2 Wissenschaftskommunikation 2.1 Wissenschaftssprachc rung Sprache schriftlich fixiert wird. Zwischen der Äußerung des Autors und der Rezeption durch den Leser besteht eine räumliche und zeitliche Distanz, die von beiden Seiten berücksichtigt werden muss. Diese allgemeine Texteigenschaft gilt auch für Wissenschartstexte wie den Wissenschaftlichen Artikel. Aufmerksame Autoren werden also darauf achten, dass ihre Texte klar und deutlich formuliert sind, damit das Kommunikationsziel erreicht werden kann. Denn ist der Text erst einmal publiziert, kann daran nichts mehr korrigiert werden. Was unter „klar und deutlich" zu verstehen ist, ergibt sich aus den Gepflogenheiten innerhalb der Kommunikationsgemeinschaft, zu der sich der Autor zählt. Schwierigkeilen treten häufig erst dann auf, wenn Wissenschaftliche Artikel Sprach- und Kulturkreise überschreiten, sei es bei Rezeption durch Nichtmuttersprachler oder weil der Autor in einer Fremdsprache publiziert. Da wissenschaftliche Erkenntnisse nicht nur im eigenen Sprach- und Kulturraum publiziert und rezipiert werden sollen, sind solche Grenzüberschreitungen durchaus häufig und auch erwünscht. Welche sprachlichen Besonderheiten - unabhängig vom Sprachsystem - dabei berücksichtigt werden sollten, steht im Mittelpunkt des Interesses der vorliegenden Arbeit, und zwar bezogen auf das Sprachenpaar Tschechisch-Deutsch. 2.1 Wissenschaftssprache „Jakou řečí mluví věda?" - Welche Sprache spricht die Wissenschaft? So betitelt der tschechische Linguist František Daneš (2000) einen Aufsatz zur Wissenschaftssprache. Dabei geht es nicht um die Entscheidung eines Wissenschaftlers, seine Forschungsergebnisse auf Englisch, Deutsch oder vielleicht Tschechisch zu publizieren. Es geht um die Frage, inwiefern sich die Wissenschaftssprache von der Allgemeinsprache unterscheidet, und welche spezifischen Merkmale sie charakterisieren. Bei der Wissenschaftssprache handelt es sich um eine Varietät, die zwischen Allgemeinsprache und den akademischen Fachsprachen anzusiedeln ist. Korrad Ehlich charakterisiert sie unter dem Begriff „Alltägliche Wissenschaftssprache" folgendermaßen (Ehlich 1993:33): Ihr gehören die fundamentalen sprachlichen Mittel an, derer sich die meisten Wissenschaften gleich oder ähnlich bedienen, die allgemeinen Kategorien wie ,Ursache, Wirkung',,Folge', .Konsequenz', aber auch der spezifisch wissenschaftliche Gebrauch, der vom System etwa der Konjunktionen und der komplexen Syntax gemacht wird. Es wird deutlich, dass die Wissenschaftssprache lexikalische und grammatische Merkmale aufweist, die eng mit dem wissenschaftlichen Arbeiten verknüpft sind. Die Definition von Heinz L Kretzenbacher betont darüber hinaus noch einen weiteren Aspekt, nämlich den kulturellen. Kretzenbacher (1998:133) versteht unter Wissenschaftssprache die Gesamtheit der Phänomene sprachlicher Tätigkeit [...], die im kulturellen Handlungsfeld der Wissenschaften auftreten und die zugleich dieses als theoriebildende und -verarbeitende Kommiinikationsgemeinschaft sowie als gesellschaftliche Institution entscheidend konstituieren. Dieser Aspekt isl für die vorliegende Untersuchung insofern wichtig, als gerade die sprachlichen Auswirkungen unterschiedlicher Wissenschaftskulturen im Mittelpunkt stehen sollen. Versteht man Wissenschaft wie Kretzenbacher als kulturelles Handlungsfeld und die Wissenschaftssprache als sprachliche Äußerung wissenschaftlichen Handelns, dann verwundert es nicht, wenn in unterschiedlichen Wissenschaftskulturen die Wissenschaflssprache auch unterschiedliche Merkmale aufweist. Ein weiteres Stichwort aus dem oben genannten Zitat, nämlich die „Institution", thematisiert Ehlich an anderer Stelle (vgl. Ehlich 1991:136). Er verweist darauf, dass Sprache eng mit Institutionen zusammenhängt. Indem wissenschaftliche Institutionen in unterschiedlichen Ländern ihre je eigene kulturelle Prägung aufweisen, muss dies auch Auswirkungen auf die jeweilige Wissenschaftssprache haben. Bevor die kulturellen Spezifika von Wissenschaftstexten eingehender behandelt werden, soll es jedoch zunächst um universelle Merkmale der Wissenschaftssprache gehen, die kulturübergreif'end Gültigkeit besitzen. 2.1.1 Merkmale der Wissenschaftssprache Die Merkmale der Wissenschaftssprache wurden etwa zeitgleich aus zwei unterschiedlichen Perspektiven in den Blick genommen. Einerseits von der Stilistik, andererseits von der Fachsprachenforschung. l-i « Frank S; Timme Verlag für wissenschaftliche Literatur 6 Frank & Timme Verlag für wissenschaftliche Literatur 15