einer mysteriösen Liebe. Für die gesunde, einfach-kräftige Rasse, die jetzt Herr im Land ist, bedeutet Prag Leben, Hauptstadt, Kultur, Kulmination, - das Geheimnis der Stadt versteht der Heimatlose daheim und in der Fremde besser. Denn ein Heimatloser gerade - Gustav Meyrink - hat an ihren tiefsten Nerv gerührt, ihr zweites Gesicht, den verworrenen Traum ihres uralten Wesens gebildet. Mühlberger vergleicht Werfel mit Kafka •Werfel schreckt vor großen Worten und Entblößungen nicht zurück, die bei dem schamhaften und verschämten Franz Kafka unmöglich sind /.../ Werfel teilt Schriftzug und Farbigkeit mit Oskar Kokoschka, Franz Kafka steht dem Graphiker Kubin nahe. Franz Kafka ist der homo clausus, der mönchische Mensch, der betet, Franz Werfel der Prediger, der wirken und bewegen will. • Ich habe eine gute Tat getan •Herz frohlocke! Eine gute Tat habe ich getan. Nun bin ich nicht mehr einsam. Ein Mensch lebt, Es lebt ein Mensch, Dem die Augen sich feuchten, Denkt er an mich. Herz, frohlocke: Es lebt ein Mensch! Nicht mehr, nein, nicht mehr bin ich einsam, Denn ich habe eine gute Tat getan, Frohlocke, Herz! Nun haben die seufzenden Tage ein Ende. Fortsetzung •Mein Schreibtisch knarrt, Ich weiß, er will mich umarmen. Das Klavier versucht mein Lieblingsstück zu tönen, Geheimnisvoll und ungeschickt Klingen alle Saiten zusammen. Das Buch, das ich lese, Blättert von selbst sich auf.