Kristína Poljaková, Andrea Pelantová, Hana ©vubová, Simona Malá Feministische Sprachwissenschaft - Genus + Grundliegende Fragen der fem. Sprachwiss.: Werden Frauen auch genannt, wenn das generische Maskulinum gebraucht wird oder wenn man über sie spricht? -> Dominiert in der Sprache das männliche Prinzip? Ist das männliche Genus zur Norm erhoben? -> Durch die grammatischen Genera wird das sprachliche Denken sexualisiert: Frau wird als Objekt und Mannes Eigentum betrachtet - das männliche wird für das Ursprüngliche, das weibliche für das Abgeleitete gehalten. + Ziel: Patriarchalismen, Sprachklischees in der Sprache aufspüren und bewußt machen -> ändern, was die Frauen diskriminiert -> Veränderung der Sprache und des Denkens, hin zu einer Sprache von Männern und Frauen, in der beide Geschlechter dieselben Chancen des Gemeintseins haben. I. Feministische Sprachkritik: Nachdenken über die Sprache mit dem Ziel ihrer Wertung und Verbesserung. Häufig publizistische Sprachkritik -> Bestimmtes Denken oder gesellschaftlicher Zustand journalistisch als Sprachglosse kritisch verarbeitet (z.B. Pusch) - um die Problematik einem breiten Publikum vorzustellen und eine Veränderung zu bewirken. a) Sprachsystemkritik - Untersucht das Sprachsystem nach Lücken: Fehlen der geschlechtsneutralen Berufsbezeichnungen o. des Indefinitspronomens frau analog zu man. b) Sprachgebrauchkritik - Kritik am Sprachgebrauch (Rede- oder Stilkritik), z.B. Unterlassung der Beidbennenung II. Vorschläge für ein geschlechtergerechtes Deutsch 1. Splitting (Beidbennenung) a) Lehrer und Lehrerinnen Schreibweisen: mit Schrägstrich [die/der Leser/-in], mit Klammer [die/ der Leser(in)], mit Hilfe d. großen I [die/der LeserIn] b) männliche und weibliche Lehrer c) Lehrer beides Geschlechts (Ökonomie der Sprache) 2. Neutralisation - Abschaffung der motivierten Form: Sie ist eine gute Student. 3. Generisches Femininum - funktioniert wie d. gen. Maskulinum: Willkommen, Herr Vicepräsidentin! 4. Entstehung der Genera: Das grammatische Geschlecht Genus des Substantivs hat drei Formen: Maskulinum, Femininum und Neutrum. Das natürliche, biologische Geschlecht Sexus hat dem gegenüber zwei: männlich und weiblich. Für die Entstehung der Genera gibt es viele Erklärungsmodelle, doch das Phänomen ist nicht abschließend geklärt. 1. Model -- Entstehung der Genera nach Sexus Jacob Grimm als der klassische Vertreter der Auffassung behauptet, dass der Mensch sein Geschlecht auf die Dinge seiner Welt übertragen habe. Das grammatische Genus sie "eine in der phantasie der menschlichen sprache entsprungene ausdehnung des natürlichen auf alle und jede gegenstände." (1890) Nach diese Personifikationsthese sollen in allen Dingen Lebewesen gesehen wurden, deren das Entsprechende Geschlecht, das zur Persönlichkeit gehört, zugewiesen wurde. Ein weiterer Sprachforscher, Johann Christian Adelung vertrat in seiner Abhandlung "Von dem Geschlechte der Substantive" (1783) eine ähnliche Theorie. 2. Model - Entstehung der Genera nach Kriterium "individuell/kollektiv" Die Kategorie Genus diente ursprünglich offenbar nicht zur Unterscheidung innerhalb der Kategorie Sexus, sondern vielmehr zur Aufteilung von Substantiven nach den Kriterien "zählbar, individuell" und "nicht-zählbar, kollektiv". Mit Wahl des Genus konnte z.B. im Proto-Indoeuropäischen ein Wechsel der Perspektive hergestellt werden -- ob etwas als Individuelles bzw. Konkretes, oder als Kollektivum bzw. Abstraktum gesehen werden soll. 3. Model -- Entstehung der Genera nach Kriterium "belebt/unbelebt" Die indogermanische Genusspezifikation wird heute zumeist auf das Bedürfnis nach Unterscheidung von Handelndem und Nichthandelndem oder von Personhaftem und Nichtpersonhaftem zurückgeführt. Häufig geht die Indogermanistik von einem zweigliedrigen Genussystem der Ursprache aus. Dieser Theorie zufolge besaß das Indogermanische Maskulinum und Neutrum und Femininum entwickelt sich erst später. Die Annahme, dass das Femininum später als das Maskulinum entstanden sei liefert der feministischen Sprachwissenschaft auch eine historische Begründung für die "Vorherrschaft" des Maskulinums bzw. des männlichen Prinzips. Die Genuszuweisung in den Tierbezeichnungen Die Genuszuweisung spielt eine Rolle auch im Bereich der Tierbezeichnungen. Die Gesamtbezeichnungen (z.B. die Ameise, der Bär, das Pferd) bringen das natürliche Geschlecht nicht zum Ausdruck. In eine Analyse der Kinderbücher wurde der Zusammenhang zwischen dem Genus vorkommender Tiere und dem Namen, den diese Tiere haben, untersucht. Es wurde festgestellt, dass die Tiere mit maskulinem Genus (wie der Dachs oder der Bieber) fast nie einen weiblichen Vornamen bekommen. Dagegen die die Tiere mit femininem Genus (die Amsel, die Giraffe) werden fast ausschließlich mit weiblichen Vornamen ausgestattet. 5. Sexismus in der Sprache Beispiele der Bezeichnung: Mädchen, Dame, Fräulein + Feminine Berufsbezeichnungen + Personenbezogene Pronomen: man, wer, jemand