4 Wahlordnung für die erweiterte Vertretung des Bürger- und Bauernstandes zu beschließen, beschloß die Bürgerkurie alle Städte in Mähren aufzufordern, ihre Wünsche schriftlich an die Kurie zu richten und an mich zu übergeben. Ich wurde nun durch Deputationen dieser SUidfe zur Übernahme und Prüfung ihrer Wünsche in Anspruch genommen..... Das Geschäft als Agent blieb wohl mir auf wenige Eingaben in politischen und Gewerbssachen beschränkt, dá meine politische Thätigkeit meine Zeit fast ausschließlich in Anspruch nahm. Ich wurde nämlich im Landtage auch in jene Commission gewählt,; welche die neue Wahlordnung auszuarbeiten hatte. Ich bethciligte mich zunächst bei der Debatte über die Beschickung des Frankfurter Parlaments und habe für diese Beschickung gesprochen, jedoch mit dem Beisatze, dass unsere Deputierten dort jene Haltung einnehmen müssen, dass Österreich unter keinen Umständen in ein Abhängigkeitsverhältnis von Deutschland, treten und keine Gesetze von einer Versammlung außerhalb des Reiches; annehmen könne.*) :: : Mein.Wichtigstes Referat, in diesem stand!-scheu Landtage war wohl, über die Petition der Bewohner Prags w e g e n V e r e i 11 i g u n g . d e r Lände r d e r b ö h m i s c h e u Krone zu eine m La nd tage, i Ich wurde später vielfach wegen dieses Referaies genannt, . und wenn ich. damals mich noch immer nicht als Slavc fühlte,, so.zeugt dieses.'Referat doch von keinem den Böhmen feind-' liehen Geiste, vielmehr von einem mährischen Patriotismus, der auch im Jahre 1871 bei dem Gutachten des Landtages über ■'. die; Fundamentalartikel in der Adresse des Landtages sich kund gab. Ich gebe aber zu, dass ich damals noch den Bestand der Krone Böhmens zuwenig betontěrděnu wenn meine politische Stellung, die ich später im Reichsralbe einnahm, schon damals . manifestiert worden wihe, würde ich von der damaligen Landtagsmajorität desavouiert worden sein.. in der Commission für die neue Wahlordnung wurde eine' sehr erweiterte Vertretung des städtischen und bäuerlichen Elementsbeschlossen und den Städten auf 3000 Einwohner und den Landgemeinden auf 15.000 Einwohner ein Abgeordneter zuerkannt. Das Aller dieser. Abgeordneten wurde mit 30 Jahren bestimmt. *) AHiiSni Pražákovo bylo jak známo snSmern zamítnuto. Abgeordneten zusammen, so dass sich die verschiedensten Gruppierungen je nach dem Gegenstände der Verhandlung ergaben. Während die Strömung in Wien eine sehr radikale war und in allen Ländern noch die Mehrzahl der Bevölkerung von den freiheitlichen Errungenschaften der Märztage begeistert war, machte sich nun allnulüg ein konservativerer Geist im Reichstage gebend. In Wien und den deutschen Ländern, sowie den deutschen Landestheilen von Böhmen und Mahren, begann auch noch vor dem Zusammentritte des Reichstages die Rückwirkung der deutschen Strömung aus dem gleichzeitig neben dem Reichstage in Frankfurt tagenden deutschen Parlamente sich geltend zu machen, und diese deutsche Strömimg wuchs immer mehr an, so dass siel) im Reichstage bald die Vertreter der österreichischen Staatsidee einander mehr näherten. Unter den mährischen Abgeordneten war die österreichische Gesinnung auch bei jenen Abgeordneten überwiegend, welche nicht als Cechoslaveu sich fühlten. Es waren in der Thal mit Einschluß der Bauern nur etwa 8 Abgeordnete,, welche sich nicht |i als Deutsche ansahen. Auch ich gehörte dazu, obwohl ich ersf \j allmälig mich als Slave fühlte, während ich in der Thai.'früher \j eine Art Neutrum war. Denn wenn ich auch schon seit meiner Kindheit sah, dass die große Masse der Bevölkerung des Landes nicht deutsch war, habe ich doch noch immer das Deutsche als den Träger und Vermittler der Intelligenz angesehen. War doch in den Mittelschulen und Universitäten aller Unterricht deutsch. Erst das ruhige und konsequente Vorgehen der böhmischen Abgeordneten ließ mich immer mehr zum BewufJtscin kommen, dass ich derselben Nation angehöre, und als der Reichstag nach der Oktoberrevolution nach Kremsier verlegt wurde, schloß ich mich ganz den Böhmen an und wurde vollkommen dessen inne, dass es meine Pflicht sei, als Angehöriger des böhmischen Volkes für die geistigen und materiellen Interressen desselben tluitig zu sein. Die Wiener Atmosphäre wurde immer unheimlicher und die Verbindungen der Wiener-Radikalen mit den extremen ungarischen Parteien traten immer mehr hervor. Die meisten begüterten Familien verließen Wien und die Theater, namentlich die Hoftheater, fanden immer weniger Publikum.....