Gesunde Ernährung: Ich wollte mich selbst heilen Bas Kast war 40, schlank und fit, als sein Herz beim Joggen streikte. Warum ich? Mit dieser Frage im Kopf suchte der Wissenschaftsautor nach der ultimativ gesunden Kost. Ein Gastbeitrag von Bas Kast 6. März 2018, 13:21 Uhr 416 Kommentare Bas Kast, Wissenschaftsjournalist und Autor von "Der Ernährungskompass" /© Mike Meyer/Randomhouse Bas Kast Der Wissenschaftsautor Bas Kast studierte in Konstanz, Bochum und am Massachusetts Institute of Technology in Boston Psychologie und Biologie, volontierte als Journalist beim Tagesspiegel und war dort bis 2008 zunächst Wissenschaftsredakteur und später Reporter. Seither arbeitet er als freier Autor. Kast wurde unter anderem mit dem Axel-Springer-Preis (2002), dem Heureka-Journalistenpreis (2004) sowie dem European Science Writers Award (2006) ausgezeichnet. Und sogar ein Tier wurde nach ihm benannt: die Süßwasserschnecke Tylomelania baskasti. http://www.zeit.de/wissen/gesundheit/2018-02/gesunde-ernaehrung-altern-sport-bas-kast Inhalt 1. Seite 1 — Ich wollte mich selbst heilen 2. Seite 2 — Fettreich und trotzdem gesund? 3. Seite 3 — Drastische Hungerkuren sind nicht nötig 4. Seite 4 — Muss ich jetzt doch zum Veganer werden? Es war an einem Frühlingsabend vor einigen Jahren, ich joggte los wie üblich, als das für mich total Unerwartete geschah. Damals hielt ich mich nämlich für fit wie ein Turnschuh. Nach kaum einem Kilometer brach ich zusammen. Ein Gefühl, als würde ich mit voller Wucht gegen eine Mauer rennen. Als packte eine stählerne Hand mein Herz und presste es fest und ruckartig zusammen. Dieser Moment war beängstigend. Und schmerzhaft. Der Schmerz aber war bei Weitem nicht das Schlimmste. Schlimmer war diese vollkommene Machtlosigkeit. Du stehst da, hustend, atmend, und hoffst, dass es vorbeigeht: dass du diesmal noch verschont bleibst und davonkommst. Da war ich gerade 40 Jahre alt, soeben Vater geworden – und schon ein körperliches Wrack. Ich bin schon immer gern gejoggt. Und ich habe auch immer gern gegessen. Leider auch ziemlich viel Junkfood: Schokolade zum Frühstück, Pommes, Chips zum Abendessen, runtergespült mit Bier. Warum auch nicht? Lange Zeit, so schien es mir, konnte ich essen, was ich wollte. Na gut, mit Mitte 30 oder so entwickelte sich ein Bäuchlein, um nicht zu sagen ein hartnäckiger Schwimmring aus Speck. Aber es gelang mir recht erfolgreich, diese schleichende Metamorphose meines Körpers nach außen hin zu verstecken und nach innen hin zu ignorieren. Bis zu jenem Tag, an dem mein Herz streikte. Damals fing es an. Plötzlich sah ich mich mit einer existenziellen Frage konfrontiert: Hatte ich mit meiner Junkfood-Diät meine Gesundheit ruiniert? Was würde geschehen, falls ich so weitermachen würde? Ich gebe zu, es war auch eine Portion Ehrgeiz im Spiel: Mein Sohn sollte bald so weit sein, dass er mich zum Fußball herausfordern würde. Könnte ich da noch mithalten? Und so begann ich, mich schlauzumachen. Ich begab mich tief in eine Recherche, von der ich nicht ahnte, dass sie mich Jahre in den Bann ziehen würde. Das Ziel war klar: Ich wollte mich selbst heilen. Wieder fit werden. Dem unausweichlichen Altern die Stirn bieten. Für meine Herzprobleme lag in meinem Fall keine andere Erklärung näher als eine seit Jahren unüberlegte Ernährung. Also vertiefte ich mich in die Ernährungsmedizin, in die Biochemie des Stoffwechsels, nicht zuletzt auch in die Gerontologie, ein derzeit aufblühendes, interdisziplinäres Fach, das den Alterungsvorgang unter die Lupe nimmt: Warum altern manche Menschen schneller als andere? Was treibt den Alterungsprozess an, was bremst ihn? Was essen besonders langlebige Völker? Was sind die entscheidenden Komponenten einer Kost, mit der sich die typischen Altersleiden – Übergewicht, Herzkreislauferkrankungen, Typ-2-Diabetes, Rheuma bis hin zu Krebs – vermeiden lassen? Die Studien stapelten sich in meinem Arbeitszimmer, im Wohnzimmer, in der Küche. Monate gingen ins Land, ein Jahr verging. Dann noch eins. Mir wurde klar: Da draußen wimmelt es nur so von Ernährungsmythen und Diätweisheiten, die unserem Körper erheblich schaden können. Bas Kast, Autor des "Ernährungskompasses" Allmählich eröffnete sich mir eine Welt voller erstaunlicher, mitunter spektakulärer Erkenntnisse, die mein Leben verändern sollten. Vieles von dem, was ich übers Abnehmen und eine gesunde Ernährung zu wissen meinte, deckte sich nicht mit den Befunden, auf die ich stieß. Mir wurde klar: Da draußen wimmelt es nur so von Ernährungsmythen und Diätweisheiten, die unserem Körper erheblich schaden können. Die eine ideale Ernährung – es gibt sie nicht Ich war ausgezogen, um die ultimativ gesunde Kost ausfindig zu machen. Der erste Augenöffner für mich aber war die Entdeckung, dass es so etwas wie die eine ideale Ernährung (sei es Low-Fat, Low-Carb, vegan, Paläo, glutenfrei …) nicht gibt. Diese hübschen Schlagwörter und Ideologien verblassen angesichts der Komplexität der Daten. Der Komplexität von Nährstoffen. Tatsache ist: Es gibt viele verschiedene Wege zu einem langen, sehr gesunden Leben.