Fraugeworden Azize, 27, Transsexuelle Was ist das schon, wie und mit welchen verdammten stummein man dich aus'm kanal rauspreßt, ich mein, da liegt ne aufgeblähte olle mut-ter in den hochwehen auf der pritsche und furzt dich aus'm leib ins freie, und damit das richtig amtlich wird, säbelt dir der weißkittel die lei-tung zum mutterquartier, wo du nicht dich krümmen tatst, weil ja die Versorgung adäquat war, schlauche mit saft und nährsabber und wahrem Stoff, du warst da man mit allen Schikanen angeschlossen, und hast nicht mal'n piep quengeln brauchen. Feines leben nenn ich das, ne noble suite ohne'n vermögen hinzublättern, aber daran klebt auch orntlich scheiße, jedenfalls seh ich das so im nachhinein, weil sich dinge tun, die du nicht unter kontrolle hast, anfangs 'n bespritzter dotterklumen mit'm mäntelchen drum herum, daß das ding auch nicht friert, und am ende, wenn du aus'm kanal in dein olles eigenes Schicksal rausgeschissen wirst, hast du das zusammengeraffte material aus mutters becken und vaterns klöppel, das bleibt dir also nicht erspart, daß sich im fick von ner tussi und nem macker was zusammenrauft, und dann bist du auch noch entweder oder, und für den Schwengel mit anhang könnt ich man gottverdammt nix, was ich denn mit mir so rumtrug, als war ich von nem richter zu unrecht verdonnert. Mann o mann, das is so wie die hirnschissigen in der klapse, die ne stimme hörn, wo sie null bezug zu haben, und die den typen nen orntlichen ratsch verpaßt, die kriegen das höllenbrutzeln in die seele reingeklempnert, und ich sag dir, es is'n schiß so ne masche mit zwei stimmen, wo du aber man sicher weißt, da spricht ne stimme zu dir, die seihert dir die hucke voll und grient sich einen ab, ne stimme aus fleisch und blut, wo du man selbst bist und nicht selbst. Ich wüßt also nicht die bohne, was der ganze apparat da an mir sollte, schon ziemlich früh hat ich's gefühl, da is'n höllenversehn über die bühne gegangen ohne mein zutun, hat man mir erzfremdes gewebe rangepappt, das ich nicht abreißen konnte, und um das ding zu strafen, hab ich schon als kind den pint gezwackt, bis mir übel wurde, und da hatte ich also das olle pech, denn andre frauen kamen mit voller richtiger ausstattung zur weit, und ich galgenstrick hatte die prächtige niete gezogen, als hätt gottunser laune gehabt zu nem schlimmen streich, ich ging nicht mal pissen, weil ich die häßlichkeit nicht sehen wollte, die blase is mir fast immer geplatzt, und denn bin ich also aufs scheißhaus und die äugen geschlossen und blind gepullert. Ich hab gelitten, mann, die schose macht ja verdammt noch mal verzagt, vor allem weil 34 35 deine allererste sorge so was von intim ist, daß dir kein oller Beichtvater auch nur'n brösel von abnehmen würd, und von dir aus braucht es auch nicht in falsche kanäle laufen, du bist halt falsch und kannst nicht damit rausrücken. Na ja, irgendwann wüßt ich's ja, daß ich'n schwuli bin oder so was in der art, ne abart halt, wie die leute sagen, und weil dir alle weit einbleuen tut, daß du'n sündges fleisch bist und daß du man schön in deiner alten pelle stecken sollst, weil man so'n fertigen körper schlecht ablegen kann, also ich hab dann den schlamassel nicht mehr ausgchal-ten und hab denn pillen geschluckt, aber mein damaliger Stecher hat mich gefunden, und's gab ne schlimme magenreinigung, und ne wache haben sie vors bett gestellt, rund um die uhr, daß ich nicht auf dumme gedanken komme, aber ich war sowieso mächtig bedient und dachte, ne strafe is ne strafe, und das auf lebenszeit, bis dir der olle atem ausgeht. Ich dachte: wenn's eh pleite is, daß ich nun mal auf so olle beutel wirklich verzichten kann, dann will ich meinen ganz eigenen stil leben, und das heißt bei mir eben wie ne frau. Der gütige gott hat sich bei mir verheddert, na denn spiel ich ne runde schöpfer, also hab ich angefangen s'geld für die Umwandlung zu sparen, ich sag dir süßer, s'war schon 'n heidenspaß, daß ich's in kopp bekam, was ich wollte und was nicht, nix mehr zweifei und nix mehr von wegen bloß man versteckspielen und nix anmerken lassen, s'greuel hatte endlich'n ende. Klar, ich hab auch alten pissern einen geblasen, und wenn die man noch'n schein hingelegt haben, hab ich den seiber geschluckt, klar, ich hab mich auch von gelackten lederschwulis in den anus pimpern lassen, und ich hab immer nur beide äugen zugedrückt, so wie ich's als kind draufhatte, doch diesmal tat ich's für mein gutes späteres leben als ne richtige frau, ganze kübel voll stinkigem altmacker-sperma hätt ich schlucken können, weil ich's endlich draufhatte, und ich hab jeden pfennig aufgehoben und auf glitzerzwirn verzichtet, womit ich mich sonst gern sehen laß, und jahrelang hab ich gar auf's make-up gepfiffen, also opfer hab ich nur gebracht. Und schließlich war es soweit und der fight gegen die ollen mühlenflügel hatte ein ende, schnipp und weg war das scheißzeug, und das war jetzt das zweite mal, daß ich im kran-kenhaus lag, damals knapp vorm tod, diesmal knapp vorm echten schönen leben. Ich kann dir sagen, mein lieber, wie ich so lag im blütenweißen bettzeug, war's so als hätt ich die zweite, die wahre Unschuld verpaßt bekommen, und mein geschlecht war eben und ohne makel, und wie ich die rinne befühle, mein gott, diese schöne frauenritze, die mir gehörte, die ein teil von mir war und die man mir nicht wegreißen konnte wie die olle leiste, die ich hatte ewigkeiten besitzen müssen, ein schwänz ohne verlangen und ohne lust, nur'n schrumpeliges verderben, wie ich also endlich meinen willen bekam, fühlte ich mich schon so was von beschützt und in guter obhut, ich hatte endlich die rechte gestalt und gottunser hatte mir ne gefällige seele eingehaucht, verdammt, du denkst jetzt, das is hier'n billiger tun-tenklamauk, nur ne Verwandlung mit ner ganz 36 37 fett neuen episode is wie noch mal auf die weit kommen, is ne feierlichkeit, und alles läuft nach deinem gusto. Ich bin jetzt 'n segensreiches weih, süßer, und was mir nun auch zustoßen mag, es trifft mich als frau. Bist du'n Lamm, fressen sie dich Bayram, 18, Breaker Wir sind wüchsige aus gaarden, hier, wo man das olle gras halm für halm wachsen hört, wo nix außer gebell steckt, hier in jeder toten gasse, hierhin hat man uns wie 'n faden popel ge-schnickt, und ruhe fanden wir nicht von anfangen an, weil du kriegst futter und jeden tag futter für's ausbrechen, und doch wo's auge reicht ne einzige lausige episode von leuten, die fett man in der schlinge sind, du hebst man den brühheißen deckel und siehst man in dem pechkessel lauter wirre köppe in der faden suppe schwimmen, und einer von diesen abgehackten willst du, gott sei davor, nicht sein. Gaarden is kno-chenbrecher, 'n sperrbezirk, das is hier das olle ostufer und dort der reiche westen, und dazwischen reckt sich wie'n langer arm die gablenz-brücke, doch du denkst, die vermaledeite brücke is tag wie nacht und ewig hochgeklappt, so is es in gaarden, wo ja prall unzählige kümmel hausen, und das kommt, weil sie ja arbeit haben bei der HDW, siehst sie ja erbärmlich früh in scharen zur arbeit latschen, und der olle kopp ganz schön zwischen die schultern geklemmt. Das sind 38 39 Haß wirkt sieben Katzenleben lang Kadir, 32, Soziologe Als kleiner junge, noch so sehr in die Unschuld verstrickt, daß ich der kerbe auf weißen aspirin-tabletten eine zutiefst untergründige bedeutung beimaß, war es mir eine ziemliche freude, einen stecken bei mir zu haben, einen ganz gewöhnlichen zweig eben, den man in der hand so vieler knaben sieht. Den stecken trieb ich in die feuchte erde, meist noch klumpig nach regenfall, und stellte mir vor, wie ich unheil stiftete, die eintracht der unterweit durch meine private na-turkatastrophe für kurze zeit zu fall brachte. Viel wichtiger war es zu vermuten, was wohl an dem zweig hängenblieb, zöge ich ihn wieder heraus. In meiner kindlichen phantasie schuf ich mißgestaltete geschöpfe und bucklige dämonen, nicht größer als eine fingerkuppe, die ich ans tages-licht zerrte und die sofort zu staub zerfielen. Diese idee des untergründigen, des erosierten ge-heimmaterials, der in die Versenkung, in die blickdichten abgründe abgeglittenen Stoffe, hat mich nie wieder verlassen, und ich glaube, daß ich deshalb ein typisches kind des ostens bin. Der orient besteht einerseits aus groben flicken, aus überbehausten Städten, und andererseits aus weiten seelenlosen ebenen. Das land erstreckt sich nicht freimütig, es hat falten und nähte, buckelt sich über grollendem gedärm des erd-inneren, stachelt im wucher von brandigem pockenkraut und weist weiter auf einen heidnischen zorn, da es saat nicht fressen will und die schneide des pfluges schartig macht. Ihrer zahl sind viele, die diesem land nicht gewachsen, nach sinnlosen versuchen, furchen in den acker zu treiben, in die städte fliehen. Und geflohen in scharen sind sie einst nach europa. Man stelle sich das mal vor: noch heute sprechen sie von der fremde und von christenhunden, und während sie nach ihrem ergriffenen gutdünken reden, bewegt sich ihr arm wie ein gesprungener mahl-stein. Sie sagen worte wie: die rechte soll mir abfallen und die zunge mir verdorren, wenn unwahres meinen mund verläßt. Sie sehen aus wie janitscharen in billigen polyesterhemden, sie sind fürchterlich schlecht gekleidet und haben winters gesprungene Unterlippen. Sie ernähren sich von teig und fett und haben eine ganz bestimmte art, brotrinde in ungesunde sau-cen zu tunken. Sie verzeihen ihren söhnen nicht, daß diese über plastikkloschüsseln gebeugt oder unter Stromzählern masturbieren, sie lieben ihre söhne als zeuger von dicken enkeln. Auf hoch-zeiten tragen die frauen schlimme gewänder mit rüschen und langen schleppen wie entenbürzel, und die feierlichen dicken männer betrinken sich und haben kümmel am borstigen bart, der mit wichse gerichtet von kleinen glanzspren- 100 101 kein wimmelt. Den hochprozentigen anisschnaps nennen sie löwenmilch und können augenblicklich vor kummer in tränen ausbrechen. Ihre nostalgie ist dumpf, ihr haß wirkt sieben katzenleben lang. Ihr deutsch ist lächerlich, ihr türkisch grob dialekt, ihr Vaterland immer noch die ferne türkei, aus der sie mit zwiebelsäcken beladen zurückkehren, als wären in dem ungläubigen land alle reserven aufgebraucht. Sie haben eine erbarmungslose schwäche für kitsch: venezianische gondeln, gipsfigurinen, gestrickte klo-rollenhütchen, Obstschalen aus hartplastik, resedagrüne tischdecken, gebetsteppiche an den wänden, nippes in keksdosengold, gehäkelte armlehnenschoner. Die männer werden nicht müde zu versichern, wie kräftig sie waren in strotzender Jugend, und was für ferkel die deutschen sind, weil sie zur intimhygiene toiletten-papier benutzen. Und sie lehnen sich selbstgerecht zurück, sie, die nach der defäkation sich mit der linken hand waschen, und nicht mit der rechten, wie es der prophet geheißen. Sie sind mümmler über gebundenen heiligen büchern, in denen kryptische lettern zum hohelied des zürnenden zusammengebacken wie in stein gemeißelte Inschriften anmuten. Die männer hassen es, kerzenwachs schmelzen zu sehen, weil nur hartes währen kann und man sie geheißen hat, daß die ehre auf dem spiel steht und die sie-benschlössige Unschuld des weibes. Und einige lassen das weib in einem abstand von sieben schritten folgen, die teigwarenmamma, die aufgeblähte honigkuchenmutti, die ihre bloßen züchtig bedeckt zum Wohlgefallen des mannes. Und sie sagen in schwachen momenten: sieben freuden kenne ich: freundlich gereichtes brot, lammfleisch, kühles wasser, weiche kleider, lieblichen duft, ein bequemes bett und den an-blick dessen, was schön ist. Sie sind kinder einer fehlerhaften Orthodoxie und sie leben ausgerechnet ohne rechte beteiligung, sie warten auf das mystische zeichen, das ihnen anzeigt, ihre zelte abzubrechen und heimzukehren. Auch dann würden sie, diese alten männer, ein gottseibei-uns murmeln und in schlimmen anzügen schlendern und über den tod grübeln, bis die warme mahlzeit sie heimtreibt. 102 103