JOHN Die Burg der Familie d'Este. Ariost und Tasso haben hier gedichtet. LissY Tässo? Nie gehört. JOHN Weltliteratur. LissY So wie Shakespeare? John Mehr wie Müton. Aber alles italienisch. LissY Papas Bildung ist furchtbar. Wußtest du etwas von Ariost, Mama? Ellen Ich möchte baden. John Und dies, meine Lieben, ist der Dom. LissY Sehr interessant. bob Im Vorbeifahren erträglich. LissY gähnend: Wenn man hält, wird alles furchtbar. John Die Fassade romanisch-lombardisch. Ellen Ich mochte baden. LissY Mama möchte baden. JOHN Ein verständlicher Wunsch. bob Mama hat heute Geburtstag. John Dennoch unerfüllbar? Ellen Wieso unerfüllbar? John Wo dachtest du, meine Liebe? LissY Hier ist ein Springbrunnen! bob Lissys Scherze lassen erschreckend nach. Ellen Im Meer. Das Meer kann nicht weit sein. LissY Baden wäre nicht schlecht. bob Ja: warum müssen wir in dieser Hitze herumfahren? Ellen Ihr wolltet es. JOHN Wir wollen nach Florenz. bob Müssen wir heute hinkommen? Ellen Halt an, John. Ich will auf der Karte nachsehen, ob wir hier nicht ans Meer fahren können. Das Auto bäh. JOHN Diese Aufenthalte! Ellen Hier geht eine Straße ans Meer, John. JOHN Ich will die Uffizien sehen. Ellen Nach Porto Garibaldi. Ungefähr fünfzig Kilometer. bob Vielleicht gibt es da einen Dom. John Es gibt sicher keinen Dom, und ich wette, daß es ein Drecknest ist. Ellen Die Straße führt mitten durch die Lagunen. Sicher sehr interessant! J02 lissy Ja, Papa, fahren wir baden, JOHN Wir hätten am Lido bleiben können. Ellen Sagte ich das nicht? bob Am Lido hat jeder Amerikaner schon gebadet, aber in Porto Garibaldi nicht. John Das wird seine Gründe haben. Aber wenn ihr wollt - Das Auto fährt an und entfernt steh mit seiner Radiomusik. Raumlos. ellen 3; Grad Celsius im Schatten und ein Gespräch mit Radiomusik - so nichtssagend, so unauffällig ging es vor sich, daß ich in ein anderes Leben fuhr. Kein bedeutungsvolles Zeichen, das mir das Schicksal gegeben hätte, kein Wort in un-serm harmlosen Geschwätz, das mir wenigstens nachträglich hätte auffallen können. Camilla hat oft darüber nachgedacht - sie hatte ja über vierzig Jahre Zeit dazu - und es erfüllte sie mit einer Art von Genugtuung, daß gerade ich es war, die ans Meer fahren wollte, ich, die das alles letzten Endes allein anging. Denn die Kinder und selbst John, was haben sie anderes bemerkt, als daß ich beim Baden um ein Haar ertrunken wäre und daß ich mich ein paarmal unverständlich benahm und grundlos weinte? Die Straße von Ferrara nach Porto Garibaldi hat in ihrem Anfang nichts Auffälliges. Sie ist gut unterhalten, führt zwischen Maisfeldern, Gärten und Wein durch das flache Land und passiert zwei Dörfer. Aber unversehens hört die Pflasterung auf und es beginnt ein holpriger Landweg. Gleichzeitig ändert sich die Landschaft. Die Vegetation wird dürftiger und schließlich scheint die trockene Erde nichts anderes mehr als dürre Grasbüschel hervorzubringen. Ein erhöhter Deich neben dem Weg versperrte uns die Sicht, bis wir bemerkten, daß sich dahinter die Öde Wasserfläche der Lagune verbarg. Merkwürdige Gerüste erschienen in der Ferne, Bagger wie wir beim Näherkommen feststellten. »Man versucht, Land zu gewinnen«, erklärte John, »sie füllen mit dem Schlick aus einem Lagunenarm einen andern auf.« Aber die Bagger standen sonntäglich still, und die verlassenen, in den blauen Himmel ragenden Eisenge rüste erweckten das trübselige Gefühl, als habe man einen mutig begonnenen Plan als undurchführbar erkannt wieder aufgegeben. Noch dürfti- 503 ger wurde der Pflanzenwuchs und in die immer zahlreicheren Wasserarme schoben sich die mit Schlick aufgefüllten Weidendämme finster und bedrohlich vor. Ein pestilenzartiger Geruch stieg aus der Lagune auf. Eine schwarze Landschaft des Todes und der Verwesung unter wolkenlosem, stahlblauem Himmel, und es sollte doch eine Landschaft der Hoffnung und des neuen Lebens sein. Vor uns lag das Städtchen Comacchio. Wir fuhren außen in einiger Entfernung um den Ort herum, ein Wasserarm trennte uns von den finsteren schwarzen Mauern der Häuser. Schwarze Erde ohne Gras, zerrissene Wäsche, zum Trocknen aufgehängt, halbnackte spielende Kinder, die für einen Augenblick aufschauten und uns nachstarren, ein Mann, der bis zu den Knien im Wasser stand und angelte. Geräusch des Autos. Das Radio spielt. Allmählich werden Mo- venschreie hörbar. Ellen John, wovon leben die Menschen? JOHN Sie werden fischen, vermute ich. Ellen Und was haben sie sonst? JOHN Was man überall hat. Ellen beklommen: Was man überall hat. JOHN Alkohol, Liebe - ellen In Comacchio. John Ich wäre auch lieber in den Uffizien. ellen John, mein Lieber- john Was ist dir? ellen Ich habe Angst. john Angst? Wovor? ellen Vor uns. john Idi weiß nicht, Ellen - ellen Sie leben in dieser Pest, und wir schauen ihnen zu. ussy Die Möven, Mama, sind hier genau so weiß wie anderswo. Das Auto entfernt sich. Die Mövenschreie bleiben noch einen Augenblick hörbar. Raumlos. ellen Der Weg macht eine Biegung. Links führt eine Abzweigung über eine Brücke in den Ort, rechts geht es weiter nach Porto Garibaldi. Kurz vor der Brücke stand jenseits des Wassers eine alte Frau. Für einen Augenblick war es mir, als 504 schaute sie mich an und als wäre über die Entfernung hinweg ihr Blick mir ganz nahe. Dann bog der Wagen um die Kurve. Porto Garibaldi liegt noch etwa fünf Kilometer weiter. Ein Kana! geht neben der Straße entlang. Glücklicherweise wird nun die Welt wieder sich selbst ähnlich. Die Lagune tritt zurück, eine angenehme Brise weht von der Adria her bis ins Land; und wenn man durch die Straßen des kleinen Ortes Porto Garibaldi an den Strand fährt, erinnert einen nichts mehr an die schwarze Pesterde von Comacchio. Es ist ein bescheidenes Bad, aber an diesem Sonntagnachmittag war es voller Menschen. Wir bekamen mit Mühe und Not Kabinen und waren alle froh, daß wir uns im Meerwasser erfrischen konnten. Im Freien. Strand. bob Ich hätte nicht mehr gedacht, Mama, daß hier das Meer kommt. Aber es ist wirklich ganz normales Wasser und sogar verhältnismäßig sauber. Soweit Meerwasser überhaupt sauber ist. ellen Wo sind Lissy und Papa? bob Da schwimmen sie! ellen Draußen scheint eine Sandbank zu sein. bob Komm! Raumlos. ellen Es war schön, das Wasser zu fühlen, es erfrischte sehr, und ich schwamm hinter John, Bob und Lissy hinaus. Während ich so schwamm, fiel mir plötzlich die alte Frau ein. Wie hatte sie mich angesehen? Teilnahmslos? Nein, eigentlich nicht. Überrascht? Ja, auch überrascht, aber war es nicht zugleich gewesen, als erwartete sie mich? Hatte sie mir nicht zugenickt? Ich hätte mit ihr sprechen müssen, dachte ich, ich hätte ihr wenigstens zunicken müssen oder ihr irgendein Zeichen geben. Aber das ließ sich noch nachholen. Ich winkte John und den Kindern zu, als könnten sie so verstehen, was ich vorhatte, und schwamm ans Ufer zurück; ich ging in die Kabine, kleidete mich rasch an und machte midi auf den Weg. Ich ging zu Fuß, ich fand es nicht richtig, im Auto in Comacchio anzukommen. Mir war heiter und leicht zumute und der Weg verging mir 505 wie im Fluge. Ich erinnere midi nicht, jemandem begegnet zu sein; und auch Comacchio schien menschenleer, als ich die Brücke" überschritt. Die Häuser sahen alle gleich armselig aus, in eines davon trat ich ein. Ich hatte nicht das Gefühl, mich in dem Haus zu irren. Meine Augen gewöhnten sich rasch an die Finsternis. Ich befand mich in einer Küche, eine Frau stand am Herd und sah mich mit einem etwas stumpfen Läd:eln an. Im ersten Augenblick meinte ich, die Alte zu erkennen, die ich suchte, aber sie konnte es nicht sein, sie war viel jünger. Es verwirrte mich, daß ich nun doch in das falsche Haus geraten war. Was sollte ich dieser Fremden sagen? Wie sollte ich ihr erklären, was ich wollte? Ja, was wollte ich überhaupt? Und ich sagte mit einer Stimme, die mir selber fremd vorkam: Im Haus. Camilla Ich suche jemanden. MUTTER Ja? CAMILLA Eine alte Frau. mutter Eine alte Frau? Es gibt eine Menge alter Frauen in Comacchio. Camilla Ich weiß ihren Namen nicht. mutter Gibt es hier jemanden, den du nicht kennst? Camilla Ich kenne niemanden hier. mutter Was soll das heißen? Camilla Sie stand draußen am Wasser, als wir mit dem Auto vorbeifuhren. mutter eindringlich: Wer? Camilla Sie sah mich an, als ob sie mich kennte. mutter Sicher kennt sie dich. Camilla Aber woher? mutter Camilla, was ist dir? Camilla Wer ist Camilla? Sie verwechseln mich. Raifmlos. ellen Sie sah mich verständnislos und bestürzt an. Sie kam ganz nahe auf mich zu, ergriff mich an beiden Armen und schaute mir ins Gesicht. 506 Im Haus. mutter Wer Camilla ist? Du bist Camilla, meine Tochter. Oder kennst du dich selber nicht mehr? Camilla, hörst du? Raumlos. ellen Ich blickte über ihre Schultern in den kleinen, halb blinden Spiegel, der gegenüber an der Wand hing. Ein junges Mädchen sah mir daraus entgegen, schwarzhaarig, das Gesicht von der Sonne gebräunt, mit einem billigen Korallenschmuck um den Hals. Ich riß den Spiegel herunter. Im Haus. CAMILLA Das bin ich nicht. mutter Was soll das heißen, Camilla? Camilla Das, was ich sagte. mutter Du bist es nicht? Der Spiegel fällt zu Boden und zerbricht. Camilla unbewegt: Der schöne Spiegel. mutter Woher sollen wir einen neuen nehmen? Camilla Ich werde ihn ersetzen. mutter Ersetzen? Wovon? Camilla Ich bin Ellen Harland. Ich wohne in Washington, mein Mann ist Ministerialbeamter. Ich bin einundvierzig Jahre alt und habe zwei Kinder. Lissy ist achtzehn und Bob siebzehn. Wir machen eine Reise durch Europa. Ich bin nie in Comacchio gewesen. Ich bin ganz zufällig hierher gekommen. Mein Gott, ich habe Sie bestimmt noch nie gesehen. mutter vorsichtig: Aber du siehst aus wie Camilla, du hast ihr Kleid an. Camilla Ihr Kleid? Entsetzt. Dieses Kleid? mutter Und ihren Schmuck. Camilla Ihren Sdimuck. Sie bricht in Tränen aus. mutter Komm, setz dich einen Augenblick, mein Kind, es wird wieder vergehen. Zärtlich. Du bist ein böses Kind, Camilla, willst deine Mutter nicht mehr kennen. Raumlos. ellen Sie stridi mir mit der Hand über das Haar, und das tat mir wohl und tröstete mich. Ich hob das Gesicht und sah sie an. Ihr dunkles Haar war von grauen Fäden durchzogen und 507 hing ihr in Strähnen in die Stirn. Sie war schmutzig, aber ihre braunen Augen sahen zärtlich auf mich. Plötzlich kam mir der Gedanke, daß sie recht haben könnte. Hieß ich nicht wirklich Camilla? War ich nicht wirklich ihre Tochter? Ellen Harland? Wer war Ellen Harland? Das hatte ich vielleicht nur geträumt. Im Haus. mutter Ach Camilla, du machst mir oft Sorgen. Camilla Sorgen? MUTTER Ja. Camilla Bin ich oft so verändert? mutter Du bist es immer wieder. Camilla Habe ich schon öfter etwas gesagt wie heute? mutter Nein, noch nie. Wie hast du mich erschreckt, Kind! Camilla drängend: Wie bin ich sonst? Wie bin ich, Mutter? mutter Oft so, als wärst du nicht da. Du hörst nicht, du antwortest nicht, du schaust viele Stunden lang auf einen Fleck und gehst durch die Stadt wie eine Mondsüchtige. Camilla Lachen sie über mich? Da die Mutter nicht antwortet: Sag es mir ruhig! mutter Weißt du es nicht? Camilla Ja, vielleicht weiß ich es. Nachdenklich. Aber könnte ich nicht auch ganz anders sein, wenn idi es nur wollte? mutter Wenn du dich etwas mühtest, Camilla! CAMILLA Ja. mutter Wie sehr würde ich Gott danken. Wie glücklich könntest du mich machen. Camilla Weshalb sollte ichs nicht? mutter Eben noch dachte ich, so arg wie heute war es nie gewesen. Aber jetzt ist mirs, als würde alles gut. Wie gut du sprichst, Camilla! Vernünftiger als ich selbst. Camilla Oh nein! Sie lacht. mutter Giovanni ist da. Camilla Giovanni? mutter Er sitzt mit dem Vater im Zimmer. Camilla angestrengt: Giovanni mit dem Vater im Zimmer. Und was ist er? Was will er? mutter Camilla, du weißt, was er will. Camilla Weiß ich es? 508 mutter Alle andern in deinen Jahren - Camilla Wenn es das ist. mutter Findest du ihn zu alt? Zögernd. Aber ich weiß nicht, ob wir nicht froh sein müssen. Camilla Ja. mutter Er hat drei Boote, du hättest keine Not zu leiden. Und er ist kein schlechter Mensch. Camilla Ja, Mama. mutter Dein Vater und ich, wir wären froh, wenn wir dich glücklich und gut versorgt wüßten. Wir haben immer Angst um dich. Camilla Ihr müßt keine Angst mehr haben. mutter Wirst du nicht fortlaufen, wenn er dich fragt? Camilla Bin ich fortgelaufen? Mutter Immer. Er sagte zuletzt, er käme nicht wieder. Nun ist er noch einmal gekommen. Sag ihm ja, Camilla! Camilla Wenn du es willst, Mama. Mutter O Camilla, du bringst Segen über dich und über uns alle! Camilla Soll ich jetzt hineingehen? MUTTER Ja, geh hinein. Sie öffnet die Tür. Raumlos. Ellen Das alles kam mir wie ein Spiel vor. Ich stand auf den Brettern einer Bühne und bewegte mich. Ich brauchte nur hinter die Kulisse zu gehen und es war vorbei. Ich konnte mitspielen, was hatte ich zu fürchten? In dem Zimmer saßen zwei Männer am Tisch, eine Flasche und Gläser mit Rotwein vor sich. Beide kamen mir ungefähr gleich alt vor, gegen fünfzig vielleicht. Der Gedanke, daß einer von ihnen mein Vater sein sollte, belustigte mich. Sie mußten dem Wein schon zugesprochen haben, ihre Gesichter waren erhitzt. Einer hatte die Jacke hinter sich über den Stuhl gehängt und den Hemdkragen geöffnet, er hatte ein rundes, gutmütiges Gesicht. Der andere war schmächtig, bartlos und fast kahl, auf seinem Kopf wuchsen noch einige Haare wie verdorrte Grasbüschel. Er war dunkel und ernst gekleidet. Beide standen auf, als ich eintrat. Der Hemdsärmelige zog eilig seine Jacke an und trat auf mich zu. Ich begriff, daß er mein Vater, Camillas Vater war. 509 Zimmer. vater Camilla, unser Freund Giovanni Foscolo ist gekommen. Gib ihm die Hand zur Begrüßung. Camilla Guten Tag, Herr Foscolo. Giovanni Guten Tag, Camilla. vater Herr Foscolo ist deinetwegen gekommen. Er hat um deine Hand angehalten und ich habe ihm gesagt, daß er mir als Schwiegersohn willkommen sei. Du weißt, daß Herr Foscolo unser Freund und ein Mann von Ehre ist. Ich hoffe, du wirst dich als gehorsame Tochter zeigen und seinen Wunsch und den Wunsch deiner Eltern nicht mißachten. Herr Foscolo ist reich, wir sind arm. Er ist unser Wohltäter, wir sind seine Schuldner. Verstehst du das? Camilla Ich verstehe es. Raumlos. Ellen Mein Vater sah mich nach diesen feierlichen Worten an, und mich ergriff das Mitleid vor seinem ängstlichen und bittenden Blick. Wenn er auch nicht mich bat, sondern Camilla, und nicht Camilla, sondern das Schicksal, so hing es doch von mir ab, die er für seine armselige beschränkte Tochter ansah, was das Schicksal für eine Antwort gab. Wahrscheinlich war er Herrn Foscolo verschuldet und ich konnte ihm helfen. Er schob mich zu dem Stuhl hin, auf dem er eben gesessen hatte, und sagte: Zimmer. vater Ich lasse euch jetzt allein, damit Herr Foscolo mit dir sprechen und du ihm antworten kannst. Zögernd. Ich verlasse mich auf dich. Er geht hinaus. GiovANNT Du hast gehört, Camilla, was dein Vater sagte. Und nun frage ich dich: Willst du zu mir kommen und meine Frau werden? Nein, antworte mir nicht gleich. Denke nach, damit du die richtige Antwort findest. Raumlos. Ellen Dies also war Giovanni Foscolo, der die törichte Camilla zur Frau wollte. Er war alt und nicht eben schön, sein hageres Gesicht war bleich und voller Falten. Ich vermutete, daß er magenleidend war. Er erinnerte mich an ein Pferd, ja, er 510 hatte die ruhigen traurigen Augen eines Pferdes. Dies also war der mächtige Mann, der das Schicksal von Camillas Eltern in der Hand hielt. Ich fand ihn nicht weniger armselig und bemitleidenswert als sie. Fast überkam mich in diesem Augenblick ein Gefühl des Triumphes. Ich war ja nicht Camilla, ich war Ellen Harland, die Hemingway und Gide gelesen hatte, die Vorträge im Frauenklub hielt und mit dem methodistischen Bischof von Baltimore in Briefwechsel über theologische Fragen stand. Ich konnte hier alles zum Guten oder zum Bösen wenden, ich konnte das Rad drehen wie ich wollte, vorwärts oder zurück, langsam oder schnell, ich konnte diese Menschen glücklich oder unglücklich machen - wenn ich wieder in Porto Garibaldi ankam, war ich Ellen Harland und alles war für mich abgetan. Zimmer. Camilla Habe ich jetzt lange genug nachgedacht? Giovanni Es hangt von der Antwort ab, ob es lange genug war. Camilla Ehe ich antworte, möchte ich selber noch etwas fragen. Giovanni Dann frage. Camilla Was schuldet dir mein Vater? Giovanni Da kommt es auch auf deine Antwort an. Camilla Mein Vater braucht ein besseres Boot. Giovanni Ein besseres Boot? Camilla Du hast drei, nicht wahr? Giovanni Ja, ich habe drei. Camilla Drei gute Boote. Giovanni Drei gute Boote. Camilla Genügte es nicht, wenn du zwei hattest? Giovanni Auch du hättest dann nur zwei. Camilla Das tut nichts. giovanni Du bist anders als sonst, Camilla. CAMILLA Ja? Giovanni Du bist nicht die Camilla, die ich kenne. Camilla Willst du mich deshalb nicht mehr? giovanni Noch mehr als vorher. Camilla Warum willst du mich, da ich doch das Gespött der Leute bin? giovanni Weil du schön bist und arm in allem. Meine Frau hat mir keine Kinder geboren. Ich bin allein, seitdem sie gestor- 511 ben ist. Ich dachte, du könntest zugleich meine Frau und meine Tochter sein. Ich habe niemanden, der zärtlich zu mir ist. Ich dächte, du könntest es sein. Camilla Du machst mir das Herz schwer, Giovanni Foscolo. Giovanni Und du mir, Camilla. Du bist eine ganz andere heute. Camilla Soll ich dann nicht antworten? Giovanni Antworte mir. Audi wenn ich eines Tages sehen sollte - Camilla Was? Giovanni Nichts, Camilla. Camilla Wegen des Bootes sorge dich nicht mehr. Giovanni Ich sorge mich nicht. Dein Vater kann eins von meinen Booten nehmen. Hast du noch andere Fragen? Camilla Ich hatte noch viele. Aber sie sind überflüssig geworden. Giovanni Wie konnte ich mich so über dich täuschen, Camilla? Ich glaube, du bist klüger als wir alle. Camilla Glaube das nicht! Es kann sein, daß ich morgen wieder alle Klugheit verloren habe. Giovanni Möchtest du mir jetzt antworten? Camilla Ja. Und meine Antwort heißt auch nicht anders. Giovanni Ja, Camilla? Camilla Bist du zufrieden? giovanni Ich bin sehr zufrieden. Glücklich bin ich. Aber ich wüßte gern, ob d u glücklich bist. Camilla Ich wüßte es selber gerne, Giovanni. Laß mich jetzt gehen. Giovanni Wohin willst du? Camilla Ich komme gegen Abend zurück. Ich will nach Porto Garibaldi. giovanni Soll ich dich hinrudern? Oder soll ich den Wagen anspannen? Camilla Idi möchte zu Fuß gehen und allein sein. GIOVANNI Ja. Camilla Dann leb wohl! giovanni Haben wir uns nicht verlobt, Camilla? Willst du mir keinen Kuß geben? Camilla Heute nicht, Giovanni. Ich will es heute nodi nicht. Sie gebt in die Küche. mutter Da bist du, Camilla! J12 Camilla Geht hinein, Giovanni wird euch alles sagen. Er erwartet euch. Raumlos Ellen Idi ging den Weg nach Porto Garibaldi zurück. Es war schon spät am Nachmittag. Ich hatte ein etwas sdilechtes Gewissen, daß nun das Leben Camillas durch mein Wort entschieden war. Ich, Ellen Harland, hätte Giovanni Foscolo nicht küssen mögen. Sein Atem roch nach Wein und Knoblauch, und seine schwarzen Zähne und feuditen Lippen flößten mir Grauen ein. Aber war es für Camilla nicht das beste, wenn sie ihn nahm? Er liebte sie und hatte ein schwermütiges und gutes Herz. Sie würde es gut bei ihm haben. Für die bescheidenen Maßstäbe von Comacchio war er ein wohlhabender Mann. Auch Camillas Vater und ihrer Mutter war geholfen, und alles in allem konnte ich wohl sagen, daß ich ein gutes Werk getan hatte. Über diesen Gedanken hatte ich mich selbst ein wenig vergessen. Ich hatte ein dunkelrotes, zerschlissenes Kleid an und sah aus wie Camilla. Nun, das mußte jetzt rasch in Ordnung gebracht werden. Ich wußte nicht wie, aber ich zweifelte keinen Augenblick daran, daß sich in Porto Garibaldi alles von selbst lösen würde und idi wieder in meine gewohnte Gestalt, Ellen Harland, schlüpfen konnte. Ellen Harland, das war gottlob etwas Eindeutiges: 19TO geboren, heute, am y. August 1951, einundvierzig Jahre alt geworden. Richtig, ich hatte heute Geburtstag und hatte ihn noch immer nidit gefeiert. Ich freute mich auf John, Bob und Lissy. Die Ungeduld ließ mich schnel-ler gehen. Etwas atemlos erreichte ich die ersten Häuser. Porto Garibaldi war, wie ich jetzt bemerkte, doch viel ärm-licher als es mir vor einigen Stunden erschienen war. Die Häuser waren eigentlich ebenso schmutzig und düster wie in Comacchio. Kein Auto war zu sehen, kaum ein Mensch. Offenbar war der Badebetrieb vom Nachmittag vorüber, es ging freilich auch schon auf den Abend zu. Ich lief zum Strand hinunter und suchte den Platz, wo wir unseren Wagen abgestellt hatten. Aber ich fand weder den Platz noch den Wagen, alles kam mir verändert vor. Ich sah überhaupt kein Auto. Ich blickte über den Strand nach John, Bob und Lissy aus, aber obwohl nur sehr wenige Leute zu sehen waren, sah ich sie 513 nicht. Sollten sie ohne mich abgefahren sein? Vielleicht suchten sie mich? Es war unbedacht gewesen, daß ich mich ohne ein Wort "von ihnen getrennt hatte. Ich blickte mich unschlüssig um: Häuser, ein paar Boote, Badekabinen — was war es denn, das mir an all diesen Dingen so unheimlich vorkam? Irgendetwas war anders. Nein, nicht irgendetwas. Alles war anders. Nicht nur anders als das Porto Garibaldi, das ich vor wenigen Stunden gesehen hatte, nein, anders als überall, es war alles vom Grund auf anders. Und ich hätte doch nicht sagen können, worin dieses Andere bestand. Ich hatte nur die Ahnung einer furchtbaren Gefahr, die mich umgab, eines Schreckens, der jetzt über mich hereinbrechen mußte. Und ich wußte zugleich, daß ich nicht fliehen konnte. Ein Mann und eine Frau kamen die Straße entlang auf mich zu. Der Mann hatte einen kreisrunden niedrigen Strohhut auf dem Kopf, sein Jakett war aufgeknüpft und zeigte die bunt karierte Weste darunter. Er schwenkte einen Stock mit einem silbernen Knauf. Die Dame, die er mit großer Höflichkeit an seinem Arm führte, trug einen riesigen schwarzen Hut mit einer Reiherfeder, ihr schwarzes Gewand war eng geschnürt und berührte mit dem Saum den Erdboden. Ich starrte die beiden an und als sie dicht vor mir waren, faßte ich mir ein Herz und sprach sie an. Im Freien. Camilla Verzeihen Sie, können Sie mir sagen, wie spät es ist? HERR Es ist bald halb sieben. CAMILLA zögernd: Und welches Datum wir heute schreiben? HERR Welches Datum? Den fünften August. Camilla Und das Jahr? HERR Das Jahr neunzehnhundertundzehn. Er beginnt zu lachen. Verzeihen Sie mein Kind, aber das wird man selten gefragt. Camilla Ich danke Ihnen sehr. Herr Ich bitte. Camilla Neunzehnhundertzehn. Der fünfte August neunzehn-hundertzehn - Ranmlos. Ellen Nun wußte ich, warum mir Porto Garibaldi so fremd 514 vorkam. Waren nicht selbst das Meer und der Himmel anders? Die Sonne stand tief, bald würde dieser Tag vorbei sein, der 5. August 1910, dieser Tag, an dem in Cleveland in den Vereinigten Staaten Mistress Maud Willing, die Frau des Bundesrichters Ernest Willing, von einem Mädchen entbunden wurde, das Ellen heißen sollte und in etwa zwanzig Jahren den Ministerialbeamcen John Harland heiraten würde. Cleveland lag schätzungsweise zehntausend Kilometer entfernt, das war weit. Comacchio aber war nahe. Ich schaute an mir hinab. Ich trug noch immer das rote, zerschlissene Kleid von Camilla und ich sah aus wie sie. Sah ich nur so aus? Heute, am 5. August 1910, schrie in Cleveland ein Kind. Sie schrie, Ellen, die mir mein Leben stahl, die sich bequem einrichtete in ihrem bequemen Dasein und mich erbarmungslos zurückließ in der stinkenden Lagune von Comacchio. Ja, sie ließ mich in Comacchio zurück, denn wohin anders sollte ich jetzt gehen? Einige Monate später heiratete ich Giovanni Foscolo und führte von nun an das Leben Camillas, ein Leben zwischen Salztonnen und Fischkadavern. Pause. Im Freien. Geschrei von Möven. Camilla Ich hasse die Möven, Giovanni. Giovanni Nützliche Tiere, sie vertilgen Abfälle. Camilla Kann man nicht leben, wo es keine Abfälle gibt? Giovanni Es gibt überall welche. Camilla So möchte ich wenigstens dort sein, wo man sie nicht sieht. Giovanni Was kennst du außer Comacchio? Camilla Soviel, um zu wissen, daß die Welt überall anders ist als hier. Giovanni Ich glaube, die Welt ist nur ein vergrößertes Comacchio. Camilla Was kennst d u außer Comacchio? Giovanni Ich mochte, daß du glücklich bist, Camilla. Aber wärst du es anderswo? Camilla Ja. Ich weiß einen Ort, wo ich es wäre. In Cleveland. GIOVANNI lachend: Wo? Camilla Cleveland, Nordamerika. 515 giovanni Ich bin Fischer und wohne in Comacchio. Ich kann es nidit ändern. Camilla Kannst du es nicht ändern? Sieh, wie die Aale zappeln, halb erstickt an der Luft. Sie tun mir leid. Sie verlangen nach dem Wasser - giovanni ärgerlich: Wie du nach Cleveland. Camilla Wir sollten auswandern, Giovanni. giovanni Auswandern? Camilla Wie viele wandern aus! giovanni Weil es ihnen schlecht geht. Aber wir? Geht es uns schied«? Camilla Ich will fort, Giovanni. Ich will fort. giovanni Wie stellst du dir das vor? Soll ich das Haus verkaufen? Camilla Das Haus? Was liegt an dieser Hütte? giovanni Und die Boote. Camilla Warum nicht die Boote? giovanni Was soll ich in Amerika? Ich habe nichts anderes gelernt als zu fischen. Camilla Das kannst du auch drüben. Laß uns hier fortgehen! giovanni Das sind Launen, Camilla. Mach mich nicht ärgerlich. Raumlos. ellen Aber ich lag ihm Tag um Tag in den Ohren damit, ich quälte ihn und ließ nicht ab. Und er, der mich über alles liebte und in seinem Herzen, das einsam und schwermütig war wie die Lagune, keinen andern Wunsch hegte, als midi glücklich zu sehen, er gab schließlich nach. Oh, ich hatte wohl gewußt, daß er nachgeben würde, daß er eines Tages auf meine Pläne eingehen mußte, wenn er es audi zuerst widerwillig tat. Denn wie sollte er sie begreifen? Hatte ich nicht Grund genug, zufrieden zu sein? Die Mädchen in Comacchio beneideten mich darum, daß Giovanni midi genommen hatte, Giovanni mit seinem Haus und seinen Booten. Ich aber wußte: wenn man an die Welt draußen dadite, war er nicht viel mehr als ein Bettler. Was ging er mich an? Was ging mich Comacchio an mit seinen elenden Straßen und seinem erbärmlichen Haff, über dem man das Meer vergessen konnte? Idi wollte das Leben zurückhaben, das mir gehörte, ich mußte wieder die werden, die ich wirklich war. Aber wie sollte ich das in Co- 516 macchio? Weil ich es so wollte, begann Giovanni zu sparen und zu geizen. Er fuhr allein in einem Boot, ein Knecht, den wir noch hielten, allein im andern. Manchmal fuhr ich mit und half. Aber die Lire im Kasten wurden nur langsam mehr. Und dann kam der Krieg. Carlo, der Knecht, der eben zwanzig wurde, mußte einrük-ken. Giovanni war zu alt, das war unser Glück. Wir verdienten gut während des Krieges. Nicht nur Giovanni und ich, mein Vater und selbst meine Mutter mußten mit ausfahren. Und wenn Carlo auf Urlaub kam, half er auch. Obwohl er bei Ravenna zuhause war, verbrachte er seinen Urlaub in Comacchio; das letzte Mal kurz vor Kriegsende. Es waren immer vierzehn Tage und er hatte nichts davon, er plagte sich für uns ab. Im Hause. Eine Tür wird geöffnet. carlo Signora! Camilla Carlo? carlo Ist Herr Foscolo nicht da? Ich wollte mich verabschieden. Camilla Er muß gleich kommen. Fährst du nicht erst morgen? carlo Morgen früh. Camilla Und verabschiedest dich heute schon? carlo Ich wollte mich von Ihnen verabschieden. Camilla Von mir? carlo Signora, ich habe midi nie gewundert, daß mir nichts ge-sdiehen ist. Aber seit einiger Zeit wundere ich mich. Signora, wissen Sie, wohin ich fahre? Camilla Ich bete immer, auch für dich. Dir wird nichts geschehen. carlo Vielleicht wäre es besser, wenn Sie mich aus Ihren Gebeten ließen, Signora. Camilla Ich weiß nicht, was du redest. carlo Ich habe es lange genug für mich behalten. Wie lange bin ich hier? Sechs Jahre! Und haben Sie bemerkt, daß ich jeden Urlaub in Comacchio verbringe? Warum denn? Meine Eltern wohnen weit weg. Camilla Ich habe nie darüber nachgedacht. carlo Alle haben darüber nachgedacht, nur Sie nicht. Herr Foscolo zum Beispiel, ich glaube, er hat oft darüber nachgedacht. 517 Camilla Ich verbiete dir solche Reden, Carlo. carlo Sie verbieten mir solche Reden! Sie leben in einer Welt, in der nichts an Sie kommt. Wo leben Sie nur? Wenn ich es wüßte! Sie haben kein Herz, Signora. Camilla Wie wahr, Carlo! Du weißt nicht, wie wahr du sprichst. Jemand stiehlt mir mein Leben und verbraucht mich für sich. Wer weiß, wo mein Herz verbraucht wird! carlo Ich glaube, ich verstehe Sie, Signora. Er ist es, nicht wahr? Camilla Wie du mich mißverstehst, Carlo! carlo Ja, das ist es. Ich komme nicht hinter Ihre Gedanken. Aber verlassen Sie sich darauf, eines Tages - Camilla Ach, Carlo. carlo Ich denke nichts anderes mehr. Camilla Und ich bitte dich: Komm nicht mehr nach Comacchio. Carlo Sie bitten mich, zu sterben, Signora. Camilla Zu sterben! Geh in dein Dorf, heirate ein junges Mädchen! Bin ich nicht fünf Jahre älter als du und die Frau eines andern? Und selbst, wenn es nicht wäre: Ich kann dich nicht brauchen. Ich will fort. Und du warst eine Fessel mehr, die mich an Comacchio bände. Ich will nicht, ich will nicht — Raumlos. ellen Carlo erfüllte meine Bitte nicht, das war von ihm wohl nicht anders zu erwarten gewesen. Ein Jahr später, als der Krieg vorbei war, kam er nach Comacchio zurück. Er fand Arbeit bei meinem Vater, denn Giovanni stellte ihn nicht mehr ein. Wie recht er hatte. Und wie nutzlos es war. Zimmer. giovahni Sprachst du nicht manchmal von einem Ort, der Cleveland heißt und in Amerika liegt? Camilla Ich sprach davon, Giovanni. Giovanni Hast du es vergessen? Camilla Ich habe es nicht vergessen. Giovanni Jetzt wäre es soweit. Camilla Es wäre soweit? Giovanni Das Geld könnte reichen. CAMILLA Ja? giovanni Freut es dich nicht? 518 Camilla So viele Jahre habe ich darauf gewartet - es müßte mich eigentlich freuen, nicht wahr? giovanni Aber jetzt bliebst du lieber in Comacchio. Camilla Ich habe mich daran gewöhnt. Ich sehe ein, daß es falsch wäre, wegzugehen, jetzt, wo wir so weit sind. Du wolltest bleiben — also bleiben wir. giovanni Ich möchte aber sehr gern fort, Camilla. CAMILLA Du? giovanni Und ich möchte gern sehr weit fort. Amerika wäre schon recbt. Camilla In Amerika ist es nicht anders als hier. giovanni Sagst d u das? Camilla Ich kann nicht fort, Giovanni. GiOVANiN Warum nicht? Camilla Ich erwarte ein Kind. Da Giovanni nichts antwortet. Jetzt könnte ich dich fragen, ob es dich freut. giovanni Es freut mich, Camilla. Auch wenn es nicht mein Kind ist. Raumlos. ellen Nein, ich wollte jetzt nicht fort. Ich konnte mich von Carlo nicht mehr trennen. Niemandem in Comacchio blieb das verborgen. Aber Giovanni sagte nichts weiter darüber. Und ich hätte auch nicht darauf geachtet. Pause. Das Kind, das ich im neunundzwanzigsten Jahr meines Lebens bekam, war ein Knabe und wurde auf den Namen Antonio getauft. Giovanni war sehr zärtlich zu ihm und voller Güte zu mir. Wie oft dachte ich später an Giovanni. Er hatte mehr verdient als meine Gleichgültigkeit. Er starb sehr einsam, ehe Antonio ein Jahr alt wurde, so einsam, wie er sein ganzes Leben lang gewesen war. Im Freien. Das Schreien der Möven. giovanni Ist er eingeschlafen? Camilla Ja, auf meinem Arm, er ist ein gutes Kind. Überallhin kann ich ihn nehmen. giovanni Bald wird er laufen. Mein Gott, es geht alles so schnell dahin! Er lacht. Gut, daß es schnell geht. Wenn er erst läuft, fährt er auch bald mit mir zum Fischen. 519 Camilla Sicher fährt er bald mit. Der Bootsmotor wird angelassen. Giovanni "Müßt ihr schon ins Haus? Wenn ihr am Ufer bleibt, sehe ich euch noch eine Weile. Oder möchtest du nicht? Camilla Doch, Giovanni. Giovanni Der Wind wird ihm nicht schaden? Camilla Nein. Der Wind wird ihm nicht schaden. Giovanni Besser, wenn er früh daran gewöhnt wird! CAMILLA Ja. Giovanni Und besser, als wenn die Luft wie tot steht. Camilla nach einer Pause: Bist du mir noch böse, Giovanni? Giovanni Böse? Nein, Camilla. Das Motorengeräusch entfernt sich. Raumlos. Ellen Wie oft tröstete es mich später, daß diese Worte das Letzte waren, was ich aus seinem Munde hörte. Er winkte lange und dann verschwand das Boot in der Ferne auf dem Kanal, und ich sah Giovanni nicht wieder. Einige Stunden danach nämlich setzte über der See ein heftiger Sturm ein, und als die Boote spät am Abend, einige erst in der Dunkelheit, zurückkehrten, fehlte Giovanni. Das Boot strandete am nächsten Tag schwer beschädigt an der Küste weiter südwärts. Von Giovanni fand sich keine Spur mehr. Pause. Zimmer. vater Ich sehe dich selten, meine Tochter. Camilla Ich scheue die Menschen. Sie haben alle guten Rat für mich. vater Ich fürchte, auch ich möchte dir einen geben. Es hat sidi vieles geändert, seit Giovanni tot ist. Camilla Und seit heute hat sich noch mehr geändert. vater Ja, ich habe Carlo entlassen. Und du weißt auch, warum. Camilla Ich will es nicht wissen. vater Du hältst dir die Augen zu. Camilla Carlo wird für mich fahren. vater Für dich? Auf welchem Boot? Camilla Auf Giovannis Boot. vater Das er mir gab. Du willst es zurück? 520 Camilla Ich will es zurück. vater Ja, das fürchtete ich. Nicht um meines Vorteils willen, Camilla, verstehe mich recht. Oder meintest du, ich hätte dich betrogen? Camilla Nein. vater Ich kann dir das Boot nicht verweigern. Nach einer Pause. So fährt also Carlo weiter darauf, obwohl ich ihn entließ. Wenn man es recht bedenkt, hat sich nichts geändert. Camilla Aber er fährt für mich. vater Wenn er fährt. Camilla Er wird wieder fahren. vater Versprach er dir das? Bei mir fuhr er nicht oft. Das Wirtshaus war ihm schon lange lieber als die Lagune. Ich vermute, es ist ihm auch lieber als du. Camilla Der gute Rat, Vater? vater Muß ich ihn noch aussprechen? Camilla Nein. Carlo wird sein wie früher. vater Wirklich? Camilla Wir werden heiraten. vater Das ist noch schlimmer, Camilla, als ich dachte. Raumlos. Ellen Ich war nicht blind. Ich sah wohl, daß Carlo sich verändert hatte. Aber weil ich die Ursache nicht herausfand, dachte ich, es würde sich alles wieder geben. Vielleicht helfe ich ihm, wenn ich bei ihm bleibe, sagte ich mir, und klammerte mich noch heftiger an ihn. Wollte er mich heiraten? Ich weiß es nicht. Vielleicht redete ich es ihm ein. und nach einiger Zeit hatte ich es erreicht. Aus der Ehe mit Carlo stammten noch drei Kinder. Umberto und die beiden Mädchen Lidia und Filomena. Mit Carlo aber wurde es nicht anders, und eines Tages wußte ich, daß ich nicht glücklich bei ihm geworden war. Zimmer. carlo Ich weiß nicht, wo das Geld hinkommt. Sag nicht, ich hätte es vertrunken, soviel kann man nicht vertrinken, wie Giovanni dir hinterlassen hat. Camilla Nein? carlo Vergiß nicht, daß ich darüber zu verfügen habe. 5*' Camilla Als ich dich kennenlernte, warst du siebzehn Jahre, beinahe ein Kind. Wie sanft du warst, hätte ich didi damals geliebt!"Aber ich liebe dich heute. Carlo Hättest du, hättest du! Aber du hast nicht. Hättest du midi lieber verflucht und mich umkommen lassen auf dem Monte Grappa oder im gelben Wasser der Piave. Aber du hast den Himmel für mich angestürmt. Wofür bin ich aufgespart? Camilla Manchmal dachte ich: für mich. Carlo Ich dachte es auch einmal. Camilla Jetzt nicht mehr? Carlo Ich möchte vergessen. Und dafür ist der Wein noch das beste. Camilla Ich verstehe dich nicht. carlo Das ist gut so. Gut, daß du mich nicht verstehst. Ich liebe dich sehr, Camilla. Camilla Dann laß uns fortgehen, Carlo, wohin immer! Amerika - carlo Aber meine Liebe flößt mir Entsetzen ein. Amerika? Ja, Amerika wäre gut. Morgen, wenn du willst! Camilla Idi sdireibe an das Konsulat. carlo Ja, schreib. Vielleicht wird alles besser, wenn wir hier fort sind. Camilla Alles wird besser, Carlo. carlo Gib mir jetzt Geld. Camilla Wofür? carlo Für soviel Gläser voll, um dir zu glauben. Camilla Ich habe nur siebzig Lire. carlo Du lügst, aber gib sie mir. Er öffnet die Tür. - Von der Tür her. Ich weiß nicht, ob es sich lohnt, für mich zu beten. Oder meinst du? Er geht hinaus und schließt die Tür hinter sich. Raumlos. ellen Ich schrieb an das Konsulat, und wenn Carlo gewollt hätte, wären wir vielleidit, wir und die Kinder, nach Amerika gekommen. Aber er sagte ja und kümmerte sich doch um nichts, wenn es darauf ankam, alles sdiien ihm gleichgültig zu sein. Und idi liebte ihn, ich hatte keine Macht über ihn. Bei Giovanni war alles leichter gewesen. Oft befiel mich der J22 Kummer darüber, wie schnell und wie leer die Jahre verflossen. Ich ging auf die Vierzig zu. Die Kinder wuchsen heran. Filomena, die Jüngste, war jetzt fast fünf, Antonio, der Älteste, fast elf Jahre. Zimmer. ANTONIO Dies Holzscheit, Mutter, ist ein Schiff. Und hier? Was ist das? Camilla Ich dachte, es wäre der Herd. Antonio Es ist das Land Italien. Camilla Ja. Ich hätte es wissen müssen. Antonio Und das? Camilla Ich bin jetzt müde, Antonio. Es ist wohl nicht der Tisch? Antonio Es ist der Tisch. Aber ich spiele. Camilla Vielleicht ist es das Land Amerika? Antonio Siehst du, Mama, wie einfach alles ist! Das Schiff fährt von Italien nach Amerika. Camilla Wie könnte es anders sein? Antonio Und wer ist auf dem Sdiiff? Camilla Der Kapitän, der Steuermann — Antonio ungeduldig: Das meine ich nicht! Camilla Viele Leute, die von Italien nach Amerika fahren wollen. Antonio Du bist auf dem Schiff. CAMILLA Ich? ANTONIO Und ich. Camilla Nur wir beide? Antonio Der Vater will nicht mit. Camilla Wie kommst du darauf? Antonio Du hast es gesagt, Mama. Camilla Das habe ich nie zu dir gesagt, Antonio. ANTONIO Nicht zu mir! Zu dir selber hast du es gesagt! Camilla Spreche ich mit mir selber? Antonio Immer, Mama. Camilla Dann werde ich es nicht mehr tun. Antonio Weshalb nicht? Camilla Spiel jetzt weiter, Antonio! Antonio Ich kann das nicht allein spielen, du gehörst dazu. Wenn Vater nicht mitfahren will, lassen wir ihn hier. 523 Camilla Meinst du? Antonio Ich fahre mit dir nach Amerika, -wenn ich größer bin, Mama. Ich verspreche es dir. Camilla Ich freue mich darauf, Antonio. Antonio Aber du glaubst es mir nicht. Camilla Ich glaube es dir. Antonio Nicht wahr, man muß halten, was man verspricht? Camilla Sage ich das auch, wenn ich mit mir selber spreche? ANTONIO Ja. Camilla seufzend: Es ist spät, Antonio, Geh schlafen! Raumlos. Ellen Meine Abende wurden immer gleichförmiger. Waren die ■Kinder zu Bett und schliefen, dann saß ich allein und wartete auf Carlo, der in einer der Kneipen von Comacchio meist ebenso allein saß wie ich zu Hause. Jedenfalls erzählte man mir, daß er sich abseits hielt und kaum an den Gesprächen teilnahm. Er war jetzt fünfunddreißig, aber grauhaarig, und sah aus wie ein alter Mann. Ich horchte, wenn ich so saß, ob ich einen Schritt hörte oder ob die Tür ging. Oft täuschte midi der Wind, der an der Klinke rüttelte wie eine Hand. Es war einsam an diesen Abenden, und ich hatte Zeit, an vieles zu denken, an mein Leben, das nicht meines war und mich nicht losließ, ich wurde weder bei seinen Freuden noch bei seinen Leiden um mein Einverständnis gefragt, und die Hoffnung, ihm zu entrinnen, wurde immer geringer. Hoffte ich denn noch? Zimmer. Carlo Du bist noch auf, Camilla? Camilla So wunderst du dich jeden Abend. carlo Ich hoffe immer, ich werde dir gleichgültig. Camilla Weil ich dir gleichgültig geworden bin? carlo Als ob meine Liebe etwas retten könnte. Ich habe sedis Jahre gebraucht, um sie dir zu erklären. Ich bin sehr langsam. Camilla Ausdauernd. carlo Nicht wahr? Diesmal sind es zehn Jahre. Camilla Zehn Jahre? Womit? carlo Weißt du es immer noch nicht? Camilla Was, Carlo? SM carlo Ich versuche es dir seit zehn Jahren zu sagen. Aber vielleicht weißt du es längst, sagst nichts und hältst mich hin, und sitzt nur da — Camilla Ich weiß nur, daß du trinkst, soviel weiß ich. carlo Wenn ich trinken würde, um zu trinken. Aber ich trinke, um zu überlegen, wie ichs dir sage. Camilla Ich habe Angst, Carlo. carlo Weißt du es jetzt? Camilla Nichts, aber ich habe Angst vor dem, was du sagen wirst. carlo Du wolltest es immer wissen. Camilla Ich will nichts mehr wissen, Carlo. Behalt es für dich. carlo Ich habe Giovanni umgebracht. Camilla nach einer Pause, scheinbar ruhig: Das ist nicht wahr, Carlo, er war allein im Boot. Der Sturm kam und er ist ertrunken. carlo Als der Sturm kam, war er längst tot. Ich warf ihn ins Meer und ließ sein Boot treiben. Camilla Aber er war allein. carlo Es war nicht schwer, an sein Boot zu kommen und überzusteigen. Es war ruhige See. Camilla Das ist alles nicht wahr. carlo Als ich zu ihm stieg, lächelte er und sagte: »Da bist du endlich!« Camilla Sei jetzt still, Carlo! carlo »Da bist du endlich!« Weshalb sagte er das? Auch darüber denke ich seit zehn Jahren nach. Wartete er darauf? Ich glaube es, und ich glaube auch, er wollte nicht mehr leben, Camilla. Manchmal, wenn ich einen sehr guten Tag habe, denke ich mir, er selber hätte mir den Wunsch eingegeben, ihn umzubringen. Und dann wäre auch er selber schuld. Verstehst du? Camilla Sag, daß es nicht wahr ist. carlo Es ist nicht wahr. Ich habe dir eine kleine Geschichte erzählt zur Unterhaltung. Und ich trinke nur, weil es mir schmeckt. Camilla Ich habe zehn Jahre mit dir gelebt. carlo Länger. Camilla Aber zehn Jahre danach. carlo Teilst du schon die Zeit? Dann glaubst du auch, daß es 525 wahr ist. Von nun an wird es schwierig sein, mit dir zu leben, Camilla. CAMILLA Ja. carlo Aber hab keine Sorge! Camilla Wohin willst du? carlo spöttisch: Nach Amerika. Camilla Amerika. Carlo Dann leb wohl, Camilla. CAMILLA Wohin -carlo Nirgendhin. Ich bin müde, ich möchte schlafen. Es ist warm draußen, ich werde im Boot schlafen, das ist das beste. Raumlos. Ellen Filomena war wach geworden und schrie, und als ich die Kleine beruhigt hatte und zurückkam, war Carlo fort. Nach einer Weile ging ich hinaus ans Boot, aber es war leer. Ich irrte mit meiner Laterne durch Comacchio und suchte und suchte Carlo. Alles war still und leer, und ich fand ihn nicht Ich weckte meinen Vater, und wir suchten gemeinsam. In der Morgendämmerung fanden wir ihn, er hatte sich am Brückengeländer erhängt. Seine Füße hingen dicht über dem Wasser. Pause. Dies geschah im Jahre 1930, im selben Jahr, wo in Cleveland Ellen Willing sich mit John Harland verheiratete. Sie vertauschte die behütete Welt ihres Elternhauses mit einer anderen nicht weniger behüteten Welt. Wie haßte ich sie, die mir alles stahl und mir von ihrem Leben nichts überließ als die Schmerzen. Nach Carlos Tod irrten meine Gedanken wieder öfter zu ihr. Noch war etwas Geld da von dem, was Giovanni hinterlassen hatte. Außerdem besaß ich das kleine Haus und das Boot. Wenn ich das Boot verpachtete und bei meinem Vater etwas verdiente und wenn ich dazu sparsam war, würde es vielleicht reichen, für die Kinder und mich die Überfahrt zu bezahlen. Ich versuchte es noch einmal, es waren mühselige Jahre. Die Zeit ging schnell dahin. Ich merkte am Wachsen der Kinder, wie alt ich wurde. Antonio hatte keine Lust, Fischer zu werden. Als er sechzehn war, ließ ich ihn als Lehrling in die Lederfabrik von Ferrara gehen; er konnte bei 52Ó einer Tante, der Schwester meiner Mutter unterkommen, die dort mit ihrem Mann einen Gemüseladen betrieb. Antonio war mein Liebling. Das Haus wurde leer ohne ihn. Aber über Sonntag wenigstens kam er nach Flause. Er war fast drei Jahre in Ferrara. Zuletzt verdiente er schon so viel, daß ich ihm nichts mehr zugeben mußte, er begann auch sonntags auszubleiben. Oft vergingen Wochen, ehe er wieder mit uns an einem Tisch saß, aber er erzählte nicht viel. Zimmer. Camilla Weißt du, daß du mir einmal versprochen hast, Antonio, mit mir auszuwandern? Antonio Ja, ich weiß es. Umberto Auswandern? Wohin? ANTONIO Nach Amerika. filomena Ich möchte auch auswandern, Mama. LiDiA Aber du bist zu klein, Filomena. filomena Mama, Lidia sagt, ich wäre zu klein. Ich bin zwölf Jahre. Mit zwölf Jahren! Camilla Wir wandern zusammen aus. Alle. Umberto Wirklich nach Amerika? Camilla Oder denkst du nicht mehr daran, Antonio? Antonio Doch, ich denke daran. Camilla Wir haben bald genug gespart. filomena Wann fahren wir, Mama? Camilla Ich meine immer, Antonio hätte keine Lust mehr. Antonio Lust habe ich schon. Camilla Aber? Antonio Nein, nichts. Camilla Du hast es versprochen, Antonio. Aber wenn du nicht mehr willst - lidia Sicher kommt Antonio mit. Was soll er hier allein? Camilla Allein? Man kann jemanden finden. Oder nicht? Antonio Ich weiß nicht, Mutter. Raumlos. Ellen Ich merkte, daß Antonio nachdenklich wurde und sagte nidus mehr, ich behielt auch mein Lächeln für midi. Vielleicht aber dadite er damals schon an etwas ganz anderes als ich. Als 527 er Monace später wieder einen Sonntag nach dem anderen ausblieb, fuhr ich nach Ferrara. Es war wohl nötig, daß ich einmal nach dem Rechten sah, wenn auch nichts Besonderes sich ereignet haben mochte. Man hätte mir sonst Nachricht gegeben. Es war ein warmer Tag, ich fand die Tante allein in ihrem Laden. Halboffener Kaum. Camilla Guten Morgen. Tante Camilla! Das ist ein seltener Besuch. Camilla Ich wollte Antonio sehen. Tante Antonio? Camilla Ist er nicht da? Aber es müßte schon Feierabend sein, nicht wahr? tante Antonio, Camilla? Camilla verwundert: Antonio. tante Ist er nicht in Mailand? Camilla In Mailand? Tante Ja. Camilla Ich weiß nichts davon, daß er in Mailand isc. tante Er hat da eine bessere Stellung. Vorigen Sonntag fuhr er zu euch. Er sagte, er käme nicht mehr hierher zurück, weil er dann gleich nach Mailand ginge. Camilla Er war nicht in Comacchio. tante Wo denn sonst? Camilla Wo ist er in Mailand? tante Ich habe ihn nicht gefragt, ich konnte auch nicht wissen -Camilla Nein, du konntest nichts wissen. tante Guter Gott! Aber komm herein, Camilla, iß etwas, trink etwas! Camilla Ich möchte nicht, danke. Hat er nichts hiergelassen? tante Nein, seine Sachen hat er mitgenommen. Adi Camilla, so schlimm wird es nicht sein. Er ist ein ordentlicher Mensch, ich kenne ihn. Er wird schreiben. Raumlos. Ellen Ich blieb zwei Tage in Ferrara, aber ich erfuhr weder in der Fabrik noch sonstwo etwas, was mir hätte auf die Spur helfen können. Antonio schien seine Abreise geheim gehalten zu haben, nur die Tante wußte davon, und ihr hatte er auch den j.S Ort gesagt: Mailand. Ich mußte nach Mailand fahren, vielleicht fand ich ihn. Das dauerte freilich eine Woche, oder mehrere, es kostete Geld. Und konnte ich die Kinder so lange allein bei der Mutter lassen? Die Mutter war schon sehr alt. Aber als ich nach Comacchio kam, war ich entschlossen zu fahren. Die Mutter würde es schon machen, und das Geld mußte ich von dem Ersparten nehmen. Die Kassette, worin ich es aufbewahrte, stammte noch von Giovanni. Damals stand sie ebenso wie heute auf dem Grunde der Wäschetruhe, bedeckt von Kinderkleidern, Strümpfen, Hemden und Bettlaken, die dringend der Ausbesserung bedurften. Seit mehr als zwanzig Jahren war das ein sicherer Platz gewesen, aber als ich jetzt den Sdilüssel in die Kassette stecken wollte, merkte ich, daß ich sie nicht zu öffnen brauchte. Sie war erbrochen und leer. Es gab nur einen, der wußte, wo das Geld war, und ich begriff, daß es keinen Sinn hatte, nach Mailand zu reisen. Dort war Antonio nicht. Ich hätte ihn ebensogut in Palermo, Neapel oder Vicenza suchen können. Er war fort, mein liebstes Kind, und er hatte nicht nur mein Geld, er hatte alle meine Träume gestohlen. Im Freien. Schrei der Möven. Umberto von weitem: Mama, Mama! Camilla Ja, Umberto? umberto nahe: Was machst du hier draußen? Wir suchen dich. Camilla Ich komme gleich. umberto Was hast du, Mama? Camilla Der Wind ist heut so scharf, wie ich ihn selten kenne. umberto Ist etwas mit Antonio, Mama? Du hast uns nichts von Ferrara erzählt. Camilla Er ist nach Mailand gegangen, er hat dort eine bessere Arbeit gefunden. Mehr Lohn, verstehst du, und abends früher frei. umberto Weinst du deshalb? Camilla Weil es so weit ist. umberto Ich gehe nie so weit von dir fort, Mama. Camilla Sag das nicht, Umberto. umberto Ich verspreche es dir. Camilla Du versprichst es? umberto Hab ich etwas Schlimmes gesagt? 5*9 Camilla Nein, Umberto. Mövenscbreie ausblenden. Raumlos. Ellen Es war nicht Umbertos Schuld und nicht sein Wille, daß er noch weiter von Comacchio wegkam, als Mailand entfernt ist. Im Jahre 1940, als wieder Krieg war, wurde er neunzehn Jahre alt. Er rückte zur Marine ein. Comacchio wurde leer und still, und leer und still wurde das Haus, wo ich wohnte. Auch Lidia und Filomena gingen fort. Sie arbeiteten in der gleichen Fabrik in Ferrara, wo auch Antonio gearbeitet hatte, und wohnten bei der Tante. Auch sie kamen manchmal sonntags nicht nach Hause, oder es kam nur eine von beiden. Ich tat während des Krieges, was ich mein Leben lang getan hatte: ich nahm Fische aus. Sie wanderten aus einem Kübel rechts durch meine Hände in einen Kübel links. Ich hatte keine schönen Hände. Und ich wartete. Audi das hatte ich mein Leben lang getan. Ich wartete auf Briefe, auf Schritte, auf das Knirschen eines Fahrrades vorm Hause. Am wenigsten wartete ich auf die Reise nach Amerika. Das Erwartete war geringer geworden, vielleicht könnte ich auch sagen: größer. Pause. Eines Abends im Herbst hörte ich wirklich Schritte. Sie tappten ans Haus und verstummten vor der Tür. Ich horchte und rief. Zimmer. Camilla Ist jemand draußen? Stille - Sie steht auf und öffnet die Tür. Ist jemand draußen? Antonio halblaut: Ich bin es. Antonio. CAMILLA laut: Antonio! ANTONIO Still! Camilla Was hast du? Antonio Ich möchte hinein! Camilla Ach Antonio, mein Sohn, mein lieber -Antonio Mama! Die Tür wird geschlossen. Camilla Wie siehst du aus? Uniform? Antonio Es war eine. Nein, nicht ins Licht! Sind die Fenster 530 verhängt? Mir war, als wäre jemand auf der Straße gewesen, als du die Tür aufmachtest. Es kann sein, daß sie mich suchen. Camilla Wer sucht dich? Antonio Ich bin desertiert, ich bin seit vier Tagen unterwegs. Camilla Setz dich, Antonio, es ist noch Essen da. Gleich ist es warm! Antonio Sie wissen natürlich, daß ich aus Comacchio bin. Camilla Dann war es nicht klug von dir, daß du hierher gekommen bist. Antonio Nein, klug war es nicht. Camilla Und ich bin glücklich, Antonio. Antonio Aber ich muß weiter. Hast du einen Anzug für midi, Mama? Camilla Von dir ist nodi einer da, und die von Umberto werden dir passen. ANTONIO Von Umberto? Camilla Hier ist eine Karte von ihm, aber sie ist schon drei Wochen alt. Er fährt zur See. Antonio liest: »Du wirst jetzt lange nichts mehr von mir hören.« Camilla Das Boot wird gerade vor einer Ausfahrt gewesen sein. Antonio Ja. Vielleicht. Er liest weiter. »Sonst fehlt mir hier nichts. Wenn alles gut geht, bekomme ich bald Urlaub.« Camilla Wenn alles gut geht, Antonio! Antonio Und Lidia, Filomena? Camilla Sie sind in Ferrara. Ich bin jetzt allein im Haus. Antonio Damals, Mutter- Camilla Iß, Antonio. Antonio Damals - Camilla Du mußt mir nichts erklären. Antonio Es war für ein Mädchen, aber es reichte ni Camilla Wie dumm du redest. Antonio Später war ich klüger. Camilla Wirst du denn satt, Antonio? Antonio Siehst du den Ring? Meine Frau heißt Maria. Camilla Maria. Antonio Hier ist auch ein Bild. Er wirft die Gabel hin und springt auf. Camilla Was hast du? 531 Antonio Ich höre etwas. Sie lauschen. Camilla Nichts. ANTONIO Ein Auto. Camilla lacht: Es kommen öfter Autos nach Comacchio. Antonio Besser, ich gehe aufs Boot! Den Anzug, Mutter! CAMILLA Ja. Das Auto nähert sich. Antonio Ich merke es schon, wenn es mich angeht. Ich ziehe mich auf dem Boot um und komme zurück. Das Auto fährt am Hause vorbei und hält etwas entfernter. Camilla Sie fahren vorbei. Antonio Weil sie das Haus nicht kennen. Aber sie halten. Und ich dachte, ich könnte schlafen! Leb wohl, Mama, es war ein kurzer Besuch. Er lacht. Nicht einmal die Spaghetti -Camilla Du bist gleich wieder hier, Antonio. Die Tür wird leise geöffnet und wieder geschlossen. Stille. Man hört nur Camillas Atemzüge. Dann fährt das Auto draußen zurück und hält vorm Haus. Er hat recht gehabt, sie halten. Stimmen vorm Haus. Es klopß an die Tür. Ja? Die Tür wird geöffnet. Vater! vater Camilla, es sind Leute da, die Antonio suchen. Camilla Antonio? Sie lacht. Soll Antonio hier sein? vater Ich habe audi gelacht. Pause. Raumlos. ellen Eines Tages kam jemand, eine fremde Frau mit einem Kind, und ich nahm sie auf, denn es war Antonios Frau Maria und sein kleiner Sohn Giovanni. Antonio selbst aber lebte nicht mehr, er war zu den Partisanen gegangen und gefallen. Die Gräber wurden mehr. Bald, nadidem ich von Antonios Tod erfahren hatte, starb meine Mutter. Mein Vater zog zu uns, wir rückten enger zusammen. Lidia und Filomena sah ich nur noch selten, sie wohnten auch nicht mehr bei den Verwandten, und wenn die Leute in Comacchio von ihnen sprachen, sprachen sie nichts Gutes. Eines Tages kam ein Brief mit der kurzen Nachridit, daß Umberto vermißt sei. Sein 53* Boot war zu einer Fahrt ins östliche Mittelmeer ausgelaufen und nicht zurückgekehrt. Im Hause. vater Vermißt, Camilla, heißt nicht tot. Erinnere dich an Benedetto Petrone im vorigen Krieg. Camilla Ich erinnere midi an Umberto. An sonst niemand. vater Benedetto war vermißt. Vermißt heißt, man weiß nichts von ihm. Man wußte nichts von Benedetto, und als der Krieg vorbei war, kam er nicht zurüdi und es kam auch kein Brief von ihm. So nahm man also an, er sei tot. Er war aber ganz lebendig, als er zurückkam nach fünf Jahren und eine Frau mitbrachte aus Deutschland und drei Kinder. Camilla Und warum hat er nicht geschrieben? vater Idi weiß nicht. Vielleicht dadite er an niemand andern mehr als an seine Frau. Oder die Post ist nicht so gut in Deutschland. Camilla Aber ein Unterseeboot im östlichen Mittelmeer? Ich mißtraue dem Wasser. Und dort liegt nicht Deutschland. Wohnen dort nidit die Heiden? Kannst du dir vorstellen, daß Umberto sidi in eine Türkin verliebt? vater Weshalb nicht? Camilla Vielleicht. Oh, ich wäre froh, wenn er in diesem Augenblick eine Türkin liebte. vater Ich glaube, die Türken haben schwarze Haut. Camilla Das wäre mir gleich, idi würde sie in die Arme nehmen. Was reden wir für dummes Zeug? VATER Es muß auch keine Türkin sein. Aber wenn der Krieg vorbei ist, wird Umberto schreiben. Oder kommen. Raumlos. ellen Eines Tages hieß es, daß der Krieg vorbei sei. Nach und nach kamen die Männer, die Soldaten gewesen waren, zurück. Sie fuhren zum Fisdien wie früher oder hatten Arbeit in Porto Garibaldi oder Ferrara. Manche kamen auch nicht zurüde. Ihre Namen standen auf einer Tafel vor der Kirche. Auch Umbertos Name stand darauf. Aber was ging mich diese Tafel an? Lidia hatte sich in Ferrara verheiratet und betrieb mit ihrem Mann den Gemüseladen von Tante Clara, die auch gestorben war. Filomena kam mit einem Kind nach Comac- 533 chio zurück, sie war sehr hübsch, alle Männer liefen hinter ihr her. Es war schlimm, daß ihr fast alle gefielen. Nach einiger Zeit ging sie wieder nach Ferrara in die Fabrik. Ihre kleine Tochter, die meinen Namen trug, ließ sie bei uns. Das Haus war etwas zu eng für uns alle, und wir waren sehr arm. Die Boote waren morsch und nicht mehr braudibar. Was daran noch zu verwenden war, war verkauft. Die Wracks lagen verfault halb unter Wasser. Mein Vater, der fast achtzig war, verdiente sich ein wenig Geld durch Netzflicken. Maria versorgte das Haus und die Kinder. Ich selber tat meine alte Arbeit und lebte zwischen Salz, Schuppen und Fischgedärm. Ich war sehr geübt, aber für uns alle reichte das Geld nicht, das ich verdiente. Sonntags kam Filomena, und Lidia und ihr Mann kamen manchmal, und wenn sie alle da waren, war das Haus voller Lachen und Geschwätz und Kinderlärm, und mandimal hatten wir Wein zu trinken. Ich ladíte mit und trank mit, und zwischendurch dachte ich an Giovanni und Carlo, an Antonio und Umberto. - Ich wartete immer noch auf Umberto. Es kehrten hin und wieder junge Leute zurück, die langst totgeglaubt waren und deren Namen schon auf Tafeln und Denkmälern gestanden hatten wie Umbertos Name. Hinter dem Haus war der Platz, wo ich oft stand und Ausschau nach ihm hielt. Hier konnte ich die Straße sehen, die von Ferrara kam, im Bogen um Comacchio herumführte und nahe bei meinem Platz im rechten Winkel nach Porto Garibaldi abbog. Hier übersah ich die Straße und mein ganzes Leben. Drüben am Wasser hatte ich gestanden mit dem kleinen Antonio im Arm, als Giovanni zum letzten Male ausfuhr und mir zuwinkte. Links war die Brücke, wo vor vielen Jahren Carlo im Morgengrauen gehangen hatte. Hier hatten meine Kinder gespielt, und hier spielten jetzt meine Enkel. Hier schrien die Möven ihren heisern Schrei, der untrennbar zu meinem Leben gehörte. Mövenschreie, die während des folgenden lauter oder leiser hörbar bleiben. Eines Sonntags stand ich hier, als ein großes offenes Auto von Ferrara herkam. Es näherte sich rasch mit seiner Radiomusik, und ein Gefühl von Bangigkeit erfüllte midi, als ich es sah und hörte. S34 Man hört das Auto mit seiner Musik sich nähern. Als es bei mir vorbeikam, nur durch das Wasser von mir getrennt, blickte mich eine Frau an, die darin saß, und ich erkannte sie. Geräusche ausgeblendet. Das folgende wieder raumlos. Ellen Harland fuhr dort vorüber, - ich hatte sie vergessen. In diesem Augenblick aber kam alles wieder. Ich selber war es ja, und mein Leben war es, das vorüberfuhr. Das Auto bog in die Kurve, ich machte einige Schritte, es war mir, als müßte ich fliegen können, als hinge noch einmal alles davon ab, sie zu erreidien. Ich fiel und fühlte das Wasser um mich steigen, es drang mir in Mund, Nase und Ohren und betäubte mich. Pause. Im Freien. bob Mutter! John Ellen! Ellen Was ist denn? JOHN Leg didi einen Augenblick in den Sand. Wir bringen dich dann in die Kabine. Ellen verständnislos: Ja. In die Kabine. JOHN Es war leichtsinnig, bei dieser Hitze gleich ins Wasser zu gehen. Ellen, hörst du? Ellen! bob Mutter! Ellen Wer seid ihr? bob leiser: Wer wir sind. John Ellen! Ellen Harland, John, Bob, Lissy. Ellen Washington. JOHN Ja, meine Liebe! Ellen Ellen Harland. bob Weißt du es jetzt? ellen Idi muß gleidi aufbredien. JOHN Aufbrechen? Wohin? ellen Nadi Comacchio. bob Ja. Wohin sonst? john In die Kabine. Und dann ins Hotel. Wir nehmen Zimmer hier. Raumlos. ellen Am andern Tage war ich wieder ganz bei mir, bei Ellen 535 Harland. Ich lag im verdunkelten Zimmer. John, Bob und Lissy waren baden gegangen, ich hörte noch ihre Stimmen vorm Haus, die sich entfernten. Ich stand auf und schaute durch die Vorhänge. Die Hoteltreppe und der Weg zum Strand lagen in der Sonne. Dort gingen die Harlands, John, Bob und Lissy, ihr Badezeug unterm Arm, alle drei groß und mager. Lissys hellblondes Haar, auf das sie so stolz war, leuchtete bis zu mir herauf. Ich hätte sie gerne zurückgerufen, aber sie waren schon zu weit. Mit jedem Schritt wurden sie mir fremder, und als sie hinter den Badehütten verschwunden waren, überlief mich ein Schauer von Angst. Mein Leben ging mit ihnen fort und der Schlüssel einer Kabinentür drehte sich hinter ihm zu. Ich kleidete mich an, wählte mir flache Schuhe aus, wie sie für einen Fußweg besser geeignet sind, und verließ das Hotel auf der Straße nach Comacchio. Es war warm, aber ich ging schnell und brauchte nur eine knappe Stunde. Ich ging über die Brücke und stieß die Tür des niedrigen Hauses auf. Fi lomena war in der Küche, sie stand am Herd, ihre kleine Tochter Camilla spielte auf dem Boden. In der Küche. Ellen Filomena? FiLOMENA Was wünschen Sie? Ellen Ich wollte, - Filomena! filomena Ich kenne Sie nicht. Ellen Du kennst mich nicht? Pause. Ellen Aber ich kenne euch alle. filomena Uns alle? ellen Mir wars, als hätte ich Stimmen von nebenan gehört: Lidia, Maria, den kleinen Giovanni. filomena Ja, sie sind alle da heute. ellen Und wo ist Camilla? filomena Sie baut ein Dorf. Oder wird es ein Turm? ellen Camilla, deine Mutter, meine ich. filomena Meine Mutter? Woher kennen Sie sie? ellen Das ist eine längere Geschichte, Filomena. Von früher. filomena Von früher? ellen Schon lange her. 536 filomena In der Kammer, wenn Sie hineingehen möchten. ellen Danke. filomena Sie hätten vielleicht früher kommen sollen. ellen seufzend: Oh ja. Raumlos. ellen Ich öffnete die Kammertür. Im Luftzug flackerten zwei Kerzen, die zu Füßen von Camilla brannten. Ich ging hinein und machte die Tür hinter mir zu. Wir waren allein. Variante: Die Schlußszene in der Urfassung (1951) Raumlos. Ellen Am nächsten Tag fühlte ich mich wieder wohl, und wir beschlossen, unsre Fahrt nach Florenz fortzusetzen. Im Freien; fahrendes Auto; Radiomusik. Ellen Das ist Comacchio. JOHN Ja, ich weiß. Dieses schreckliche schwarze Nest. Ellen Halt bitte hier vor der Kurve. Das Auto hält. Man hört die Möven schreien. john Was willst du? Ellen Ich will ein paar Aufnahmen in der Stadt machen. Ich bin bald wieder da. Sie steigt aus und schlägt die Autotür zu. LISSY In diesem Kaff? bob Ich gehe mit. ellen Nein, bitte laß mich allein gehen. bob Mama ist so merkwürdig heute. Die Mövenschreie werden ausgeblendet. Raumlos. ellen Ich ging über die Brücke und stieß die Tür des niedrigen Hauses auf. In der Küche war niemand, aber im Zimmer nebenan hörte ich Stimmen. Ich ging hinein. Camilla lag aufgebahrt bleich und lächelnd im Sarg. In ihren gefalteten Händen hielt sie einen kleinen Strauß von Sumpfdotterblumen und Klee. Die Flammen der Kerzen schwankten im Luftzug der offenen Tür, aber niemand beachtete mich. Sie beteten. Sie waren alle da: der uralte Vater, Lidia und ihr Mann, Filomena mit der kleinen Camilla, Maria und der kleine Giovanni. Geschlossener Raum. vater Gegrüßet seist du, Maria, voll der Gnade, der Herr ist mit dir, du bist gebencdcit unter den Weibern, und gebenedeit 538 ist die Frucht deines Leibes, Jesus, der für uns mit Dornen gekrönt worden ist. die anderen Heilige Maria, Mutter Gottes, bitte für uns Sünder jetzt und in der Stunde unseres Todes. Amen. vater Gegrüßt seist du, Maria -Ausblenden. Raumlos. ellen Sie beteten, während ich in der Tür stand und verzweifelt weinte. Sie war tot, die für mich einen Teil des Leides erlitten hatte, den es auf der Welt gab. Ich hatte ihr nichts abgenommen davon. Und wie viele gab es, denen ich nichts abnahm! Geschlossener Raum wie vorher. vater Dir, 0 Herr, empfehlen wir die Seele deiner Dienerin, damit sie, der Welt nunmehr gestorben, dir lebe. Und was sie aus menschlicher Schwachheit während des Erdenwandels gesündigt hat, das tilge in deiner unendlichen Nachsicht und Barmherzigkeit! Durch Christum, unsern Herrn. Amen. die anderen O Herr, gib ihr die ewige Ruhe, und das ewige Licht leuchte ihr! Herr, laß sie ruhen im Frieden! Amen. Im Freien. Mövenschreie. ussy Wo bleibst du, Mama? ellen Ja, ich bin da. Seid nidit ungeduldig! BOB Wir müssen nach Florenz. LissY Komm, steig ein! Der Motor springt an. john Hast du Aufnahmen gemadit? ellen Aufnahmen? john Wolltest du nicht fotografieren? ellen Ich fand nidits Geeignetes. bob Was soll man in Comacchio audi finden! Hier möchte ich nicht begraben sein. Das Radio beginnt wieder zu spielen. Das Auto mit der Musik entfernt sich. Eine Zeitlang bleiben noch die Schreie der Möven allein zu hören.