AKT III A+B – bekannte Figuren, K – Rektor (anderer als im Akt II), V+T – beliebige männliche Gestalten, U – ein älterer Akademiker V: War das Werner? Habe ich gut gehört? T: Ich hab´s auch gehört, dann ist es vielleicht so. V: (zu K) Das kann nicht Ihr Ernst sein! K: Warum nicht? V: Der Dekan muss doch die Fakultät führen, ihren Gang regeln und ihr Leben organisieren. B: Wieso? Die meiste Arbeit machen dann doch die Vorstände einzelner Lehrstühle. A: (flüstert) Können Sie nichts anderes sagen? K: Man darf aber nicht vergessen... V: (fällt ihm ins Wort) ...die heiteren, lustigen Geschichten, von denen er der Held ist! T: Lustigen? Heiteren? V: Na ja, erst mit einem bestimmten Zeitabstand! A: Was meinen Sie genau? Die jüngere Generation hat es noch nicht gehört. B: Man kann im Allgemeinen (flüsternd) nicht viel gehört haben. K: Man darf aber nicht vergessen... T: ... dass wir einen neuen Dekan brauchen. Und seit Stunden sitzen wir hier. Ohne einen Vorschlag gemacht zu haben. Würde man von bestimmten Sachen absehen... K: ...und bestimmte Sachen berücksichtigen... A: Wie ist es mit den lustigen Geschichten? Wir haben doch das Recht, es zu wissen. B: Sowieso kommt ein Unternehmungslustiger mit den Stories, sobald Werner in der Funktion jemandem missfallen wird. K: Wie Sie wollen, aber ich erzähle es nicht. B: (für sich) Es geht doch um nichts, so ein Alibismus. K: Was haben Sie gesagt? B: Dass ich es gerne erzählen werde, aber ich brauche einen Mitspieler. A: Schon wieder Ihre blöden Witze! U: Ich habe während dieser Sitzung noch nichts gesagt, also ich kann dir sekundieren, ich habe die Sache noch in lebhafter Erinnerung. B: Also... (trinkt) Dozent Werner hat sich einmal aus der Polnischen Nationalbibliothek ein teueres, wertvolles Buch ausgeliehen. Vor jedem Mitglied des Wissenschaftsrates hat er damit geprahlt und gefragt, ob man wisse, wie hoch das Pönale wäre, falls... U: Herr Kollege, ich würde dich darauf hinweisen, dass du einen Sekundanten hast. B: Entschuldigung. K: Bitte, beeilen Sie sich, damit wir hier nicht bis zur Mitternacht stecken! T: Die fünf Minuten können uns nach den drei Stunden nicht mehr retten. B: Dozent Werner hat mit dem Buch überall geprahlt und gefragt. U: Wissen Sie, wie hoch das Pönale wäre, wenn ich das Buch verlieren würde? B: Niemand wusste. U: (theatralisch) Zweitausendfünfhundert Kronen!! B: Und noch an demselben Nachmittag hat er aus seiner Wohnung angerufen. U: (theatralisch) Gehen Sie gleich in mein Arbeitszimmer. Nichts? Und in dem Sitzungssaal? Ist es nicht dort? B: Es war nicht dort. Es war nicht einmal im Institut. Nicht einmal im Sekretariat, nicht einmal... Das Buch ist verschwunden. Dozent Werner hat nachgedacht, wo er das Geld nimmt, denn... U: (fällt ihm ins Wort) Es ist lange nach dem Auszahlungstag, und lange vor dem des folgenden Monates. B: Und das ganze Institut, falls nicht die ganze Fakultät... Und die Fakultät, falls nicht die ganze Universität, hatte sich auf die kommende internationale Schande vorbereitet, wenn man sich auf so was überhaupt vorbereiten kann. Es war ziemlich peinlich, aber man musste es machen – es wurden möglichst höfliche, doch nachdrückliche Briefe an alle Externisten, an alle Mitglieder des Wissenschaftsrates, an viele geehrte Akademiker, na ja, sogar an ein paar Ministerialbeamte geschickt. U: Wären Sie bitte so nett und würden Sie bitte nachschauen, ob Sie vielleicht ganz zufälligerweise während der letzten Sitzung des Wissenschaftsrates ein außerordentlich wertvolles Buch in Ihre Aktentasche hineingelegt haben? B: Aber niemand hat es hineingelegt. Und während die ganze sozialistische Republik tagtäglich eine Woche lang nach dem außerordentlich wertvollen Buch gesucht, telefonisch dessen Titel und Untertitel und Band und Edition konkretisiert und uns einen Haufen von Briefen voll von „Bedauern und Bemitleidung“ und „nicht“ und „leider“ geschickt hat (lächelt), hat Dozent Werner... (ein Lachenanfall macht weiteres Erzählen unmöglich) U: ...das Buch, aus Behutsamkeit und wegen dessen hohem Wert in der „Rudé právo“ eingepackt, verzweifelt in seiner Aktentasche hin und her geschleppt. Einige im Saal lachen, einige schweigen. K: Aber das ist schon verjährt. Jeder anständige Universitätslehrer soll auch wissenschaftlich arbeiten. B: Vortragen sollte er den Inhalt, den ganzen Inhalt des Kurses können, aber meistens beißt er an einer einzigen Stelle herum und röntgenisiert diese von oben, von unten, von links, von rechts, trägt immer dasselbe vor, doch von verschiedensten Blickwinkeln darstellend, er debattiert, oder besser gesagt, versucht zu debattieren, aber vor allem publiziert er und veröffentlicht seine Untersuchungen und Meinungen. A: Denn die Publikationstätigkeit ist eigentlich eine Kundgabe an die Öffentlichkeit: Schaut, was ich alles kann! Natürlich mit Unterschrift und all den Titeln. Publikationen rufen Respekt und Hochachtung hervor… B: (fällt ihm ins Wort) ...bei manchen Lesern... A: ...Neid... B: ...bei manchen Kollegen... A: ...Erhöhung des Lebensniveaus... B: ...bei nur wenigen Autoren... V: Publikationstätigkeit wird von der Leitung verlangt, die Publikationstätigkeit muss man bei den Konkursen aufweisen und manchmal wird diese beim Weiterbefördern und bei der Ernennung berücksichtigt. U: Jeder anständige Universitätslehrer forscht und forscht und veröffentlicht und veröffentlicht und dabei muss er auch ziemlich gut aufpassen, dass kein Maulwurf und keine Ameisen in seinem gepflegten Beet toben. K: Ich fürchte, ich muss Ihre Debatte unterbrechen. Berücksichtigen wir, dass Dozent Werners Publikationstätigkeit sehr reich und anerkannt ist. Und das Wichtigste: da oben habe man schon für uns diese Entscheidung getroffen. B: (für sich) Wie anders kann´s sein? T: Wollen Sie uns nicht sagen, dass wir hier stundenlang ganz sinnlos unsere Zeit verschwenden? V: Die Zeit, die wir zum Forschen und Publizieren ausnützen könnten? K: Nicht sinnlos, ich bin sehr froh, dass wir dieselbe Entscheidung getroffen haben. B: Was haben wir getroffen? A: Die Entscheidung, die gleiche Entscheidung wie.. B: Zufälligerweise, nicht wahr? K: Wer ist dafür? Keine Reaktion. V: Aber auch die Publikationstätigkeit von Dozent Werner trägt einen kleinen Schatten. A: Was für einen? B: Das war damals, als… Na ja, Dozent Werner machte, wie alle wissen sollen (möglichst neutral zu A) auch die jüngere Generation, die Große Französische Revolution zum Mittelpunkt seines Lebens. A: (berührt) Die jüngere Generation weiß es natürlich. Aber was hat man hier wieder gegen seine Publikationstätigkeit? V, T, U, B: (lächeln halblaut) K: Nichts natürlich. (lächelt) Das ist wohl nur eine Anspielung auf so eine kleine Peinlichkeit, die jedem passieren kann. Also, zum Schluss will ich sagen, dass ich ganz glücklich bin, dass wir uns so schnell geeinigt haben. Auf Wiedersehen. Alle durcheinander: Auf Wiedersehen. Bis später. Tschüß.