Das Aufkommen verzierter Initialen in den Papsturkunden des hohen Mittelalters* von Otfried Krafft Zum Gedenken an Andreas Meyer Abstract During the 12,l> century, papa! privileges became increasingly important, as they were claimed and received by ecclesiastical institutions all over Europe. The outward features of these charters, like their leaden seals, layout, handwriting or graphic symbols, were standardized in these years. All privileges began with the name of the issuing pope, and their initial letters started to become more prominent after around 1100 and again after 1139. During the pontificates of Innocent II and Eugenius III, bigger and increasingly ornamented initials appeared, albeit only for some years and by some scribes. Since the 1160s, their use in all solemn papal charters became conventional. These initials strongly resembled those in manuscripts. As it has never been made clear whether charters or books were models for scribes in Europe, some hints for the influential role of the papal chancery are being discussed in this paper. Eine verzierte Initiale stand am Anfang der meisten Papsturkunden, vor allem der Privilegien, die seit dem mittleren 12. Jahrhundert ausgestellt wurden. Doch um das Jahr 1100 sah das noch ganz anders aus. Dieser Unterschied ist deutlich sichtbar, doch beachtet hat man ihn lange Zeit nicht, obwohl der Wandel signifikant für die Gattung insgesamt ist. Die Papsturkunde hatte bedingt durch den Aufstieg und die Festigung der ausstellenden Institution Wenn hier Abb. nicht anders ausgewiesen sind, stammen sie aus dem „Lichtbildarchiv älterer Originalurkunden bis 1250" in Marburg. Hinzu kommen Nachzeichnungen aus den Specimina, ed. von Pfi.ugk-Harttung (hiernach zitiert Spec. mit Nr. der Tafel). Als Konkordanz für den Bildnachweis ist Krafft, Bene Valete S. 215-246, heranzuziehen. im Laufe des 12. Jahrhunderts eine besondere Stellung erlangen können. Sie wurde gleichsam ein Leitmedium der abendländischen Christenheit. Ihre Ausstattung wandelte sich einhergehend damit, und manche Elemente begannen verziert zu werden. Das wurde schrittweise an den Initialen und vorher vor allem bei den Benevalete-Monogrammen der feierlichen Privilegien sichtbar. In der äußeren Gestaltung dieser Bestandteile gab es zunehmend Ähnlichkeiten, obwohl sie von der Genese her kaum verwandt waren. So wurde der Schlussgruß ,Bene valete' seit 1049 als Monogramm, also in einer fast archaisierenden Weise, geformt und so besonders hervorgehoben. Hingegen stellte die verzierte Initiale am Beginn der Urkunden ein Novum dar. Sie sollte sich erst mit einiger Verzögerung entfalten, um dann in den Privilegien das monogrammatische Benevalete als Blickfang abzulösen und in den Litterae cum serico zum auffälligsten äußeren Merkmal zu werden. 1. Forschungsstand und Desiderate Die Literatur zur Initiale der Papsturkunden vor dem 13. Jahrhundert ist überschaubar. Zu nennen sind lediglich drei Autoren1, die die Frage vertieften: Layout und Initiale der Papsturkunden waren 1989 Thema eines knappen Uberblicks von Beate Kruska. Ihren Tabellen sind vor allem zwei Beobachtungen zur Entwicklung der Initiale im 12. Jahrhundert zu entnehmen, nämlich die steigende Größe dieses Bestandteils und der anfangs schwankende Anteil verzierter Beispiele, die zu immer stärkerer Vereinheitlichung gelangten2. Matthias Kordes publizierte 1993 eine Arbeit über den Einfluss der Buchseite auf die Gestaltung der Papsturkunde3. Ihr Titel implizierte schon eine Aussage über die Abhängigkeiten. Kordes benannte dabei Zeitpunkt und Verantwortliche für die Einführung der verzierten Initiale in den Urkunden: Demnach lag der Wendepunkt bei Eugen III. (1145-1153), unter dem Zisterzienser aus dem Kloster Tre Fontane vor Rom die prächtigen Initialen aus dem Buchlayout importiert hätten. Julius von Pflugk-Harttung hatte schon 1901 ein Werk veröffentlicht, das die äußeren Merkmale am stärksten berücksichtigte, aber allzu lang ignoriert 1 Vgl. auch K.b.afft, Layout S. 3 f. Neben den genannten Titeln notieren BlRNSTIEL/ScHWEIT-zer, Seide oder Hanf S. 320, das Aufkommen von verzierten Initialen zwischen 1130 und 1198, ohne die zeitlichen Feinheiten oder genaue Kriterien dafür darzulegen. Schon San-tifaleer, Urkunden S. 115 f., hielt einige Grundzüge dieser Entwicklung seit Gregor VII. fest. 2 Kruska, Zeilen S. 240 mit den Tabellen 4c, 5e/f. 3 Kordes, Einfluß. Verzierte Initialen in den Papsturkunden 127 wurde4. Dabei traf er trotz aller inhärenten Probleme viele im Grundsatz haltbare Aussagen5. Für die Zeit Eugens III. stellte er an der Initiale „graphische Kunstleistungen" fest6 und bis zu Urban III. sah er die Blüte verzierter Initialen. Seit Clemens III. und Cölestin III., also schon im letzten Jahrzehnt vor 1200, nahmen aus seiner Sicht die Ausstattung und ihre Qualität dann wieder ab7. Für die Folgezeit besteht in dieser Frage eine Forschungslücke. Nur Peter Herde hat sich knapp zu der Entwicklung in der Mitte des 13. Jahrhunderts geäußert8. Erst für die Zeit seit Bonifaz VIII. haben wir einen breiten Uberblick von Helene Burger9, während Thomas Frenz in einem methodisch innovativen Beitrag die Größe der Initialen seit 1230 quantitativ ausgewertet hat10. Dieser Forschungsstand ist wenig befriedigend. Weil bei der Entwicklung der Initialen zahlreiche Querverbindungen und Abhängigkeiten zu berücksichtigen sind, ist eine differenzierende Beschreibung nicht gerade einfach, zumal das Material derart umfassend ist, dass es nicht vollständig zu sichten ist. Dennoch soll hier versucht werden, die wichtigsten Sprünge zu fassen, in denen sich der Anfangsbuchstabe der Urkunden zur verzierten Initiale umformte. 2. Die Anfänge der Verzierung (bis 1139) Alle Papsturkunden seit dem letzten Drittel des 11. Jahrhunderts begannen, mit dem Namen des Ausstellers. Die Ausnahmen, bei denen eine verbale oder symbolische Invokation zu sehen war, verschwanden mit Alexander II. ("f1073)". Somit wuchs dem ersten Buchstaben des Papstnamens eine besondere Bedeutung zu, stand er doch am Beginn der Urkunde insgesamt. Das war ein deutlicher Unterschied zu fast allen übrigen Ausstellern. Diese formale Besonderheit dürfte die Entwicklung von hervorgehobenen Initialen in den Papsturkunden begünstigt haben. 4 Das lag vor allem an seinem Autor, vgl. zu der Debatte über ihn Roberg, Wiedergabc S. 124-133. 5 Bis zu Innocenz II. vgl. von Pflugk-Harttung, Bullen S. 236, 267, 287,289, 300. 6 Ebd. S. 353. 7 Ebd. S. 418, 420. 8 Herde, Beiträge S. 58. 9 Burger, Beiträge. 10 Frenz, Form S. 369. Verglichen wird dort die Höhe der Initialen aller Urkundenarten über der Zeile, vgl. ebd. S. 350, Anm. 21. 11 So bereits von Pflugk-Harttung, Urkunden S. 4; Ders., Bullen S. 13. 128 Otfried Krafft Schon bei Leo IX., der die Papstprivilegien seit 1049 grundlegend umgestaltet hatte, fanden sich entweder Kreuze vor dem ausgeschriebenen Papstnamen, oder die drei Buchstaben des Namens waren als Monogramm vereint. Hiervon blieb wohl ein gewisser Invokationscharakter an den Initialen haften12. Leo IX. erfand zudem ein Monogramm, das den alten Schlusswunsch ,Bene valete' in neuer Form wiedergab. Zwischen dem Benevalete am Fuß und dem Papstnamen am Kopf der Urkunden bestanden seither oft deutliche Ähnlichkeiten im Aussehen. Nach einer Phase formaler Schwankungen fanden mit Urban II. (1088— 1099) die Papstprivilegien zu einer stabileren Form. Maßgeblich war hierbei der Pfalznotar Lanfranc13, der einige charakteristische Änderungen vornahm14. Er formte die Initiale als Majuskel und fügte ihr zurückhaltend kleine Zierelemente wie Knoten und Strichpunkte hinzu15. Der erste Buchstabe hob sich dabei in der Höhe nicht aus der Kopfzeile heraus. Seine Monogramme baute Lanfranc durch Aussparungen und Schlaufen zum Blickfang aus, also viel stärker als seine Initialen'6. Des weiteren ordnete er schrittweise das Layout, das er oft am Maß der Zeilen ausrichtete. Dabei hatte Lanfranc keine Scheu, große Flächen freizulassen: Der obere Rand wurde sehr hoch und bot damit Raum für künftige Innovationen. Schon beim nächsten Papst, Paschalis II. (1099-1118), wanderte erstmals graphischer Zierrat aus dem Benevalete in die Initiale. Der verantwortliche Schreiber verzierte zunächst das schon von seinen Vorgängern aufgewertete Monogramm, später übertrug er das auf die Anfangsbuchstaben (Abb. I)17. Verantwortlich dafür war der Regionarskriniar und Pfalznotar Johannes, der eine gut erkennbare Formensprache hatte. Sie erschien auch in Stücken, die er in Rom als Notar schrieb und unterfertigte18. Seinen Namen verzierte Johannes dort so wie den des Papstes, die Invokation hatte eine fast turmartige I-Inidale, die vor einer Art Elongata stand (Abb. 2). Das dürfte bedeuten, dass nicht die Papsturkunde die besondere Ausstattung evozierte, sondern 12 Vgl. dazu Frech, Gestaltung S. 175-208. Gleichwohl bezweifle ich seine These, ebd. S. 206 f., es handele sich bei den Buchstaben LEO um ein biblische Zitate vertretendes Kürzel. Methodisch folgt er der von Rück verfolgten Exegese der Monogramme; zur Kritik daran vgl. Krafft, Schlußgruß S. 212-229. 13 Zu ihm vgl. Dahlhaus, Rota oder Unterschrift S. 281; Menager, Lanfranco; Rabikauskas, Kuriale S. 128; Kehr, Scrinium S. 104; Krafft, Bene Valete S. 36 f. 14 Krafft, Layout S. 2 f., 5. 15 Gut zu sehen beispielsweise in JL 5542 (1095), JL 5564 (1095), JL 5692 (1097). 16 Vgl. hierzu Krafft, Bene Valete S. 39 f. 17 In JL 6017 (1105) war die Initiale noch nicht so ausgestattet wie das Monogramm, dafür aber in JL 6188 (1108), 6291 (1111). 18 Archivio Paleografico Italiano 6Taf. 68 (lllOJanuar 30). Verzierte Initialen in den Papsturkunden 129 örtliche Gebräuche Roms in sie einflössen. In den nächsten Jahren folgten bisweilen in den Privilegien anderer Schreiber in Monogramm und Initiale Verzierungen, die denjenigen des Johannes ähnelten". Trotz aller Sprünge in der Entwicklung der Papsturkunden, die in den folgenden Jahren sichtbar wurden, kam es vorerst nicht zum Ausbau der Initialen. Nach dem Schisma von 1130 zeigten zunächst nur die Urkunden eines der Kontrahenten die Neigung zur Initialverzierung. Bei Anaklet II. (1130-1138) wurde der Buchstabe anfangs fast ganz in Ranken aufgelöst, ebenso sein Benevalete30. Prägend wurden diese Innovationen nicht, weil dieser Papst im Schisma unterlag. Bei Innocenz II. (1130-1143) gab es ein viel zurückhaltenderes Bild, seine Monogramme und Initialen blieben vorerst schlicht21. Das dauerte an, bis 1139 im Lateran ein Konzil zusammentrat, das die Folgen des Schismas aufarbeitete. Auf der Versammlung herrschte rege Nachfrage nach Urkunden des Papstes, und es tauchten neue Hände auf. Offenbar wurde bedarfsgemäß Personal rekrutiert, das den Formenschatz der Urkunden erweiterte, was sich nicht nur an der Initiale erwies22. Es gab zwei neue Formen (Abb. 3): So wurde das I von Innocenz Anfang 1139 erstmals graphisch ausgezeichnet23, indem man es gleichsam dop-pelstöckig anlegte, streckte und mit einem Konturstrich versah. Diese Form erschien bald öfter24. Nicht nur das: Im April 1139, während des zweiten Laterankonzils, kam eine alternative Variante hinzu, nämlich das I mit Aussparungen im Schaft und einer Konturlinie links mit Ausbuchtungen, die mit Punkten oder Strichen gefüllt wurden25. Nach dem Konzil wurden die neuen Formen selten, nun kam sogar die Kombination aus beiden vor26. Meist belief sich die Auszeichnung des I nur noch auf eine Verdickung in mittlerer Höhe links27. 19 Etwa in JL 5982 (1104 Oktober 24) oder JL 6256 (lllOJanuar 1) des Schreibers Rainerius (III) vgl. Krafft, Bene Valete S. 185 (Abb. nachgewiesen ebd. 221), oder in JL 6522 (1116 Mai 13, Spec. 55). 20 Krafft, Bene Valete S. 131, Anm. 14,311; von Pflugk-Harttung, Bullen S. 338. 21 Anfangs vorherrschend waren Privilegien mit der Monogrammform 2 dieses Papstes; dazu gehörte eine Initiale mit fähnchenartigem Schweif. Vgl. zum Aussehen Krafft, Bene Valete S. 311; von Pflugk-Harttung, Bullen S. 300, und hier Abb. 7 (1). 22 Schon Meyer, Kanzlei S. 299, verweist auf diese Wende unter Innocenz II. und ihre Wirkungen auf die Littcrac. Zu neuen Monogrammen zur Zeit des Konzils vgl. Krafft, Bene Valete S. 80 f.; zu den neuen Initialen schon von Pflugk-Harttung, Bullen S. 300. 23 Etwa in JL 7937 (1139 Januar 4). 24 JL 7951 (1139 März 1), 7997 (1139 April 16), 8066 (1139 April 26); Variante in JL 7986 (1139 April 14). 25 JL 7960 (1139 März 29), 7972 (1139 April 11), 7974 (1139 April 11), 7981 (1139 April 12). 26 JL 8193 (1142 Januar 8). 27 JL 8209 (1142 März 11), 8213 (1142 März 16), 8235 (1142 Juni 12), 8242 (1142 Oktober 29), 130 Otfried Krafft 3. Erster Höhepunkt (1143 bis 1146) Unter dem späten Innocenz IL, noch 1143, fand ein Sprung statt, der bedeutsam werden sollte. Wieder erschien ein neuer Schreiber (Abb. 4). Er zog das Initial-I erstmals unter die Kopfzeile herab28, womit er sich nicht nur der Buchgestaltung annäherte, sondern auch dem Aussehen römischer Notarsurkunden (Abb. 5)29. Auffällige Formen verwendete er überdies im Beneva-leteM. Selbst in einigen Litterae gestaltete er die Initialen so wie in Privilegien, was äußerst ungewöhnlich war". Auf diesen Schreiber ist zurückzukommen, denn unter Eugen III. entfaltete sich sein Können vollends. Unter den Nachfolgepäpsten Cölestin II. (1143/44) und Lucius II. (1144/45) wurden die Initialen einfacher32: Eine auffällige Neuerung am Beginn der Privilegien trat ein, denn dort erschien der zweite, kleinere Buchstabe oft in oder an den ersten gestellt. Durch diese häufig verwendete Verbindung von Ce oder Lv blieb der Blickfang am Anfang erhalten33. Dies ähnelte den Litterae, in denen sich bei Innocenz II. eine Zwei-Buchstaben-Elongata etabliert hatte34. Ansonsten wurde unter Cölestin II. und Lucius II. nur vereinzelt auf den Zierrat der Spätzeit Innocenz' II. zurückgegriffen. Manche Initialen schrumpften nun sogar wieder auf die Höhe der ersten Zeile33. Eugen III. (1145-1153) wird seit langem eine besondere Rolle beim Durchbruch der Zierinitiale zugewiesen36. Seit dem Beginn seines Pontifikats gab es Urkunden, die eine bisher nicht dagewesene Ausstattung zeigten (Abb. 6). Von 1145 hat man gleich mehrere Stücke, deren unzialisierte E-Initialen sich 8244 (1142 November 15), 8250 (1142 Dezember 6), 8358 (1143 April 15, Spec. 70). 28 Ansatzweise, ohne Aussparung in JL 8341 (1143 Januar 21), mit Aussparung in JL 8346 (1143 April 24, vgl. zum Datum Germ. Pont. 10 Nr. 7, S. 346), sowie in JL 8342 (1143 Januar 21), JL 8345 (1143 Februar 13, Spec. 70), 8361 (1143 Mai l,Spec. 109). Vgl. auch von Pflugk-Harttung, Bullen S. 300. 29 Belege unten in Anm. 48. 30 Es handelt sich um den Monogrammtyp 10 für diesen Papst, vgl. dazu Krafft, Bene Valete S. 83. 31 Es gibt zwei Beispiele, nämlich JL 8301 ([1138/41] April 17; diese Datierung in: Papsturkunden in Frankreich NF 8 Nr. 16, S. 171-173, scheint mir vom Aussehen her zu früh) sowie JL 8273 (zu 1130/43 Mai 1; vgl. dazu It. Pont. 3 Nr. 8, S. 19, mit dem Datum 1143 Mai 1); Abb.: Spec. 109/9-10. Die Besiegelungsart beider Stücke ist nicht bekannt; beide enden aber, untypisch für Litterae, mit Amen. 32 Typologische Ansätze bot bereits von Pflugk-Harttung, Bullen S. 342, 349. 33 Für Cölestin II. zu sehen in JL 8441, 8463, 8499, 8495, 8505 (in beiden letzteren etwas verziert), 8496 (stärker verziert, 1143/44); für Lucius II. in JL 8517, 8564, 8656, 8662, 8669, 8706, 8709 und ausnahmsweise verziert inJL 8559 (1144 März-1145 Januar). 34 Vgl. weiter Anm. 49. 35 Beispielsweise in JL 8669 (1144 Dezember 2). 36 Kalthnbrunner, Bemerkungen S. 380, hat wohl als erster darauf verwiesen. Verzierte Initialen in den Papsturkunden 131 sehr ähneln und die insgesamt ungewöhnlich stark verziert sind37. Dennoch ist die Gleichheit der Texthände nicht überall dort gegeben, wo dieses prunkvolle E mit dem korrespondierenden Benevalete erscheint38. Somit liegt es nahe, dass zeitweilig Arbeitsteilung herrschte, die Zierelemente also einem Experten anvertraut wurden39, der aber andere Stücke ganz schrieb. Weitere Schreiber folgten seinem Vorbild, auch sie schmückten ihre Initialen stark aus40. Der Zierrat griff auf andere Urkundenteile wie das In Perpetuum aus, an dem sogar Blattapplikationen erschienen*1. Laut Kordes hatte Eugen III. Zisterzienser in die Kanzlei gesetzt. Ihnen seien die neuen Initialen zu verdanken. Kordes wollte das mit dem einstigen Abbatiat Eugens in Tre Fontane und dessen Nähe zu Bernhard von Clair-vaux stützen. Hinzu kam ein zisterziensisches Statut, das Kordes traditionell auslegte: Es bedeute, Initialen in Büchern seien einfarbig zu halten: Litten} umus coloris fiant et non depicte*2. Der Wortlaut lässt jedoch keine explizite Einschränkung auf Initialen zu. Vielleicht bezog sich die Regelung auf Briefe oder Urkunden43, jedenfalls schloss der Begriff Litterae sie ein. Monochro-mie war in den meisten Urkunden ohnehin üblich, auch bei den Päpsten dieser Zeit41. So ist die Adaption des Gebots an der Kurie fraglich, und in Rom, das Kordes zum Ort des Geschehens erklärte, hatte sich Eugen III. erst 1149 dauernd festsetzen können45. Es gibt einen besseren Weg, all das zu prüfen, nämlich den paläographi-schen Vergleich. Der Schreiber der besonders auffällig ausgestatteten Stücke 37 JL 8747, 8769, 8771, 8785, 8786, 8787 (1145 April/Oktober). 38 Normalerweise erscheint die Initiale beim Monogramm lb Eugens III., vgl. Krafft, Bene Valete S. 89 (JL 8786/87); die Verzierungen greifen hier auf die Satzanfangsmajuskeln aus, vgl. Bromm, Großbuchstaben Nr. 418, S. 254. JL 8785 (1145 Oktober 9) hingegen weicht von der Schrift her etwas ab, hat aber die typische Initiale Eugens III. aus diesen Tagen (wie in JL 8786/87); ebenso gilt das für JL 8771 (Monogramm lc), Abb. bei Gloria, Compcndio Taf. XXIII. 39 Schon Dif.kamf, Urkundenwesen S. 570, verwies auf JL 9676 (1153 Januar 2), wo er Initiale und Verewigung als Nachtrag sah: Das Initial-E ist hier lediglich mit einem Zackenband ausgespart. Insofern relativiert sich die Behauptung von Kordes, Einfluß S. 87, es seien im 12. Jh. stets die Urkundenschreiber gewesen, die die Initialen mit den Zierelementen anfertigten. Vgl. auch unten Anm. 90. 40 JL 8744,8757 (Spec. 77) und JL 8785, ansatzweise auch in JL 8747, 8787. 41 JL8785. 42 Kordes, Einfluß S. 78,101 f. 43 .Instituta Generalis Capituli', vgl. Texts, ed. WaDDEll S. 362 § 82, De Intens et vitreis. Vgl. auch ebd. S. 490 f. 44 Die Urkunde Gregors VII. (JL 5258) für Palermo mit möglicherweise nachträglicher Farbgebung fällt heraus; vgl. zuletzt Dahlhaus, Rota oder Unterschrift S. 289 (G 22); Krafft, Illustrationen S. 75, Anm. 118. 45 Hirschmann, Kanzlei S. 175 f. 132 Otfried Kraffl Eugens III. war bereits vorher aktiv, und zwar einhergehend mit dem bereits erwähnten Initialentyp des Jahres 114346. Auch sein spezielles Monogramm kam seitdem vor47. Diese Initialen waren schon verziert, aber weniger ausgefeilt (Abb. 4). Kurzum: Die Wurzeln der auffälligen Zierbuchstaben sind damals zu suchen. Es handelte sich um eine Zeit, in der Innocenz II. meist im Lateran weilte, und dass er neues Personal im direkten Umfeld rekrutierte, ist wahrscheinlich. Auch die römischen Notariatsurkunden dieser Zeit haben durchaus eine Art Initiale. Und nicht nur das, ihre Invocatio begann mit In nomine, und dies wurde so gekürzt48, wie der Name des Papstes anfing, nämlich Inn. Diese drei Buchstaben wurden auch am Anfang der Litterae Innocenz' II. hervorgehoben, was geradezu ihr Erkennungszeichen war49. Ein Austausch scheint hier naheliegend. Die Beobachtung, dass die Mehrzahl der prächtigen Initialen Eugens III. in Urkunden eines Schreibers erscheint, der schon Anfang 1143 tätig war, führt noch weiter. Es gibt eine vor 1274 entstandene Fälschung aus und für Weingarten auf Innocenz IL, die das entsprechende Benevalete und vieles andere aus der verlorenen Vorlage übernommen hat50. Zugleich besitzt sie eine auffällige Initiale, die nicht nur der Phantasie des Fälschers erwuchs, denn einige Details aus den echten Beispielen, wie die geschuppten Konturstriche, erschienen wiederum. In der Grundform erinnert dieser Großbuchstabe an Gegenstücke in Urkunden römischer Notare5'. So dürfte diese Initiale ein zusätzlicher Beleg dafür sein, dass bereits vor Eugen III. eine neue Stufe der Gestaltung erreicht war. Wie wichtig die zeitlichen Feindifferenzierungen sind, zeigt der Konnex mit der königlichen Kanzlei. Das Chrismon der Diplome sah damals wie ein C aus, es hatte also dieselbe Grundform wie das unziale E der Initiale Eugens. Bei Konrad III. (1138-1152) erschienen dabei palmettenartige Verzierungen und Zierlinien in den Stücken des Kanzlers Arnold von Wied. Walter 46 Dies zeigen Übereinstimmungen in der Textschrift an, unter anderem die Unterschlaufe des g oder die ungewöhnlich lange, mit Oberlängen versehene Kürzung von -rum bei eorum pro quorum. Die Identität mit dem Initialcnzeichner ist durch ähnlich verzierte Buchstaben im Kontext gesichert. Handgleichheit für JL 8341 und JL 8746/47 konstatiert schon Bromm, Großbuchstaben S. 121. Vgl. dazu oben Anm. 28,31. 47 KRAFFT, Bene Valete S. 83. 48 Zeitgleichc Stücke finden sich in Archrtio Paleografico Italiano 6 Taf. 74/76 (1141/42 bzw. 1143). 49 Vgl. dazu Johrendt, Schisma S. 154; Birnstiil/Schwfitzer, Seide oder Hanf S. 311 f., 319. 50 JL f8355 (zu 1143 Januar 2, dies ist mit Germ. Pont. 2/1 Nr. 5, S. 228, auf 1143 April 9 zu korrigieren). Die Vorlage gehörte eindeutig zum Monogrammtyp 10 Innocenz' II., vgl. dazu Krafft, Bene Valete S. 83 mit Anm. 392, und weiter Bromm, Großbuchstaben S. 120 f.; Krallert, Urkundenfälschungen S. 253 f., 290 (mit Taf. IV). 51 Archivio Paleografico Italiano 6 Taf. 74 (1141/42). Verzierte Initialen in den Papsturkunden 133 Koch führte das auf den Einfluss der Papsturkunde zurück52. Doch traten bei Arnold und beim Schreiber Heinrich von Wiesenbach die verzierten C bereits 1138 auf53, kurz vor dem Wechsel bei Innocenz IL Die Änderungen wurden zwar in den Diplomen nicht stilbegründend, gleichwohl könnte von dorther vor oder beim zweiten Laterankonzil ein Impuls auf das päpstliche Urkundenwesen gekommen sein. Unter Friedrich Barbarossa (1152-1190) kam es dann zur umgekehrten Entwicklung. Durch Zugang von Personal Eugens III. scheinen die päpstlichen Urkundeninitialen das Chrismon der Diplome beeinflusst zu haben54. Die ähnliche Grundform (von C und unzia-lem E) erleichterte den beiderseitigen Austausch zweifellos. Überdies vermittelten die Privilegien der beschriebenen Zeit bestimmte äußere Elemente an ihre Empfängerschaft. Was für die Buchproduktion anzunehmen, aber schwer nachzuweisen ist, lassen Urkunden von Bischöfen besser erkennen, selbst wenn sich die Forschung hier auf die graphischen Zeichen konzentriert hat55. Die Erzbischöfe von Salzburg übernahmen bisweilen das Monogramm der Papsturkunden in ihre Stücke, sie adaptierten aber auch manche Initiale (Abb. 7)5\ Von einem Privileg Innocenz' II. für Reichersberg von 1142 leitet sich etwa eine Erzbischofsurkunde von 1161 mit ähnlich verzierter Initiale und Monogramm ab57. Demgegenüber wurde 1160 aus einem stark ornamentierten Stück Eugens III.58 zwar das Benevalete übernommen, von der Initiale aber im wesentlichen nur der Umriss adaptiert5'1. 4. Abflauen und schrittweise Wiedereinführung (seit 1146) Allem Anschein nach war der Höhepunkt der Verzierungen schon 1146 wieder überschritten60. Danach blieben die Initialen Eugens zwar verziert, aber die auffälligen Formen verschwanden allmählich wieder61. Es herrsch- 52 Koch, Schrift S. 69 f., 74, 310, 313-315. 53 Ebd. S. 84. 54 Kocri, Einfluß S. 321 f., für A II C, der möglicherweise mit Gottfried von Viterbo zu identifizieren ist. Zu dessen Wechsel von Eugen III. zu Friedrich I. vgl. Hirschmann, Kanzlei 99 f. 55 Hagf.NEDER, Papsturkunde S. 45 f., untersucht dabei das In perpetuum, Monogramme und Rotae; vgl. auch Härtel, Urkunden S. 129 f. 56 Vgl. dazu Krafft, Bene Valete S. 139-147. 57 JL8184 (1142 Januar 8) und die Urkunde Erzbischof Eberhards von 1161 (SUB 2 Nr. 352, S. 494). Vgl. zu den Monogrammen Krafft, Bene Valete S. 142. 58 JL 8914 (1146 Mai 4). 59 SUB 2 Nr. 349, S. 486; vgl. dazu Krafft, Bene Valete S. 142. 60 Anders Kordes, Einfluß S. 102. 61 So schon von Pflugk-Hakttung, Bullen S. 355 f. Eines der letzten auffälligen Beispiele 134 Otfiied Krafft Verzierte Initialen in den Papsturkunden 135 ten nun zwei Hauptformen vor, die eine war links geschuppt62, was offenbar aus dem In Perpetuum kam63 - die andere hatte eine gerade Aussparung, zu der nur anfangs Zierlinien im Binnenfeld des E traten"; manchmal wurde beides sogar kombiniert65. Um 1150 nahmen wellenförmige Aussparungen überhand66. Selbst das Kapitalis-E trat statt der unzialisierten Majuskel wieder auf67. Vereinzelt kamen noch immer stark verzierte Anfangsbuchstaben vor68, daneben traten sehr schlichte Formen69. Sogar die vorher gebräuchliche Kombination aus zwei Anfangsbuchstaben erschien wieder70. Das Bild diversirizierte sich also sehr, abgesehen von der Höhe der Initiale. Bei Eugen beträgt sie fast standardmäßig das Doppelte eines Zeilenbandes. Ähnliche Initialen traten bei ihm mit bestimmten Formen des Benevalete auf: Der neunte Monogrammzeichner Eugens III., der seit 1147 aktiv war, zeigt das gut. Man kann erkennen, welche Gestaltungsspielräume er hatte, da nicht all seine E-Initialen gleichartig waren, obwohl die Monogramme ziemlich ähnlich ausfielen71. Unter den Nachfolgern, drei Päpsten mit A am Namensanfang, blieb das Bild lange so wie beim späten Eugen III. Die Variationen hingen offenbar vom jeweiligen Schreiber ab. Bei Anastasius IV. (1153-1154), Hadrian IV. (1154-1159) und dem frühen Alexander III. (1159-1181) zeigte sich das deutlich72. Als Zierelemente erschienen zunächst nur die weiterhin wellen- war JL 8850 (1146 Januar 28). 62 JL 8921, 8932 sowie JL 9034,9066 (Spec. 80), 9101 (1146 Mai-Juli). 63 Dort sieht man dies zuerst, vgl. JL 8813 (1145 Dezember 30). 64 JL 8969, 8975, 8976, 9002, 9010, 9116, 9124, 9138, 9234, 9303 (Spec. 80 f.) (1146 Dezem-ber-1148 November). 65 JL 8921 (1146 Mai 15). 66 Zunächst wurde die gerade Aussparung durch seitliche Punkte verziert (JL 8969, 8975, 1146 Dezember), dann wurde eine Welle freigelassen, etwa in JL 9125, 9252 (1147/48, Spec. 81), die später ziemlich oft auftrat (JL 9338, 9429, 9464, 9498,9483, 9615,9682, 9709 (1149 Mai-1153 Februar, Spec. 83 f.). 67 Ein solches E war schon in JL 8759 vorgekommen (Spec. 77), es erschien wieder in JL 9172 und mit der wellenförmigen Aussparung in JL 9582 (Spec, 81). 68 JL 8850, 8906, 8914, 8923 sind als verzierte Beispiele zu notieren (1146 Januar-März). 69 JL 8949, 9024 (Spec. 79), sowie das Stück für Sawtrey (vgl.: Papsturkunden in England 1 Nr. 42, S. 277, 1147 September 9), Abb.: New Palaeographieal Society 1/2 Taf. 46; Förster, Urkundenlehre Taf. XIX. 70 JL 9182 (1148 Februar 6), 9411 (1150 November 21, Spec. 82 f.). 71 JL 9113, 9137, 9370 (1147 August-1150 Januar). Wie unten am A des Monogramms 9 Eugens III. (vgl. Krafft, Bcne Valete S. 95) war meistens die Aussparung der Initialen beiderseits offen, es handelte sich also eigentlich um eine doppellinige Konstruktion. Beispiele sind unter anderem JL 9113 und 9137; im gleichzeitigen JL 9124 weicht aber die Initiale ab (1147 August 24, Spec. 80). 72 Für die erstgenannten vgl. von Pflugk-Harttung, Bullen S. 375, 380. förmigen Aussparungen im großen A, hinzu kamen relativ schlichte Ranken als Anhängsel. Mehr ist selten zu sehen, allerdings gab es vereinzelte stärker verzierte Initialen73 als Relikt der Praxis von 1145. Die Größe der Initiale im Verhältnis 1:2 zur Höhe der ersten Zeile blieb noch bestehen. Bei Alexander III. nahm nach einigen Jahren die typologische Varianz der Initialenverzierung zu, wobei unterschiedliche Formen parallel in Gebrauch waren74. Einzelne Schreiber verwendeten offensichtlich individuelle Buchstaben75. Es fanden sich weiterhin deutliche Koppelungen zwischen bestimmten Monogramm- und Initialentypen, die oft gemeinsame Ornamentformen zeigten76. Die Initialen wuchsen gleichzeitig weiter in die Höhe77. Gerade diese Änderung sollte dauerhaft werden. Soweit feststellbar, verfestigte sich all das schon vor dem Frieden von Venedig 1177, in dem Alexander III. sich als siegreich im Schisma erwies. Seither wurde von seiner Seite der Nachholbedarf des ihm bisher feindlichen Teils der Welt durch Massenausstellung an Urkunden gedeckt. Durch die Flut an Belegstücken sind Neuerungen im Aussehen, unter anderem bei der Kopfzeile, weit besser belegt als für die Jahre davor. Die Initialen am Anfang waren gewachsen, auch die Verewigungsformel In Perpetuum bekam nun öfter eine Art I-Initiale78. Diese modifizierte Kopfzeile, oft mit dem Empfän-gernamen in Majuskeln in der Mitte, setzte sich allmählich durch. Vor allem aber hatte sich in den Initialen der Privilegien die Verzierung etabliert. Etwa gleichzeitig, und sicherlich dadurch erst ermöglicht, begann die Differenzierung der päpstlichen Litterae stärker hervorzutreten79. Die Initialen der Briefe mit Seidenschnur orientierten sich zwar an den Privilegien, sie waren meistens aber einfacher ausgeführt. Erst als die Eigenart der Initialenverzierung stabilisiert war, konnte sie sich überhaupt zum wesentlichen Merkmal der Litterae cum serico entwickeln, insbesondere gegenüber den einfacher ausgestatteten Hanfschnurbriefen. Diese Abgrenzung bildete sich 73 Teils ist der A-Mittelbalken in Ranken aufgelöst, teils finden sich pflanzenartige Ornamente daran: Zu nennen wären für 1154 bis 1169 etwaJL 9907,9919, 9762,10020, 10280,10257, 11608 (Spec. 85-89). 74 Beispiele für diesen Papst hat Krafft, Bene Valete S. 312, in Abb. 75 Dies gilt in Initiale und Monogramm 3 Alexanders III. für Applikationen in Form eines Schmetterlingsflügels, vgl. Krafft, Bene Valete S. 104 f., 312: ferner von Pflugk-Hart-tung, Bullen S. 398. 76 Für die Monogramme 5 und 6 Alexanders gilt das; vgl. zu ihnen KRAFFT, Bene Valete S. 106-108; Beispiele für die Initialen ebd. S. 312 GL 12814, 13013), ebenso für seinen Typ 3 und 8, vgl. hier Anm. 75, Anm. 83. 77 Vgl. auch Kruska, Zeilen S. 240 Taf. 4c, 5c. 78 Auch hierfür gab es vereinzelt Vorläufer bei Eugen III., etwa in JL 8785 (1145). 79 So bereits Kordes, Einfluß S. 218; Birnstiel/Schweit/.er, Seide oder Hanf S. 332. 136 Otfried Krafft Verzierte Initialen in den Papsturkunden 137 bis zu Alexander III. aus80, die Initialen dienten nun als Erkennungszeichen dafür, an welcher Art Schnur die Bleisiegel anzubringen waren81. Ein kurzer Blick auf die gegnerische Obödienz in den Jahren 1159 bis 1177 zeigt recht deutlich, dass in den Urkunden der barbarossatreuen Papste Victor IV., Ca-lixt III. und Paschalis III. bisweilen üppig ausgestattete Initialen erschienen82. Stilprägend für die Gattung Papsturkunde konnten sie freilich nicht werden. Unter den Nachfolgern Alexanders III. setzten sich die Entwicklungen seiner Spätzeit bruchlos fort. Bei Lucius III. (1181-1185) wurden die Initialen noch höher als zuvor. Bei ihm und Urban III. (1185-1187) traten erstmals diverse Formen von (Halb-)Palmetten in den Monogrammen und Initialen auf (Abb. 9). Diese Ausstattung wurde typisch für viele Privilegien der mittleren 1180er Jahre. Die Päpste weilten damals lange in Verona, zugleich dort tauchten neue Schreiberhände auf, welche vielleicht die neuen Ornamente eingeführt hatten. In derselben Zeit lassen sich bestimmte Privilegienschreiber über die Pontifikáte hinweg verfolgen. Man kann daher ihr Repertoire zusammenstellen, was hier exemplarisch für einen Monogrammzeichner geschehen soll (Abb. 8), der von Alexander III. bis zu Cölestin III. (1191-1198) tätig war83. Mit seinen unterschiedlichen Initialen ist er über viele Jahre hin zu beobachten, doch sein Zierrat erweiterte sich nur ganz allmählich. Man kann erkennen, dass er zunächst den Grundbuchstaben schrieb und dann die Verzierungen hinzufügte. Derweil behielt er sein Benevalete praktisch unverändert bei. Bei ihm und seinen Kollegen begann das Monogramm immer deutlicher hinter der Ausstattung der Kopfzeile zurückzustehen. 5. Weitere Entwicklung von 1191 bis ins 15. Jahrhundert Soweit sich das bisher sagen lässt, ergibt sich für die Zeit seit Cölestin III. folgendes Bild: In den 1190er Jahren wandelten sich die vegetabilen Zierelc-mente entweder zu Spiralen, die in den Monogrammen, Initialen und dem Doppel-S von Subscripsi erschienen84, oder aber in zunehmend filigranes 80 Birnstiel/Schwiü rztR, Seide oder Hanf S. 320. 81 Dies betont zuletzt Falkenstein, Mischformen S. 340. Die übrigen Merkmale, die Birn-SITel/SchwEiTZF.R, Seide oder Hanf S. 329, für ideale Litterae cum serico nennen, wurden erst sukzessive obligatorisch. 82 Für Victor IV. undCalixt III. notiert durch von Pflugk-Harttung, Bullen S. 386, 393; vgl. auch Krafft, Bene Valete S. 133, Anm. 23 QL 14446), Anm. 30 (JL 14491). 83 Monogramm 8 für Alexander III. und die Nachfolgeforrnen, vgl. Krafft, Bene Valete S. 109 f., 114, 123. 84 Etwa inJL 16929, 17200 und den Monogrammen der Gruppe 3 Cölcstins III., vgl. ebd. S. 124. Rankenwerk um. Das gilt ungeachtet aller schlichteren Phasen wie etwa um 1190: Man sollte das nicht als Niedergang verstehen85, das Gegenteil war der Fall. Unter Innocenz III. (1198-1216) lebte die Initialengestaltung weiter auf (Abb. 10), wobei die bereits vorher auftretenden Kontur- und Zierlinien sich allmählich durch feinere Ausführung vom zunehmend ausladenden Corpus der Initiale absetzten. Die Schreiber hatten einige Übung mit dem Buchstaben I, da er schon seit zwei Jahrzehnten im In Perpetuum hervorgehoben wurde. In den Privilegien streckten sich seit 1200 die Initialen weiter, auch in der Verewigungsformel und selbst beim Papstnamen in der Unterschriftszeile traten sie nun hervor. Auch die Anfangsbuchstaben im Kontext wuchsen und wurden stärker verziert8*. Bei den Nachfolgern, vor allem Gregor IX. (1227-1241), steigerte sich das (Abb. 11), und der pflanzliche Zierrat der Anfangsbuchstaben wurde sehr realistisch87. Mit ihm und Innocenz IV. (1243-1254) wurde wohl ein Höhepunkt erreicht88, der die Seidenschnurbriefe insofern einschloss, dass ihre Initialen denen der Privilegien in der Ausstattung, aber nicht in den Ausmaßen glichen. Insgesamt aber schössen die Initialen im 13. Jahrhundert fast unaufhaltsam in die Holie89. Wiederum gibt es Indizien für ihre gesonderte Anfertigung durch Spezialisten50. Inwieweit sich die gesicherten Einzelfälle verallgemeinern lassen, ist kaum zu sagen. Kanzleivermerke mit Anweisungen für die nachträgliche Ausstattung mit Zierrat (fiant flores) sind erst aus der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts bekannt'". Bisweilen findet sich in Privilegien nur ein 85 Von Pflugk-Harttung, Bullen S. 418, 420. 86 Potthast4277 (1211), 4998 (1215). 87 Beispiele sind das Privileg Gregors IX. für Langenselbold (1238 Juni 26, vgl. Hessisches ub II/l Nr. 205, S. 156) oder seine Littera für Naumburg (Potthast 8277, 1228 November 8; vgl. Krabbo, Urkunde Taf. I). 88 Kordes, Einfluß S. 223, will bereits bei Honorius III. eine Wende zur „endgültigen Form" der Litterac sehen, was mir bislang nicht geklärt und auch nicht sinnvoll scheint. 89 Frenz, Form S. 369; vgl. auch Krafft, Layout Taf. 9. 90 So fehlt einem unfertigen Privileg Gregors IX. die Initiale, vgl. Baumgartf.n, Misccllanea Diplomatica 3 S. 78: „Wenn es auch kein unmittelbarer Beweis dafür ist, daß damals schon die Zierschrift und die Zierbuchstaben der Originale nicht von den Bullenschrcibern, sondern von Kalligraphen gemacht worden seien, so liegt aber doch eine große Wahrscheinlichkeit dafür vor." Weitere Beispiele für die gesonderte Anfertigung der Initiale gibt Dir-kamp, Urkundenwesen S. 591, für 1191 bis 1254. 91 Solche Vermerke scheinen selten gewesen zu sein: Sie erwähnt Largiader in: Papsturkunden Schweiz 1 Nr. 551, S. 211 (1257 März 29); vgl. außerdem Papsturkunden in Niedersachsen Nr. 177f.,S. 75 (1289 Juni 13); dazu Graber, Spurium S. 124 f., Anm. 117. 138 Otfried Kraffl großer, aber schlichter Buchstabe, bei dem das Rankenwerk wohl ausnahmsweise nicht hinzugefügt wurde92. Unter Alexander IV. (1254-1261) kam es schon zu einem gewissen Rückgang der Verzierungen93. Allerdings drangen in den 1280er Jahren Zierformen von Buchstaben, die anscheinend der Schrift der Kopfzeile entstammten, für etwa zehn Jahre in die Bleibullen der Papsturkunden ein1'4. Erst mit der Wende zum 14. Jahrhundert wurde das Gesamtbild der Urkunden viel schlichter. Diese Vereinfachung ist auffällig, dennoch wird kaum einmal darauf hingewiesen. Jedenfalls folgte sie auf das Ende der regelmäßigen Ausstellung von feierlichen Privilegien, das etwa um 1286 zu datieren ist'5. Diese Urkundenart war das Spitzenprodukt und zugleich der Maßstab der Prunkausstattung gewesen, und womöglich machte sich ihr Fehlen allmählich bemerkbar. Doch unter Bonifaz VIII. (1294-1303) gab es die übliche Verzierung der Initialen noch, und zwar nicht nur in den mittlerweile seltenen Privilegien96. Allerdings verzichtete man bei wichtigen Urkunden darauf97, etwa in einigen Exemplaren der Bulle ,Clericis laicos' von 1296. Hier war die Initiale lediglich mit Aussparungen versehen™, insgesamt aber recht einfach gehalten. In der avignonesischen Zeit des Papsttums verfestigte sich dann das nüchterne Bild, was wohl die Folge des Neuanfangs unter Clemens V. (1305-1314) in Frankreich war. Die Ausstattung blieb zurückhaltend, und die Initialen waren im Mittel nur noch halb so groß wie zuvor99. Ihr Zierrat bestand im 14. Jahrhundert meist nur in Aussparungen100. Allein mit diesen versehen waren sie auch in Musterprivilegien oder -bullen in den kurialen Texten dieser 92 93 94 95 96 97 98 99 Von Honorius III. gibt es ein feierliches Privileg für Wöltingerrodc mit einem großen, un-verzierten H am Anfang, vgl. Papsturkunden in Niedersachsen Nr. 26, S. 13 (1216 Oktober 6). herde, Beiträge S. 58; seit Alexander IV. konstatiert er einen Wechsel von den vorher üblichen, barock anmutenden Initialen zu eher linearen und nüchternen Verzierungen. Es handelt sich um gotische Majuskeln mit auffälligen eingerollten Sporen, siehe Mighael-Schwlder, Schrift, Taf. III. Krafft, Bene Valete S. 153. Ein Privileg mit schön verzierter Initiale (mit Aussparungen und Rankenwerk im Binncn-feld) für Sassovivo findet sich bei Bartolom, Censimento Abb. 5 (Anagni, 1301 September 29); Regest ebd. Scheda IV. Auch Burger, Beiträge S. 214, betonte die Schlichtheit des Gesamtbildes für Bonifaz VIII-Dies bezieht sich auf die Ausfertigungen in Neapel, Biblioteca della Societä Napoleta-na di Storia Patria, 13 Bolle, 9 BB I 3, und in Wien, Deutschordenszentralarchiv, Urk. 1068. Abb. in monasterium.net unter http://rnonasterium.net/mom/lT-BSNSP/13-Bol-le/9_BB_I_3/chartcr, http://monasterium.net/mom/AT-DOZA/Urkunden/1068/charter (19/01/2018). Zur Verbreitung des Stückes vgl. Santifaller, Originalüberliefcrung. Erfnz, Form S. 369. 100 Burger, Beitrages. 214. Verzierte Initialen in den Papsturkunden 139 Zeit101. Die Zurückhaltung war deutlich und sie stand in scharfem Kontrast zur Aufblühen der Verzierung, das in den an der Kurie ausgestellten Sammel-indulgenzen just während derselben Periode stattfand102. Erst während des großen Schismas kam es in der römischen Obödienz neuerlich zu einem Aufblühen der Initialenverzierung, insbesondere durch Stephanus de Aquila103. Sie etablierte sich jetzt erneut. Im Anschluss daran kam es unter Martin V. seit 1417 zur heraldisch inspirierten Ausstattung der Initiale mit der Säule der Colonna, die in unterschiedlichen Typen seiner Litterae erschien104. Solche Verzierungen wurden seither von einigen Kanzleischreibern sporadisch eingesetzt, wobei sich dies oft genug durch den historischen Hintergrund, also Inhalt, Zweck und Empfänger der Urkunden, erklärt. Diese seltene Praxis blieb auch unter den folgenden Päpsten in Übung. Wenn ihre Wappen in den Initialen standen, waren sie monochrom, nur bei Eugen IV. erfolgte die bildliche und farbige Ausstattung einiger Bullen. Bemerkenswert war dabei, dass in den Papsturkunden erst um 1450 wieder die Größe der Initialen des 13. Jahrhunderts erreicht wurde105. 6. Normen und Austausch Obwohl die Initialenverzierung gerade unter Gregor IX. aufblühte, vermochte man diese besondere Gestaltung kaum in Worte zu fassen. So hielt 101 Vgl. dazu Fees, In scriptura S. 226, Abb. 19, S. 191, Abb. 3. 102 Vgl. dazu die Monographie von Seibold, Sammclindulgenzen, und Krafft, Illustrationen S. 53 f., Anm. 16, mit weiteren Angaben, sowie Etienne Doublicr in diesem Band. 103 Burger, Beiträge S, 215, 227; vgl. dazu und zum folgenden Francesca Manzari in diesem Band. 104 Zu nennen sind zwei Stücke: 1. Martins Wahlanzeige an den bretonischen Flerzog erging am 21. November 1417 als Littera clausa, also als Sonderform eines Hanfschnurbriefs. Der Gattung entsprechend war die Initiale ausgefüllt und die Säule als deren Konturlinie gestaltet. Vgl. zum Hintergrund Pocquet du Haut-JussF, Papes S. 460, und die Ausfertigung in Nantes, Archivcs departementales de Loire-Atlantique, Tresor des chartes, E 44-1; Abb. unter: http://archives.loire-atlantique.fr/jcms/chercher/archives-nunieri-sees/actes-et-deliberations/tresor-des-chartes-des-ducs-de-bretagnc/tresor-des-chartcs-fr-tl_6166 (19/01/2018), unter 'Relations avec la chancellerie pontificale', 'Rapports poli-tiques et generaux*. - 2. Eine Littera cum serico mit der Säule als Aussparung der Initiale erhielt das schwedische Birgittinerkloster Vadstcna (Svenskt Diplomatarium 3, ed. Sflfver-stolpe, Nr. 2458, S. 311, Konstanz, 1418 April 3; vgl. zu der Urkunde www.riksarkivet.se [19/01/2018] unter SDHKNr. 19066, mit Abb.), für das sich zugleich König Erich einsetzte; vgl. Friedlaender, Suppliker S. 113. Schreiber war hier Johannes de Nursia, der später ein derart ausgestattetes Stück für Nürnberg anfertigte, vgl. Kraut, Illustrationen S. 58, Anm. 39; Ders., Papsturkundc S. 942 f., Anm. 13. 105 Frenz, Form S. 369. 1 40 Otfried Krafft man in seiner Kanzlei für die Urkunden fest: prima littera ... cujuscumque pontificis semper sollempniter form/tri debetm\ Bei Konrad von Mure blieb um 1275 das hervorgehobene Aussehen ähnlich vage107. Später, unter Boni-faz VIII., wies das kuriale ,Formularium Audientiae' auf die Vergrößerung und die Aussparung der Initiale in Seidenschnurbriefen hin108. Der Papstname insgesamt sei cum floribus velsine auszustatten. Eine unter Clemens V. ergänzte Version präzisierte, prima littera nominis debet esse divisa vel cum floribus109. Beim Ausschluss dieses Aussehens für Hanfschnurbriefe wurde das gleichfalls spezifiziert"0. Dies hielt man um 1302/03 fest, mithin in einer Periode, in der die Ausstattung wieder zurückging und in der sich tatsächlich die im .Formularium Audientiae' angelegte Präferenz für Aussparungen (divisiones) als Reduktion auf dieses einzige Ziermittel niederschlug. Es erfüllte bereits den Zweck, durch das Aussehen die vorgesehene Bullierung an Seide oder Hanf sichtbar werden zu lassen. Anders als Kordes es sah, darf wohl bei den Entwicklungen seit 1100 der Vorbildcharakter des Buches gegenüber der Urkunde nicht leichthin vorausgesetzt werden. Womöglich verhielt es sich zeitweise umgekehrt: Wenn das Oberhaupt der Christenheit eine geistliche Institution privilegierte, dann war der Erwerb eines solchen Stücks mit Mühen und Kosten verbunden. Das Prestige eines derart erlangten Privilegs war enorm, es war in der Tat feierlich, und sollempniter geformt sollte seine Initiale sein. Extravaganter oder den Betrachtern an der Peripherie bisher nicht bekannter Zierrat dürfte mithin Eindruck gemacht haben. Derart begründete Rezeptionsvorgänge schlugen sich in den Kopiaren nieder, von denen ein Beispiel aus den Abruzzen hier genügen soll: Das Privileg Alexanders III. für S. Clemente a Casauria von 1166 liegt in beiderlei Form vor, als Ausfertigung und als erweiterte Abschrift im Kopiar1". Dort wurde neben anderen zeichenhaften Elementen die Grundform der Urkundeninitiale übernommen, aber deren komplizierte Aussparungen vereinfacht. Ähnliche Adaptionen gab es, wie erwähnt, in einigen Salzburger Urkunden. Ins- 106 Registres d'Innocent IV 1, ed. Berger S. XLIX, Anm. 1; zur Datierung Herde, Audientia 1 S. 36. 107 Summa, ed. Kronbichler S. 63: Figura tarnen prime littere et forma aliis litteris capitalior inscribatur. 108 .Formularium Audientiae', ed. Herde, Audientia 2 S. 5: prima Semper apiee existente et facta, cum aliquibus spatiis infra se [...] (Z. 2). 109 .Formularium Audientiae', ed. Herde, Audientia 2 S. 6 (Z. 6, II). Zur Datierung ebd. 1 S. 147. 110 .Formularium Audientiae', ed. Herde, Audientia 2 S. 8 (Z. 11): sine floribus et äivisione. 111 JL 11266 (1166 März 18, It. Pont. 4 Nr. 14, S. 303). Die Ausfertigung findet sich bei Späth, Verflechtung S. 325, Abb. 8.2; Abschrift ebd. S. 3 14, Abb. 1.9.a; so auch Ders., Kopieren S. 125, Abb. 5. Verzierte Initialen in den Papsturkunden 141 gesamt zeigt sich, dass Übernahmen der optisch hervorstechenden Elemente durchaus stattfanden, wenngleich sie mit Modifikationen unterschiedlichen Grades verbunden waren. Stilelemente päpstlicher Urkunden diffundierten somit in einigen Fällen nachweislich in „Privaturkunden" oder in Bücher. Man muss annehmen, dass dies häufiger vorkam, für thematisch nicht damit verbundene Handschriften bleibt der Nachweis allerdings schwer. Ob also Papsturkunden stilistisch gegenüber Codices eher Vorreiter oder Nachzügler waren, muss erst noch erwiesen werden. Wenn man sich die Initialen der datierten Handschriften aus Paris ansieht112, scheinen diese bis 1200 kaum weiter entwickelt als die Buchstaben der Privilegien, abgesehen von der Farbigkeit. Dieser Befund ist schon deshalb wichtig, weil sich Eugen III. und Alexander III., unter denen sich die verzierten Initialen schrittweise etablierten, lange in Frankreich aufhielten. Einige Stufen dieser Entwicklung dürften in Büchern und Urkunden mindestens synchron verlaufen sein, vermutlich gab es komplexere Wechselbeziehungen"3. So sollte die Kunstgeschichte einmal den Befund bewerten, dass Papsturkunden seit ca. 1183 von Verona aus die Halbpalmette über die christliche Welt verbreiteten. Hinzu kam der personelle Austausch mit der Kurie: Forciert wurde er durch äußere Umstände, da im 12. Jahrhundert die Päpste regelmäßig gezwungen waren, sich aus Rom zu entfernen. In diesen Zeiten erschienen nicht selten neue Schreiber. Es liegt nahe, dass sie auswärts rekrutiert wurden und dann bisweilen mit dem Papst weiterzogen: Ihre Eigenheiten konnten daher in die Formensprache der Kanzlei einfließen. Weitere bedeutende Foren des Austausches waren die allgemeinen Konzilien (1139,1179, 1215), bei denen die Urkundenproduktion in unerreichte Höhen stieg. Wiederum trat neues Personal auf, und wenn viele Hilfsschreiber danach wieder verschwanden, konnten sie die erworbenen Kenntnisse an ihre späteren Wirkungsorte transferieren. Zugleich bereicherten stadtrömische Notare, wie der erwähnte Johannes unter Paschalis II. und wahrscheinlich weitere seiner Kollegen unter Innocenz IL, den Formenschatz der Papstkanzlei durch Elemente aus dem Urkundenwesen der Urbs. Ob aber die Weitergabe durch Personen oder der Export des Sichtbaren wichtiger war, ist bislang schwer zu sagen. Es gab ein Potenzial der Papsturkunde als stilistischer Schrittmacher im gesamteuropäischen Kontext, das man für das Hochmittelalter nie aus den Augen verlieren darf"4, gerade bei 112 Sie sind bei Stirnemann, Fils S. 60-62, zusammengestellt. 113 Einflüsse auswärts produzierter illuminierter Urkunden auf das „Kunstschaffen im Empfängergebiet" vermutete schon Santifallek, Urkunden S. 117, Anm. 18. 114 Schon SantiFALLEK, Urkunden S. 114, sah den Ursprung der Zierinitiale und der Urkunden- illumination insgesamt bei den Papsturkunden. So auch Df.rs., Urkundenforschung S. 24. 142 Otfried Kmfft Verzierte Initialen in den Papsturkunden 143 der unabhängig vom Medium weiterverwendbaren Initiale. Gerade diese Urkundenart machte europaweit synchrone Anpassungen möglich, und kein Musterbuch reichte an ihre Autorität heran. Alle späteren Verzierungen in Papsturkunden und ihren Derivaten, auch ihre Fortbildung bis hin zu aufwendigen Illuminationen bauten auf dem ausgeschmückten Anfangsbuchstaben auf, der sich im 12. Jahrhundert entwickelt hatte. Seit etwa 1090 konnte die Papsturkunde ihr Aussehen in steter Innovation festigen. In kleinen Schritten vollzog sich bis 1139 der Wandel zur optisch hervorgehobenen Initiale in den Papsturkunden. Seit diesem Jahr wurde sie vereinzelt, dann seit 1143 öfter aufwendig ausgestattet. Mit Eugen III. wurde 1145/46 eine kurze Phase hochwertig ausgestatteter Initialen erreicht, bevor die frühere Varianz zwischen Schlichtheit und Ornament zurückkehrte. Zur grundsätzlichen Verzierung der Initiale war man in den Jahren vor 1177 übergegangen. Dies geschah wohl nach der Rückkehr Alexanders III. und seiner enorm leistungsfähigen Kanzlei115 nach Rom (1165), vielleicht war es der Versuch, der eigenen Obödienz durch Urkunden mit einem geordneten Erscheinungsbild entgegenzutreten. Schon dessen Stabilisierung in den vorhergehenden Jahrzehnten hing deutlich mit den Schritten zur Konsolidierung des Papsttums zusammen. Den einen Papst, der die Zierinitiale einführen ließ, hat es indessen nicht gegeben. Durch das Formular war der erste Buchstabe des Ausstellernamens ohnehin exponiert, schrittweise wurde er dann herausgearbeitet. Weniger selbstverständlich war die Verwandtschaft zum Benevalete: Sie war schon vor Leo IX. durch Nutzung der Kapitalis für die Papstnamen und den Schlussgruß gegeben, zumal sie seit 1049 für einige Zeit beide als Monogramme geformt wurden. Die Beziehung beider Elemente blieb fortan bestehen. Methodisch ist diese Parallelität von Monogramm und Initiale eine Erleichterung, da es bisher keine systematische Erfassung der Schreiber nach 1123 gibt, man sich aber am Benevalete orientieren kann, das zunächst stärker herausgestellt wurde. Von der Zeit Alexanders III. an entwickelte sich die Initiale zum eigentlichen Blickfang, sei es durch ihre Größe oder den Zierrat. In den Litterae cum serico, die sich nicht zufällig gleichzeitig von den Hanfschnurbriefen abgrenzten, war sie dann ohnehin das entscheidende verzierte Element und Distinktionszeichen. All das war ein langwieriger Prozess, der sich gut beobachten lässt, ohne dass sich ein fester Zeitpunkt für die Einführung der Zierinitialen festlegen lässt. Die Bewertung bleibt schwierig, seit wann und mit welcher der allmählich hervortretenden Initialen die Grenze zu setzen wäre. Beim späten Innocenz IL zeigten diese Buchstaben nicht nur Aussparungen, sondern griffen weit über und unter die erste Zeile aus, bei Eugen III. wurden sie einige Monate lang stark verziert. Erst nach etwa 1183 war der verwendete Zierrat nicht nur abstrakt ornamental, sondern umfasste regelmäßig pflanzenartige Elemente, was sich unter Gregor IX. noch einmal steigern sollte. Sie wurden später namengebend für die aufwendigere Ausstattung, wie die flores der Kanzleivermerke und des ,Formularium Audientiae' zeigen, obwohl sie eine höhere Entwicklungsstufe belegen. Aber darf man daher von Fleuronné(e) sprechen? Diese Benennung scheint in den Urkunden nicht unproblematisch, sicherlich auch, weil die Terminologie für Initialen weitgehend anhand von Büchern entwickelt ist. Für die Diplomatik dürfte sie nicht immer passen, gerade wenn man die Genese solcher Zierbuchstaben nachzuzeichnen sucht, die in den päpstlichen Urkunden lange nur zaghaft und kleinschrittig ablief, bevor die Initialen nach dem Austreiben von Ranken aufblühten, ohne das gattungstypische Gebot der Monochromie zu verletzen. Wenn dies geradezu die Zusammenarbeit von Diplomatik und Kunstgeschichte erzwingt, sind beide Fächer herausgefordert, über ihre Horizonte hinaus zu schreiten. Die Diplomatik, sei es vor historischem oder archivischem Hintergrund, sollte sich in ihren Regesten und Repertorien dem Aussehen der Einzelstücke, selbst wenn sie unzweifelhaft echt sind, stärker öffnen, um es damit nach außen zu vermitteln. Die Kunstgeschichte sollte hingegen die Entwicklung in den Handschriften stärker in Verbindung mit dem Urkundenwesen sehen, denn beide entstammten ein und derselben Welt. Urkunden liefern einen gewaltigen Fundus an meist exakt datierten und lokalisierten Initialen, Zierbuchstaben oder Monogrammen, deren Parallelen zu den Büchern augenscheinlich sind. Doch die Akkumulation von Abbildungen allein tut es nicht. Unerlässlich bei solchen Vergleichen wäre die Einordnung in den historisch-politischen Kontext und eine diplomatische Kritik, deren definitorischen Abstufungen zentral für die Interpretation sind. Diese und andere Begrifflichkeiten - bei denen man Ex- und Importe nur mit Bedacht vornehmen sollte - sind aus dem schlichten Grunde so wichtig, um Ergebnisse zu erzielen, die spartenübergreifend gelten können. I 115 Vgl. MalECZEK, Schisma S. 185. 144 Otfried Krafft Verzierte Initialen in den Papstlirkunden 145 Verzeichnis der gekürzt zitierten gedruckten Quellen und Literatur Archivio Paleografico Italiano 6: Ernesto Monaci (Hg.), Archivio Paleografico Italiano 6, Rom 1906-1911. Bartolom, Censimento: Franco Bartolom, Per un censimento dei documenti pon-tifici da Innocenzo III a Martino V (escluso). Relazione, discussione e voto finale al Convegno internazionale di studi per le fonti del Medioevo Europeo (Roma, 14-18 aprile 1953), Rom 1955. Baumgarten, Miscellanea Diplomatica 3: Paul Maria Baumgarten, Miscellanea Di-plomatica 3, in: Römische Quartalschrift für christliche Archäologie und Altertumskunde 32 (1924) S. 37-81. 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Abb. 1: Erste Ansätze zu verzierten Initialen beim Schreiber Johannes unter Paschalis II.: JL 6017 (1105 Apr. 5), JL 6188 (1108 Jan. 7)undJL 6291 (1111 Apr. 15). UltTM- ins • Ii i! Abb. 4: Neue Form(cn) der Initiale im Jahr 1143: JL 8341 (1143 Jan. 21), JL 8346 (1143 Apr. 26), JL 8273 (1143 Mai 1) undJL t8355 (1143 Apr. 9). I J*tK" UjJ* Lil ,. i „ li l WO. 150 Otfned Knifft Verzierte Initialen in den Papsturkunden 151 Abb. 5: Romische Notarsurkunden der Jahre 1141 und 1143. '1*3 TIU S j-Ctft* Lwn-,iJR.'| yittu Abb. 6: Zierinitialen unter Eugen III.: JL 8747 (1145 Apr. 30),JL 8785 (1145 Okt. 9), JL 8786 (1145 Okt. 10) und JL 8850 {1146 Jan. 28). Abb. 7: Päpstliche Stileinflüsse in Salzburger Erzbischofsurkunden: JL 8184 (1142 Jan. 8), SUB 2 Nr. 352 (1160 Aug. 19), JL 8914 (1146 Mai 4) und SUB 2 Nr. 349 (1161). Abb. 8: Initialen des Monogramm/.eichners 8 Alexanders III. für mehrere Päpste: JL 13346(1179 März 29), JL 14701 (1182 Nov. 22), JL 15036(1184 Mai 4)JL 16030 (1187 Nov. 2) undJL 16492 (1190 Mai 25). VN. Abb. 9: Palmettcnverzierungen 1183 bis 1188: JL 14847(1183 Febr. 27), JL 15651 (1186 Juli 29), JL 16080 (1187) und JL 16260(1188 Mai 30). 1 >1l f Up l~\ ciqtojjm nhixtn c$gi Abb. 10: Initialen bei Innocenz III. und Honorius III.: Potthast 4277 (1211 Juni 27), Potthast 4998 (1215 Okt. 15, Abb. in der Mitte) und Potthast 5739 (1218 März 30). 86 152 OtfriedKrafft Abb 11: Initialen unter Gregor IX.: Potthast 8277 (1228 Nov. 8), Papsturkunden Schweiz 1 Nr. 275 (1237 Febr. 29) und Hessisches UB II/l Nr. 205 (1238 Juni 26). Scribes, Pen-flourishers and Illuminators in Papal Charters from the Great Western Schism to the Age of the Councils (1378-1447) by Francesca Manzari Abstract In the years following the return to Rome of Gregory XI, in 1377, and with the outbreak of the Great Western Schism a year later, the production of illumination in Rome underwent a significant revival. For the first time after over sixty years, workshops active in the city elaborated a distinctive new style, eclectic and based on multiple cultural elements, but specific to the context of the curia. The illuminators working for the first popes during the Schism were also scribes and pen-flourishers, and sometimes musicians. An examination of the charters produced in the Roman curia in these years reveals that these scribes worked in the production of books as well as documents. The most remarkable of them, Stefano delPAquila, is the author of beautiful pen-work decoration in illuminated manuscripts and papal bulls produced during the papacies of Urban VI, Boniface IX, Innocent VI and Gregory XII. A further survey of charters decorated for the Italian antipopes during the years of the Councils (Alexander V, John XXIII, Felix V) and for the first two popes after the end of the Schism, Martin V and Eugene IV, shows that once again scribes and artists decorated both books and charters and they were also active in the papal musical chapel. The pen-work of the artist, scribe and singer Barthelemy Poignare concludes this rich and extraordinary Late Gothic stage, before the transition to Renaissance style. In the years following the return to Rome of Gregory XI, in 1377, and with the outbreak of the Great Western Schism after his death, a year later, the production of illumination in Rome underwent a significant revival. For the first time after over sixty years workshops active in the city elaborated a distinctive new style, definitely eclectic and based on multiple cultural elements,