INTERNATIONALE MITARBEITERBEFRAGUNG 16 gevamagazin Ȋ ausgabe 8 ie kulturelle Prägung eines Menschen nimmt Einfluss darauf, wie er seine Arbeit bewertet. Werden Mitarbeiterbefragungen über Ländergrenzen hinweg durchgeführt, sollte dies bei der Ergebnisinterpretation berücksichtigt werden. Vor diesem Hintergrund hat das geva-institut internationale Benchmarks erhoben. Im Rahmen einer überbetrieblichen Mitarbeiterbefragung wurden rund 11000 Erwerbstätige unterschiedlichster Qualifikation und Position in 25 Ländern zu Faktoren ihrer Arbeitszufriedenheit, ihrer grundsätzlichen Arbeitseinstellung sowie zum bevorzugten Führungsstil befragt. Durch den branchen- und unternehmensübergreifenden Ansatz wurde verhindert, dass Einflüsse einzelner Unternehmenskulturen die Ergebnisse verzerren. Die erhobenen Daten wurden umfassend ausgewertet und interpretiert: So wurden zum einen für jedes Land einzelne Merkmale der Arbeitszufriedenheit differenziert analysiert und jeweils sowohl nach ihrer Wichtigkeit für die Mitarbeiter als auch nach der Höhe der Zufriedenheit ausgewiesen. Zum anderen konnten auch komplexe Fragestellungen bearbeitet werden, die für den Erfolg der internationalen Personalarbeit von entscheidender Bedeu- D tung sind. Für einzelne Länder und Ländergruppen wurden beispielsweise Idealbilder einer guten Führungskraft entwickelt. Daneben kristallisierte sich klar heraus, wo welche Motivationsfaktoren wirken. Und auch Fehlzeiten wurden unter die Lupe genommen. Darüber hinaus machte die Studie deutlich, wie sehr auch die Bindung der Mitarbeiter an das Unternehmen kulturell beeinflusst wird. Selbst das Streben nach Erfolg ist nicht in jedem Kulturraum gleich stark ausgeprägt. Außerdem wurde der Frage nachgegangen, wie hoch in den einzelnen Ländern die Mobilität aus beruflichen Gründen ausfällt. Kulturelle Korrekturfaktoren Schließlich konnten für die Interpretation international erhobener Befragungsergebnisse kulturelle Korrekturfaktoren berechnet werden. Demnach empfiehlt es sich beispielsweise, die Höhe von Arbeitszufriedenheitswerten der Lebens- und Arbeitseinstellung im betrachteten Land gegenüberzustellen. Daneben wurde ermittelt, inwieweit Befragungsteilnehmer überhaupt bereit sind, sich ehrlich zu äußern. Auch hier ergaben sich deutliche Differenzen, je nachdem wie sehr es die Menschen in einem Land gewöhnt sind, nach ihrer Meinung gefragt zu werden. Andere Länder, andere Sitten Internationale Studie des geva-instituts zeigt Unterschiede bei Arbeitszufriedenheit, Führung und Motivation in 25 Ländern auf. gevamagazin 17 Das macht mich mit meiner Arbeit zufrieden. Zustimmung der Deutschen in Prozent Zusammenarbeit mit den Kollegen 79 Arbeitsinhalte 73 Handlungs- und Entscheidungsspielraum 67 Vergütung 37 Aufstiegschancen 32 Deutsche sind mit ihrer Arbeit zufrieden In meinem Land würde eine Führungskraft es akzeptieren, ihr Führungsverhalten über eine anonyme Mitarbeiterbefragung bewerten zu lassen. Zustimmung in Prozent Schweden 63 USA 40 Deutschland 35 Spanien 23 Japan 17 Ich würde bei einer anonymen Mitarbeiterbefragung ehrlich antworten und meine Meinung offen sagen. Schweden 97 Mexiko 96 Deutschland 88 China 82 Japan 61 Die Bewertung des Führungsstils durch eine Mitarbeiterbefragung ist in deutschen wie auch in vielen Unternehmen weltweit noch nicht ausreichend etabliert. So glauben hierzulande lediglich 35 Prozent der Erwerbstätigen, dass ein Vorgesetzter sein Führungsverhalten im Rahmen einer Mitarbeiterbefragung beurteilen lassen würde. Dem gegenüber steht, dass 88 Prozent der Deutschen in einer anonymen Befragung ehrlich antworten und ihre Meinung offen sagen würden. Auf dieses wertvolle Feedback für die Arbeit ihrer Führungskräfte sollten Unternehmen nicht verzichten. Feedback für Führungskräfte Im Ranking der internationalen Arbeitszufriedenheit belegen die Deutschen Rang 6, nach Mexiko, den USA, der Schweiz, Indien und Australien. Nachbarländer wie Italien, Belgien und Frankreich erreichen die Plätze 16 bis 18. Südkorea und Japan bilden das Schlusslicht. Zufrieden stimmt die Deutschen vor allem die Zusammenarbeit mit ihren Kollegen: 79 Prozent bestätigen ein gutes Miteinander an ihrem Arbeitsplatz, 60 Prozent empfinden das Betriebsklima als positiv. Daneben zeigen sich über 70 Prozent der Befragten mit ihren Arbeitsinhalten zufrieden – im internationalen Vergleich sind das absolute Spitzenwerte. Kritisch gesehen werden von über zwei Dritteln der Befragten dagegen ihre Aufstiegschancen. Außerdem sind nur 37 Prozent der Deutschen mit ihrem Gehalt zufrieden. Daneben dürfen deutsche Chefs ruhig noch mehr loben: Nur die Hälfte der Deutschen hat das Gefühl, dass ihre Leistung ausreichend geschätzt wird. 18 gevamagazin Ȋ ausgabe 8 Unter guter Führung wird in jedem Land etwas anderes verstanden. Die Mitarbeiterbefragung des geva-instituts hebt die länderspezifischen Unterschiede in der Erwartungshaltung der Mitarbeiter gegenüber ihren Vorgesetzten klar hervor. Die Franzosen verlangen von ihrem Chef Führungsstärke: So finden 63 Prozent, dass Vorgesetzte den Mitarbeitern eindeutige Anweisungen geben sollten. Außerdem dürfen sie sich in ihrem Handeln nicht von abweichenden Vorstellungen oder äußeren Veränderungen beeinflussen lassen. Viele französische Unternehmen basieren auf einer starken Hierarchisierung. Daher verwundert es wenig, dass nur etwa jeder fünfte Franzose – im Gegensatz zu den Angestellten in vielen anderen Ländern der Welt – Hierarchien als Einschränkung empfindet. Soft Skills haben bei den US-Amerikanern einen hohen Stellenwert: 81 Prozent der befragten Angestellten heißen es für gut, wenn ihr Vorgesetzter auf seine Intuition vertraut. Darüber hinaus sollte er stets Wert auf Gleichbehandlung, Solidarität und ein gutes Betriebsklima legen. Auch Weitsicht gehört für die Erwerbstätigen in den USA zu den grundlegenden Führungsqualitäten: Drei von vier Befragten geben an, dass Führungskräfte zukunftsorientiert handeln sollten und nicht nur kurzfristige Unternehmensziele ins Auge fassen dürfen. Dementsprechend findet nur jeder Fünfte, dass eine Führungskraft ihre Entscheidungen auch spontan treffen darf und ihr Handeln nicht zwangsläufig auf die Zukunft auszurichten braucht. In jeder Lebenssituation wird in China die Harmonie gewahrt. Dieser Grundsatz spiegelt sich auch im chinesischen Führungsverständnis wider: 83 Prozent der Befragten sind der Auffassung, dass Vorgesetzte nach Konsens streben sollten. Kritikfähigkeit gehört laut Befragungsergebnis nicht zu den Vorzügen chinesischer Führungskräfte, obwohl die Mehrheit der Befragten auf demokratische Prinzipien im Führungsstil Wert legt: Nur 38 Prozent würden es daher wagen, ihren Chef zu kritisieren. Die Schweden brauchen Handlungsfreiheit: Nur jeder Sechste möchte von seinem Chef stets genaue Anweisungen erhalten, was er tun soll. Stattdessen werden motivierende, teamorientierte Führungskräfte bevorzugt, die lediglich grobe Handlungsrichtlinien vorgeben. In Polen spielt die persönliche Ebene bei der Führung von Mitarbeitern eine bedeutende Rolle: 90 Prozent der Befragten geben an, dass die Zusammenarbeit mit dem Vorgesetzten für ihre Arbeitszufriedenheit mitentscheidend ist. Vor diesem Hintergrund überrascht es kaum, dass nur jeder Zweite der Aussage zustimmt, für einen Chef solle die Leistung eines Mitarbeiters eine größere Rolle spielen als die persönliche Beziehung zu ihm. ... FRANKREICH ... USA ... CHINA ... POLEN ... SCHWEDEN Gute Führung in ... Länderporträts zu Arbeitszufriedenheit und Führungsstil finden Sie auf www.mitarbeiterbefragungen.de