Seine Majestät haben solche mit Interesse entgegengenommen und lassen Euer Hochwürden und dem Vereine für die Allerhöchst Ihnen durch die werthvolle Einsendung bethätigte Aufmerksamkeit Allerhöchst Ihren verbindlichsten Dank aussprechen. Indem ich Euer Hochwürden ersuchen darf, Vorstehendes auch zur Kenntnis der übrigen Betheiligten zu bringen, ergreife ich diesen Anlass zur erneuten Versicherung meiner hochachtungsvollen Gesinnungen. Stuttgart, den 17. März 1894. Der CabinetsChef: Freiherr v. Griesinger. Diese beiden Auszeichnungen erfreuen uns um so mehr, als wir darin nicht blos eine Anerkennung für unsere bisherigen Leistungen erblicken, sondern vielmehr eine Aufforderung, im gleichen Geiste weiter zu wirken und Grösseres zu vollbringen. Zugleich hoffen wir, dass sie dazu beitragen werden, die Treue der alten Freunde und Mitarbeiter zu befestigen und die Theilnahme der noch Fernerstehenden zu wecken. Dr. C. A. Witz Präsident. II. Die evangelischen Kirchenordnungen Oesterreichs. Die Kirchenordnung von Joachimsthal in Bähinen, 1551. Mitgeťheilt von Prof. Dr. LOESCHE in Wien. Vorbemerkung. Die im ,Jahrbuch* 1891 (S.54) gestellte Aufgabe, die evangelischen Kirchenordnungen in österreichischen Landen zu sammeln, um unsere Kenntniss und Auffassung vom Evangelium in Oesterreich, seinen individuellen kirchlichen Organismen zu verlebendigen, soll jetzt weiter verfolgt werden. Zu den schon im Jahrbuche bekanntgemachten Kirchen- und Schulordnungenr) tritt zunächst die von Joachimsthal; diese habe ich bereits im Jahrbuche 1891 (S. 1—54) in ausführlicher Bearbeitung geboten, aber der Wortlaut ist noch nicht vorgelegt. Die Kirchenordnung von Joachimsthal, von Mathesius aufgesetzt, ist niemals für sich erschienen, sondern als Anhang zu seiner grossen „PostiUa* in den Ausgaben seit 1567 Nürnberg (Bibliothek: Nürnberg, German. Museum); Nürnberg 1568, 1570 (Wien, Hofbibliothek), 1571, 1572, 1574, 1584, 1588, 1600, 1614. Der nachfolgende Abdruck stammt aus der Ausgabe 1570. Ein kurtzer bericht | von der Lehr vnd Ceremonien | der Christlichen Kirchen in S. Joachimsthal | Gestelt durch M. Johann Mathesium Pfarrner daselbst. Ein Sendbrieff an einen guten Freund | von der Lehr vnd Ceremonien in S. Joachimsthal. GUnstiger lieber Herr unnd freund | auff ewer emsigs begeren vnnd anhalten j hab ich euch in eyl willfaren wollen | vnnd mit *)• 1881, S. 61 f., 143 f.; 1882, S. 153 f.; 1884, S. 163 f.; 1885, S. 14 f.; 1886, S. 132 f. (1886, S. 157 f.); 1887, S. 129 f., 175 f. Jahrbuch des Protestantismus 1894, H, I. t. \ 2 3 warheit berichten | wie es diese zeyt bey vns in der Kirch | Schul ] vnd Spital gehalten wird | wie es sich denn (Gott lob) im werck vnnd teglichem wesen sehen | vnd erfinden lesset. Bit jr wollet mit dieser kurtzen schrifft auff dißmal für gut nemen | vnnd Gottes wort | als vi! an euch ist | wie ein trewer vnnd warer Joseph | fördern belffen | so wird Gott ewere Ephraim vnd Manasse wider segnen J vnd sie auch zu Ecksteinen in Israel machen. Gott vnd seiner gnad trewlich befollen. Datum in S. Joachimsthal j am tag Purificationis Marie 1551. Mathesius. Von der Lehr. MAn prediget in dieser Kirchen das Gesetz Gottes vnd Euan-gelion I nach Prophetischen vnd Apostolischen schrifften | vnd man bekennet | der Apostel | das Nicenische | vnd S. Athanasia | vnd S. Ambrosij Symbolen | Wie diese Lehr in der Augspurgischen Confession kurtz verfasset | darzu wir vns allezeyt bekennen. Denn man lehret eintrechtig mit der gemeinen vnd Apostolischen Kirchen | das ein einiger Gott ist ] vnd drey Personen der heyligen Dreyfaltigkeit. Vnd das der Son Gottes von ewigkeyt auß des Vattern wesen geboren | Menschlich natur an sich genommen hat | auß dem reinen vnnd Jungfrewlichen geblüte | der heiligen Jungfrawen Marie. Vnd weyl. alle Menschenkinder | vmb Adams schuld vnd vngehorsam | im zorn vnnd vngnade Gottes | zum ewigen tod geborn werden | lehret man | das der einige Son Gottes | solchen zorn allein durch sich selber gestillet vnd der gantzen Welt Erbschuld j vnd wirkliche stinde | durch seine fürbit | vnd mit einem einigen vnd vollkommenem opffer gebüsset vnd bezalet hat | vnd das er uns auß lauter lieb vnd trevv | eine Vergebung aller Sünden vn eine ewige gerechtigkeit | sampt dem heyligen Geyst | vnd ewigem Leben ] auß gnaden erarnet') vnd erworben habe. Solch sein verdienst vnd Schatze | lest der Sone Gottes auff Erden durch den heyligen Geyst im Predigampt vnd Sacrament der gantzen Welt fürtragen vnnd zukommen. Wer nun glaubet an den Son Gottes | vnd nimmet sein Wort an | mit rechter Zuuersicht | vnnd rüffet an den Namen des HERrn | der machet sich durch den glauben theilhafftig der fürbit I blutes [ vnd todtes Jesu Christi [ vnnd wird ein kind vnd erbe *) = ererntet, erworben. Gottes I vnd bekommet auß lauter gnaden das ewige leben. Denn es ist in keinem andern heil [ vnd ist kein ander Name den Menschen geben | darinnen wir sollen selig werden | denn der Name vnd Euangelion Jesu Christi | Actor 4. Hieneben leret man | wenn man Vergebung aller Sünden [ allein auß Gnaden | vnnd der hertzlichen Barmhertzigkeit Gottes | durch den waren glauben an Jesum Christum bekommet | das solcher glaube | durch krafft des heiligen Geistes | das hertz reinige | vnd newe Creaturen mache | welche durch antreiben des Geistes Gottes | newen finn vnd mut bekommen | vnnd fahen an in warer büß vnd gehorsam ] nach dem willen vnd gebotten Gottes | in heiligkeit vnd guten Werken j zu leben | vnnd die hinderstellige lust im fleisch j teglich zu dempffen vnd außzufegen. Denn warer vnd lebendiger glaube | könne nicht sein bey bösen gewissen vnd argem fürsatz. Darumb wer nicht liebet 1. Johan. 3. vnd widerstrebet der anreitzung vnd lust des alten Adams | der bleibe im tode vnd betrübe vnd verliere den heiligen Geist I vnd die empfangene gnaden. Ob man aber zu guten vnd Christlichen werken trewlich ver-manet I vnnd für sünde vnnd schände ernstlich warnet | mit trowen vnd schrecken | Dennoch leret man vnterschiedlich | das der Christen, angefangener gehorsam j vnd gute werk | vmb der bösen lust willen | die in den glaubigen bleibet | nicht volkommen ist. Darumb können die guten werck nicht das precium, werck | verdienst | vnnd gnugthuung sein I dadurch wir einen gnedigen Gott [ Vergebung der Sünden | vnnd das ewige leben bekommen. Derhalben leret man | da auch die Christen reich sein an guten wercken | thun vnd leiden vil vmb Gottes willen I das sie dennoch sich jr lebenlang | für Gottes angesicht | für arme Sünder vn vnnütze knecht bekennen sollen | wie S. Paulus | vnnd König Dauid thun [ die bitten | das Gott nicht wolte mit jnen in's gerichte gehen | dieweil kein lebendiger mensch für jrn gerecht sey I wenn er auff vnser sünde vnd feil') mercken und vns vnser schuld vnd missethat zurechnen wil | Ps. 32. Damit nun die leut nicht auff den sand bawen | vnd auff einen vngewissen grund geweiset werden | vnd Christo nicht seine ehre geraubet werde [ vnd ein gewissen recht beten könne | vnd vnter-schied zwischen Gesetz vnd Euangelio gehalten | vermanet man sie wol trewlich zu allerley Christlichen guten wercken | nach Gottes i) = Fehl, Gebot I Aber vertrawen vnnd hoffen heisset man sie alleine aüff das einige | vnd vnschuldige opffer vnd leiden des Herrn Jesu Christi j welchen vns Gott zur gerechtigkeit | versünung | gnadenstul | opffer | lösegelt vnd bezalung gemacht hat | damit sie einen festen vnnd gewissen grund haben jres glaubens vnd hoffnung | in todtes nöten | vnnd dörffen nicht zweiffein | oder au ff vns vnnd vnser vnuolkommene gerechtigkeit vertrawen | wie der Phariseer Luc. am 18. oder auff andere lebendiges vnnd todtes menschenwerk oder verdienst vnsern trost setzen. Denn der gerechte lebe seines eigen glaubens | Acto. 2. Wenn er durch das wort der Apostel vertrawet auff Jesum Christum | Johan. 17. Wenn also die hertzen recht berichtet | vnd zu dem einigen Heiland | versüner | gerechtmacher | mitler | vorbitter vnd fürsprecher | dem Sone Gottes j geweiset vnd in der erkenntnuß Christi zufrieden sein J vnd das ewige leben haben in der hoffnung ] alsderin vermanet man sie zu guten wercken vnd rechtschaffnen fruchten der Düsse | zum rechten Christlichen gebete | zur danck-sagung I vnd das sie Gottes wort mit fleiß anhören | vnd im glauben vnd liebe wachsen vnd zunemen | vn das sie die heiligen Sacrament hehr vnd werd halten | vnd derselbigen selber in warer büß vnd bekerung wirdigklich gebrauchen Vn das sie jr kind vnd gesind zu Gottes ehr gewehnen vn auffziehen | für jre Obrigkeit vnd Herrn j in Christlichen gehorsam vnnd vnterthenigkeit beten j sie ehren vnd fürchten | nicht allein vmb der straffe willen | sondern auch vmb Gottes Ordnung | gebot | vn vmb des gewissem willen | wie S. Paulus leret | Rom. 13 Vnd das jedermann in Christlicher lieb | einigkeit j freundlichkeit | Zucht | keuschheit | messigkeit j redligkeit | vnd war-heit leben | vnnd seines amptes vnd beruffs trewlich außwarten solle. Vnnd cliß alles dem Herrn Christo vnd seinem Euangelio zu ehren | vnd damit sie mit der that beweisen | das der glaube vnd gnade gottes | in jnen nicht tod vnd vergeblich ist [ vnd damit sie durch solchen Christlichen wandel [ vil zeitliche vnd ewige gaben bekommen [ vnd viel grosser straffen vnd plagen | durch ein recht bußfertig leben lindern vnnd auffheben | wie zu Niniue geschah. Denn der Christen gute werck | die auß dem glauben herfliessen | die gefallen vnserm Gott | darumb das sie in Gott vnd der erkentnuß Christi gethan werden j Hebre. 11 vnd haben die verheissung dises vnd des künfftigen lebens | 1 Timoth 4. Man strafft auch allerley Abgötterei vnd falsche Gottesdienst I die auß menschlichen rath vnd willen | 1 zu abbruch des HErrn Jesu Christi | Priesterlicher ehr vnd amptes gestifftet vnd geboten werden | vnnd man warnet für falscher Lere j vnd Ketzerischen Büchern | vnd was sonst schmehschrifften vnd schand-gemehle l) sein | dadurch die gewissen verwirret | vnnd sched-liche zurüttung2) angerichtet | vnd Gott ] sein wort | vnnd vnschuldige leut angetastet werden. Man verdammet auch den aber-glauben | meineid | Gotteslesterung | Verachtung des heiligen Euan-gelii I vnd schendung vnd mißbrauch der heiligen Sacramente Gottes. Man warnet auch trewlich vor auffrhur vnd vngehorsam | und für Zerrüttung in Regimenten | vnd gemeinen frieden. Neid | haß | sehenden | morden j vnzucht | füllerey j vntrew j dieberey j wuchern | müssiggang | liegen | triegen vnd mit fortheil die leut vbersetzen vnd aussaugen | vnd alles was mit gedanken | worten vnd wercken gehandelt wird I wider Gott vnd sein wort [ alle erbarkeyt | gute Ordnung vnd sitten | das strafft man ernstlich zu guter bequemigkeyt | als offt es der Text mitbringt | vnd die notturfft dieser Kirchen erfordert. Frembde Sachen aber | so ausser disem Kirchenspiel sich zutragen | vnd gegenwertigen vnsern Pfarrkindern nicht dienstlich | pfleget man nicht zu rügen I regen oder zu straffen. Von der heiligen Taufi. Hie Taüffet man die jungen Kindlein | nach dem befelch3) vnnd einsetzung des HERRN Christi [ vnnd man thut solches mit grosser reuerentz | öffentlich in der Kirchen | so die Kinder frisch vnd gesund sein I vnd man erinnert die leut bey der Tauffe | das Gott alda gegenwertig ist | wie am Jordan bey d. Tauffe des Herrn Christi | vnd mache einen bund des guten, gewissens | mit allen | die jm vnd seinem Son zugebracht werden | vnd versiegelt sie mit dem pfahd des heyligen Geistes | zum ewigen leben. Man behelt auch die Christlichen Gebete J vnnd vermanet die Leut | das sie ernstlich für den Teufling I bey der Tauffe j vnd jr lebenlang | beten wollen. Man bittet auch für alle schwangere | vnd Kinderlein in Mutter leib j das sie Gott erhalten [ vnd zur heiligen Tauff wolle komen ') = Gemälde. 3) = Zerrüttung. 3) = Befehl. lassen | auch alle getaufften bey dem bund des guten gewissens | biss anjr ende erhalten. Was schwach vnd kranck | vnd doch das gantz auff die Welt geboren sey | tauffet man in den heusern | mit warmem oder kaltem wasser | nach rath Erbarer Matronen | auff welcher zeugnuss man auch die Kindlein tauffet | da der Kirchendiener des lebens halber für sein Person vngewiss ist. Da ein Kindlein inn eyl nach dem befelch Christi im Wasser | vund auff den Namen der heyligen Dreyfeltigkeit mit vorgehendem Gebete | von einem Weibsbilde getaufft würde | das lesset man eine rechte vnnd krefftige Tauffe sein | Und so die Eltern das Kindlein zu Kirchen schicken | betet man vber es vnd befilcht es dem Herrn Christo. Man predigt auch offtmals von der heyligen Tauffe | vnnd erinnert die leut jres Tauffgelübdnuss | v5 das sie in jrer vnschuld biss an das ende verharren wollen. Man vermanet auch die leut | das sie nach Christlichen Gefattern sich umbsehen | vnd vber drey Paten zu einem Kind nicht bitten | vnd mit der heyligen Tauff wegen das geprengs | nicht auffziehn | damit das Kindlein nicht verseurnet. Man leret auch | ob wol Moses Ceremonisch Gesetze | die Christen nit binde | das es dennoch dem natürlichen rechten gemess | auch billich vnnd recht ist | das die Sechswöchnerin jrer gebürlichen zeit mit bescheidenheit ausswarten | vnd Gott für jre leibsfrucht j vnnd der heyligen Tauffe | von hertzen dancken sollen. Drumb gehen auch die Sechswöchnerin | wenn sie starck werden | mit jren Nachparin zu Kirchen | vnnd tragen jre Kindlein mit sich | dafür man hertzlich beten lesset. Man schreibet auch alle getauffte Kindlein auff I in ein eigen Buch | damit man zu jeder Zeit | wer es begeret | bericht oder zeugnuss von seiner Tauffe geben könne. Vnehlichen Kindern wegert: *) man zwar die Tauffe nicht | doch schreibet man sie alleine | andern zur abschew | vnnd das sich meniglich für schände dester2) fleissiper hüte. Von der Absolution. Man lesset niemand zu Gottes Tisch gehn | er habe sich denn zuuor in Sonderheit für ein sünder bekennet | vnd rechenschaft seines glaubens geben | vnd die heylige Absolution mit bussfertigem 1) = weigert, verweigert. 2) = desto. hertzen | vnd warer rew vnd leid [ glauben I vnd gutem fürsatz begeret. Denn man vermanet die leut mit allem fleiss zur Christlichen busse I beide auff | der Cantzel vnnd in der Beicht j vnd man leret was rechte busse vnnd bekerung- ist | wenn ein mensch urab seiner Sünden willen für Gottes zorn erschrickt vnnd erzittert vor seinem worte I vnd hat hertzlich vnd schmertzlich rew vnnd leid vber seine sünde I vnd ergreifft | doch gleich wol in solchem zittern, vnnd zagen | das tröstliche Euangelion | vnnd glaubet ] das jm alle sünde im biut vnnd todt Jesu Christi verschlungen sein | vnd fehet darneben an in einem guten gewissen | vnnd ernstlichem fürsatz | in ein nevv vnd heiligs leben zutretten | vnnd von Sünden auffzuhören I als vil jm menschlich vnnd müglich ist. In solcher Christlichen Beicht aber | nötiget man zwar niemand zur erzelung aller Sünden | mit jren umbstenden | welches auch vnmüglich ist | vnnd nicht gebotten noch verdienstlich | Sondern da jemand sich für ein sünder bekennet | oder sein heimlichs anligen freiwillig vermeldet | vnd berufft sich auff das blut vnd todt Jesu Christi | vnd begeret rath vnd trost j dem theilet man bericht | vnnd die Absolution mitte | vnd verkündiget jm ablass | vnnd Vergebung der Sünden | im Namen vnd verdienst des Sones Gottes. Das junge vnd albere *) Volck befraget man mit allem fleiss | ob sie die zehen Gebot | Glauben | Vatter vnser | die wort von der heiligen Tauff | vnd Sacrament können j vnnd was sie auss den nechsten predigten behalten | vnd ob sie auch wissen | was das heilige Sacrament ist | vnd warumb es der Herr eingesetzet j vnnd wie man es wirdig empfahen soll. Vnd da hierinnen jemand vnberichtet ist | vnnd kan sein gebet nicht | den heisset man. vber etliche zeit wieder kommen | vnd mitlerzeit lernen | was eim 2) Christenmenschen zu wissen von nöten ist. So aber das Beichtkind richtige antwort j vnnd gute rechenschafft seines glaubens | hoffnung vnnd fürhabens geben kan j vnd saget zu j es wolle in der forcht Gottes | vnd warer Christlicher busse I mit gutem gewissen vnd fürsatz leben | vnd bezeuget j das es in seinem hertzen allen menschen vergeben [ vnd so es jemand beleidiget | abgebeten habe j vnnd mit jederman vertragen ist | So erinnert der Beichtuatter das Beichtkind des leidens Christi | tröstet vnd vermanet es mit guten Sprüchen ] vnd bindet jm ein | das es i) ä= albern, einfältig. L>) ss einem. s 9 wider die sünde | vnd alles Gottloss wesen [ sein lebenlang beten vnd streben wolle | wie es in der heiligen Tauff versprochen vnnd gelobet hatte. Darauff beten sie beide mit einander | im namen Jesu Christi I vmb den heiligen Geist | vnnd das Beichtkind kniet nider | vnnd empfehet die heilige Absolution | darfür es Gott hertzlich dancket vnd lobet. Da aber öffentliche Sünder in Casibus notorijs fürkommen | solche Absoluieren die Kirchendiener samptlich j mit dem bedingen | das sie sich öffentlich auff der Cantzel nennen | vnd für sich bitten | vnd menniglich | die sie geergert | umb Verzeihung ansprechen lassen | darauff reichet man jnen das heilige Sacrament. Vom Abendmal des Herrn. DEn waren Leib vnnd blut vnsers Herren JESV Christi | theilet man auß öffentlich in der Kirchen j nach dem klaren befelch JESV Christi I vnd dem Exempel der ersten vnd Apostolischen Kirchen. Von diesem Artickel berichtet man die leut fleissig j vnd leret sie | das Christus diß Sacrament seines leibes vnnd blutes eingesetzet habe | damit er vns sein schätz vnd verdienst am heiligen Creutz einmal erworben | in disem Sacrament fürstelle | vn seines Namens gedechtnuß in solcher versamlung erhalten vnd fortgebracht werde j Vnd das diß Sacrament den leuten nicht diene ex opere operato | sondern wer da glaubet von hertzen | vnd jsset von diesem Brot | vnd trincket von diesem Kelch des Herren | der applicirt vnnd eigent jm zu das verdienst JESV Christi. Solche anßtheilung oder Communion | geschult mit grosser reuerentz an Sontagen | Festen | Mitwochen j vnd Freytagen | wenn man pfleget zu predigen j dieweyl hie ein grosse Gemeine ist. Man hat auch in diser Kirchen je vn je behalten Altar | Leuchter | Kelch | vnnd gewönliche vnnd ehrliche Kirchenkleydung | neben der Eleuation vnnd Christlichen Gesengen | dauon ferner meidung geschehen wirdt | wenn man von Ceremonien redet. Der Burgermeyster vnd Richter | oder zwo Rathspersonen | stehen neben dem Altar [ vnd halten Seydene tüchlein | damit sich kein vnrath zutrage. Die Mannes personen gehen voran mit blossen heubtern | in ehrlicher Kleidung | vnd die Väter haben jre Söne bey sich. Weiber vnnd Jungfrawen bedecken jhre Heubter j nach der lehr S. Pauli | vnnd enthalten sich der krentze | schmuck vnd leichtfertiger kleydung | damit sie in solchem ehrlichem und züchtigem wandel | vnd mit jrem niderknien | ander leuten gut exempel geben j Man vermanet auch fleissig zu christlicher Büß vnd rechtem glauben | vnd das sich ein jedes selber prüfe | vnd erforsche | damit es nicht in todsiinden j vnd bösem gewissen | jm selbst das gericht vnd verdamnuß esse vnd trincke. Man verkündiget auch allezeit | wenn man das Sacrament auß-theilet I den todt des Herrn | wie S. Paulus befolhen | vnd man erinnert die leut | das sie bey der bekentnuß Jesu Christi | vnd seines Euangelij | in Christlicher lieb | in fried | demut vnnd gedult | biß an das ende bestendig beharren ] vn jren Christlichen mitgliedern wiederumb dienen | rathen | helffen | vnnd den armen jre Almosen vnd milde hand mittheylen wollen. Den krancken vnd betriesen.1) | reichet man das heilige Sacrament in jren heusern | da sie es selber begeren J vnnd jren glauben bekennen I vnnd desselben Schwachheit halber gemessen können | vnd das thut man mit gebürlicher reuerentz vnd ehrerbietung | vnd man fodert die Nachbarn zusammen | vnd helt das gedechtnuß Jesu Christi, Vnd wenn der kranck Absoluirt | getröstet | vnd zu brüderlicher versünung vnd gedult vermanet j vnd das er armer leut vnd Schuler in seinem Testament nicht vergessen wolle | so betet man für jn vnnd für die ganze Christenheit [ vnd reichet jm das Sacrament mit dancksagung zu Gott | für seinen Son vnd aller!ey wolthat. Man vermanet auch die leute j das sie bey gesundem leibe zum Sacrament gehen [ vnd sich nicht selber verseumen oder ver-warlosen | vnd in Sterbens leufften | bey guter vernunfft das Nachtmal in der Kirchen empfahen. Vom Catechismo. Die Kinderlehr | darinn die summa vnd Hauptartickel des Christlichen glaubens zusammen gefasset ist | treibet man sehr fleissig | vmb der jugent vnd gemeinen Leiens willen [ vnd gehet nicht one frucht abe. Denn man prediget alle Sontag den Catechismum | darzu die haußuätter jr Kind vnd Gesind fleissig gehalten. Man vermanet auch die Eltern vnnd was Schul helt | das sie in jren Heusern vnnd Schulen | die Predigten mit jren hindern J) — bettlägerig. 10 vnnd Schulern repetiren | singen | beten [ vnd lesen | vnnd sie zur zucht vnd gehorsam gewenen | welches bey vilen fleissig gehalten wird. Im Sommer federt man die jugent zusammen am Mitwoch da der Pfarrner mit seinen Collegen ein jedes in Sonderheit verhöret I ob es sein Gebet könne | vnnd was es auß den Predigten behalten habe j Als denn erklert man jnen fein kindisch | schlecht vnnd einfältig die zehen Gebot | Artickel des Glaubens | das Vater vnser | vnd man erinnert sie jrer heiligen Tauff | vnd des seligen bundes ] welchen Gott mit jnen gemacht hat | in demut j vnd jrer zusage I vnnd ersten gelübdnuß j das sie durch jre Paten der heiligen Dreyfeltigkeit in der Tauff gelobet vnd versprochen haben. Vnd wenn man sie zur zucht j trewe vnd warheit j durch gute Exempel auß der Schrifft vermanet ] und mit jnen hertzlich gebetet hat j für allerley not vnd anligen der Christenheit | vnd vmb zunemen | vnd gedeyen des Bergkwercks ] dancket man Gott mit Christlichen Liedern. Man visitirt auch jerlich die vrnbligenden Gebirge | so in diese Kirchen gepfarret sein [ vnd behöret die Kinderlein j damit Gottseligkeit vnd zucht in die jugent gepflantzt werde. Von den Litanien. MAn singet auch die Litaney | vnd helt gemeine Gebete am Mitwoch vnd Freytag | auch am Sontag vor der predigt | wen sonderlich not verbanden j Darin man trewlich betet für alle an-ligende not ] vnd vmb förderung Gottes worts | vnd gemeinen frieden. Man bittet auch für vnsere Gnedigste vnnd Gnedige Ober-keyt ] damit wir vnter jrem schütz ein gerühlichs vnnd stilles leben füren mögen | in aller Gottseligkeit | erbarkeit | vnnd vnterthenig-keit j wie es S. Paulus befolhen hat | 1. Timoth. 2. Vnnd das wir vns redlich vnd ehrlich nehren | vnser Weib | Kind | vnd Gesind j zu Gottes ehren erziehen mögen. Dergleichen thut man in allen predigten j da man auch für die krancken | betrübten | angefochtenen I schwangere | kreisten de ] seugerin | vnd kinderlein in Mutter leibe betet | vnnd für alle trewe arbeyter J gesinde | Widwen vnd Waisen | vnd für vnser kinder so in der frembde sein | vnnd das 11 Gott sein Kirch selber regieren vnd schützen wolle. Man dancket auch Gott für alle Geistliche vnd Zeitliche wolthät | für das heilige Euangelion | vnd den gnedigen schütz | schirm [ vnd guten frieden | damit vns Gott in diesem Gebirge | vnter vnser Oberkeit reichlich begnadet hat. Vom Ehestande. DEn Ehestand vnd Hochzeit helt man ehrlich vnd löblich [ als eine selige Ordnung Gottes [ vnd heyliges geheimnuß Christi j vnd seiner Christenheit. Vnd man lehret vnd vermanet die leut | das sie sich mit Gott j gutem gewissen vnd ehren | in diesen Göttlichen stand begeben | vnd Christlich vnd züchtig drinnen leben j vnd jre kinder | Gott | seiner Kirchen j vnd gemeinem frieden zum besten aufferziehen. Man straffet auch mit Gottes wort alle vraucht | vnnd vn-ordentliche brunst | vnnd man warnet jedermann für dem zorn Gottes j welcher offt Land vnd Leut verschlungen hat | wenn die Leut in ein wüst [ wilde vnd vnzüchtig wesen gerathen | vnd die Oberkeit solche grewliche sünde ungestraffet lesset. Man vermanet auch die kinder mit allem fleiß | das sie wider wissen vnd willen jrer Eltern vnd freunde sich nicht selber ver-heyraten ] oder das sich jemand mit falschen eyden loß schweren wolle I denn Gott straffe solches alles sichtiglich | wie die erfarung neben Gottes wort bezeuget. Reuerentiam sanguinis preyset vnd lobet man | vnnd man lesset niemand in verbotenen graden freyen | wie solches nach gemeinem rechten vnnd Landes sitten versehen ist. Widwer vnd Widwen werden auch trewlich vermanet [ das sie Christliche zucht vnd gebürliche trawerzeit außhalten [ vnd wider die publicam honestatem vnd bonos mores, sich nicht so balde wider verehlichen. Wenn man jr zwey außbieten solle | so müssen von beyden seyten die nechsten freunde | oder die Freyer oder vnterhandler [ für dem Kirchendiener bezeugen [ auff jr gewissen vnd Christen-thumb j das solche Ehe recht vnd redlich | mit wissen vnd bewilligung der Eltern beschlossen [ vnnd das beyde Personen zuuor ledig vnd frey sein | vnd keine hinderung da sey | Solch zeugnuß sampt den Personen j wird ordentlich in ein sonder Ehebuch durch einen Diacon 12 verzeichnet | damit man zu jeder zeit vnser Oberkeyt | vnd wer bericht darff vnnd fordert | warhafftig kundschafft mittheylen könne [ vnd vil vnraths | vnfugs | vnd winckel gelübdnuß hiemit gesteuret werde | Vnd da jemand auff genügsame Versicherung einrede thete | vnnd einen theyl ansprechen wolte | so weiset man solche | vnd allerley andere zenckische feile in Ehesachen | für die ordenliche Oberkeit | welche | da es von nöten | neben den Kirchendienern solche sachen verhören [ entscheiden | vnd mutwillige vbertretter ernstlich straffen lassen. Da nun jemand auff drey Sontage öffentlich proclamirt vnd außgeruffen [ so copulirt vnd vertrawet man Braut vii Breutgam öffentlich in der kirchen | mit ehrlichen Ceremonien | nach landes sitten | Man proclamirt auch keine Witwin | sie bringe denn zuuor von der Oberkeit zeugnuß | das sie mit jren Kindern [ oder verstorbenen Mannes freunden | des Erbtheils halben verfachet sey'). Vnd da Hochzeiten auff werckeltage gelegt | prediget man vom heiligen Ehestande | vnd bittet für Braut vnd Breutgam | vnd aller Eheleut | Jungfrawen vnd Frawen zucht vnd ehre. Vnd man singet gute vnd Christliche gesenge vom heiligen Ehestande. Da aber Braut vnd Breutgam jrer ehren nicht erwarten | so lesset sie die Oberkeyt nicht ein ehrlichen vnnd öffentlichen Kirchgang halten | sondern sie müssen one Seytenspiel | vnd die Braut mit bedecktem haupte | zur Vesper sich trawen lassen. Da auch leute auß diesem Kirchspiel an frembden orten freyen | ruffet man hie niemand auß j er bringe denn schriftliche zeugnuß von dem ort I da die hingelübdnuß solle geschehen sein. Personen so nit hieher gepfarret sein | lesset man hie nit vei-trawen | oder Hochzeit halten | sie legen denn ein dimissorium auff von jrem Pfarrner. Da andere Pfarrner in subsidium iuris begeren Citation anzuschlagen [ oder öffentlich zuuerlesen ] vrnb verlauffner leute willen | das wegert man keinem | weyl es zu erhaltung zucht vnd des Ehestandes von nöten ist. Vom Begrebnuß. WAs in warer bekentnuß vnd anruffung vnsers einigen mitlers einschlefft j vnnd hat zuuor das heylige Sacrament des leibes vnnd blutes Christi empfangen | das treget oder füret man mit einer ehr- i) = sich vertragen habe. Vi liehen Procession auff den Gottsacker | vnd gehen entweder ein Diacon j Baccalaurius | vnnd etliche Schuler | mit zu grabe | oder da es jemand in Sonderheit begeret j alle Kirchendiener | vnd die gantze Schule. Es folgen auch vil Leute der Leichen | vnnd man singet Alte Lateinische ) vnnd Christliche Deutsche Lieder | auß dem Propheten Job I vnnd dem Psalter vnnd Prudentio. Man leutet auch zum grabe [ damit die lebendigen jres letzten stündleins erinnert werden. Vnnd man brauchet | wie vor alters | Grabtücher | Klagekleider | vnd man helt publicos luftus, vnnd leget alle freudenspiel | da jemand von der lieben Oberkeyt stirbet. Die es vermögen | theylen den Schulern pfenning auß | vnd geben armen leuten | vnd laden sie zu gaste [ vnd etliche lassen Grabstein legen | vnd den Gottesacker mit gemeiden schmücken. Das Begrebnuß helt man ehrlich | als ein Acker Gottes j darinn das rechte heylthumb Gottes | biß auff den Jüngsten tage zur frölichen aufferstehung verwaret wird. Von Kirchendienern. MAn nimmet hie keinen auff zum Kirchenampt | er habe denn zuuor fleissig studiret | vnnd sich in der Kinderlehr geübet [ vnd habe seines wesens vnd wandels ein gut zeugnuß | vnnd ist Christlich zu disem heiligen vnd geistlichen stände ordinirt | erwehlet | vnd beruffen | mit aufflegung der Hende | damit man solche leut habe [ die nicht allein Sacrament reichen | vnnd Beicht hören können j sondern die auch die leut berichten j vnd vnterweisen | vB die krancken visitiren | vermanen | vnd trösten | vnd darneben auß-wendig richtig vnd Christlich predigen können. Am Sontag erkleret man die Sontags Euangelien | Epistel | Jesum Syrach | vnnd Catechismum | neben den Historien von Festen. In der wochen [ am Mitwoch predigt man die Euangelisten | vnnd am Freytag die Psalmen | vnd die leichtesten Episteln S. Pauli vnd S. Petri I im Hospital vnnd man helt die leut mit der predigt nicht auff vber drey vierteil einer stunden. Man befleissiget sich auch j das die Text einfeltig erkleret [ vnnd die gegenwertigen zuhörer drauß berichtet | gestrafft | getrost | vnd vermanet werden. Die Kirchendiener vertragen sich freundlich mit einander | vnnd sind mit der Schul gut eins | vnd hp.lten sich zusammen (Gott er- 14 halte solche einigkeit ferner) vnnd berathschlagen sich eintrechtigk-lich I was man zu jeder zeit predigen solle | studiren vnd repetiren vnter einander | vnd einer kompt in des andern predigte j vnd conferiren daruon | wie die Hirten zu Bethlehem vber des Engels predigte | Luc. 2. Vnd enthalten sich öffentlicher tabernen j vnd aller leichtfertiger vnd vberflüssiger kleidung | sampt den jrigen | vnd sein zu tag vnd nacht willig vnd bereit | jren Beruff trewlich vnd fleissig außzurichten | da sie erfordert werden. Es lesset auch die Oberkeit wöchentlich den Kirchen vfi Schuldienern jre besoldung mit gutem willen reichen | vnnd versorget sie mit Holtz | vnnd was zu ihren Wohnungen | zu bessern vnd zu vnterhalten von nöten ist | welches alles zu guter einigkeit vnd wilfertigkeit gereichet. (Schluss folgt.) III. Die slovenlschen protestantischen Gebetbücher des XVI. Jahrhunderts. Von Dr. Th. ELZE in Venedig. Da die slovenische Literatur aus der kirchlichen Bewegung des XVI. Jahrhunderts entsprungen war, so war es natürlich, dass in jener Zeit die Schriftstellerei sich hauptsächlich mit kirchlichen und religiösen Stoffen beschäftigte! Daher erschienen zunächst Katechismen *) und Postillen'), dann Gesangbücher3), Gebetbücher und die Bibel. Eben so natürlich war es, dass diese Werke an die vorhandenen deutschen evangelischen Schriften sich anschlossen und als Uebersetzungen oder Bearbeitungen derselben erschienen. So war es mit den Katechismen von Brenz und Luther, so mit vielen Kirchenliedern, so mit den Postillen von Spangenberg, Brenz und Luther, so auch mit den Gebetbüchern von PI abermann und Musculus. Das Bedürfniss eigener Gebetbücher trat damals weniger stark hervor, zumal Trüber seinen Abecedarien, Katechismen und anderen Schriften schon einzelne Gebete beigefügt hatte. Um so eigenthümlicher erscheint 1555 der Druck eines Gebetes für ganz besondere Verhältnisse. 1. ENA MOLL I tov tih kers- | jhenikou, kir fo fa volo te praue j Vere Viefufa Chriftufa, | pregnani. jj ORATIONE DE PER- I feguitati, e forufciti per lo Euan- | gelio, e per Giefu | Crifto. jj| Ai Rom. 8. || Per tua cagione ogni di fiamo am= | maj-jati, e condotti come | pecore alla bec= | caria. I i) Siehe meinen Aufsatz: Die slovenlschen protestantischen Katechismen des XVI. Jahrhunderts (Jahrbuch 1893). ä) Siehe meinen Aufsatz: Die slovenlschen protestantischen Postillen des xvi. Jahrhunderts (Jahrbuch 1893). 3) Siehe meinen Aufsatz: Die slovenischen protestantischen Gesangbücher des xvi, Jahrhunderts (Jahrbuch 1884). 48 erfolgten Abzüge den Bauern 12 Eimer Wein zum Austrinken schenkte'). Besonders erheiternd und bezeichnend für die Gegenreformationszeit ist aber die Bekehrung, die Pater Reginbald Möhn er in Wien an einer Magd vollführte. Er war hier im Jahre 1635 beim ,Grünen Salzküfel* auf dem Salzgries eingekehrt, ,Daselbst war auch/ erzählt er in seinem Reisetagebuche2), »eine Magd aus Schwaniz-stadt (Schwanenstadt) aus Oberösterreich gebürtig, welcher ihre Mutter einen Brief zugeschrieben und darin ernstlich vermahnet, dass sie sich nicht solle zu dem katholischen Glauben verführen lassen, dessentwegen der Jesuit und Kapuziner müssig gehen. Sie müsste sich zwar katholisch gestellen, aber im Herzen bleibe sie beständig lutherisch. Die Magd konnte nicht lesen und gab mir den Brief ihr vorzulesen. Als ich den Inhalt vernommen, las ich ihr eben das Wider spiel daraus, dass nämlich ihre Mutter nunmehr erkennet, dass der katholische Glaube der rechte, der andere aber falsch sei, ermahne sie derentwegen, sich in dem katholischen Glauben bei einem Jesuiten oder Kapuziner unterweisen zu lassen, redete davon mit einem Kapuziner, welcher dieses Mensch also in dem katholischen Glauben unterrichtet hat/ Das ganze Tagebuch ist in einem solchen Tone schalkhafter Gemüthlichkeit und ungesuchter Offenherzigkeit gehalten, dass man dem Pater selbst bei diesem Geständniss frommen Betruges kaum gram sein kann. Er fasste das Ganze offenbar nur als einen harmlosen Scherz, als ein Gott wohlgefälliges Werk auf. Ein Beweis, wie das Gefühl für Recht und Unrecht selbst in so ernsten Dingen in jener Zeit fast völlig verschwunden war. ») Wiedemann, IV, 356. a) Czerny, Ein Tourist in Oesterreich während der Schwedenzeit. Aus den Papieren des Pater Reginbald Möhn er, Benedictiners von St. Ulrich in Augsburg. Linz 1874. VII. Die evangelischen Kirchenordnungen Oesterreichs. Die Kirchenordnung von Joachimsthal in Böhmen, ijji. Mitgetheilt von Prof. Dr. LOESCHE in Wien. (Schluss.) i) Von Ceremonien. WAs alte vnd löbliche Ceremonien sein | hat man anfengklich inn diser Kirchen behalten | Von etlichen hat man den mißbrauch abgeschelet | vü da etliche gefallen | die hat man auffbitt der Obrigkeit I vfi wissen vnd willen diser gemeine | auf guten vnd zeitigen rath grosser vnd gelerter leut [ vn nach dem exempel der wol-geordneten Kirchen | vor acht Jaren | das ist | im 1542. Jar | wider auffgerichtet | vmb glimpff vnd einigkeit willen [ vnd das die jugend | vnd gemeiner Man | durch solche paedagogiam in zucht erhalten | vnd der fürnembsten Artickel vnsers Glaubens | zu jeder zeit deste bequemer erinnert würden. Denn man hat zwo newe Kirchen auff-gebawet [ vnd schöne Tafeln von Christlichen gemeiden auß der Schrifft drein verordnet | vnd guthertzige leut haben köstliche Tapeten I mit Euangelischen Historien machen lassen j damit an grossen Festen Predigstul j Tauffstein | vnd Altar gezieret worden. So helt man Festa Christi, Annunciationis, vnd Purificationis Mariae. S. Johannis | vnd der Apostel | An solchen Feiertagen werden die schrencke zu morgens fürgeschlagen | vnd die leut enthalten sich jrer handarbeit | vfi kommen heuffig zu Kirchen | wie man denn alle Feiertage dreimal prediget | damit kind vnnd gesinde | zu In dem vorigen Hefte des „Jahrbuches" ist S. 1, Z. 11 von unten zu lesen: in den Folio-Ausgaben seit 1567 Nürnberg (Bibliothek: Nürnberg, German. Museum). Nürnberg 1568, 1570 (Wien, Hofbibliothek). 1588, 1600, Der nachfolgende etc. Jahrbuch des Protestantismus 1894, H. II. 4 50 mittag vnd abend | auch Gottes wort hören könne. Man predigt auch am Wahltag | den Montag nach Quasimodogeniti, da jerlich newe Stattregenten gewehlet | da man auß Gottes wort | die Ober-keit jres amptes erinnert | vnd betet | Gott wolle das Regiment segnen | vnnd selbst Oberkeit verordnen vnd erhalten. Es ist auch die Orgel | mit andern Instrumenten | in diser Kirchen blieben | vnd der Organist muß sich Bullieder | Gassen-hawer | vnd ' ander leichtfertigkeit enthalten | vnd gute Muteten j Psalmen | vnd Kirchenchoral mit fleiß schlahen | wie er sich denn deshalb zu jeder zeit mit dem Cantor in guter einigkeit vergleichet. So findet man offtmals Figural | vnnd solche Musiken heißen Rathspersonen ] ehrliche Burger | sampt dem Schulmeister vnnd seinen Magistris vnnd Baccalaurien | auch bißweilen die Kirchendiener | da sie müssig sein | mit jrer gegenwart zieren | vnd der Jugend commendiren. Man singet auch vil guten alten vnd Christlichen Choral | als sind Introiten, Kyrie,. & in terra, Gradual, Sequentz, das Patrem, Sanctus, vnd Agnus. Collecten | Episteln | Euangelien | prefation J singet man in Festen lateinisch cum solennitate. Zur Vesper singet man das Deus in adiutorium, Antiphen j Psalmos I Respons | Hyrnnos | de tempore, vnd ein knabe liset das Capitel oder Euängelion, Darnach singet man das Magnificat vnd Benedicamus, wie solche Vesper auch in Werckeltagen gesungen wird I vnd ein Diacon liset die Collecten. Zu Weinachten | Purificationis, Paimtag | Marterwochen | gutem Freitag | Ostern vnd Pfingsten | singet man die alten Historien vnd Choral | vnd in der metten liset man die Historien dem jungen volck I wie man die Fasten vber die ganze Passion liset | vnd prediget. Darneben singen die Leven jre Deutsche vnd Christliche ge-senge | vnnd kommen alle Feyertage | zumal im Sommer | wenn man zum ersten mal leutet | vil volcks in der Kirchen zusammen ! welches eine gantze stunde | schöne Deutsche Psalmen singet | biß man das ampt anfecht | vnd öffentliche Beicht spricht. Es widerfechten auch die Prediger nicht | das der Custor vnnd andere Kinder \ die Jesulein zu Weinachten auff den Altar stellen | vnnd das sie das Kindlein wiegen auff der Orgel | vnnd mit feinen 51 reinen liedlein | Oder das man gute bilder in die stüle machet | vnd beum auffstecket | vnnd graß strewet am Auffahrt tag | oder das die Schüler vmbs newe Jar | vnd die Kinder vmbs Johannis fewer singen. Denn was solche vngeferliche vnd vnschedliche Kinder-gebreuch sein | lesset man in jrem werd bleiben. An denen tagen | so man nicht prediget | vnd keine Communi-canten vorhanden sein | singet der Cantor seinen Choral de tempore, vnnd ein Kirchendiener singet die Collecten | vnd liset ein Capitel auß der Bibel nach der Ordnung | mit einer kurtzen summa | vnd thut gemeine Gebete für allerley anligen | vnd wider den Türcken vnd alle feind der Christenheit. Die Filial | so in dise Pfarr gehören | halten sich gleichförmig in lehr vii Ceremonien mit diser Kirchen | vn werden jerlich visitirt sampt jren Schulen. Die Verordnung der predigtstunden befilcht man der Obrigkeit I nach gelegenheit der zeit | gemeine | vnd der zuhörer. Vnnd man leret [ das man Politischen Ordnungen ) im fleisch essen | vnd wenn man verbeut Bier vnd Weingest zu grossen Festen zu setzen | vmb zucht willen solle gehorsam sein. Deßgleichen berichtet man die leut mit gutem glimpff vnd bescheidenheit auß der schrifft [ das man vmb solcher vngeferlicher | vnd eusserlichen Ceremonien ] Korrock | Meßgewand | vnd was sonst Kinderweisen sind j keinen zanck oder vnruhe anrichten solle. Darumb weil solche Ceremonien zum theil von anfang dises Thals im brauch gewesen | zum theil one ergernuß ] notzwang | beschwerung der gewissen | vorlangst mit zeitigem rath | vnd wissen vnd willen der Obrigkeit [ vnnd gemeine bewilligung sind angenommen J vnd nicht als nöthige Gottesdienst der Kirchen j von den Kirchen-dieneren eingedrungen | Sonderlich das es alles ordentlich | vnnd mit den benachbarten Kirchen gleichförmig gehalten würde | ist dise Kirch vnnd Gemeine zu ruhe vnd frieden | vber disem allem | vnd dancket der meiste theil dem lieben Gott | vnnd der G. Obrigkeit vnnd allen | die hierzu rathen vnnd helffen | das man die reine lehr von der Christlichen büß | glauben | lieb | guten wercken | heiligen Creutze j vnd den seligen brauch der Sacrament | vnd rechte vnd heilige Gottesdienst | on jemands hinderung vnd einrede | mit guten gewissen in fried vnnd einigkeit haben | vnd durch dise bescheidenheit von den gnaden Gottes behalten könne. 4* .4 "T" 52 Von Schulen. MAn hat hie auch eine sehr wol angerichte Schule | mit guten vnnd fleissigen leuten versehen | welche ein rath neben dem Pastor bestellet vnd visitiret. Darin leret man vor allen Dingen den Ca-techismum | vnd gewehnet die Kinder von jugent auff zum gebete vnd Gottseligkeit. Denn man singet vnd betet alle morgen [ vnd liset ein Capitel auß der Biblia ] vnd wenn man die kinder heim lesset I helt man aber gemeine Litanias für alle Stende | vnnd vmb gemeinen frieden | erhaltung der Kirchen | vnd gedeien des Berg-wercks | vnd dass Gott seinen Segen zur Schule | vnd kinderzucht | äuß gnaden geben wolle. Am Mitwoch behöret man die kleinen kindlein J wie sie jr gebete können | vnd man leget jnen die Kinderlehr auß. Dergleichen geschieht es am Sonabent | an welchem tage man jnen den Euan-gelisten S. Lucam auflieget | vnd die Greckischen Euangelien expo-niret | vn das Examen Theologicum | neben dem Catechisimo fleissig treibet. An Feiertagen (weil die Kirche groß ist) exponiren vnnd er-kleren die Baccalaurien den kleinen knaben das Euangelion in der Schulen j vnter der Predigt | vnd man schreibet jnen für kleine Summarien auß den Euangelien | welche sie müssen aussen lernen. Die erwachsenen knaben schreiben die predigt nach in der Kirchen | vnd ein jeder muß etwas auß der predigt behalten [ vnd nachsagen. Zu Weinachten | Ostern [ vnd Pfingsten ( handelt man acht tage die Historien derselben Feste j vnd ein schönen Hymnum ex Prudentio de tempore, oder ein ander Carmen vnser . Herrn Preceptorn. Wie man auch jerlich die knaben zwir Examinirt | vnnd so sie jren Catechisimum | vnnd was jnen sonst wird fürgegeben j fleissig studirt haben ] versetzet man sie in andere Classes | in bey-sein der Oberkeit vnd Kirchendiener. Darnach leret man die knaben Latein | vnnd da sie jre Elementa gelernet | gibt man jnen auch die Greckische sprach für. Mann vbefschütt auch die Kinder nicht mit vilen vnnd grossen Lectionen | oder schweren Büchern | Sondern man liset vnd repetiret mit grossem fleiß | nach gelegenheit einer jeden Classen | den 53 Donat I die Grammaticam [ Catonem | Fabulas Esopi | die kleinen vnnd grossen Episteln Ciceronis [ Terentium [ Virgilium | Copiam Erasmi j Catechismum Camerarij. Man befleissiget sich auch | das man die Lectiones deutlich verdeutsche | vnd die Kinder an gute vnd gebreuchliche Deutsche Wörter gewehne | Drumb lest man auch die Kinder offt die lectionen in ander sprachen vertiren. Darzu so declinirt vnd Construirt man fleissig alle tage | vnd lesset die knaben formulen aus jren Lectionen außschreiben. Den grossen knaben liset man auff etliche stunde die Dialfti-cam, ein orationem Ciceronis, vnd einen authorem Grascum. Man gewehnet auch die kleinen knaben ( das sie fein vnnd rein schreiben lernen | vnd die rerum vocabula aussen lernen | vnd das die grossen latein reden | vnd wöchentlich Episteln | vnnd Verß machen j welche mit gutem fleiß corrigirt werden. Vnnd weil gewachsene Schuler von 18. vnd 20. jaren j in diser Schulen sein | deciamirt man bißweilen ] vnnd lesset historien re-citiren. Vnd man spielet züchtige Lateinische vnnd Greckische Co-medien | oder Dialogos | mit Deutschen argumenten. Man vermanet auch die kinder offttnals | vnnd in allen lectionen | zumal wenn man neben der Grammatica locos communes de moribus handelt | zu guten sitten [ zucht [ erbarkeit | vnd gehorsam | vnd das sie also im namen Gottes studiren | das sie der jar eins das-selbig zubrauchen | vnd den leuten damit nützlich dienen können J Denn vil studiren j vnnd wissen nicht | vvarz.u es jnen und andern dienen solle. Mann warnet auch die kinder trewlich für bösen Büchern | Schandliedern | Schrifften | vnnd gemeiden | vnd das sie in jrem schreiben vnd Versen niemand sehenden vnnd antasten | sondern ehr I tugend | vnd gute leut | neben denen von der Oberkeit | Lerer | Jungfrawen vnd Frawen rhümen vnd preisen | vnd jederman in demut vnd gehorsam sein gebürlich ehr vnnd reuerentz mittheilen. Man treibet auch alle tag neben andern freyen künsten [ beide Musiken | bey den grossen vnnd kleinen knaben | das die kinder die alten Choral lernen | vnd im vbersingen exponirt man jnen die Text | vnd weiset jnen [ wie sie auß der heiligen schrifft genommen j oder welche Artickel des glaubens durch solche zeugnuß der Kirchen erkleret vnd bestettiget werden. ! 54 Wenn fromme Schuler mit guten zeugnussen hieher kommen | nimmet man sie auff | vnd hilfft jnen [ das sie herberge haben | vnnd man lesset sie nach brod gehen j doch das sie die Lateinischen Responsoria de tempore, vnnd am Freitage das Tenebra singen. Vnd weil man gemeiniglich den Schulern [ so in versamlung fein ordentlich vnnd züchtig herumb singen | pfening gibet | ist einer vom Schulmeister darzu bestellet j der solch gelt am Freytag vnnd Sonntag einneme | das wird jnen in der Schul | nach gelegen-heit eines jedem fleiß vnd notdurfft | trewlich durch den Schulmeister außgetheilet. Wenn knaben etliche jar fleissig studieren [ vnnd in zucht | gehorsam | vnd demut auffwachsen. | so hilfft man jhnen durch gemeine milde hand | darzu die leut durch die Predicanten vermanet j das sie ferner verschickt werden | mit dem bedingen | das sie sich wider mit der zeit ] zur schul vnd kirchendiensten gebrauchen lassen [ wie | Gott-lob | nicht alleine dise Schul vnnd Pfarr | sondern auch vil frembde ort | mit denen leuten bestellet sein | die alhie ge-born I vnnd erzogen sind | welches zu friede vnnd freundligkeit | zwischen den Kirchen vnd Schuldienern | vnd zum gehorsam vnnd willfertigkeit gegen diser Gemein [ sehr fürderlich vnd nützlich ist. Es ist auch durch gemeine milde hand Erbarer vnnd Christlicher Burger | vnd emsige Commendation vnd anhaltung der Kirchendiener | eine schöne Liberey auffgerichtet J darinn auch bereit eine gute zal Deutscher | Lateinischer | Greckischer j vnd Hebreischer Bücher | in freyen künsten vnd der heiligen Schrifft | vnnd etliche der fürnembsten auß den Patribus vnd Christlichen Lerern verordnet sein I neben schönen mappis vnnd globis, zu welcher Liberey ein E. Rath I die von der Kirchen | vnnd der Schulmeister die Schlüssel haben. Man lesset auch die gewachsene knaben zu gelegner zeit in die Liberey gehen j damit sie gute Bücher kennen ] vnd sich drinnen vmbsehen lernen. Es holet auch der Schulmeister mit seinen Collegen vnnd der gantzen Schul | jerlich im Sommer newe Schul er | an welchem Schulfest man zuuor in der Kirchen zusamen kompt | prediget vnd betet für Schulen vnd Schuler | damit Kinder und Eltern deste mehr von Schulen halten lernen. Man lesset hie auch keine Winckeischule zu | Da aber jemand Deutsche oder Rechenschul halten wolte | muß es mit vorwissen 55 eines Erbarn Raths geschehen | mit dem bedingen | das sie die Kinder zum gebete vnd zucht halten | vnd sie zur'Kinderlere im Sommer füren | vnnd das sie jren Schulern einbinden | das sie nie-mands vnbekandtem Brieffe machen. Die Schulmeisterin füren jre Schuljungfrewlein zur Kinderlehr | vnnd lassen sie verhören | was sie gelernet haben. Von gemeinem Kasten vnd Hospital. WIwol inn difem Thal keine gestiffte Geistliche guter vom an fang gewesen | Dennoch helt man durch die mute hand vnser gnedigsten Oberkeit vnd diser Gemein | einen gemeinen Kasten für dürfftige vnnd Haußarme leut | vnd ein Spital für alte ] schadhafte | vnd krancke Bergk und Handwercksleut | vnd ein eigen Lazareth | vnd Siechhauß | denen | so mit gefehrlichen seuchen vnd Scheden beladen sein. Zu solchem Kasten vnd Spital werden alle Jar | neben einem bleibenden Spittalherrn vnd Spittelmeister [ von der Oberkeit vnnd alten Fürstehern | sieben newe Vorsteher erwehlet vnnd verordnet j auß den eltesten Vierteln | Schichtmeistern | Steigern vnd Plandwercksleuten. Welche alle Feyertag für der Kirchen das Almosen samlen [ vnnd was Gott sunst auß milter hand | vnd von Zünfften bescheret | fleissig zu rath halten | vnd auff rechnung verwaren. Von solchem gemeinem Kasten gut [ vnd Almosen j erhelt man die Spitalspersonen | vnd andere Haußarme leut j Witwin vnnd Waißlein | welchen man am Freytag in der Kirchen | im beysein der Vorsteher vnd eines Kirchendieners | trewlich vnd vngefehrlich das Almosen außtheilet. Wer aber des Almosen wil geniessen | der muß zwene zeugen fürstellen | das er benötigt sey | vir muß sich zur Wartung der krancken | auch in sterbensleufften | auff gebürliche belonung gebrauchen lassen. Es visitiren auch wöchentlich zwen Vorsteher die haußhaltung im Spital | vnd sehen das den Armen kein abbruch geschehe. Dergleichen sind Doctores vnd Balbierer auff das Spital bestellet. Man prediget auch alle Montag im Spittal | vnd verhöret jerlich alle Spittalspersonen | vnd was des gemeinen Kastens gebraucht j ob es beten könne | vnd zu Gottes Tische gehe j damit man wisse | wem man das Almosen gebe. T 56 Im Spittal lesset man zu Tische lesen [ vnd die armen leute halten jr teglich gemeine gebete | für wolfart der Kirchen | Regiments | Bergkwercks | vnd für alle | die sie mit jrer muten hand ernehren helffen. Spittalspersonen müssen sich jnne halten | vnd des umb-lauffens vnd bettlens enthalten. Einem jeden frembden Betler, gibt man im | Spittal auff eine nacht futter vnd Herberg | damit den stationierern geweret werde | Wie auch keinem armen von diser Gemein | Bettelbrieff an ander örter gegeben werden. ■ Man kleidet auch alle Jar die Spittais personen | arme leut | kinder vnd Schuler | von gemeinem Kasten [ in einer grossen anzal. Die alten Vorsteher thun eine ordentliche | klare | vnd öffentliche rechnung für der Oberkeit | vnd newen Vorstehern | in beysein des Pfarrners | vnd solche rechnung werden alle von Jar zu Jar bey-geleget. Beschluß. Dlß hab ich auff ewer G. begeren | Gott vnd seiner Kirchen zu ehren | verzeichnen wollen. Vnnd ob es wol war ist | das Eichen laub (wie das Sprichwort lautet) zu stincken pfleget | Doch weil in diser letzten vnd argen Welt | die lufft durch böse vnd vergelte zungen offtmals vergifftet wird | wil es von nöten sein | bißweilen damit (doch in warheit) zu reuchern [ vnd vnschuldigen vnd verleumbdeten einen guten ruch zumachen. Ich bin auch der tröstlichen zuuersicht | jr werdet solchen geruch | zu gelegner zeit | ferner zubringen wissen j damit die | so von Gott mit der grossen vnnd Göttlichen ehren des iuris patronatus begnadt | vnd macht vnd gewalt haben | Kirchen vnd Schulen zubestellen [ jres ampts vnd ehren zu bequemer zeit erinnert ( vnnd desselben zu der ehre Gottes j vnnd viler leut seelen Seligkeit gebrauchen mögen | Denn wie kan- man Gott ein grössern dienst thun | vnnd löblicher handien | denn wenn man mit höchstem fleiß | vnd in warer anruffung des .einigen vnnd ewigen Priesters Jesu Christi | dahin dencket vnd trachtet | das Pfarren vnnd Schulen I mit trewen vnd tüchtigen leuten versehen j vnnd also in gebürlicher ehre | vnd billichem schütz | vnd zimlicher vnterhaltung versorget | damit sie alleine des Altars | Predigt-stul I vnd Kinderzucht können außwarten | vnnd vil bleibende frücht schaffen. Ein ewige ehre wird das sein vor Gottes angesicht | wenn 57 einer hiezu gerathen vnd geholffen [ vnd den armen Christenleuten gedienet | vnd sie vnter seinem schütz | schatten vnd flügein geseuget | geehret vnd ernehret hat | Wie Gott auch das blut des Sünders nicht allein von allen Predigern fordern wird | Ezech. 3. die jre Schefiein verwarlosen | vnd den Wolff haben fressen lassen | oder durch jre eigen vnnd vnnötige vnbescheidenheit des wortes berauben | Sondern er wird auch von allen | denen auß seinen gnaden das ius patronatus ordentlich befolhen | ein schwere rechenschafft am Jüngsten tag fodern | die jre Pfarren verwüsten | das Kirchengut einziehen j vnnd jre vnterthanen in der jrre | one rechte lere vnnd Sacrament | haben verderben | vnd wie das Vihe sterben lassen. Vnser lieber Vatter im Himel segne vnd behüte alle trewe pfleger | vnnd förderet- der Kirchen Gottes | vnd des heiligen Euan-gely I vnd beschere jnen fried | freud | vnd gutes gewissen | vnd schaffe alle denen | die es von hertzen den jrigen vom Sone Gottes bitten I suchen | vnd begeren | rechtschaffne | lehrhafftige | friedfertige vnd bescheidne Pfarrner vnd Seelsorger | vnnd erhalte sie alle in reinem glauben | vnd Christlichem bekentnuß | zum ewigen leben | Auff das der name Gottes | vnd sein werdes wort | vnd viler seelen bestes gesuchet | vnd das Reich Christi außgebreitet vnnd gemehret werde. Das sol mein lebenlang | mit allen Christen | meines hertzen wünsch vnd sehnliches gebete sein | Amen lieber Herre Jesu Christe J Amen. I