..- [Ä*** j jf personen: gaby markus die freundin eine frau der wirt der arzt viele stimmen die personen gaby und markus (junges mädchen, älterer mann) müssen von laien gesprochen werden, die teile mit den fragen dazwischen dagegen von berufssprechern. geräuschkulisse bei gaby/markus immer sehr realistisch. gaby: ich heiße gaby. eben bin ich in meiner winzigen gargonniere. mein nußbraunes haar glänzt rötlich in der sonne, es reicht mir gewellt bis zu den schultern, ich habe einen schlanken fast knabenhaften körper. vielleicht etwas zu schlank und knabenhaft, aber viele finden mich apart, ich glaube nicht daß ich besonders attraktiv bin etwas zu schlank und knabenhaft vielleicht, aber vielen leuten gefällt das angeblich, auch meine schönen fast schwarzen äugen sind vielleicht etwas zu schwarz und dunkel, meine kleine wohnung ist klein aber schick, mit vielen posters, ich bin Verkäuferin, ich arbeite in der teenagerabteilung eines großen kaufhauses. (kaufha usgeräusche.) der beobachtet dich schon die ganze zeit gaby. aber nein, das bildest du dir ein. blödsinn. was soll der an mir schon interessantes beobachten? doch gaby. er schaut die ganze zeit her. dreh dich nicht um! dann schaut er eben die kleider an. kleider schaut man nicht so an. er schaut dich an gaby! er schaut dich an als ob der blitz in ihn eingeschlagen hätte. ich fühle mich als ob der blitz in mich eingeschlagen hätte, immer wieder muß ich dieses mädchen anschauen, entschuldigen sie fräulein. ich suche ein kleid für ein junges mädchen. diese volle wohltuende stimme die einen streichelt wenn man sie hört gehört einem eleganten herrn um die vierzig, mittelgroß, sympathisches männliches herbes gesicht. leicht graue schlafen, zu mir hat noch keiner so gesprochen, zu euch sicher auch nicht. markus: diese volle wohltuende stimme die einen streichelt wenn man sie hört gehört mir. ich bin ein eleganter herr um die vierzig, mittelgroß, sympathisches männliches herbes gesicht. leicht graue schlafen, zu keiner andren würde ich so sprechen als zu diesem mädchen. zu euch schon gar nicht. freundin: gaby: freundin: gaby: freundin: markus: freundin: 152 ELFRIEDE JELÍNEK gaby: ja mein herr mit der farbe ist das nicht so einfach, welche haarfarbe hat denn ihre frau? markus: es ist nicht für meine frau. ich bin nicht verheiratet, es ist für die rochter eines freundes, dieses hier gefällt mir. es würde ihnen wunderbar stehen fräu-lein. gaby: warum berührt es mich so merkwürdig daß er un- verheiratet ist? ich kenne ihn doch gar nicht, es ist unser schönstes modeil mein herr. freundin: der muß kies haben. herr: es scheint sie berührt zu haben daß ich nicht verhei- ratet bin. obwohl sie mich gar nicht kennt, ich habe sehr viel geld. aber ich bin nicht glücklich. freundin: man sieht ihm irgendwie an daß er nicht sehr glücklich ist. gaby: mein gefühl sagt mir irgendwie daß er nicht sehr glücklich ist. ich hoffe das kleid paßt mein herr. markus: wenn es nicht paßt komme ich morgen wieder zum Umtausch, wen darf ich dann verlangen? gaby: ich bin gaby. markus: vielen dank, ich habe das kleid nur wegen dieser dunklen äugen gekauft, um in sie hineinsehen zu dürfen. freundin: der hat das kleid nur wegen deiner knabenhaften figur gekauft gaby. gaby: nein, wegen meiner dunklen äugen, um hineinse- hen zu dürfen. (frequenzwechsel) - damit ist auch schon büro-schluß und der tag praktisch zu ende, die zeit bis zum nächsten morgen verkürzt ihnen meine damen und herren unsre studio-band. (leise tanzmusik) - was gefällt ihnen an ihrem freund vor allem daß er ist? - kameradschaftlich. - er hat dieselben in-teressen wie wer wie? - ich. - was betreibt er auch gerne? - sport, -was finden sie nicht so wichtig daß ein mann? - gut aussieht. - welche frauen wird ein gutaussehender mann sich nämlich eher aussuchen als ein weniger gutaussehender? - schönere. - welchem idealbild entspricht ihr freund nicht das sie einmal hatten dem? - früheren. - was haben sie sich WENN DIE SONNE SINKT... 153 immer gewünscht groß schlank schwarz und daß er viel was? - verdient. - damit er ihnen was kann? -mitbringen. - was ist ihr jetziger Verlobter zwar weniger? - schön. - was ist er aber ein guter? - kame-rad. -in welcher position wünschen sie sich jemand in? - einer guten. - wie soll er verdienen und was für eine wohnung? - gut. eine schöne. - was soll er öfter mal mitbringen? - blumen. schmuck. - also was für einen nehmen sie sich jetzt wie wen? - meinen bruder. - mit haaren? - längeren. - einen der wie verdient? - gut. - daß sie sich was für eine wohnung einrichten können eine? - schicke. - wissen sie schon genau wie die aussehen müßte so tiefe welche aus weißen was und wie tief ? - ja. fauteuils. leder. sehr. - und was für einen färb...? - fernsé-her. - und alles nicht wie sondern wie? - nicht alt. modern. - was wüßten sie genau wie sie was täten? — einrichten. (kaufhausgeräusche.) gaby: heute ist schon der nächste tag. ich habe gewußt daß er kommt, es ist kurz vor der mittagspause. es gibt dinge die weiß man einfach. markus: seit gestern gibt es dinge die weiß ich einfach, frl. gaby? gaby: ja mein herr. kennen wir uns? markus: ich habe doch gestern bei ihnen das kleid gekauft, erinnern sie sich noch? ich bin sehr schüchtern, merkwürdig für einen mann in meiner position. gaby: wie schüchtern er ist. merkwürdig für einen mann in seiner position, seit gestern warte ich jede sekunde daß er wiederkommt, meine obren werden ganz rot. ja ich erinnere mich dunkel an das kleid. markus: entschuldigen sie frl. gaby wenn ich hier so eindringe. gaby: aber bitte dringen sie nur. das kaufhaus gehört mir ja nicht, leider ha ha. wollen sie ihren gestrigen kauf umtauschen? markus: eigentlich nnnnein. äh. ich wollte sie nur fragen ich meine erlauben sie daß ich sie frage ob sie mir die freude machen würden und heute abend mit mir essen würden? nur wenn sie lust haben natürlich. ELFRIEDE JEUNEK gaby: alle die jetzt zuhören können vor neid gelb werden, die werden nie von so einem mann angesprochen. von einem der so aussieht, und soviel geld hat. schüchtern ist er auch noch wie ein großer junge. markus: ich weiß nicht wieso aber ich bin plötzlich schüchtern wie ein großer junge, da ist schon das teure restaurant, kommen sie frl. gaby wir wollen eintreten. gaby: sowas hab ich noch nie gesehen, na ja. die silbernen kerzenleuchter kann man schließlich nicht essen. und die roten rosen und das schwere damasttisch-tuch auch nicht. markus: (lacht) so vergnügt war ich lange nicht, wie ein kleiner junge. gaby: (lacht) er lacht wie ein kleiner junge, ganz exklusiv ist es hier. markus: gefällt es ihnen wirklich frl. gaby? gab: es ist wunderschön, von meinem gehalt kann ich mir so was natürlich nicht leisten, wie heißen sie eigentlich? markus: markus tessner, gestatten. gaby: deutscher? markus: von allem ein bißchen, mischung aus paris london new york genf. nirgends richtig zuhause, immer auf der suche. gaby: sie sind also ruhelos. markus: bis jetzt ja. gaby: und jetzt? was ist jetzt? markus: darüber kann und will ich nicht sprechen, es gibt dinge die man durch reden leichter zerstören kann als spinnweben. gaby: ich will dinge die man durch reden leichler zerstö- ren kann als spinnweben nicht zerstören, aber sagen sie: warum laden sie mich eigentlich ein? ich bin doch nur ein durchschnittsmädchen. mit einem etwas knabenhafteren schlankeren körper als die meisten und mit etwas dunkleren äugen als die meisten, und jetzt essen wir hier kaviár und trinken Champagner und man hat das gefühl daß sie das jeden tag zum frühstück essen, also müssen sie viel geld haben, ich frage warum nur warum? arkus: (lacht) da muß ich mich ja verteidigen, ich esse ka- WENN DIE SONNE SINKT. 155 viar allerdings sehr gerne, und sie gaby sind durchaus kein durchschnitt, sie sind überdurchschnittlich, ihr körper ihre äugen... alles. gaby: nein ich bin durchschnittlich, sie werden doch nicht annehmen daß ich das alles glaube, übrigens mein lieblingsessen ist Schweinebraten mit knödel. markus: nein sie sind durchaus nicht durchschnittlich frl. gaby. sie können mir das glauben, und Schweinebraten mit knödel ist doch etwas feines! gaby: also jetzt Schluß! (lacht.) sagen sie etwas andres: wohnen sie eigentlich hier? markus: nein ich wohne mal hier mal da. überall zuhause und nirgends, morgen fliege ich geschäftlich nach rom. gaby: dann angenehme reise und der pilot soll nicht zu schnell fliegen. markus: (lacht) ich werds ausrichten, sie sind wirklich ein drolliges kleines mädchen. (freq uenzwechsel.) - wenn sie jetzt fernsehen wurden könnten sie den romantischen heimweg durch den englischen garten verfolgen, zwischen gaby und markus ist etwas. man weiß noch nicht was. aber man ahnt es. es gibt dinge die sich langsam unendlich langsam entfalten müssen damit sie nicht kaputtgehen, diese dmge beginnen sich jetzt eben zu entfalten genau in dieser sekunde, während der entfaltung der dinge zwischen gaby und markus wollen wir ein bißchen uns-rer studioband zuhören! - also wo haben sie ihre freundin kennengelernt beim? - bowling. - wie oft gehen sie jeden? - donnerstag. - was haben sie da immer so gemacht mit ihr? - spaß. - was muß sein? - spaß. - wie hat sie zuerst reagiert wie welche eben sind? - nicht, frauen. - aber durch wen hat es endlich geklappt die auch mit war ihre? - bürokollegin. - wie finden sie es wenn eine frau nicht gleich eingeht auf jeden? - gut. witz. - frauen sind eben wie? -so.-wollen sie eine frau überhaupt die gleich mit jedem mitgeht? - nein. - was gefällt ihnen bei ihrem mann nicht daß sie immer wohin gehen müssen wo er was?-dorthin, hingeht.-wann? am was am? i 156 ELFRIEDE JELÍNEK - abend. - was möchten sie denn sehen wenn sie den ganzen tag im geschält sind wann? - etwas. abends. — wohin möchten sie mal gehen in ein nettes? - lokal. - oder auch? - tanzen. - was sind sie nicht mehr gegangen seit sie was sind? - tanzen, verheiratet. — wohin geht er selbst aber soofts ihm paßt ins? - Wirtshaus. - was meint ihr mann daß seine freunde sagen werden wo er steht wenn er sie mitbringt unterm? - pantoffel. - wie finden sie das nicht? -richtig. - was will sich denn eine frau auch? - unterhalten. - wohin kann sie dann überhaupt mehr wenn erst kinder da sind? - nirgends. - was sehen sie am abend gern? — fern. — was für spiele sehen sie dort am liebsten? - quiz, familien. (musik aus.) - doch auf jeden heimweg folgt ein heim, da ist es schon. gaby: hat sich da nicht eben etwas entfaltet zwischen uns? markus: etwas beginnt sich zu entfalten, stimmt, was kann das sein? gaby: nicht einmal ahnen kann ich was sich plötzlich zwi- schen uns faltet, ich glaube ich hab einen kleinen champagnerschwips. markus: wir dürfen es nicht zerbrechen was zwischen uns ist. es ist zerbrechlicher als glas. gaby. ich halte dich doch fest ganz fest, gaby: ich falle gleich um. halt mich fest markus. markus: mit mir wirst du nicht fallen gaby. mein kleines. komm! gaby: nein nicht, bitte nicht, tu es nicht! markus: warum nicht? komm her zu mir. bitte, (heiser) bleib bitte. gaby: das dürfen wir nicht, morgen bist du doch fort, weit fort, markus: soll ich bleiben? bei dir? ja? gaby: lassen sie sich durch mich nicht aufhalten herr tess- ner. krampfhaft spreche ich diese worte. nicht ich bin es die sie spricht, markus: das kannst nicht du sein die das spricht gaby. du sprichst so krampfhaft, gaby: heute ist schon der nächste tag und kaufhausschluß. WENN DIE SONNE SINKT... 157 heimlich sehe ich dauernd nach der tür. gleich wird er meinen arm nehmen und sagen ich bin gekommen kleines mädchen. markus: ich bin gekommen kleines mädchen. gaby: ich habe gedacht du bist fort. markus: ich konnte nicht wegfahren gaby. ich sage das wie selbstverständlich, wie selbstverständlich nehme ich deinen arm. wie selbstverständlich gehen wir in ein teueres lokal und trinken champagner. wie selbstverständlich verbringen wir auch die nächsten abende zusammen. gaby: einen ersten abend dann einen zweiten dann einen dritten dann noch mehr abende. markus wirkt von mal zu mal gelöster und heiterer. markus: ich wirke von mal zu mal heiterer und gelöster, gaby ist es die mich von mal zu mal heiterer und gelöster macht, ich bin jetzt schon richtig heiter und gelöst. gaby. heute gehen wir mal nicht in so ein exklusives re- staurant markus. markus: wie du willst mein kleines, wohin gehen wir? gaby: heute gehen wir zu mir in meine kleine wohnung. ich koche uns Schweinebraten mit knödel. dazu trinken wir billigen roten landwein. markus: in deinen hübschen rustikalen gläsern. gaby: stimmungsvoll, aber modern, wie in einem moder- nen film. markus: ich kann kaum essen gaby. ich muß dich immer wieder ansehen nur ansehen du bist schön gaby. gaby: nein nicht schön, ich habe einen schlanken fast knabenhaften körper. vielleicht etwas zu schlank und knabenhaft, auch meine äugen sind dunkel, etwas zu dunkel für mein schmales gesichtchen und zu groß wie verwunschen. markus: gaby. irgendwann geben wir uns den ersten kuß. irgendwann bleibe ich das erste mal über nacht bei dir. (freq uenzwechsel.) - es folgt sofort das erste mal nacht für gaby und markus tessner. während der ersten nacht hören sie unsre studio combo die heute wieder bei uns auf Kl.FRIEDE JELÍNEK besuch ist. (leise musik.) - wodurch sind heute die trauen viel freier als früher durch die? - pille. - was sind sie von beruf kaufmännischer? — angestellter. - wogegen sind sie gegen die? - pille. - was ist ein medikament nicht wahr immer ein was in den wohin? — eingriff. Organismus. - was ist das irgendwie nichts? - natürliches. — was möchten sie nicht nehmen die? - pille. - was finden sie nimmt sie dem ganzen seinen? - reiz. - wen muß ich da fragen ihren? - mann. - was können sie mir da nicht? - antworten. - wer bestimmt in ihrer familie über so was ihr? — mann. — wofür sind sie eindeutig für die? -pille. - wer bestimmt bei ihnen zuhause was im fernsehen eingeschaltet wird ihr? - mann. - wogegen sind sie eindeutig gegen diese? - mondraketen. - welcher fernsehstar ist ihnen der allerliebste peter? - alexander. - verkörpert er für sie gemütlich-keit humor und wiener charme? - ja. - was müssen alle sein wenn was im fernsehen läuft ein? - ruhig, krimi. - von wann bis wann sehen sie normalerweise fern von bis? - Programmvorschau, kinder-stunde. bundeshymne. - gefällt ihnen das Programm? -ja. - wie? - gut. - so endet auch die erste nacht von gaby und markus. auf wiederhören bis zum nächsten mal. (musik aus.) wir waren die ganze nacht beisammen, ganz nahe, ich hatte so etwas noch niemals vorher erlebt, ich habe so etwas noch niemals vorher erlebt kleines mädchen. ich frage dich nicht was jetzt werden soll, eine unbestimmte scheu hält mich davon ab. ich denke nicht an die zukunft. eine unbestimmte scheu hält mich davon ab. sag habe ich eigentlich einen andren mann bei dir verdrängt? nein, und du? gibt es eine andre frau in deinem leben? nein mein kleines, frag nicht weiter um unser glück nicht zu gefährden, was bist du von beruf markus? das ist doch unwichtig gaby. was zählt sind nur du und ich. WENN DIE SONNE SINKT... 159 gaby: aber du mußt doch von etwas leben, was zahlt sind nur du und ich. markus: ich habe seit meiner jugendgeld gehabt, teils ererbt aber den größten teil erarbeitet, hart erarbeitet, ich habe nie etwas andres gekannt als meine arbeit, jetzt erst sehe ich daß es auch etwas andres gibt. gaby: (gepreßt) ich fühle daß unsre liebe ohne zukunft ist. ich fühle es einfach, es gibt auch noch andres als arbeit mein markus. markus: tränen? kummer mein mädchen? gaby: es ist nur... ich glaube ich liebe dich. markus: das ist doch nichts zum weinen, es ist etwas das mich sehr froh macht. gaby: du verschweigst mir etwas markus. markus: ich habe dir etwas verschwiegen ja gaby. eben jetzt, und ich schweige noch immer. gaby: sag es mir markus. bitte, dann wird es viel leichter für uns! markus: gut. ich will es dir sagen, ich muß für ein paar tage fort, geschäftlich, traurig? gaby: tapfer antworte ich nein, wann fährst du? markus: morgen, nach rom. mit der frühmaschine. gaby: ich bringe dich zum münchner flughafen riem. markus: nein bitte nicht, wir wollen es uns nicht zu schwer machen, wir wollen uns jetzt und hier lebewohl sagen. gaby: lebewohl. markus: wir wollen einander erst morgen früh lebewohl sagen kleines! gaby: jetzt ist gerade heute früh. lebwohl markus. leb- wohl. (frequenzwechsel.) - während des lebewohl von gaby und markus hören sie unsre studio big band mit evergreens, heute beliebt gestern beliebt morgen beliebt, (musik.) -da soll ich mich an wen wenden an ihren? - mann. - was finden sie wichtig daß sich eine frau für ihren herrichtet ihren?- mann. - was sehen sie bei wem ihren? - das. gatten. - wo sitzen frauen die immer gut hergerichtet sein müssen im?— büro. - wer wird davon profitieren wenn die frau zuhause im schlaf- 160 gaby: frau: L EI t-RIEDH JELÍNEK rock und mit lockenwicklern herumläuft die? - Sekretärin. - worauf achten sie also auf ihr? - aussehen. - was möchten sie schon manchmal alles? -hinschmeißen. - was finden sie daß sie haben den schönsten der weit? - beruf. - wer kommt immer zu kurz wenn die mutter arbeitet die? - kinder. -mit wem möchten sie tauschen mit? - keiner. - was sind sie von beruf? - fleischer. - lieben sie ihren beruf? - ja. - was ist es für eine arbeit eine? - blutige. - wie ist die arbeit noch ein bißchen sogar? - verrufen. - was sind sie trotzdem gern? - fleischer. - was habt ihr fleischer für einen einen? - spruch. - wie geht der? - du kannst dem tier das leben nicht doch einen schnellen tod kannst du ihm schenken. -bravo, wie finden sie das auch? - richtig, -was kann eine frau immer überall? - mitgehen. - wen kriegen die manner schließlich nicht die? - kinder. - was ist ihr ideal die? - arbeit. - was braucht man gleich nicht mehr wenn einen die arbeit nicht freut? - arbeiten. - und auch wir gehen weiter im programm: (musik weg.) und es ist noch immer heute morgen, in der nacht war markus so zärtlich wie noch nie muß ich noch nachtragen, er wollte nicht daß ich ihn zum flugha-f en bringe, aber heimlich folge ich dem taxi. ich will ihn wenigstens noch ein letztes mal sehen dürfen! (motorlärm.) halt! wo fahren sie denn hin? das ist doch die falsche richtung. dort liegt doch nie und nimmer der münchner flughafen. das ist doch der weg zur innenstadt! markus wird mich doch nicht belogen haben, eben merke ich daß mich markus doch belogen haben muß so weh das auch tut. es trifft mich mit solcher wucht daß mir übel wird. warum nur warum? er hatte doch sagen können daß alles jetzt aus ist. (aufo stoppt, quietschen, tut auf. schritte etc.) ich bin höchstens f ünf unddreißig. groß schlank elegant mit makelloser figur und sehr gepflegt, auch mein gesicht ist als schön zu bezeichnen, während gaby eher ein dunkler typ ist bin ich eher ein heller typ. blond, ich erhebe mich aus einem weichen tie- WENN DIE SONNE SINKT... 161 fen fauteuil. markus beugt sich über meine schmale hand und küßt diese, es ist mehr höflichkeit. aber auf gaby die hinter einer goldenen säule steht und uns beobachtet wirkt dieser handkuß wie das ende der weit, fluchtartig stürzt sie hinaus auf die straße. tränenblind. (straßenlärm.) gaby: in der riesigen vornehmen hotelhalle hat sich mar- kus über die hand einer schönen großen schlanken frau mit makelloser figur gebeugt, er küßte ihr die hand, dieser handkuß war für mich wie das ende der weit, ich bin außerdem tränenblind: es folgen außerdem zwei schlaflose nachte, mir tut mein herz sehr weh aber nach der zweiten nacht werde ich langsam ruhiger, aber vergessen kann ich ihn nicht. (frequenzwechsel.) — es folgt eine der schon bekannten pausen, wir füllen sie mit musik vom laufband, musik kennt keine grenzen, das sagt auch gaby immer zu markus (musik) - wer ist ihr idol jochen? - rindt. - was war Jochen ein vorbildlicher? - sportier. - wie war er immer und was hatte er? - fair, kampfgeist. - wie ist er auch gestorben? - vorbildlich. - was für eine ehe hater geführt eine?- gute, -was ist ihr ideal wohin wollen sie es im beruf bringen? - weit. — was möchten sie daß alles? — klappt. - wo wohnen sie derzeit noch im? - lehrlingsheim. - warum? weil ihre eitern nicht wo wohnen in? - wien. - wann müssen sie leider immer schon daheim sein? - früh. - um wieviel uhr um? — 10. - was geben die lehrlinge aus dem domes heim manchmal ein ? - konzert. - was haben die für eine eigene eine? - beatgruppe. - wer kommt manchmal in den neuen festsaal und führt klassische musik auf das? - konservatonum. - was für eine musik mögen sie aber lieber die? - moderne. - was ist ihnen das wichtigste der? - welt-friede. - was finden sie schon wichtig daß es eine frau hat einen? - beruf. - aber bei wem ist es wichtiger beim? - mann. markus: die eben gehörte pause dauerte fünf wochen. in diesen fünf wochen kein brief von mir kein wort von mir nichts. 162 gaby: markus: gaby: markus: gaby: markus: gaby: markus: gaby: EUR1EDE JELÍNEK. (lürklingel, türöffnen etc.) du! du bist es. (pause.) und mit einem herrlichen Strauß langstieliger roter rosen im arm. wortlos bitte ich dich herein, wortlos zeige ich auf einen sessci. mein gesicht ist unbewegt wie eine schöne aber tote maske. ich konnte nicht früher gaby. glaub mir. es ging nicht, bitte hab doch vertrauen! warum belügst du mich markus? ich lüge dich nicht an. glaub mir. einmal wirst du es wissen, aber nicht jetzt, frag mich nicht, soll ich wieder gehen? nein, bleib! aber ich will die wahrhen wissen. gerade die Wahrheit ist es die du nicht erfahren darfst, glaub mir das. es ist besser für dich und für mich. ist es... ist es eine andre frau? beinahe erleichtert antworte ich nein, es ist keine andre frau. komm jetzt, wir wollen Spazierengehen. wie früher, weißt du noch? (frequenzwechse/.) - in der folgenden Pause gehen gaby und markus zum zehntenmal spazieren, wir stellen uns vor wie gaby und markus gehen und gehen, inzwischen haben sich auch die musiker unsrer studio combo eingefunden und bringen heiße musik. - wer ist ihr idol íhr? - vater. - warum ist ihr vater ihr idol weil er immer wie war? - fleißig, -was haben sie nicht ein? - idol. - was haben sie für sowas keine? - zeit. - was tun sie in der zeit in der andre ein idol haben? -fernsehen. - haben sie dort einen lieblingsschau-spieler ja peter? - alexander. - was sind wir zwar nicht wahr eine? - zeit. - was für eine zeit eine? -moderne. - was ist Irotzdem nicht dasselbe ob es wer macht oder wer ein oder eine? — mann. frau. - wie finden sie das programm? - gut. (musik weg.) soeben ist die pause wieder beendet, soeben haben wir wieder zueinander gefunden, ohne viele worte. mit wenigen worten. wir haben soeben fast schweigend zueinander gefunden, diesmal für immer, ich weiß das. obwohl noch immer viele rätsei um markus tessner sind. WENN DIE SONNE SINKT... 163 markus: soeben haben wir schweigend wieder zueinander gefunden obwohl noch immer viele rätsei um mich sind. gaby: eines der vielen rätsei ist zum beispiel daß sich ein mann von diesem format reich klug zärtlich gutaussehend undsoweiter mit mir durchschnittsmädchen einläßt, ich habe zwar einen schlanken knabenhaften körper doch vielleicht einen etwas zu schlanken knabenhaften. markus: gaby wundert sich vielleicht warum sich ein mann von meinem format und meinem aussehen mit einem durchschnittsmädchen einläßt, aber gaby ist durchaus kein durchschnittsmädchen. außerdem kann jedem durchschnittsmädchen sowas einmal passieren wenn es schön fleißig ist und sich immer bemüht, außerdem spielt auch der große knabenhafte körper eine große rolle. gaby: vielleicht bin ich doch kein durchschnittsmädchen. markus: soeben ist wieder einmal büroschluß. ich hole gaby von der arbeit ab. soeben ist wieder einmal büroschluß. ich hole gaby von der arbeit ab. undsoweiter. heute ist der zwölfte büroschluß an dem ich gaby von der arbeit abhole, ich habe mich verändert, ich bin ruhiger nachdenklicher und stiller geworden, jedoch gaby ist viel zu verliebt um meine Veränderung zu bemerken. gaby: es ist schön von der arbeit abgeholt zu werden, markus ist vielleicht stiller geworden, jedoch bin ich viel zu verliebt um eine Veränderung zu bemerken. markus: (automotor) hörst du wie der jaguar surrt gaby? der traumwagen surrt nur für dich! gaby: nur für mich hast du diesen traumwagen gemietet, markus du bist so lieb und gut. und so einen schönen ausflug haben wir gemacht, an einen schönen see. den chiemsee. (freq uenzwechsel.) — wie sie hören liebe hörer ist auch die rückfahrt vom schönen chiemsee wunderschön, wir vertreiben uns inzwischen wieder die zeit mit musik. -warum lernst du eigentlich damit du was einmal --------------- EI.FR1EDE JELÍNEK hast einen? - beruf. - was macht doch das leben erst lebenswert die? - arbeit. - was ist die arbeit eigentlich das? - leben. - was möchtest du dir auch einmal kaufen können ein? - auto. - was möchtest du dir zuerst kaufen einen? - vw. - und was möchtest du dir dann vielleicht kaufen einen? - Sportwagen. -wohin fahrt ihr heuer wieder auf urlaub nach? -Italien. — wem kann man mit einem schönen wagen mehr imponieren den? - mädchen. - womit fahrt ihr heuer mit dem neuen? - wagen. - wohin fliegt ihr nach? - teneriffa. - wer die ganze? - familie. -wie weit wollt ihr einmal weg? - weiter. - warum lernst du damit du einmal was gründe n kannst eine? - familie. - wer ist ihr ideal alle die fleißig was? -arbeiten. — was kommt einem heute kaum mehr unter? - sowas. - was? - anständigkeit Sauberkeit. - was mit denen die nichts leisten wollen mit ihnen? -fort! - wen wäscht ihr mann am samstag mit ihrem söhn den? — wagen. - was machen sich die beiden dabei ganz? - schmutzig. - wie sind sie? - fröhlich. - womit reinigen sie ihre schmutzigen kleider rail einem? - markenreinigungsmittel. - die rückfahrt verging wie im Huge, eben ist die rückfahrt vom chiemsee zu ende, schade schon zu ende! gerade rechtzeitig um zu hören wie es nun weitergeht, (musik aus.) schade, schon zu ende, alles schöne geht einmal zu ende gaby. ich habe eine riesenbitte kleines mädchen. vielleicht zu groß für so ein kleines mädchen. eine andre frau? ist es doch eine andre frau markus? nein, keine andre frau keine verlobte niemand, nur du. bitte, ich ziehe dich so heftig an mich daß es schmerzt und du beinahe aufschreist, bitte komni mit mir ans meer. ich möchte mit dir nach italien. an einen ort wo uns keiner kennt ganz allein mit dir sein, bitte sag nicht nein mein kleines! fast hätte ich aufgeschrien so fest hast du mich an dich gezogen, ich weiß nicht soll ich lachen oder heulen, ich lache weder noch heule ich. sachlich WENN DIE SONNE SINKT.. 165 frage ich: was soll ich meinem chei sagen? mitten in der saison einfach urlaub machen? markus: jetzt sind wir schon am meer. in einem romantischen kleinen fischerdorf. gaby: erst hatte ich schon geglaubt es würde nicht gehen, aber meine kolleginnen waren reizend, sie haben es im letzten augenblick möglich gemacht, mir ist als hätte es das geschäf t und den chef nie gegeben, und nie die ekelhaften fetten schwitzenden kundinnen. markus: gibt es ein kaufhaus in münchen in dem du arbeitest? gaby: es gibt nur noch dich markus. markus: wir wohnen in einer kleinen pension in einer winkeligen gasse. wir trinken viel rotwein und essen spaghetti und baden viel. gaby: unsere pension liegt in einer winkeligen gasse. wir trinken billigen roten landwein dazu, es ist wie in einer geschichte aus einer illustrierten. markus: es ist wie eine geschichte aus einer illustrierten die aus dem leben gegriffen ist. beide: die vierzehn tage vergehen wie im flug. wir wohnen in einer winzigen pension mit blick aufs meer. jeden tag schwimmen wir und faulenzen und trinken roten iandwein dazu, jede nacht liegen wir einander in den armen. markus: gaby ist nicht mehr die kleine gehetzte Verkäuferin, sie ist ein wesen aus sonne wasser und wind. gaby: ich fühle mich wie ein wesen aus wasser und wind und sonne, selbst markus wirkt jünger heiterer gelöster froher unbeschwerter. markus: ich werde wieder fast jung mit dir mein kleines, heute ist unser letzter abend. gaby: du bist doch nicht alt markus. weißt du daß du kein einziges mal mit mir getanzt hast? markus: ich weiß, enttäuscht? gaby: nein, einmal hättest du mich aber schon über die tanzfläche wirbeln dürfen. markus: ich sage feierlich und ganz anders als sonst: wollen wir bleiben mein kleines mädchen? wollen wir hierbleiben? vier wochen sechs wochen drei mo-nate. solange du willst? 166 ELFRIEDE JELNIEK gaby: du sprichst so anders als sonst markus. und bleiben, haha, das geht doch nicht, die firma... markus: mir ist es sehr ernst damit kind. gaby: seitsam markus: ich liebe dich ich schlafe mit dir ich lebe mit dir ich verreise mit dir und ich weiß immer noch nicht wer du bist. markus: isl das so wichtig? gaby: es ist wichtig, woher kommt dein vieles geld mar- kus? was treibst du jetzt? arbeitest du nicht? oder hast du dich selbst schon pensioniert? markus: ich verfüge schon seit jungen jähren über sehr viel geld. teils ererbt teils erarbeitet, ich habe jahrelang wirklich nichts andres als meine arbeit gekannt, ich habe mich nicht selbst pensioniert. gaby: wer denn? eine teilhaberin? markus: wie kommst du denn auf so etwas, ich war bis jetzt immer mein eigener herr. gaby. und jetzt? markus: leichthin antworte ich mit einem kuß auf die stirn: jetzt habe ich dich. gaby: ich denke nach, fragen gehen durch meinen köpf, warum hat markus nie geheiratet? er ist doch für eine ehe wie geschaffen, zärtlich gut liebevoll, ist er wirklich so reich? warum hängt er sich dann an ein durchschnittsmädchen wie mich? ich kann ihm doch nichts geben als ein klein wenig fröhlichkeit. und meinen schlanken knabenhaften körper der auch etwas zu schlank und knabenhaft ist. auf keine dieser fragen finde ich eine antwort. aber eines weiß ich sicher: ich liebe ihn! markus: Caus der ferne) du bist durchaus kein durchschnittsmädchen gaby! dein körper ist schlanker und knabenhafter als die meisten und deine äugen sind größer und dunkler als die meisten. (frequenzwechsel.) — die jetzt folgende zeit ist zwei monate lang, aber auch diese zeit werden wir hinter uns bringen, am besten geht's mit musik (musik) - was haben sie trotz ihres alters noch nicht eine? — freundin. - was haben sie bei den mädchen nicht keine? - chance. - was für ein mensch sind sie dabei ein was und auch WENN DIE SONNE SINKT... 167 ein was? - lustiger, tänzerischer. - was mögen sie allerdings nicht? - jede. - welche wäre ihnen am liebsten eine vom? - film, uschi glas das war ein ding! (pause.) - was sind sie auch ein? - amateur -sänger. - was für eine zogen sie vor eine die? - mir helfen könnte für schallplattenaufnahmen duett zu singen! (pause.) - worauf freuen sie sich sehr auf ihren? - Urlaub. - wann wären sie überglücklich wenn sie auch noch die? - ganz große liebe treffen könnte! - worauf hofft man doch immer wenn man allein in den urlaub fährt auf eine nette? - bekannt-schaft. - wo sitzen sie lieber zuhause vor dem? -fernsehen. - was muß man natürlich schon lassen etwas? - springen. - wozu muß man sie einladen zum? — trinken. — wen die? — dame. — wozu lernst du damit du einmal was übernehmen kannst deiner tante? - Uhrengeschäft. - was lernst du also? - Uhrmacher. - was findest du dumm daß ihr nicht dürft bei theateraufführungen im festsaal? - nebeneinandersitzen. — wer neben wem die neben den? — burschen, mädchen. - wo sitzt ihr meist? - links. -und die burschen? - rechts. - wer sitzt dazwischen die? - erzieher. - ende der zwei monate. auch sie sind wie im flug vergangen, manchmal glaube ich daß es leute gibt denen die zeit nicht so schnell vergeht wie euch liebe kinder, manchmal glaube ich daß es Zeiten gibt die nicht so schnell vergehen wie diese ferien liebe kinder, zum beispiel krankenhausaufenthalte und so. (musik aus.) markus: jetzt sind wir schon zwei volle monate hier, wir leben wie im rausch. gaby: du wirkst wie im rausch markus. und dann noch die anerkennung als frau durch einen mann wie markus! ich will dieses leben festhalten, solange es geht. markus: ich erkenne gaby als frau an. einmal ist sie eine zärtliche geliebte dann wieder ein ausgelassenes kleines mädchen. gaby: einmal bin ich eine zärtliche geliebte dann wieder ein ausgelassenes kleines mädchen. das ist mein ge-heimnis. so müßten mehr mädchen sein! vielleicht bin ich doch kein durchschnittsmädchen. ELFRIEDE JELÍNEK markus: nein gaby, sonne und wind und meer haben ein andres wesen aus dir gemacht, außerdem sage ich noch etwas über deinen schlanken knabenhaften kör-per. gaby: wir gehen wieder einmal über die kleine piazza, ich sage fragend: markus? markus: ja? gaby: ich liebe dich. markus: ich ziehe dich zärtlich ganz fest an mich und mache ein gestandnis: es ist schön mit dir zusammen zu sein, du wirkst wie eine droge auf mich, es ist wie ein neues leben. gaby: jetzt sind wir schon im zimmer. komm, leg dich zu mir! wir wollen nur so nebeneinanderliegen, ganz still. markus: ja. gleich versinkt die sonne glutrot im meer. da ist sie schon versunken. (freq uenzwechsel.) - nun ist es nacht, so eine nacht kann kurz sein sie kann aber auch endlos sein, doch alles wird leichter mit musik, bitte tonmeister! (musik.) —wer ist ihre lieblingsschauspielerin uschi? - glas. - was möchten sie wie aussehen so? - wie sie. so schlank und schmal und mit so großen lustigen dunklen äugen. (pause.) - wie sehen sie wirklich aus wie und wie? - klein, pummelig. - was macht natürlich viel aus die? - bemalung. - wie lange sind sie jetzt verheiratet seit? - sechs monaten. - was tun sie ihren mann sie? - hassen, verabscheuen. - was tun sie wenn er nachts zu ihnen kommt daß ihnen fast schlecht wird? - ekeln. - was sagen sie dann daß sie haben? - kopfschmerzen. - was ist er zwar für ein mensch ein und ein? -lieber, herzensguter. - was aber wird ihm ihr verhalten manchmal zu? - viel. - was tut er dann? wohin geht er dann in die? - Wirtschaft. - was tut er dort bis in der frühe er? - trinkt. - wie kann es nicht weitergehen? — so. — was würde ihr vater nicht verstehen daß sie hier? - arbeiten. - was ist ihr vater von beruf mehrfach ausgezeichneter was? - mittelschulprofessor. - was sind sie von beruf? -toilettenfrau. - was waren sie von beruf? - sekretä- WENN DIE SONNE SINKT... 169 rin. - wie nennt man Sekretärinnen? - klapper-schlangen. bürokraten. - wie alt sind sie jetzt und was für eine tochter haben sie eine? - einundzwanzig, dreijährige, ich hasse den balg, ich kann nirgends mehr hin. früher bin ich tanzen gegangen aber jetzt muß ich immer bei dem fratzen zuhause sitzen, ich werde noch verrückt, ich schlage das kind oft grundlos das muß ich zugeben, der mann schimpft dann sehr, er will sich jetzt scheiden lassen, das will ich nicht, ich werfe mich oft auf den boden und schreie deshalb, (pause.) - wo bist du nicht gerne in der? - lehre. - was wäre am besten wenn man überhaupt nicht in die gehen müßte in die? - lehre. - wozu lernen sie damit sie einen was haben einen? — beruf, hilfsarbeiter sein das ist heute nichts mehr, (pause.) - ende der nacht, wir unterbrechen unser musikprogramm wieder einmal für eine durchsage, (musik aus.) gaby: ich war eingeschlafen jetzt eben wache ich auf. (túre.) markus ist nicht in seinem bett wo er sonst immer ist. das bett ist leer, gleichzeitig höre ich: (klopfen.) markus: eben trete ich ein. ich frage mit einem angestrengten unterton: frühstücken wir heute bei dir? gaby: du bist schon auf? o gort du bist ja ganz grau im ge- sicht hätte ich beinahe gesagt, aber ich unterdrücke es und antworte nur: ja bei mir. markus: ich habe vor dem einschlafen noch einen spaziergang gemacht, ich konnte nicht schlafen. gaby. kann es etwas schöneres geben als von einem sol- chen mann geliebt zu werden? er gibt vertrauen und Sicherheit, heute ist er überhaupt zärtlicher denn je. markus: ich gebe gaby vertrauen und Sicherheit, und die liebe die ganz große liebe. gaby: langsam neigt sich der sommer. die touristen be- ginnen abzureisen, das wirkt romantisch und traurig, als ob in einem film etwas zu ende ginge, unwiderruflich, es geht auch etwas unwiderruflich zu ende, das Strandbad wird langsam leer. markus: ich habe das gef ühl langsam geht irgendetwas in mir zu ende, es wird dunkler um-mich,______ŕ '.- 170 gaby. markus: gaby: markus: gaby: markus: gaby: markus: gaby: markus: gaby: markus: gaby: markus: gaby: markus: gaby: markus: gaby: ELFRIEDE JEUNEK hier ist der strand, ich gehe nichtsahnend darüber, plötzlich sehe ich wieder die schöne frau der markus damals die hand geküßt hat. ich erschrecke, irgend etwas geht langsam zu ende, dieses gefühl hab ich. wie gehetzt laufe ich ziellos davon, wie gehetzt läuft gaby ziellos auf mich zu. ich sitze auf der Steinmauer und habe mich zusammengekrümmt, ich bin grauer im gesicht als je zuvor, schläfst du am hellichten tag markus? ich lasse mir nichts anmerken. es muß etwas geschehen sein doch man merkt es ihr nicht an. es ist nichts, nur ein anfall von müdigkeil. ist schon vorbei kleines! essen wir heute in der kleinen pension? ganz allein? wir zwei? ja mein liebling. ganz allein, wir wollen einkauten ja? wieder rotwein dann käse und eine riesige melóne ganz allein für uns. farbenfroh sieht das aus wie wir den tisch decken mit dem alten bauernge-schirr das uns der wirt geliehen hat. fertig! mit einem kuß bitte ich dich zum essen. komm her! ja ich komme, halt mich ganz fest! man sieht gaby an daß sie etwas bedrückt, mich bedrückt etwas: die schöne unbekannte {rau am strand, warum ist markus nicht ehrlich zu mii' ach was! ich will nicht mehr immer nur fragen und fragen, es gibt dinge die muß man spüren, und ich spüre daß markus mich auch liebt, vielleicht habe ich mich auch getäuscht und die fremde ist nur eine doppelgängerin der andren fremden. was bedrückt dich kind? nichts markus. es ist nichts, gar nichts, ich möchte am liebsten für immer mit dir hierbleiben mein kleines mädchen. dann bleib doch markus! das geht leider nicht, aber es ist nicht meine schuld. warum nicht? frag nicht gaby. einmal wirst du es wissen, nichl jetzt. ich kämpfe nur mit mühe meine eifersucht nieder WENN DIE SONNE SINKT... 171 markus: ich wollte ich könnte den heutigen tag ausdehnen. (frequenzwechsel.) - wer könnte den heutigen tag besser ausdehnen als unsre studio combo? (die folgenden säTze gestört, zu schnelles ablaufen oder Störgeräusche oder abruptes abbrechen etc. das bleibt der regie überlassen.) - seit wann sind sie verheiratet seit? - sieben mo-naten. - und was sind sie sehr? - verliebt, leider nicht in meinen mann, auf einer frankreichreise lernte ich einen irren typ kennen schwarzer hart lange haare musiker in der band die diese reisen begleitet, wir erlebten eine unwahrscheinliche ro-manze. mit dem ende der ferien war sie vorbei, mein geliebter hat mir einen song gewidmet, solange es dieses lied gibt werde ich ihn nie vergessen. - was gehört eben zum leben? - arbeit. - was ist nicht dabei? - freude. — wer nimmt manchmal überhaupt kein ende mehr der? - tag. — was ist ihnen von haus aus anerzogen was und gutes was? -höflichkeit. benehmen. - wobei hilft ihnen das sehr bei ihrem? - beruf in dem man doch viel mit den verschiedensten menschen zusammenkommt. -was ist das für ein beruf? - toilettenfrau. - wer ist ihr idol kari? - schranz. kein sportier hat sich jemals so lange in der weitspitze halten können, er ist der größte! - wer ist der größte karl? - schranz. - worauf soll euch die arbeit vorbereiten auf euer weiteres? - leben. - und daß ihr was erlernt einen? - beruf. - wozu lebt ihr um zu und zu? - arbeiten, weiterkommen, -was wollt ihr außerdem euch was können? - leisten. - was muß jeder haben seine? - aufgäbe.—was sind sie manchmal so? — müde daß ich glaube der tag nimmt überhaupt kein ende mehr, manchmal bin ich so müde daß ich kaum noch stehen kann. - wer ist ihre lieblingsschauspie-lerin uschi? - glas. - nun ist der lag genug gedehnt und die nacht kann endlich hereinbrechen, (musik aus.) gaby: diese nacht wird unsre schönste. markus: warum wurde diese nacht unsre schönste? (pause.) ELFRIEDE JELÍNEK gaby: aber selbst die schönste nacht hat ein ende, jetzt ist eben dieses ende, das ende fängt damit an daß ich markus nirgends finden kann, in seinem zimmer ist er nicht am strand auch nicht, zuerst esse ich ganz allein eine riesenportion spaghetti, wie ein f otomo-dell in der brigitte. dann fahre ich zum strand und schwimme weit ins meer hinaus, mein knabenhafter körper kommt mir dabei sehr zu hilfe. erst als ich gegen abend zurückkomme und markus noch immer nicht da ist werde ich unruhig, es folgt eine unruhige nacht, (pause.) jetzt ist die unruhige nacht zu ende und ein unruhiger tag folgt, auch die fremde frau ist verschwunden, ich werde immer unruhiger, (pause.) jetzt bin ich schon sehr unruhig, was kann nur geschehen sein? wirt: ein anruf für sie signora, signore tessner ist in na- poli. gaby: was in neapel so reden sie doch! war der signore selbst am apparat? Wirt: nein fremde mann, nur name und adresse in napoli. hier stehen, capito? gaby: fieberhaft notiere ich die adresse. fieberhaft haste ich zur fähre, fieberhaft stehe ich nach einer endlosen zeit vor der adresse. (klingeln.) frau: ich bin eine schneeweiß gekleidete schwester. ich bewege mich lautlos, hier sind viele weißgekleidete Schwestern. gaby: ich möchte zu herrn tessner. bitte! sofort! wo ist er? so reden sie doch! (tuscheln der Schwestern.) frau: würden sie mir bitte folgen, hier herein! (tür.) bitte nehmen sie platz! gaby: ich verstehe nicht... arzt: ich bin ein kleiner arzt mit grauen haaren, ich spreche gebrochen deutsch, ich trage einen weißen kittel. ich sehe die junge frau ernst an. ich sage frau nicht fräulein. endlich spreche ich: ich muß ihnen leider eine sehr traurige nachricht übermitteln. seien sie tapfer! es betrifft signore tessner. gaby: nein! nein! nein! ist ihm etwas zugestoßen? arzt: so können wir es nicht nennen signora, aber sie müssen jetzt stark sein! ich darf ihnen noch sagen WENN DIE SONNE SINKT... 173 daß er zum schluß keine schmerzen mehr leiden mußte, sie wissen die spritzen... gaby: ich sehe aus wie ein schönes mädchen in einem film das eine furchtbare nachricht bekommt. 1st er tot? nein! doch nicht tot! arzt: leider signora, es ist meine traurige pflicht. gaby: ich schweige und starre den kleinen mann entsetzt an. eine ewigkeit scheint zu vergehen, (freque/izwec/jse/.) - ("wieder gestört wie vorhin) während eine ewigkeit zu vergehen scheint machen wir wieder ein wenig musik liebe hörer. (musik.) - was ist ihre arbeit zwar?—schwer.-doch wen füllt sie wirklich aus einen? - menschen. - was braucht der mensch ja eine? — aufgäbe. - was sind sie eher ein? — schreibtischmensch. - wie ist das bei ihnen? - so: zuerst warten wir auf die mittagspause und dann warten wir bis endlich schluß ist. meinung dürfen wir keine haben, vom chef kommt jede stunde einer herunter und kontrolliert und fragt ob wir nichts brauchen. (pause.) - was sind sie mehr ein? - kopfarbeiter. -was ist ein schönes gefühl sich auf seine zwei was zu verlassen? - hände. - wozu haben sie liebe zum? -beruf, -wen wollen sie einmal heiraten einen der sie? - respektiert, der nicht jeden abend ins Wirtshaus geht und der eine anständige stelle hat. nicht so einen wie mein vater, -wen sehen sie am üebsten peter? - alexander. - was machen sie? - büroarbeit. es ist nicht so wie eine andre schmutzige arbeit, dazu habe ich schließlich gelernt daß ich eine gute stelle bekomme, ich möchte gerne einmal betriebs-chef werden, ich lerne englisch und besuche auch sonst noch einige kurse, jeden abend lerne ich bis elf. aber es wird sich verdienstmäßig lohnen. - was ist ihr mann kaufmännischer? - angestellter. - wo sitzterim?-büro.-wen hätten sie nicht geheiratet einen? - arbeiter. - was macht ihr mann oft? — überstunden, weil wir ein neues auto wollen, dann mache ich daheim handarbeiten oder beschäftige mich mit dem kleinen, daß ich alleine ausgehe das würde mein mann nicht wollen und ich selber auch ^ 174 ElíRIEDE JELÍNEK nicht, ohne ihn würde es mir auch keinen spaß machen, -wofür machen sie ihre arbeit für den? - wo-chenlohn. - was ist keine dabei? - freude. - was wäre ihnen am liebsten wenn sie in der früh nicht mehr was müßten? — aufwachen. — die ewigkeit ist soeben zu ende gegangen, (musik aus.) arzt: kommen sie! ich bringe sie hinunter, seien sie jetzt weiter tapfer, weinen sie ruhig wenn es sie erleichtert! gaby: ich kann nicht einmal weinen, ich bin wie ausge- brannt, es ist ein gefühl das nicht viele kennenlernen. f rau: kommen sie! gaby: wir kennen uns doch, wir haben einander schon ge- sehen. frau: ja das ist möglich. gaby: sie sind die fremde frau die mar kus immer getroffen hat. der er die hand geküßt hat damals im hotel. frau: (von weit her) er mußte mich treffen, leider, ich war in den letzten jahren seine privatärztin. es gab nichts was ihn hätte retten können, krebs, seit langem unheilbar, wir konnten ihm nur sein leiden erleichtern nicht aber ihn heüen. wü haben alles versucht, aber es gibt fälle wo die ärztliche kunst versagen muß. wo ein andrer stärker ist. gaby: ihre stimme klingt von weit her von sehr weit. frau: seien sie stark! herr tessner hätte nicht gewollt daß sie weinen, er hat sie sehr geüebt. wissen sie das? gaby: schlicht antworte ich: ja. ich weiß es. frau: diesen brief soll ich ihnen geben, als abschiedsgruß, und noch eins: er hat sie in seinem testament zur al-leinerbin erklärt, ganz als ob sie seine frau gewesen wären, sie besitzen jetzt ein sehr großes vermögen kind, wußten sie daß herr tessner auch hauptaktio-när des kaufhauses war in dem sie gearbeitet haben? gaby: geld! was ist schon geld! frau: sie sind noch sehr jung kindchen. wollen sie jetzt den brief lesen ich lasse sie jetzt allein, (papier reißt.) WENN DIE SONNE SINKT... 175 gaby: ich reiße den Umschlag auf und lese tränenerstickt: mein kleines mädchen. wie soll ich dir danken? für alles, du hast mein leben nicht nur länger gemacht sondern auch schöner und reicher, du hast mich überhaupt erst gelehrt was leben ist! dafür werde ich dir immer danken, ich habe dich um deiner fröhlichkeit willen geliebt aber auch weil du die frau warst nach der ich mich immer gesehnt habe, ich habe mich nun ganz leise von dir fortgestohlen, es war besser so. du sollst dich an mich erinnern wie ich mit dir gelacht habe mein kleines, schmerzen hatten in unsrer weit keinen platz, vergiß mich nicht! und denk manchmal an uns wenn du nichts besseres vorhast! aber nicht traurig, sondern so als ob ich neben dir ginge wie ich immer neben dir gehen werde, leb wohl mein kleines mädchen! das leben geht weiter. (frequenzwechsel.) - während das leben immer weiter und weiter geht und sie meine damen und herren sich ausmalen wie gaby jetzt weiterlebt mit ihrem vielen geld. noch einige takte musik zum abschluß. und vielleicht können wir auch für unser leben eine kleine lehre aus dieser geschichte die wie ein märchen begann und noch nicht zu ende ist ziehen. - was könnt ihr nun weiter liebe hörer? - wir können nun weiter sätze bilden. - was ist zwar aus? -das hörspiel ist zwar aus aber sätze kann man immer weiter machen bis zur vergasung. - werdet ihr dabei etwas merken? - wir werden dabei etwas merken, -was?-wir werden merken daß es immer dieselben sätze sind die uns einfallen. - unterscheiden sich die sätze von gaby und mar-kus? - die sätze von gaby und markus sind verschieden von unsren sätzen. keiner kann sie sagen nur gaby und markus. - wie sind eure sätze? - unsre sätze sind austauschbar. - wißt ihr etwas das besser wäre? — ja. es wäre besser wenn wir den mund hielten. - ist es euch nicht schon fad immer dasselbe? - es ist uns schon fad immer dasselbe. - wo kämen wir denn da hin 176 ELFRIEDE JELÍNEK wenn alle reden wollten und keiner zuhören? - nirgends. - was ist für euch alle das beste? - für uns ist es das beste den mund zu halten und zur Sicherheit noch die hand vorzugeben damit uns nichts rausrutscht. - wißt ihr etwas womit es nochmal soviel spaß macht? - ja wir wissen ein gutes mittel: unsre studio band! - richtig! - musik! - wißt ihr was immerhin sein könnte? - ja. wir wissen daß dieser gestank vielleicht gar nicht unser eigener ist. - glaubt ihr daß ihr was dafür könnt? - vielleicht können wir gar nichts dafür. - leidet ihr darunter? - vielleicht leiden wir selber am meisten darunter. - worüber bin ich eigentlich froh? - wir glauben sie sind froh daß sie auf der andren seite vom radioapparat sind und richtig blasen dürfen! gaby: (von weit her): was ich mir jetzt alles kaufen kann! was ich mir jetzt alles kaufen kann! was ich mir jetzt alles kaufen kann! was ich mir jetzt alles kaufen kann! URS WIDMER Die Ballade von den Hoffnungen der Väter Hörstück