Instrumentum Pacis Osnabrugensis Artikel I [Allgemeines Friedensgebot | Artikel II [Allgemeine Amnestie | Artikel III [Allgemeine Restitution | Artikel IV [Restitution im einzelnen | Artikel V [Regelung der konfessionellen Verhältnisse im Reich | Artikel VI [Exemtion von Basel und der Schweiz | Artikel VII [Gleichstellung des reformierten Bekenntnisses | Artikel VIII [Verfassungsmäßige Stellung der Reichsstände | Artikel IX [Handel und Zölle | Artikel X [Entschädigung Schwedens | Artikel XI [Entschädigung Brandenburgs | Artikel XII [Entschädigung Mecklenburgs | Artikel XIII [Entschädigung des Hauses Braunschweig-Lüneburg | Artikel XIV [Entschädigung des Markgrafen von Brandenburg für Magdeburg | Artikel XV [Entschädigungsregelung für Hessen-Kassel | Artikel XVI [Vollzug des Friedensvertrages | Artikel XVII [Rechtswirkung des Friedens | [Verbot der Stimmenmehrheit in Religionssachen] IPO Art. V [§ 52] In Religions- und anderen Angelegenheiten, in denen die Stände nicht als geschlossene Gebilde betrachtet werden können (ubi status tanquam unum corpus considerari nequeunt), desgleichen, wenn die katholischen Stände und die Stände Augsburgischer Konfession sich in zwei Parteien teilen (in duas partes euntibus), soll der Streit nur durch einen gütlichen Vergleich (amicabilis compositio) ohne Rücksicht auf die Mehrheit der Stimmen (non attenta votorum pluralitate) beigelegt werden. Was aber die Stimmenmehrheit in Steuersachen betrifft, so soll dieser Gegenstand, da er auf der gegenwärtigen Versammlung nicht entschieden werden konnte, auf den nächsten Reichstag (ad proxima comitia) vertagt werden. [Bestimmungen über das Reichskammergericht] [§ 53] Ferner wurde bei den Beratungen, ob das Reichskammergericht wegen der durch den gegenwärtigen Krieg entstandenen Veränderungen und aus anderen Ursachen an einen anderen, allen Reichsständen günstiger erscheinenden Ort verlegt und der Kammerrichter, die Präsidenten, Assessoren und sämtliche Justizbeamten in gleicher Zahl von beiden Bekenntnissen präsentiert werden sollten, wobei auch die sonstigen, mit dem Kammergericht zusammenhängenden Angelegenheiten verhandelt wurden, diese Verhandlungen aber trotz ihrer Wichtigkeit auf dem gegenwärtigen Kongreß nicht vollständig erledigt werden konnten, vereinbart, daß über alle diese Gegenstände auf dem nächsten Reichstag verhandelt und entschieden und die Beratungen über die Reform des Justizwesens, die auf dem Reichsdeputationstag in Frankfurt begonnen wurden, weitergeführt, noch bestehende Mängel beseitigt und [die Lage] insgesamt verbessert werden sollen. Damit aber dieser Gegenstand nicht völlig ungeregelt gelassen wird, ist ferner beschlossen worden, daß außer dem Kammerrichter und den vier Präsidenten, von denen zwei der Augsburgischen Konfession angehören sollen, die sämtlich von der Kaiserlichen Majestät zu bestellen sind, die Zahl der Assessoren insgesamt auf 50 erhöht werden [S. 59] soll, so daß die katholischen Reichsstände 26 einschließlich der 2 Assessoren, deren Präsentation dem Kaiser vorbehalten ist, die Stände der Augsburgischen Konfession hingegen 24 Assessoren zu präsentieren haben und es darüber hinaus gestattet sein soll, aus jedem Reichskreis mit gemischtem Bekenntnis nicht nur zwei Katholiken, sondern auch zwei Angehörige der Augsburgischen Konfession zu nehmen und zu wählen; [die Behandlung] aller übrigen das Reichskammergericht betreffenden Gegenstände, ist, wie zuvor bereits erwähnt, auf den nächsten Reichstag vertagt worden. [Wahl der Assessoren beim Reichskammergericht] [§ 54] Daher sollen die Kreise (circuli) angewiesen werden, an Stelle verstorbener Assessoren beim Reichskammergericht neue nach folgender Richtlinie (secundum schema) rechtzeitig zu präsentieren: Die Katholiken sollen sich wegen der Präsentationsordnung (de ordine praesentandi) zu gegebener Zeit vereinbaren und Ihre Kaiserliche Majestät wird befehlen, daß nicht nur beim Reichskammergericht geistliche wie auch weltliche Rechtsstreitigkeiten (causae ecclesiasticae ut et politicae), falls solche zwischen den katholischen Ständen, den Ständen des Augsburgischen Bekenntnisses oder nur unter den letzteren anhängig gemacht werden, oder auch, wenn Katholiken mit katholischen Ständen im Streit liegen, ein Angehöriger des Standes der Augsburgischen Konfession und umgekehrt, wenn Angehörige der Augsburgischen Konfession gegen Stände der Augsburgischen Konfession vorgehen, ein Katholik als Vermittler bestellt und die Streitsache ausschließlich unter Hinzuziehung von Assessoren gleicher Zahl aus beiden Bekenntnissen erörtert und entschieden werden soll (ex utraque religione pari numero assessoribus disputiantur et iudicentur). Dasselbe Verfahren soll auch beim Reichshofrat (in iudicio aulico) befolgt werden und zu diesem Zweck wird der Kaiser einige [Rechts]gelehrte und in Reichsangelegenheiten erfahrene Männer aus denjenigen Kreisen des Reiches, die entweder der Augsburgischen Konfession allein oder zugleich auch dem katholischen Bekenntnis angehören, bestellen, und zwar in dem Umfang und in der Zahl, daß gegebenenfalls die Parität der Urteiler aus dem Kreise der Assessoren beider Bekenntnisse eingehalten werden kann (ut eveniente casu paritas iudicantium ex utraque religione assessorum observari possit). Die Parität der Assessoren soll auch dann [S. 60] stattfinden, wenn ein Reichsstand der Augsburgischen Konfession von einem katholischen Landstand oder ein katholischer Reichsstand von einem Landstand der Augsburgischen Konfession gerichtlich belangt wird (iudicio convenitur). [Verfahren vor dem Reichshofrat] [§ 55] Auf das Verfahren vor dem Reichshofrat soll die kaiserliche Kammergerichtsordnung (ordinatio camerae imperialis) in vollem Umfang angewandt werden. Ferner soll, damit den streitenden Parteien nicht jedes Rechtsmittel zur [Erlangung] des Urteilsaufschubs genommen wird, anstelle der bei dem Reichskammergericht üblichen Revision (loco revisionis) dem beschwerten Teil gestattet sein, wegen eines vom Reichshofrat gefällten Urteils eine Supplikation an die kaiserliche Majestät zu richten, [und zwar mit dem Begehren], daß die Gerichtsakten erneut unter Hinzuziehung einer paritätischen Anzahl von Räten beider Bekenntnisse, die der [Behandlung] der Streitsache gewachsen sind, keiner Partei nahestehen und mit der Abfassung und Verkündung des ersten Urteils nicht befaßt oder an ihr wenigstens nicht als Referent oder Korreferent beteiligt waren, einer Revision zugeführt werden. Darüber hinaus soll es Seiner Majestät freistehen, in besonders wichtigen Sachen (in causis maioribus), von denen Unruhen im Reiche ausgehen könnten, die Rechtsansichten und Gutachten einiger Kurfürsten und Fürsten beider Bekenntnisse einzuholen. IPO Art. VIII [Verfassungsmäßige Stellung der Reichsstände] [Bestätigung aller Rechte] [§ 1] Damit aber Vorsorge getroffen sei, daß künftig keine Streitigkeiten in bezug auf die Verfassung entstehen (in statu politico) sollen sämtliche Kurfürsten, Fürsten und Stände des Römischen Reiches in ihren alten Rechten, Vorrechten, Freiheiten, Privilegien, der ungehinderten Ausübung der Landeshoheit sowohl in geistlichen als auch in weltlichen Angelegenheiten (libero iuris territorialis tam in ecclesiasticis quam politicis exercitio), Herrschaften, Regalien sowie in deren Besitz kraft dieses [S. 65] Vertrages derart bestätigt und bekräftigt werden, daß sie von niemandem jemals unter irgendeinem Vorwand tatsächlich beeinträchtigt werden können oder dürfen. [Rechte der Reichsstände] [§ 2] Ohne jede Einschränkung sollen sie das Stimmrecht bei allen Beratungen über Reichsgeschäfte haben, namentlich wenn Gesetze zu erlassen oder auszulegen, Kriege zu beschließen, Abgaben vorzuschreiben, Werbungen oder Einquartierungen von Soldaten zu veranlassen, neue Befestigungen innerhalb des Herrschaftsgebietes der Stände im Namen des Reiches zu errichten oder alte mit Besatzungen zu versehen, Frieden oder Bündnisse zu schließen oder andere derartige Geschäfte zu erledigen sind; nichts von diesen Angelegenheiten soll künftig jemals geschehen, ohne daß die auf dem Reichstag versammelten Reichsstände freiwillig zugestimmt und ihre Einwilligung gegeben haben (nisi de comitiali liberoque omnium imperii statuum suffragio et consensu). Insbesondere aber soll den einzelnen Ständen das Recht zustehen, unter sich oder mit Auswärtigen zu ihrer Erhaltung und Sicherheit Bündnisse zu schließen, jedoch in der Weise, daß sich solche Bündnisse nicht gegen den Kaiser, gegen das Reich und dessen Landfrieden oder insbesondere gegen diesen Vertrag richten, vielmehr so beschaffen sind, daß der Eid, durch den jeder von ihnen Kaiser und Reich verpflichtet ist, in allen Teilen unberührt bleibt (cumprimis vero ius faciendi inter se et cum exteris foedera pro sua cuiusque conservatione ac securitate singulis statibus perpetuo liberum esto, ita tamen ne eiusmodi foedera sint contra imperatorem et imperium pacem que eius publicam vel hanc imprimis transactionem fiantque salvo per omnia iuramento quo quisque imperatori et imperio obstrictus est). [Nächster Reichstag] [§ 3] Der nächste Reichstag soll innerhalb von sechs Monaten nach der Ratifikation des Friedens abgehalten werden; späterhin jedoch [sollen Reichstage abgehalten werden], sooft es das allgemeine Wohl oder die Umstände erfordern. Auf dem nächsten Reichstag sollen namentlich die Mängel der früheren Verhandlungen beseitigt und über die Wahl der römischen Könige, über die Errichtung einer beständigen kaiserlichen Wahlkapitulation (de electione romanorum regum, certa constantique Caesarea capitulatione concipienda), über das einzuhaltende Verfahren [S. 66] und die zu beachtende Ordnung, wenn der eine oder andere Reichsstand in die Reichsacht erklärt wird, soweit dies in den Reichsgesetzen nicht geregelt ist, über die Ergänzung der Reichskreise, die Erneuerung der Reichsmatrikel, die Reduktion der eximierten Reichsstände, die Ermäßigung und den Erlaß von Reichssteuern, die Reform des Polizei- und Justizwesens sowie der Sportel-Taxe des Reichskammergerichts, über die dem allgemeinen Wohl dienende Einberufung der ordentlichen Deputierten, über die gesetzmäßige Ausübung des Amtes der Direktoren in den Reichskollegien und über ähnliche Angelegenheiten, die hier nicht erledigt werden konnten, mit Zustimmung der Reichsstände verhandelt und beschlossen werden. [Stimmrecht der Reichsstädte] [§ 4] Sowohl auf den allgemeinen als auch auf den besonderen Versammlungen der Reichsstände soll den freien Reichsstädten nicht weniger als allen übrigen Reichsständen das volle Stimmrecht zustehen (competat votum decisivum), und es sollen ihre Regalien, Zölle, jährlichen Einkünfte, Freiheiten sowie sämtliche davon abgeleiteten [Rechte] sowie andere Rechte, die sie von Kaiser und Reich auf rechtmäßige Weise erworben oder vor den Kriegshandlungen durch lange Übung einschließlich jeder Art von Gerichtsbarkeit erlangt, innegehabt und ausgeübt haben, innerhalb der Mauern und auf ihrem Gebiet, als gültig anerkannt werden und unberührt bleiben; was aber an Repressalien, Beschlagnahmen, Wegsperren und anderen Schädigungshandlungen entweder während des Krieges unter irgendeinem Vorwand begangen oder auf andere Weise rechtswidrig versucht worden ist, oder in Zukunft ohne vorheriges ordentliches Prozeß- und Vollstreckungsverfahren begangen oder versucht werden sollte, soll aufgehoben, für nichtig erklärt und für alle Zukunft untersagt sein. Im übrigen sollen alle anerkannten Gewohnheiten, Gesetze und die Reichsgrundgesetze des Heiligen Römischen Reiches gewissenhaft befolgt werden (de caetero omnes laudabiles consuetudines et sacri Romani imperii constitutiones et leges fundamentales in posterum religiose serventur) und sämtliche durch die Kriegswirren eingerissenen Mißbräuche aufgehoben sein. [Durch den Krieg in Not geratene Schuldner] [§ 5 Auf welche angemessene und billige Weise die Klagen [S. 67] gegen die durch den Krieg in Not geratenen oder durch allzu stark erhöhte Zinsen in Schwierigkeiten geratenen Schuldner behandelt und den sich daraus für den allgemeinen Frieden ergebenden Gefahren abgeholfen werden könne, darüber wird die Kaiserliche Majestät Rechtsansichten und Gutachten sowohl des Reichshofrats als auch des Reichskammergerichts einholen lassen, damit diese [Rechtsfrage] dem nächsten Reichstag vorgelegt und in eine gesetzliche Regelung gebracht werden kann. In der Zwischenzeit aber sollen bei Rechtsstreitigkeiten dieser Art, wenn sie vor die höchsten Reichsgerichte oder vor die Gerichte der Reichsstände gebracht werden, die von den Parteien vorgetragenen Umstände sorgfältig geprüft und niemand durch unangemessenen Vollzug beschwert werden (circumstantiae a partibus allegatae bene ponderentur); doch sollen [die Bestimmungen der] Holsteinischen Verfassung unberührt bleiben und als gültig anerkannt werden.