TEXTSTILISTIK STILISTIK I – STILISTISCHES POTENZIAL: STILELEMENTE UND STILFIGUREN STILISTIK II – TEXTSTILISTIK UND TEXTSORTENSTILISTIK TEXT(SORTEN)STILISTIK •Ausgangspunkt 1: Funktionalstilistik und Textlinguistik: Kriterien der Textualität •Ausgangspunkt 2: Kommunikationsbereiche und ihre Textsorten •Methoden der stilistischen Textanalyse • FACHLITERATUR •Malá, Jiřina: Stilistische Textanalyse: Grundlagen und Methoden, Brno 2009 •Fix, Ulla/Koll.: Textlinguistik und Stilistik für Einsteiger. Ein Lehr- und Arbeitsbuch. 2., korrigierte Auflage. Frankfurt/M 2002 •Lenk, Hartmut E.H.: Praktische Textsortenlehre. Ein Lehr- und Handbuch der professionellen Textgestaltung. Helsinki 1993 •Fandrych,Christian&Thurmair,Maria:Textsorten im Deutschen. Linguistische Analysen aus sprachdidaktischer Sicht.Tübingen 2011 •Sandig, Barbara: Textstilistik, Tübingen 2006 •Malá, Jiřina: Texte über Filme. Stilanalysen anhand von Filmrezensionen und filmbezogenen Texten, Brno 2016 • STILISTIK UND STIL •Stilistik – linguistische Teildisziplin •Stil – allgemein: „Der hat Stil...“ – „Das hat keinen Stil“ • Art und Weise der Gestaltung, der Äußerung •die Ausdrucksweise - Sänger XY - Kleider, Stimme, Lieder - originell, erhaben, vulgär, witzig… •Kunst (Architektur, bildende Kunst, Musik, Literatur) •Epochenstil - Jugendstil, Barock, Gotik… •Individualstil - Picassso, Lada, Mozart, Goethe, Novalis... •„Janusgesicht“ (Hans-Werner Eroms) •Sprachstil – Art und Weise der sprachlichen Äußerung • im Text (Textgestaltung) •Stil – immer textgebunden, Struktur und Funktion •Auswahl und Anordnung von sprachlichen Stilmitteln im Text ist von der kommunikativen Situation (Zweck, Ziel) beeinflußt • ENTWICKLUNG DER STILISTIK •junge oder alte linguistische Disziplin? •Etymologie des Wortes – stylos (altgr.), stilus (lat.): Säule • metaphorische Übertragung: hölzerner • oder metallener Schreibgriffel • metonymisch: Art und Weise des Schreibens •1. griechische und römische Antike – Rhetorik • stilus Homeri, stilus Aesopi • ARISTOTELES – rhetorisch-normative Stilistik, Poetik • CICERO – „De oratore“ (Vom Redner) •M. Fabius QUINTILIANUS (Spätantike) – Ausbildung des Redners •rhetorische Mittel • ENTWICKLUNG DER STILISTIK •2. Mittelalterliche Stilistik – Rezeption und Adaption der antiken Rhetorik •3. Neuzeit - Rückbesinnung auf antike Ideale • 19. Jh. – Emanzipation der Stilistik - linguistischeTeildisziplin • Novalis – Individualstil (Romantik) • Anfänge der Linguostilistik: normative - Regeln • deskriptive Stilistik •4. das 20. Jh: „Blütezeit“ der Stilistik •Prager Schule (20.-30.er Jahre des XX. Jhs., V. Mathesius, B. Havránek u.a.) •Funktionalstile: Alltagsstil, Stil der Wissenschaft, Amtsstil, Belletristik (J. Mukařovský) •Strukturalismus: R. Jakobson • KOMMUNIKATIV-PRAGMATISCHE WENDE •um 1970 – kommunikativ-pragmatische Wende – •Abwendung vom Sprachsystem – Zuwendung zur Kommunikation •„neue“ linguistische Teildisziplinen – Tetxlinguistik, Pragmalinguistik, Sozio- und Psycholinguistik, Diskursanalyse u.a. •90er Jahre - kognitive Linguistik • Fragen der Stilistik in die übergreifenden Zusammenhänge der Textlinguistik und Kommunikationsforschung intergriert (G. Michel) •Stilistik der 80er, 90er Jahre bis ins 21. Jh.: reflektiert und bearbeitet die Erkenntnisse der Text- und Pragmalinguistik, kognitiven Linguistik, Psycholinguistik • KOMMUNIKATIV-PRAGMATISCH ORIENTIERTE STILISTIK •Kommunikativ-pragmatisch orientierte Stilistik: Ende der 70er, 80er Jahre •Hauptvertreter: Barbara Sandig (Saarbrücken) 1978, 1986 • Ulrich Püschel (Trier), (G. Michel, B. Sowinski) •Stil als Vollzug einer sprachlichen Handlung (Aufforderung, Wunsch, Warnung...) •Kommunikative Zusammenhänge stark im Vordergrund •Textsortenstilistik – Gebrauchstexte, Massenmedien, Gesprächstile, Stilsemiotik, Probleme der Didaktik und Methoden der Stilanalyse, Stil in interkulturellen Zusammenhängen •Textsorten – nach der kommunikationsorientierten Text-Konzeption: •Sprachhandlungsschemata, die nach bestimmten Textmustern und –strategien jeweils spezifische Vermittlungsaufgaben • (Funktionen) erfüllen (K. Brinker: Linguistische Textanalyse, 2010) • EINZELNE KOMMUNIKATIONSBEREICHE UND IHRE TEXTSORTEN: 1.KB Alltagsverkehr und seine TS 2.KB Fachkommunikation und seine TS 3.KB des offiziellen gesellschaftlichen Verkehrs und seine TS:Verwaltung, Justiz, Wirtschaft (institutionelle Kommunikation) 4.KB der Massenmedien und seine TS 5.KB der Belletristik und seine TS • •Aktuelle Texte! • TEXTLINGUISTIK •Sprachwissenschaftliche Richtung/Strömung •Kommunikativ-pragmatische Wende •Etymologie: textus - lat. – Gewebe, Geflecht, texere •der Text – mehr als Satz (Chomsky: GTG, „transphrastische“ Textauffassungen 60er Jahre) •Text als Satzfolge (Oberflächenstruktur) •Tiefenstruktur (semantisch) •Text als Sprachliches Handeln (70.er Jahre) Sprachhandlungen: FESTSTELLEN, AUFFORDERN, • BEWERTEN, • WARNEN, WÜNSCHEN… • KRITERIEN DER TEXTUALITÄT (DE BEAUGRANDE, DRESSLER: EINFÜHRUNG IN DIE TEXTLINGUISTIK 1981) •Kohäsion – grammatische Formen auf der Textoberfläche (Pronominalisierung, Proadverbialisierung) • Peter..... er, Berlin .... dort •Kohärenz – semantische Relationen (Oberflächen- und Tiefenstruktur – lex.-semantische Mittel: Synonymie: ein Mann – der Kerl, Hyperonym-Hyponymie: der Mensch – ein Mann, implizite Wiederaufnahme: Prag - Hradschin): Weltwissen, Erfahrungen •Sie kam nicht zur Prüfung, weil sie in einen schweren Verkehrsunfall auf der Autobahn geraten war. • kausal • KRITERIEN DER TEXTUALITÄT - PRAGMATISCH •Intentionalität – Absicht des Textproduzenten •Akzeptabilität – Textrezipient - fähig sein, den Text zu verstehen •Informativität - „Verständlichkeit, Angemessenheit„- Kommunikationsziel •Situationalität - kommunikative Situation - Sprachkode, Kanal (Medium): Schallwellen, Telefon, Handy, MM, Druck •Intertextualität – Beziehungen zw. einzelnen Texten- Beziehungen zw. Textsorten: Belletristik: Roman - Bezüge auf Briefe, Gedichte, Fachaufsatz, Lieder.... •Kulturalität – Textsorten, Textmuster - Todesanzeige, Kondolation, Leserbrief, SMS, e-mail.... einen Antrag stellen • 1.KOMMUNIKATIONSBEREICH ALLTAG UND SEINE TEXTSORTEN: •Charakteristische textuelle Merkmale: •Spontaneität •Situationalität •Intertextualität (Medien, Belletristik) •Situationen: Familie, Freundeskreis, Arbeitsplatz, „lockere„ • öffentliche Situationen: Einkauf, Dienstleistungen, • „gesellige" Veranstaltungen, auch in den elektronischen • Medien (talkshows, Interviews, Debatten), literarische Dialoge • (Epik, Dramatik), Internet: E-mail, blog, chat •Charakteristische stilistische Merkmale: (Stilzüge): Ungezwungenheit •Lockerheit •Emotionalität • • TEXTSORTEN •Gespräch (Dialog), auch privater Brief, Tagebuch, E-mail, Blog, Diskussionsforen im Internet: chat, twitter, Facebook, Instagram… •Kommunikationsform (Medium): meistens mündlich (Face-to-Face-Gespräch, Telefongespräch, Handy, auch schriftlich: Brieform, e-mail, SMS, Tagebucheintragungen, Online-Tagebücher – Blogs •Funktion: Informieren, Appellieren, Kontaktherstellung •Komposition: Dialog: Frage-Antwort-Sequenzen • SPRACHLICH-STILISTISCHE MITTEL: UNGEZWUNGENHEIT, LOCKERHEIT, EMOTIONALITÄT: • lexikalische Stilmittel: Umg., saloppe, derbe, vulgäre Wörter&Wendungen: ich hab die Nase voll • Dialektismen, Modewörter: super, cool • Jugendsprache, Slang (Professionalismen): exen • Stilfärbungen: scherzhaft, spöttisch, hyberbolisch, Ironie, vertraulich (familiär) • Phraseologismen: Idiome, Vergleiche, Sprichwörter • syntaktisch-morphol.: Ellipse, Satzabbrüche, Parenthesen, Anakoluth, Katachrese, Nachtrag • Partikeln, Interjektionen • analytische Verbformen: Perfekt, Konditional (würde + Inf.) • phonetische Stilmittel: Intonation, Ellisionen und Assimilationen, • Apokope (is, ich streif), Synkope (ham wir) FERNSEHSENDUNG: KOCHEN MIT… •Textsorte: Funktion, Ziel: Kochrezept- informieren, Unterhaltung , Werbung •Transkription und sprachstilistische Realisierung: •Kursive: Simultansprechen •Wiederholungen - Verzögerung •Aposiopese •Umg. - Synkope, Apokope •FETT - Hervorhebung durch die Intonation •Zustimmungsignale, Interjektionen, Ausrufe •umg. kommunikative Formeln : um Gottes WILLN! wegschmeissen, Is ja doll! •"Kochslang" - KROSS •Pausen, Räuspern •Anakoluthe - satzwidrige Konstruktion, Ellipsen • 2. KOMMUNIKATIONSBEREICH FACHKOMMUNIKATION UND TEXTSORTEN •Funktionen: •informativ: Vermittlung von Informationen aus der Wissenschaft, Forschung, Technik, aus verschiedenen Fachbereichen (Ökonomie, Jurisprudenz) •appellativ •Stilverfahren: Explikation (Erörtern, Erklären), Argumentieren, Deskription(Beschreiben, Berichten) • • RICHTUNGEN UND TEXTSORTEN •wissenschaftlicher Stil: Natur- sowie Geisteswissenschaften: Medizin, Physik, Chemie, Biologie…; Psychologie, Soziologie, Philologie, Geschichte… •schriftlich: theoretische Fachaufsätze, wiss. Studien in Fachpublikationen (Fachzeitschriften), Diplomarbeit, Dissertation, Habilschrift, wiss. Monographie… •mündlich: Fachreferate auf wissenschaftlichen Konferenzen, Tagungen, Kongressen…(schriftlich in Sammelbänden), Diskussionsbeiträge •praktischer Fachstil: Wirtschaft, Justiz, Technik… •populärwissenschaftlicher Stil: Lehrbücher, wiss. Rezensionen, publizistische Artikel •essayistischer Stil: populärwissenschaftliche Aufsätze in Medien, Interview mit Experten... - belletristische Züge (lit.-künstlerische Mittel - Metapher, rhetorische Frage...) • • • TEXTUELLE HAUPTMERKMALE UND STILELEMENTE •öffentlicher Charakter – neutraler Stil •Standard- (Schrift)sprache, ohne umg. Stilelemente, ohne Emotionalität und Expressivität •(keine Vertraulichkeit, keine Hyperbolik) •Klarheit, Logik, Genauigkeit – logische Gedankenführung – •Syntax: lückenloser Satzbau, Thema-Rhema-Gliederung, • Kausalität - weil, da, denn, Finalität - damit, IK um ...zu) •Lexik: Fachbegriffe (Termini - Definition): z.B. Linguistik - die Flexion - • Fremdwörter, Internationalismen - altgr., lat., engl., ital. (Musikwiss.), frz •Fachwortschatz: das eigenständige Merkmal der Fachsprachen: in der Terminologie wird das Wissen des jeweiligen Fachgebietes repräsentiert: Medizin: Körperorgane: Herz, Thorax, Magen-Darm-Trakt; Krankheiten und Syndrome: Schlaganfall, Herzinfarkt, AIDS sowie ihr Charakter, Dauer, ihre Symptome und Befunde: akut, Schmerz; Untersuchungsverfahren und Opetrationstechniken: Computertomographie, Biopsie; Bezeichnungen von Patienten: Diabetiker. •starke Dynamik: Metaphorisierungen: Computervirus, springende Gene, genetischer Fingerabdruck •Allgemeiner Fachwortschatz: System, Experiment, Funktion • • • • • • • TEXTUELLE HAUPTMERKMALE UND STILELEMENTE •Sachlichkeit, Begrifflichkeit, Fachlichkeit: Fach- und Fremdwörter, semantische Eindeutigkeit (Konnotationen, Expressivität eingeschränkt), z.B. "Revolution" - neg., pos. Konnotationen – genau definiert •unpersönliche Ausdrucksweise, Objektivität: man, es ist anzunehmen, nach Meinung des Verfassers, meines/unseres Erachtens, ich-Form - moderne Tendenz) • Nominalstil: Nomina, Adjektiv-Substantiv, FVG - zur Ausführung bringen, • Partizipialkonstruktion - das für den Versuch verwendete Tier • Attribuierung, Attributivketten statt relative Nebensätze •Passivkonstruktionen - die Handlung im Vordergrund •Gliederung: Absätze, Infografik: Bilder, Tabellen, Grafen, Diagramme… • Unterschiede zwischen streng wissenschaftlichen und populärwissenschaftlichen Textsorten! • TEXTBEISPIELE: •Vagheitsreduzierung (1987): •lange, komplizierte Sätze (NS – kausal, final…) •IK mit zu •Unpersönliche Konstruktionen: sein + zu + Inf. •Partizipialkonstruktionen •Parenthese: - - •Termini – Linguistik (Kommunikation), Internationalismen • TEXTBEISPIELE •Sprache und Emotion (2007): •Textgestaltung: Zitate (Motto) •Persönlicher Stil – ich als Wissenschaftlerin, meine Analysen – mehr Emotionalität und Individualität •trotzdem „wissenschaftlich“: man muss (an)erkennen •Termini: Kognition, Emotion, marginal •Zitierungsweise: (hierzu Damasio 1997) • 3. KOMMUNIKATIONSBEREICH DER INSTITUTIONELLEN (OFFIZIELLEN) KOMMUNIKATION •große Heterogenität - viele TS, verschiedene Merkmale •viele Berührungspunkte mit dem Fachstil •Teilgebiete: •1. Verwaltung – Kommunikation zwischen gesellschaftlichen Institutionen, Behörden, Dienststellen, Organisationen sowie der Verkehr der Bürger mit solchen Insitutionen •nicht streng fach- und berufsspezifisch – Amtsstil, Stil des Amtsverkehrs • • TEILGEBIETE • 2. Wirtschaft – Kommunikation zwischen Firmen, Unternehmen, Betrieben: •Handelskorrespondenz, Wirtschaftsdeutsch •Kommunikation Arbeitgeber – Arbeitnehmer •3. Justiz – Kommunikation im Bereich des Gerichtswesens, Gesetzestexte, Rechtssprache •Gemeinsamkeiten in den Bereichen Verwaltung und Justiz •zahlreiche Überschneidungen zwischen dem „offiziellen“ und dem Fachstil: Fachsprache der Verwaltung, der Politik, der Börse, der Justiz sowie zwischen den Teilgebieten Verwaltung, Wirtschaft, Justiz • TEXTUELLE HAUPTMERKMALE UND STILELEMENTE •„offiziell“: Nominalstil: • „Der Mieter ist zur Übergabe der Wohnung in einem • zum vertragsgemäßen Gebrauch geeigneten malermäßigen • Zustand verpflichtet.“ (Zivilgesetzbuch) •Substantive, Adjektive, erweiterte Atributtivketten (Partizipialkonstruktionen), unpersönliche Formen (verpflichtet sein, sein + zu + Inf.) •offizieller (Fach)wortschatz („Papierdeutsch“): laut Gesetz, • aktenkundig, Postwertzeichen, Beförderungsdokument, Straffälliger; •Funktionsverbgefüge: in Kraft treten, ein Gesetz verabschieden, • Maßnahmen treffen… • TEXTSORTEN: •1. Verwaltung: ofizielle Briefe: Antrag, Einladung, • amtliche Kurztexte: Vollmacht, Beglaubigung,eidesstattliche Erklärung, • Mietvertrag (Übergangszone Justiz) •Bekanntmachung, Anweisung, Beschwerde, Gesuch, Eingabe •amtliche Formulare (Anträge: Arbeitslosengeld, soziale Unterstütung, Kindergeld, Rente…) •2. Wirtschaft: Handelskorrespondenz: Geschäftsbriefe: Einladung, Angebot, Anfrage, Faktura, Mahnung, Vertrag, Verhandlungsprotokoll, Garantieschein, Reklamation… •Berufliche Tätigkeit: Stellenangebot, Bewerbungsschreiben, Lebenslauf, • Kündigung, Arbeitszeugnis • • TEXTSORTEN 3.Justiz: Gesetzestexte: Verfassung, Strafgesetzbuch, Zivilgesetzbuch, Handelsrecht… (Fachsprache) •Polizeiliche Protokolle: Unfallbericht… •Gerichtsverhandlungen: Verhör, Verteidigungsrede, Urteil… •