Pragmatik + Stilistik = Pragmastilistik. Oder: Warum ist die Stilistik pragmatisch und was bedeutet das? Seminar von Dr. Pavla Schäfer, 19.4.2023 Zitierte Literatur: Fix, Ulla/Poethe, Hannelore/Yos, Gabriele (2001): Textlinguistik und Stilistik für Einsteiger: ein Lehrund Arbeitsbuch. Frankfurt a.M. [u.a.]. Sandig, Barbara (2006): Textstilistik des Deutschen. Berlin, New York. Schäfer, Pavla (2016): Linguistische Vertrauensforschung. Eine Einführung. Berlin, Boston: de Gruyter. (= Germanistische Arbeitshefte 47). Zum Einstieg: https://www.dwds.de/wb/pragmatisch https://www.dwds.de/wb/Pragmatik Auszug aus Schäfer 2016, 83-84, Kapitel zur Pragmatik und Pragmastilistik Citát pro srovnání s příkladem z Schäfer (2016, 83) Autor, kontext? „Když politici nastupují do funkcí, často mluví o 100 dnech hájení. Předchází tím případné kritice za vlažný start. To by mně nebylo vlastní. Raději budu kritizován za příliš aktivní start. Proto brzy zveřejním svůj plán konkrétních cílů na prvních 100 dní ve funkci. Místo slov mě tak můžete posuzovat podle skutků.“ Charakteristik der Pragmastilistik (nach Fix/Poethe/Yos 2001): − Pragmastilistik als produktive Weiterentwicklung der Sprechakttheorie (Austin, Searle), pragmatischer Ansatz der SAT übernommen, aber bezogen auf ganze Äußerungen bzw. Texte, holistischer Ansatz − Stil = Handeln, also grundsätzlich intentional – Auswahl, Variation sprachlicher Mittel im Fokus − Aber: Sandig (2006, 29): für die Analyse ist alles wichtig, „sowohl Bewusstes wie Automatisches und Symptomatisches, das sich im Stil dem Rezipienten zeigt“ − Stil = sprachlich vermittelte sekundäre Information pragmatischer Art (vgl. S. 35, S. 86) − Situation − Selbstdarstellung − Beziehungsgestaltung − Lesart des Textes − Beziehung zur Sprache − 3 Beschreibungsdimensionen: Stilabsicht, Stilwahl, Stilwirkung (Fokus auf Stilabsicht, Analysegrundlage Stilwahl = konkreter Text, über Stilwirkung nur Hypothesen) – Zuordnung der Dimensionen zum Produzenten vs. Rezipienten − zum Stil gehört sowohl das Befolgen von Konventionen, wie auch das Abweichen davon − Zeichenhaftigkeit von Stil, Muster und Abweichung müssen vom Rezipienten wahrgenommen und interpretiert werden Zitate zur Diskussion (Sandig 2006, S. 1-4): „Stil ist variierender Sprachgebrauch, der für die Gemeinschaft bedeutsam ist. Stil ist das WIE, die bedeutsame funktions- und situationsbezogene Verwendung von Sprache und anderen kommunikativ relevanten Zeichentypen. […] Stile leisten Bedeutsame im Kommunizieren und Interagieren: Sei es, dass man einem Text offizielle oder juristische Geltung verleihen möchte, dass man sich im Text oder Gespräch selbstdarstellen möchte als normbewusst, als witzig, als Experte, als gebildet, als verliebt …, sei es, dass man, um in der Interaktion erfolgreich zu sein, nach einem sozial verfestigten Muster handelt, z.B. bei einer Bewerbung oder einem Kündigungsschreiben, oder dass man Adressaten beeinflussen, über etwas orientieren oder durch Bemühen um Verständlichkeit besonders berücksichtigen, auch mit ihnen ‚auf gleicher Wellenlänge’ sein oder aber die Ungleichheit betonen möchte, usw. usw.“ (Sandig 2006, 1) „Stilherstellen ist ein bedeutsames Gestalten von Kommuniziertem vor dem Hintergrund von Konventionen und Aspekten der gesamten Umstände der Kommunikation. Dadurch soll das Kommunikationsziel möglichst gut erreicht werden. Deshalb ist es wichtig, in einer ‚ganzheitlich’, holistisch verstandenen Stilistik auch diese Hintergründe und Umstände so weit als möglich mit zu beschreiben.“ (Sandig 2006, 2) „Stil ist auch ‚eine wertende Kategorie’ (Sanders 2000, 25) […]. Das Ziel dieser Stilistik ist jedoch deskriptiver Art: Textbezogene Stilphänomene sollen so einfach, so umfassend, aber auch dem jeweiligen Tun der Beteiligten so angemessen wie möglich beschrieben werden. Wenn hier gewertet wird, so geschieht dies nicht aufgrund normativer ‚präskriptiver’ Vorstellungen, sondern aufgrund der Beschreibungen: Stile können im Kontext ihre Funktionen besser oder schlechter erfüllen.“ (Sandig 2006, 4) Beispieltexte: Bsp. 1 – Nabídka práce Bsp. 2 – Vernetzungstreffen Bsp. 3 – Wandervogel Aufgaben: 1. Lesen Sie den tschechischen Text (Beispiel 1) und halten alles fest, was Ihnen auffällt. 2. Vergleichen Sie die Beispiele 2 und 3 hinsichtlich möglichst vieler verschiedener Kategorien. 1a) Welche Gemeinsamkeiten finden Sie? 1b) Wodurch unterscheiden sich die Texte? 3. Formulieren Sie die Einladung zum Vernetzungstreffen so um, dass sie das kommunikative Ziel mit großer Wahrscheinlichkeit verfehlt. Seien Sie dabei kreativ! ��� 2a) Welche Aspekte des Textes modifizieren Sie und wie? 2b) Begründen Sie Ihre stilistischen Entscheidungen. Beispieltext 1 – Nabídka práce Beispieltext 2 – Vernetzungstreffen Von NACHNAME, VORNAME Betreff : DETGELWI Jahrestreffen am 10. Mai Datum : 11-04-2023 14:29 An : Schäfer, Pavla [… u.v.m.] CC : […] SL Sehr geehrte Freundinnen und Freunde des Departments, ich möchte Sie ganz herzlich einladen zum diesjährigen Planungs- und Vernetzungstreffen des Departments für Ethik, Theorie und Geschichte der Lebenswissenschaften (DETGELWI) am Mittwoch, dem 10. Mai, um 17 Uhr per Zoom (ca. 90 min.). https://eu01web.zoom.us/j/64797089545?pwd=VFRBV0taMm5vTU9yNzdtMnNFYk9RQT09 Nachdem die Aktivitäten des Departments in den zurückliegenden Jahren der Pandemie zurückgefahren werden mussten, möchten wir den interdisziplinären Austausch nun wieder intensivieren. Dazu werden wir Ihnen kurz die aktuellen Projekte und Finanzierungsmöglichkeiten vorstellen, um dann gemeinsam mit Ihnen neue Ideen und Kooperationsformate zu diskutieren. Wir freuen uns sehr über Interesse und über einen kurzen Hinweis, wenn Sie teilnehmen möchten! Mit besten Grüßen [NAME VORNAME / MitarbeiterIn] und [Dr. NAME VORNAME – Vorgesetzte(r)] +++++ P.S.: Wenn Sie keine Nachrichten aus dem DETGELWI mehr erhalten wollen, geben Sie uns bitte einen kurzen Hinweis. Zur Info: Das DETGELWI ist eine interdisziplinäre Einrichtung, die ausgehend vom Institut für Ethik und Geschichte der Medizin die Forschung und Lehre verschiedener universitärer Fachrichtungen, die sich primär mit Themenkomplexen aus dem Bereich der Medizin und Lebenswissenschaften befassen, miteinander verbindet und dabei die räumlichen und fachlichen Grenzen einzelner akademischer Disziplinen überschreitet. Das DETGELWI hält aktive Verbindungen zu Mitgliedern aller Fakultäten der Universität Greifswald. Es fördert und organisiert interdisziplinäre Veranstaltungen und andere Kooperationsformen und bietet so die Basis für den kontinuierlichen Dialog zwischen Lebens-, Natur- und Geisteswissenschaften. [NAME VORNAME, M.A.] Wissenschaftlicher Mitarbeiter Institut für Ethik und Geschichte der Medizin Komm. Leitung: Dr. phil. Hartmut Bettin Universitätsmedizin Greifswald -KöREllernholzstraße 1-2, 17475 Greifswald [KONTAKTDATEN] Beispieltext 3 – Wandervogel