Wo liegt Preußen? | Karambolage https://www.youtube.com/watch?v=lrvrsgJeBO4&t=1s Es gab einmal ein Land in Europa, das hieß Preußen. Das weißt jeder in Deutschland. Franzosen verwechseln manchmal Preußen und Deutschland. Preußen war ein Teil Deutschlands, allerdings zu einer Zeit an der es Deutschland als Staat noch gar nicht gab. Eines ist sicher. Überall verbindet man mit Preußen Klischees von Militär, Drill, Gehorsam, Disziplin, Pflichterfüllung, Pickelhauben, Säbelrasseln. Zugegeben, das eher unsympathische Bild von Preußen ist nicht ganz unbegründet. Preußen war ein mächtiges Land, gefürchtet aber auch bewundert. Irgendwann verschwand es von der Landkarte. Kaum jemand weißt genau wann, wie, und warum. Sonderbar, oder? Schon die Entstehung und der Aufstieg von Preußen waren kompliziert, wie die deutsche Geschichte. Im siebzehnten Jahrhundert erbten die Kurfürsten von Brandenburg ein kleines Herzogtum, namens Preußen. Es lag hier oben an der Ostsee, gut fünfhundert Kilometer östlich von Berlin. Dort setzte sich im Jahre siebzehnhunderteins der Brandenburger Kurfürst Friedrich selbst feierlich eine Krone aufs Haupt. Obwohl sein Land bitterarm war feierte er seine neue Königswürde mit Prunk und Pracht. Sein Sohn Friedrich Wilhelm machte dann radikal Schluss mit Pump und Verschwendung. Er hatte eine fixe Idee: eine starke Armee. Drei Viertel des Staatshaushalts gab er dafür aus. Soldaten wurden mit Brachialgewalt rekrutiert. Der Soldatenkönig, wie man ihn nannte, hatte nur eine Marotte, für seine Garde von besonders großen Soldaten, den „Langen Kerls“, gab er viel Geld aus. Krieg hat der Soldatenkönig aber nur einmal geführt. Das endete sich drastisch, als sein Sohn Friedrich der Zweite König wurde. Durch die Kriege konnte er Staatsgebiet mehr als verdoppeln. Schließlich konnte der Preußenkönig im Konzert der europäischen Mächte mitspielen. Friedrich der Große, wie man ihn bald nannte, förderte Wirtschaft, Kultur, und Wissenschaft in Berlin. Viele Hugenotten, die in Preußen Zuflucht gefunden hatten, waren dabei hilfreich. Im seinem Lieblingsschloss Sanssouci in Potsdam musizierte der König und philosophierte mit Voltaire auf französisch. Der Beamtenapparat war pflichtbewusst, das Militär gehorsam, Soldaten mit schönen Uniformen sahen bei Paraden prima aus. Aber als dann Napoleon mit seinen revolutionären Armeen Europa überrannte mussten auch die Preußen achtzehnhundertsechs bei Jena und Auerstätt kapitulieren. Napoleon rupfte dem stolzen preußischen Adler viele Federn aus. Der dreiste Korse marschierte in Berlin ein und ließ die Quadriga vom Brandenburger Tor abmontieren, nahm dem Preußenkönig die Hälfte seines Landes weg, und verlangte horrende Kontributionszahlungen. Aber kaum zehn Jahre später kam für Napoleon in Waterloo das bittere Ende. Beim Wiener Kongress wurde Europa achtzehnhundertfünfzehn neu aufgeteilt. Preußen bekam als fette Beute vor allem im Westen wertvolle Gebiete. Preußen wurde so mächtig, dass Bismarck, der starke Mann im Staat, achtzehnhundertsiebzig dem Kaiser der Franzosen Napoleon den Dritten zu einem Krieg provozieren konnte. Die Preußen siegten, im Bunde mit deutschen Fürsten. In Siegelaune konnte Bismarck endlich seine deutsche Einheit besiegeln, und ließ prompt in Frankreich, im Spiegelsaal im Schloss von Versailles, den Preußenkönig Wilhelm den Ersten zum Kaiser des frischgebackenen deutschen Reiches proklamieren. Außerdem nahmen sich die Preußen das Elsass, und ein Teil von Lothringen, da waren die Preußen in Frankreich endgültig verhasst. Neunzehnhundertvierzehn zog der eitle und großkotzige Kaiser Wilhelm der Zweite – der mit dem komischen Schnurrbart und Pickelhaube – wieder in den Krieg, gegen den Erbfeind Frankreich. Das Ende ist bekannt. Der deutsche Kaiser und König von Preußen wurde aus dem Reich gejagt. Preußen aber blieb weiter das größte Land in der neuen Republik. Auch nach der Machtergreifung durch Hitler gab es im Dritten Reich formell immer noch das Land Preußen. Natürlichen beherrschten die Nazis alle Schalthebel der Macht. Nach dem zweiten Weltkrieg teilten dann die Alliierten das Reich wie einen Kuchen auf. Ein Stück bekam Stalin, ein großer Teil, östlich der Oder-Neiße Linie, wurde polnisch. Von Berlin bekam jeder ein Stück. Ein Teil wurde sowjetische Besatzungszone, die spätere DDR. Der Rest, im Westen, wurde in Bundesländer aufgeteilt. Dem bösen, militaristischen Preußen gab man die Schuld für die Verbrechen der jüngsten deutschen Geschichte: es verschwand endgültig von der Landkarte. Trotzdem weinen manche Preußen heute noch eine Träne nach. Denn es gab in Berlin eben nicht nur Militärs mit Pickelhaube, sondern auch die typisch preußischen Tugenden, die Pflichterfüllung und Treue, und liberalen Geist und Kultur. Böse Preußen gibt es übrigens auch noch. In Bayern beispielsweise, wo man die Preußen nie so recht mochte, wird ein Fremder, ohne Dirdnl oder Lederhose, schnell mal als Saupreiß beschimpft.