3. Vorlesung am 09.10.2007: Wirtschafts- und Arbeitswelt – Von der Industrie- zur Dienstleistungsgesellschaft A Wiederaufbau und Wirtschaftswunder: Einführung der sozialen Marktwirtschaft - Zusammenhang von wirtschaftlicher Entwicklung und Demokratie Demokratie der Weimarer Republik scheiterte auch wegen der ökonomischen Dauerkrise der zwanziger Jahre wirtschaftlicher Aufschwung durch beginnende Kriegswirtschaft trug zur Massenloyalität gegenüber dem nationalsozialistischen Regime bei. Nach dem Krieg war die Währungsunion im Westen ein wesentlicher Schritt auf dem Weg zur Staatsgründung. Die wirtschaftliche Mangellage in der DDR bewirkte die Krisenanfälligkeit des Regimes und den Untergang dieses Wirtschaftsraumes. - Elemente der sozialen Marktwirtschaft: Sozialprinzip, Mitbestimmung, Tarifpolitik Soziale Marktwirtschaft im Westen (BRD): Ludwig Ehrhard (BILD), Wirtschaftswunder (Wachstumsraten in den 50er Jahren um 10%, in den 60ern 5-7%) Freie Marktwirtschaft – der Markt regiert Soziale Marktwirtschaft – der Staat greift bei Bedarf regulierend ein: Verhinderung von Kartellen, Sicherung des sozialen Lebensminimums Verbindung von wirtschaftlicher Freiheit und sozialer Gerechtigkeit Mitbestimmung durch Arbeitnehmervertretungen in den Entscheidungsgremien großer Betriebe. Keine Mehrheit, aber großer Einfluss. Tarifautonomie: Tarifparteien handeln selbst die Tarife aus. Der Staat hat keine direkte Einflussmöglichkeit. - Stabilitätsgesetz: „magisches Viereck“ 1967: Gesetz zur Förderung der Stabilität und des Wachstums der Wirtschaft – Karl Schiller (SPD-Wirtschaftsminister), Franz Joseph Strauß (CSU-Finanzminister) Die vier Ziele müssen gleichzeitig erreicht werden. Seit den Achtzigern kommen auch Ziele wie Schutz und Sicherung der Umwelt dazu. - Verflechtung der deutschen Wirtschaft mit der Weltwirtschaft BRD wurde nach dem Krieg innerhalb weniger Jahre die größte Wirtschaftsmacht hinter den USA und Japan. Abhängigkeit der deutschen Wirtschaft von den Exportmöglichkeiten. Ca. 1/3 des Bruttosozialprodukts geht in den Export. Zweitgrößtes Exportland hinter den USA und vor Japan. B DDR-Planwirtschaft: Funktionsweise und Zusammenbruch - Prinzip der Planwirtschaft Zentralverwaltungswirtschaft, in allen kommunistisch regierten Staaten große Industriekombinate, geringe Produktivität (dafür aber Vollbeschäftigung), seit den 70er Jahren kaum Modernisierung (Ende der 80er wirklich marode) - Rückstand der DDR-Wirtschaft zur BRD - Gründe für den Zusammenbruch Nach der Öffnung der Grenzen keine Absatzmöglichkeiten auf dem Weltmarkt mehr, weil die Warschauer-Pakt-Staaten die Produkte auch nicht mehr wollten C Wirtschaftliche Umgestaltung in den neuen Bundesländern - die schnelle Wirtschafts- und Währungsunion oder gab es da Alternativen? 3. Oktober 1990 – Vereinigung 1. Juli 1990 – Wirtschafts-, Währungs- und Sozialunion entsprach dem Wunsch des Großteils der ostdeutschen Bevölkerung wurde von den westdeutschen Politikern als machbar angesehen – Unkenntnis der wahren Verhältnisse in Ostdeutschland (Propaganda hatte einen besseren Zustand der Wirtschaft vorgetäuscht) große ökologische Altlasten Trotz Wirtschafts- und Währungsunion bis heute noch lange kein vergleichbarer Zustand in Ost- und Westdeutschland – Enttäuschung bei vielen DDR-Bürgern, denen die West-Politiker zunächst anderes versprochen hatten. Dieses Ungleichgewicht ist Hauptproblem der Einigung geworden. - Funktion der Treuhandanstalt Privatisierung des Volkseigentums – Verkauf an westdeutsche Investoren. Nicht so glücklich: keine Gewinne (hohe Altlasten und schlechte Verkäufe), keine Produktion in den Osten geholt, lediglich Zuliefererbetriebe und Servicezentren - Ursachen der hohen Arbeitslosigkeit in Ostdeutschland Immer noch ca. 20% Arbeitslosigkeit in Ostdeutschland: Liquidation und Verkleinerung von Betrieben, kaum Schaffung von neuen Arbeitsplätzen D Von der Industrie- zur Dienstleistungsgesellschaft: Probleme und Aussichten des Wirtschaftsstandorts Deutschland im Zeitalter der Globalisierung - Wirtschaftsstrukturen im Wandel: Tertiärisierung - Einführung des Euro Januar 2002. Große Skepsis, die sich vielleicht damit begründen lässt, dass in jüngster Vergangenheit schon viele Strukturwandel durchlaufen wurden, die nicht immer so glücklich ausgingen wie erhofft. Heute keine wirklich negative Beurteilung, aber auch keine positive (Euro=Teuro) - Auswirkung der Globalisierung Verlagerung der Produktion nicht nur ins osteuropäische Ausland, sondern v.a. auch nach Asien – keine Arbeitsplätze im Inland. - „Reformstau“ oder Krise des Sozialstaats: Gesundheit, Renten, Arbeitslosigkeit, Lohnnebenkosten – GRAFIK Die soziale Komponente der sozialen Marktwirtschaft wird zusehends teurer – Folge hohe Lohnnebenkosten, teure Produktion – wer kann das noch kaufen Gesundheitssystem, Renten und Sozialsystem müssen reformiert werden. Arbeits- und Sozialhilfe wurden bereits unter Gerhard Schröder reformiert. Viel Protest, positive wirtschaftliche Wirkung. - Umbau und Reform des Sozialstaates (Hartz IV) – KARIKATUR - Entwicklung des Arbeitsmarktes in Deutschland Schaffung von neuen Arbeitsplätzen vor allem im Hochtechnologie- und Dienstleistungsbereich. Industrielle Produktion in Billiglohnländer verlagert. - Perspektiven und Probleme Umstrukturierung hat noch lange kein Ende durch die Veränderungen durch die Globalisierung Evtl. hat Ostdeutschland hier einen Vorteil, weil es geübter in Veränderungen ist. Begleitlektüre: Kurt Sontheimer / Wilhelm Bleek: Grundzüge des politischen Systems Deutschlands. Bonn 2003, S. 119-140 (Kapitel Wirtschaft).